Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.06.2010, Az. VIII ZR 259/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5842

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Gegenstand

Verzugszinsen: Begriff der "Entgeltforderung"; Behandlung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs


Leitsatz

1. Eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB liegt unter Berücksichtigung des Ziels der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35) vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (Anschluss an BGH, Urteil vom 21. April 2010, XII ZR 10/08). Einer synallagmatischen Verknüpfung zwischen der Leistung des Gläubigers und der Zahlung durch den Schuldner bedarf es nicht .

2. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch ist Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB .

Tenor

Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 27. August 2009 aufgehoben und das Urteil der [X.] des [X.] vom 18. Februar 2009 geändert, soweit für die [X.] ab dem 25. April 2008 hinsichtlich des Zinssatzes zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von weiteren drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.883,96 € seit dem 25. April 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger war aufgrund eines Tankstellenverwaltervertrages für die Beklagte als Handelsvertreter tätig. Nach Beendigung der Vertragsbeziehung verlangt er von der Beklagten die Zahlung eines weiteren Ausgleichs gemäß § 89b HGB.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.883,96 € nebst fünf Prozent Zinsen aus 6.273,14 € vom 1. Dezember 2007 bis zum 24. April 2008 sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.883,96 € seit dem 25. April 2008 zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen.

3

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zahlung von Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.883,96 € seit dem 25. April 2008 weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht (KG, Urteil vom 27. August 2009 - 23 U 52/09, juris) hat - soweit hier von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

6

[X.] stelle keinen Entgeltanspruch dar, so dass § 288 Abs. 2 [X.] nicht anwendbar sei.

7

Der in § 288 Abs. 2 und § 286 Abs. 3 [X.] genannte Begriff der "Entgeltforderung" gehe zurück auf die Richtlinie 2000/35/[X.] Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Rechtsverkehr. Diese Richtlinie sei, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 13 ergebe, auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt und betreffe nach ihrem Art. 1 alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr anzusehen seien. Als Geschäftsverkehr definiere Art. 2 der Richtlinie Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führten. Mit der Verwendung des Begriffes "Entgeltforderung" in § 288 Abs. 2 und § 286 Abs. 3 [X.] habe der [X.] Gesetzgeber diese Richtlinie umsetzen und den Anwendungsbereich der Vorschriften auf Entgeltforderungen im Sinne der genannten Richtlinie beschränken wollen. Dementsprechend seien Entgeltforderungen im Sinne des § 288 Abs. 2 [X.] und des § 286 Abs. 3 [X.] solche Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet seien, wobei die zu beurteilende Forderung zu der Leistung des Gläubigers in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen müsse.

8

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe komme dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters kein Entgeltcharakter zu. Zwar sei der Ausgleichsanspruch nicht - was einer Einordnung als Entgeltforderung entgegenstünde - als Entschädigungs-, sondern als Vergütungsregelung anzusehen. § 89b HGB habe zum Inhalt, dass der Handelsvertreter für einen auf seiner Tätigkeit beruhenden, ihm aber infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr vergüteten Vorteil, wie er in der Schaffung eines Kundenstammes liege, eine Gegenleistung erhalte. Ferner scheitere der Entgeltcharakter nicht an dem Umstand, dass der Ausgleichsanspruch kein reiner Vergütungsanspruch sei, sondern auch von [X.] abhänge. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch sei aber deshalb keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 [X.], weil die Leistung des Handelsvertreters, die damit abgegolten werden solle, zu dem Zahlungsanspruch nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehe, es insoweit also an einer synallagmatischen Verknüpfung zwischen den Ansprüchen fehle. Gegenleistung und Entgelt für die nach § 86 HGB geschuldete Leistung des Handelsvertreters sei nicht der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, sondern allein der Provisionsanspruch nach § 87 HGB. Der Handelsvertreter vermittle Geschäfte, um hierfür Provisionen zu erhalten, und nicht, um nach Beendigung des Vertrages einen Ausgleich nach § 89b HGB zu bekommen. Der Ausgleich gehe über die durch die Vermittlungstätigkeit verdienten Provisionen hinaus, ohne dass der Handelsvertreter hierfür eine zusätzliche Leistung zu erbringen habe.

II.

9

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dem Kläger Verzugszinsen nur in Höhe von fünf und nicht in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch ist als Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 [X.] zu qualifizieren.

1. Der in § 288 Abs. 2 und § 286 Abs. 3 [X.] verwendete Begriff der Entgeltforderung geht, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, auf die Richtlinie 2000/35/[X.] Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ([X.]. [X.] Nr. L 200 S. 35) zurück. Diese Richtlinie ist nach ihrem Art. 1 auf alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind, anzuwenden, wobei als Geschäftsverkehr in Art. 2 der Richtlinie die Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen definiert sind, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen. Ziel ist es ausweislich der Erwägungsgründe 7 und 16 sicherzustellen, dass die Folgen des [X.] abschrecken, und so der Gefahr der Insolvenz von Unternehmen und dem Verlust von Arbeitsplätzen entgegenzuwirken. Zu den Unternehmen gehören nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie auch Einzelpersonen, sofern diese eine unabhängige wirtschaftliche oder berufliche Tätigkeit ausüben. Nach Art. 3 Abs. 1d der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Höhe der Verzugszinsen mindestens sieben Prozentpunkte über dem dort näher definierten Bezugszinssatz liegt.

Der [X.] Gesetzgeber wollte bei der Umsetzung der Richtlinie den sich aus ihr ergebenden hohen Zinssatz nur für den Anwendungsbereich der Richtlinie und damit für Entgeltzahlungen vorsehen (Stellungnahme des Bundesrates zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines [X.], [X.]. 14/6857, [X.]4; aufgegriffen in der Gegenäußerung der Bundesregierung, aaO, [X.] und der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des [X.], [X.]. 14/7052, [X.]87).

Eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 [X.] liegt nach diesen Ausführungen daher dann vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (vgl. [X.], Urteil vom 21. April 2010 - [X.], juris, [X.]. 23; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 286 Rdnr. 27, § 288 Rdnr. 8; [X.]/[X.], [X.] (2009), § 286 Rdnr. 95, § 288 Rdnr. 17; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 286 Rdnr. 39, § 288 Rdnr. 5; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 286 Rdnr. 75).

2. Nicht gefolgt werden kann indessen der Ansicht des Berufungsgerichts, für die Qualifikation einer Forderung als Entgeltforderung sei über die dargestellten Voraussetzungen hinaus zu verlangen, dass zwischen der Leistung des Gläubigers und der Zahlung durch den Schuldner eine synallagmatische Verknüpfung bestehe (so aber auch MünchKomm[X.]/[X.], aaO). Der Begriff der Entgeltlichkeit ist nicht mit dem Begriff des [X.] gleichzusetzen. Entgeltlichkeit liegt nicht nur bei gegenseitig verpflichtenden Verträgen im Sinne der §§ 320 ff. [X.] vor, sondern auch dann, wenn die Leistung des einen Teils Bedingung für die Entstehung der Verpflichtung des anderen Teils ist (sog. konditionelle Verknüpfung, vgl. [X.], Urteile vom 10. Januar 1951 - [X.], NJW 1951, 268, unter I; vom 11. November 1981 - [X.], NJW 1982, 436, unter I; [X.]/[X.], aaO, Einf. v. § 320 Rdnr. 7; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., Vor § 320 Rdnr. 6; MünchKomm[X.]/[X.], aaO, Vor § 320 Rdnr. 10). Auch in den letztgenannten Fällen stellt sich die Zahlung wirtschaftlich als Entgelt für die Leistung dar (Soergel/[X.], aaO).

3. Nach diesen Maßstäben ist der Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89b HGB als Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 [X.] zu qualifizieren (so auch [X.], Urteil vom 29. Mai 2008 - 18 U 164/07, juris, [X.]. 91; [X.], Urteil vom 17. Dezember 2008 - 7 U 3114/08, juris, [X.]. 37; [X.], Urteil vom 12. Februar 2009 - 6 U 60/08, juris, [X.]. 161; [X.]/[X.], HGB, 5. Aufl., § 89b Rdnr. 337).

a) Der [X.] sieht in dem Ausgleichsanspruch in Übereinstimmung mit der im Schrifttum weit überwiegenden Auffassung einen Vergütungsanspruch, der dem Handelsvertreter die restliche, durch Provisionszahlungen bis zum Vertragsende noch nicht abgegoltene Gegenleistung für einen auf seiner Vermittlungstätigkeit beruhenden Vorteil verschaffen soll, der in der Schaffung des Kundenstamms besteht (st. [X.]pr.; [X.]Z 24, 214, 220 ff.; 29, 275, 278 f.; 41, 129, 133; 45, 268, 270 f.; 45, 385, 386; [X.], Urteile vom 10. Mai 1984 - [X.], NJW 1985, 58, unter [X.]; vom 6. Februar 1985 - [X.], NJW 1985, 3076, unter [X.]; Senatsurteile vom 6. August 1997 - [X.], [X.], 71 unter [X.]; vom 10. Juli 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1548, unter [X.], [X.]; [X.] in: [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 89b Rdnr. 2; [X.]/[X.], aaO, § 89b Rdnr. 14 ff.; MünchKommHGB/von [X.], 2. Aufl., § 89b Rdnr. 5; [X.] in[X.]/[X.]/[X.], HGB, 6. Aufl., § 89b Rdnr. 1; [X.]/[X.], HGB, 34. Aufl., § 89b Rdnr. 2; [X.]/Busche, HGB, § 89b Rdnr. 1; [X.], Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 V 2; [X.], Handelsrecht, 24. Aufl., § 15 V[X.]; [X.], [X.], 3. Aufl., S. 31 f.; Thume, [X.] 2009, 1026, 1028; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 2000, [X.]7 ff.; vgl. auch die amtliche Begründung zu § 89b HGB, [X.]. I/3856, [X.], 35). Ausgangspunkt dieses Verständnisses ist die Provisionsregelung des § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB, nach welcher dem Handelsvertreter für jeden von ihm vermittelten Einzelabschluss eine Provision zusteht. Die Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters führt jedoch über den Abschluss einzelner Geschäfte hinaus zum Aufbau eines Kundenstammes. Dieser Erfolg wird während der Dauer des [X.] zum einen durch die bei Stammkunden häufig erleichterte Vermittlung von den Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 HGB begründenden Geschäftsabschlüssen und zum anderen durch den Provisionsanspruch für Folgegeschäfte nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 HGB abgegolten. Soweit die durch den Handelsvertreter geschaffenen Kundenbeziehungen das Ende des Vertragsverhältnisses überdauern, hat - jenseits der engen Voraussetzungen des Provisionsanspruchs nach § 87 Abs. 3 HGB - aber allein der Unternehmer den Nutzen, für den er dem Handelsvertreter als Gegenleistung ein Entgelt zahlen muss (vgl. [X.]/[X.], aaO, Rdnr. 14 ff.; [X.], aaO, [X.]8).

b) Der Ausgleichsanspruch ist allerdings kein reiner Vergütungsanspruch, weil sowohl die Entstehung als auch die Bemessung des Anspruchs weitgehend durch Aspekte der Billigkeit beeinflusst werden (st. [X.]pr.; [X.]Z 24, 214, 222; 45, 268, 270 f.; 45, 385, 386; vgl. auch [X.], NJW 1996, 381; [X.]/[X.], aaO, Rdnr. 16 f.; MünchKommHGB/von [X.], aaO, Rdnr. 6; [X.]/[X.], aaO, Rdnr. 3; [X.], NJW 2009, 955). Dabei dürfen diese Billigkeitsaspekte nach der Rechtsprechung des [X.] zu Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (künftig Handelsvertreterrichtlinie; [X.]. [X.] Nr. L 382 [X.]7), der der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 89b Abs. 1 HGB mit Wirkung vom 5. August 2009 Rechnung getragen hat (Art. 6a des [X.] aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vom 31. Juli 2009, [X.]l. [X.]), zwar nicht ausschließlich zu einer Anpassung des Ausgleichsanspruchs nach unten führen ([X.], Urteil vom 26. März 2009 - [X.]. [X.]/07, [X.] 2009, 304, Rdnr. 23 - Turgay Semen/[X.] GmbH; Thume, [X.] 2009, 2490, 2493; [X.], [X.], 1478, 1482 f.). Dennoch darf der Anspruch auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung nicht allein auf [X.] gestützt werden (so zur Rechtslage vor Erlass des [X.]-Urteils: Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - [X.], NJW 1997, 655, unter [X.] bb m.w.N.; [X.], aaO, [X.]9; zur neuen Rechtslage: Thume, aaO; [X.], aaO, [X.]483; vgl. auch den Bericht der [X.] über die Anwendung von Artikel 17 der Richtlinie des [X.] betreffend die selbständigen Handelsvertreter, [X.], 364 endg., [X.] ff.). Denn sowohl Art. 17 Abs. 2a Spiegelstrich 1 der Handelsvertreterrichtlinie als auch § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HGB knüpfen das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs an die Voraussetzung, dass der Handelsvertreter für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht.

c) Der Umstand, dass es sich bei § 89b HGB um einen Mischtatbestand handelt, der aus einer Entgelt- und einer Billigkeitskomponente besteht, hindert seine Qualifikation als Entgeltforderung nicht (aA [X.], NJW 2009, 955 ff.). § 288 Abs. 2 [X.] verfolgt in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2000/35/[X.] den Zweck sicherzustellen, dass die Folgen des [X.] im Geschäftsverkehr abschrecken, und so der Gefahr von Insolvenzen von Unternehmen und dem Verlust von Arbeitsplätzen vorzubeugen. Dieser Sinn erfordert die Einbeziehung einer Geldforderung entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung schon dann, wenn sie auch - wenn auch nicht ausschließlich - die Vergütung einer vom Gläubiger erbrachten oder zu erbringenden Gegenleistung darstellt. Dem steht nicht entgegen, dass der Handelsvertreter durch die Zahlung des Ausgleichsanspruchs bei Vertragsende ein Entgelt erhält, welches er im Falle der Vertragsfortsetzung nicht sofort, sondern erst in Form von Provisionen aus weiteren Geschäftsabschlüssen erhalten hätte. Diesem Vorteil wird bereits durch die vorzunehmende Abzinsung (vgl. Senatsurteil vom 6. August 1997, aaO, unter [X.] 4 m.w.N.) Rechnung getragen.

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Kläger stehen gemäß § 288 Abs. 2 [X.] Verzugszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu.

[X.]                                    Hermanns                                     Dr. Achilles

              Dr. Schneider                                 [X.]

Meta

VIII ZR 259/09

16.06.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 27. August 2009, Az: 23 U 52/09, Urteil

§ 288 Abs 2 BGB, § 89b HGB, Art 2 EGRL 35/2000

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.06.2010, Az. VIII ZR 259/09 (REWIS RS 2010, 5842)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5842

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