Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2008, Az. XII ZB 4/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5009

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[X.][X.]/08 vom 12. März 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 233 Hb Zur Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter bei [X.]. [X.], Beschluss vom 12. März 2008 - [X.] 4/08 - [X.] LG Köln - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 12. März 2008 durch die [X.] Richterin [X.], [X.], [X.], Dr. [X.] und die [X.] [X.] beschlossen: 1. Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur [X.] und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Be-schluss des 22. Zivilsenats des [X.] vom 30. Juli 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 22. Zivilsenats des [X.] vom 30. Juli 2007 aufgehoben. Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des [X.] vom 18. April 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wert: 13.219,90 • Gründe: [X.] Der Kläger macht gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter [X.] aus einem gewerblichen Mietverhältnis geltend. Das [X.] hat den Beklagten u.a. verurteilt, 13.219,90 • aus der Insolvenzmasse an den Kläger zu 1 - 3 - zahlen. Das Urteil ist dem Beklagten am 20. April 2007 zugestellt worden. Mit am 21. Mai 2007 (Montag) beim [X.] eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsver-fahrens beantragt, soweit er zur Zahlung von 13.219,90 • verurteilt worden ist. Das [X.] hat den Antrag mit Beschluss vom 5. Juli 2007, dem Beklagten zugestellt am 10. Juli 2007, zurückgewiesen. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 17. Juli 2007 hat der Beklagte Berufung gegen das Urteil des [X.]s eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Mit Beschluss vom 30. Juli 2007, dem Beklagten zugestellt am 2. August 2007, hat das [X.] die Berufung des Beklagten verworfen und den Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Es meint, wenn eine Partei - wie hier - innerhalb der Berufungsfrist [X.] für die Durchführung des Berufungsverfahrens beantrage, dann komme Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, sofern die Partei davon ha-be ausgehen dürfen, dass ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Daran fehle es hier. Die Insolvenzmasse sei nicht prozesskostenhilfebedürftig. Aus der vom Beklagten geltend gemachten Masseunzulänglichkeit folge nicht, dass die [X.] prozesskostenhilfebedürftig sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn aus der Masse die Kosten des Berufungsverfahrens nicht bestritten werden könnten. Nach der [X.] des Beklagten vom 24. April 2007 sei dies nicht der Fall. Das vorhandene Barvermögen reiche aus, um die zu erwar-tenden Prozesskosten zu finanzieren. Der Beklagte wendet sich gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Verwerfung der Berufung durch das Oberlandesge-richt. 2 - 4 - I[X.] 3 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). 4 Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die vom [X.] für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist vorgetra-genen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in [X.] Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - [X.] 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist. 5 a) Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr [X.]gesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hat (st. Rspr. seit [X.] 16, 1, 39). Sie ist bis zu der Entscheidung über ihren Antrag so lange als ohne ihr Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert anzuse-hen, als sie nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der 6 - 5 - Ablehnung ihres Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste ([X.] vom 11. November 1992 - [X.] 118/92 - NJW 1993, 732). Das war hier entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall. Die Meinung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei trotz seiner Erklärung der [X.] in der Lage, die Prozesskosten aus der Masse zu bestreiten, steht im Widerspruch zu höchstrichterlicher Rechtsprechung. Danach ist bei [X.]unzulänglichkeit i.S. des § 208 [X.] grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kosten i.S. des § 116 ZPO nicht aufgebracht werden können ([X.] Be-schluss vom 28. April 2003 - 2 [X.] - ZIP 2003, 1947; BVerwG Beschluss vom 8. Februar 2006 - 8 PKH 4/05 - ZIP 2006, 1542 f.; [X.] Beschluss vom 27. September 2007 - [X.]/06 - ZIP 2007, 1225 f.). Denn der Insolvenz-verwalter darf bei Masseunzulänglichkeit keine neuen Masseforderungen [X.], die nicht aus der Masse beglichen werden können. Die verwaltete Masse reicht also nicht zur Bestreitung der Prozesskosten aus. Wenn die An-zeige der Masseunzulänglichkeit noch nicht allzu lange zurückliegt, dann kann bereits in der Anzeige als solcher ein starkes Indiz dafür liegen, dass die Kosten nicht aufgebracht werden können. Die Insolvenzordnung knüpft gewichtige Fol-gen an die Anzeige (§§ 208, 210, 211 [X.]). Dies und die sehr weit gehende Haftung des Insolvenzverwalters (§ 60 [X.]) ist im Allgemeinen eine ausrei-chende Basis für die Annahme, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu Recht erfolgt ist ([X.] aaO). Der Beklagte hatte seinem Prozesskostenhilfeantrag vom 21. Mai 2007 seine Masseunzulänglichkeitserklärung vom 24. April 2007 beigefügt und auf sie Bezug genommen. In dieser hatte er angegeben, dass eine liquide Masse von 18.350,32 • vorhanden und mit weiteren Einnahmen derzeit nicht zu [X.] sei. Dem stünden [X.] in Höhe von rund 15.000 • (Kosten für Insolvenzverfahren), 2.064,03 • (Honoraranspruch des Insolvenzverwalters) und 13.219,90 • (Forderung gegen die Insolvenzmasse, zu deren Begleichung 7 - 6 - der Beklagte als Insolvenzverwalter verurteilt worden war und die er mit der [X.]) gegenüber, so dass die Masse nicht ausreiche, um die [X.] zu tilgen. 8 Unter diesen Umständen durfte der Insolvenzverwalter bei Stellung [X.] davon ausgehen, dass ihm Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Bedürftigkeit versagt würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Beklagten in seiner [X.] unzutref-fend waren oder sich die Vermögenslage der Masse seit der erst wenige [X.] zurückliegenden Erklärung geändert haben, liegen nicht vor. b) Soweit das Berufungsgericht die Versagung der Wiedereinsetzung weiter damit begründet, dass die beabsichtigte Berufung keine Aussicht auf [X.] habe und sich insoweit auf seinen die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss stützt, ist auch diese Begründung nicht frei von [X.]. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (Senatsbe-schluss vom 6. Juli 1988 - [X.] - FamRZ 1988, 1152 f.) darf aus Gründen der Chancengleichheit von mittellosen und bemittelten Parteien bei der Frage, ob nach der Verweigerung von Prozesskostenhilfe Wiedereinset-zung gewährt werden kann, nur darauf abgestellt werden, ob sich der [X.] für bedürftig halten durfte. Eine Prüfung der Erfolgsaussicht darf da-gegen nicht durchgeführt werden. Das gilt auch, wenn - wie hier - die [X.] mangels Erfolgsaussicht des beabsichtigten Rechtsmittels versagt worden ist (Senatsbeschluss vom 11. November 1992 - [X.] 118/92 - NJW 1993, 732, 733). 9 c) Die gleichzeitig ausgesprochene Verwerfung der Berufung steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen, weil diese Entschei-dung durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ihre Grundlage verliert 10 - 7 - und damit gegenstandslos wird (Senatsbeschlüsse vom 15. August 2007 - [X.] 101/07 - FamRZ 2007, 1725, 1726; vom 10. Mai 2006 - [X.] 42/05 - NJW 2006, 2269 und vom 9. Februar 2005 - [X.] 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Hahne [X.] [X.] [X.] Vézina Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.04.2007 - 23 O 10/05 - [X.], Entscheidung vom 30.07.2007 - 22 U 81/07 -

Meta

XII ZB 4/08

12.03.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2008, Az. XII ZB 4/08 (REWIS RS 2008, 5009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5009

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