Bundespatentgericht, Urteil vom 27.10.2015, Az. 4 Ni 7/14 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2015, 3302

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 395 851

( DE 602 13 235 )

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden [X.] sowie die Richterin [X.], die Richter [X.] und [X.] und die Richterin Zimmerer

für Recht erkannt.

[X.] Das [X.] Patent 1 395 851 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Patentansprüche 1 bis 9, sowie 11, 13 und 15, soweit sich diese jeweils auf einen der vorgenannten Ansprüche rückbeziehen, für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens ist das auch mit Wirkung für die [X.] erteilte [X.] Patent 1 395 851 (Streitpatent), das am 17. Mai 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der Patentanmeldung GB 0 111 979 vom 17. Mai 2001 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der [X.] veröffentlicht und wird beim [X.] unter der Nr. 602 13 235 geführt. Es betrifft eine Überwachungsvorrichtung für Fahrzeuge (Sensing apparatus for vehicles) und umfasst 22 Patentansprüche, die teilweise, nämlich im Umfang der erteilten Ansprüche 1 bis 9, 11 (soweit auf einen der Ansprüche 6 bis 9 rückbezogen), 13 und 15 angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 lautet in der [X.]:

Abbildung

3

und in der [X.] Übersetzung

Abbildung

4

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 22 wird auf die [X.] 1 395 851 [X.] Bezug genommen.

5

Mit ihrer zunächst auf Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.] gestützten Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand der angegriffenen Ansprüche gehe über den Inhalt der ursprünglichen, in der [X.] veröffentlichten internationalen Anmeldung hinaus, und der Gegenstand des Streitpatents sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2015 ([X.]. 254 ff. d. A.) hat die Klägerin zudem die Klage auf den [X.] fehlender Patentfähigkeit erweitert und geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei im Umfang der angegriffenen erteilten Ansprüche nicht neu und beruhe zudem nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Insoweit hat die Klägerin sich auf folgende Schriften berufen:

6

[X.] (=[X.]) EP 890 470 [X.] (aus EP-Prüfungsverfahren)

7

D2 [X.] 5 999 874 A

8

D3 [X.] 5 617 085 A

9

[X.] [X.] et al: „[X.]: Application to Hybrid Adaptive Cruise Control“, Proceedings of the IEEE Intelligent Vehicles Symposium 2000, [X.] ([X.]), [X.]A, [X.], 2000, S. 468 – 473.

Die Klägerin macht geltend, dass die Lehre des Streitpatents gegenüber den Schriften [X.] bis [X.] auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die abhängigen Ansprüche des Streitpatents enthielten ebenfalls keine patentfähigen Merkmale. Sie seien aus dem Stand der Technik bekannt und gingen nicht über ein einfaches fachmännisches Handeln hinaus. Soweit die Beklagte das Streitpatent mit den [X.] 1 bis 4 verteidige, seien deren Gegenstände unzulässig erweitert, die Fassungen der Hilfsanträge mithin unzulässig. Zudem seien diese darüber hinaus auch nicht patentfähig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Patent EP 1395851 [X.] für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Patentansprüche 1 bis 9, sowie 11, 13 und 15, soweit sich diese jeweils auf einen der vorgenannten Ansprüche rückbeziehen für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den in der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2015 eigereichten [X.] 1 bis 4 verteidigt werde.

Wegen des Wortlauts der Hilfsanträge 1 bis 4 wird auf die Anlage 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2015 verwiesen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin uneingeschränkt entgegen. Sie trägt vor, eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor. Die Streitpatentschrift offenbare die Erfindung auch ausreichend und ausführbar. Darüber hinaus sei keine der von der Klägerin herangezogenen Entgegenhaltungen [X.] bis [X.] geeignet, die Neuheit der Gegenstände des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag oder einem der vier Hilfsanträge in Frage zu stellen. Auch beruhten sie gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Der Sichtweise der Klägerin liege ein unzutreffendes Verständnis der Anspruchsmerkmale zugrunde.

Der Senat hat den Parteien einen frühen qualifizierten Hinweis vom 6. März 2015 nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird ([X.]. 192 ff. d. A.).

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet soweit mit ihr der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Absatz 1 Nr. 1 [X.], Art. 138 Absatz 1 lit. a) EPÜ [X.]. 52, 56 EPÜ geltend gemacht wird, da sich sowohl die geltende Fassung des [X.]s hinsichtlich der angegriffenen Patentansprüche als auch die nach den [X.] verteidigten [X.], soweit diese zulässig sind, als nicht patentfähig erweisen, so dass das [X.] im Umfang des Angriffs für nichtig zu erklären ist.

1. [X.] betrifft eine Zielobjektpositionserfassungsvorrichtung für ein Stammfahrzeug, das den Ort eines [X.] oder eines anderen Zielobjekts aus einer Reihe von Fahrzeugen oder anderen Objekten bezüglich eines projizierten Weges eines Stammfahrzeugs zu schätzen vermag. In einem weiteren Aspekt sieht die Erfindung ein adaptives Geschwindigkeitssteuersystem vor, das eine derartige Vorrichtung beinhaltet (siehe DE 602 13 235 T2, im Folgenden

In der Beschreibung wird erläutert, dass in den Jahren vor dem Prioritätsdatum die Einführung verbesserter Sensoren und die Erhöhung der Rechenleistung zu beträchtlichen Verbesserungen bei automobilen Steuerungssystemen geführt hätten. Ein Beispiel für den neuesten Fortschritt sei das Vorsehen einer adaptiven Geschwindigkeitssteuerung („ACC = Adaptive Cruise Control“) für Fahrzeuge (vgl. [X.] Abs. [0003]).

Ferner wird ausgeführt, dass [X.] um [X.] herum strukturiert sind, die das Vorhandensein anderer Fahrzeuge oder das von Hindernissen detektieren, die sich auf der vor dem Stammfahrzeug liegenden Straße befinden. Die Detektion wird üblicherweise unter Verwendung eines oder mehrerer radar- oder lidarbasierter Sensoren durchgeführt, die an der Vorderseite des Stammfahrzeugs angebracht sind. Die Sensoren identifizieren den Ort der detektierten Objekte relativ zu dem Stammfahrzeug und speisen Informationen in einen [X.]. Der [X.] bestimmt, ob das Zielobjekt auf einem für das Stammfahrzeug projizierten Weg liegt oder nicht (vgl. [X.] Abs. [0004]).

Nach den Angaben der [X.] treten bei der Konstruktion eines zuverlässigen [X.] verschiedene inhärente Probleme auf, u. a bei der Bestimmung der Trajektorie beziehungsweise des projizierten Weges des Stammfahrzeugs mittels Giersensoren.

Bewegt sich ein Stammfahrzeug entlang einer geraden Straße, ist die Implementierung trivial. Es müssen lediglich Ziele verfolgt werden, die sich genau vor dem Fahrzeug befinden. Wenn die Straße gekrümmt ist, ist das Problem bei weitem nicht trivial. Bei der ersten Generation von [X.]n wird die Identifikation der Fahrspur, auf der sich ein voraus befindliches Zielfahrzeug fortbewegt, durch die Verwendung einer Kombination aus einem Radar zum Detektieren der Position der Zielobjekte und an dem Stammfahrzeug angeordneten Giersensoren zum Bestimmen der Trajektorie beziehungsweise des zukünftigen Weges des Stammfahrzeugs erreicht. Die Ausgabe des [X.] ermöglicht eine Bestimmung des Radius des projizierten Weges des Fahrzeugs, d.h. des Radius, entlang dem sich das Stammfahrzeug zu dem Zeitpunkt fortbewegt, zu dem die Messung gemacht wurde. Die Krümmung des Wegs wird dann vor das Fahrzeug projiziert und es werden Ziele verfolgt, die auf dem so bestimmten Weg liegen.

Das Leistungsvermögen dieser Systeme ist jedoch beschränkt, da die Projektion bzw. Vorausberechnung der Positionen der Fahrzeuge nur dann sinnvoll sind, wenn das Stammfahrzeug und das behindernde Fahrzeug einem Weg mit dem gleichen Radius folgen. Zudem ist die Information, die man von einem Giersensor erhaltenden kann, üblicherweise von geringer Qualität, was zu einer geringen Zuverlässigkeit des Systems führt. Dies kann zu Fehlern in dem vorausberechneten (projected) Weg führen (vgl. [X.] Abs. [0006] bis [0009]).

2. Die [X.] bezeichnet es als Ziel der Erfindung, einige der genannten Probleme des Standes der Technik zu vermindern (vgl. [X.] Abs. [0011]). Dadurch soll eine zuverlässigere Bestimmung des Ortes eines behindernden Fahrzeuges ermöglicht werden (vgl. [X.] Abs. [0013]).

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das [X.] in Patentanspruch 1 eine Zielobjektpositionserfassungsvorrichtung mit folgenden Merkmalen vor (Merkmalsgliederung hinzugefügt):

1.1. A target object position sensing apparatus for a host vehicle (1), the apparatus comprising:

1.2 a lane detection apparatus provided on the host vehicle

1.2.1 which includes an image acquisition means (100)

1.2.2 adapted to capture an image of at least a part of the road ahead of the host vehicle (1);

1.3 a vehicle path estimation means adapted to estimate a projected path for the host vehicle (1);

1.4. a target vehicle detection apparatus (103) [X.] vehicle

1.4.1 which is adapted to identify the position of any target objects located on the road ahead of the host vehicle,

1.4.2 the position including data representing the distance of a target vehicle (2) from the host vehicle;

1.5 first data processing means (104) adapted to determine a target lane in which the host vehicle will be located;

1.6 and second processing means (104) adapted to compare the position of the target vehicle determined by the target vehicle detection means with the position of the target lane to provide a processed estimate of the actual position of the target object,

characterised by

1.7.1 the first data processing means being adapted to determine the target lane as the lane in which the host vehicle will be located

1.7.2 when the host vehicle has travelled along the projected path by the distance to the target object and

1.8. the processed estimate comprising an indicator of whether or not the target vehicle (2) is in the same lane as the host vehicle (1) is projected to be in when at the point of the target vehicle (2).

In deutscher Übersetzung:

1.1 Zielobjektpositionserfassungsvorrichtung für ein Stammfahrzeug (1), wobei die Vorrichtung umfasst:

1.2 - eine an dem Stammfahrzeug vorhandene [X.]svorrichtung,

1.2.1 die eine Bilderfassungseinrichtung (100) umfasst,

1.2.2 die ein Bild von zumindest einem Teil der vor dem Stammfahrzeug (1) liegenden Straße zu erfassen vermag;

1.3 - eine Fahrzeugwegschätzeinrichtung, die einen projizierten Weg für das Stammfahrzeug(1) zu schätzen vermag;

1.4 - eine sich an dem Stammfahrzeug befindende [X.](103),

1.4.1 die die Position eines beliebigen Zielobjekts zu identifizieren vermag, das sich auf der vor dem Stammfahrzeug liegenden Straße befindet,

1.4.2 wobei die Position Daten umfasst, die den Abstand eines [X.] (2) von dem Stammfahrzeug repräsentieren;

1.5 - erste Datenverarbeitungsmittel (104), die eine [X.] zu bestimmen vermögen, auf der sich das Stammfahrzeug befinden, wird;

1.6 - und zweite Verarbeitungsmittel (104), die die Position des [X.], die durch die [X.] bestimmt ist, mit der Position der [X.] vergleichen können, um eine verarbeitete Schätzung der tatsächlichen Position des Zielobjektes zur Verfügung zu stellen,

dadurch gekennzeichnet,

1.7.1 dass die ersten Datenverarbeitungsmittel dazu ausgelegt sind, die [X.] als diejenige Fahrspur zu bestimmen, auf der sich das Stammfahrzeug befinden wird,

1.7.2 wenn sich das Stammfahrzeug entlang des projizierten Weges um den Abstand zu dem Zielobjekt bewegt hat,

1.8 und dass die verarbeitete Schätzung einen Indikator umfasst, ob das Zielfahrzeug (2) auf der gleichen Fahrspur ist oder nicht, auf der das Stammfahrzeug (1) projektionsgemäß sein wird, wenn es sich an dem Punkt des [X.] (2) befindet.

Die folgenden Ansprüche 2 bis 18 sind auf den jeweils unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen. Wegen dieser [X.] wird wie auch zu den Ansprüchen 19 bis 22 auf die [X.] Bezug genommen.

3.1 Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung ist mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (erteilte Fassung) identisch, lediglich der erteilte [X.] 13 wurde im Hilfsantrag 1 gestrichen und die Rückbezüge wurden angepasst.

Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung wurden vor Merkmal 1.7.1 die folgenden Merkmale hinzugefügt:

1.9.1 the vehicle path estimation means (104) is adapted to use lane information to determnine which lane the host vehicle (19) is presently travelling in and the projected path corresponds to the path of the lane,

1.9.2 and includes a [X.] sensor which is adapted to determine the rate of [X.] of the host vehicle (1) in order to provide a measure of the radius of curvature of the path a vehicle is following, and

Hilfsantrag 3 verteidigten Fassung beinhaltet gegenüber dem Hauptantrag das folgende zusätzliche an das Ende des Anspruchs gesetzte Merkmal:

1.9.2' wherein the vehicle path estimation means (104) includes a [X.] sensor which is adapted to determine the rate of [X.] of the host vehicle (1) in order to provide a measure of the radius of curvature of the path a vehicle is following.

Hilfsantrag 4 weist gegenüber dem Hauptantrag folgendes zusätzliche Merkmal nach Merkmal 1.3 auf:

1.3.1 wherein the vehicle path estimation means determines the curvature of a path that the vehicle is expected to follow in several ways;

4. Als zur objektiven Problemlösung berufener Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur auf dem Gebiet der Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der [X.] an. Insoweit wird ein derartiger Fachmann hinsichtlich der Algorithmen zur Bildauswertung und der Zielobjekt/-positionserkennung und deren Implementierung einen Informatiker hinzuziehen und ein entsprechendes Team bilden, zumal auf dem vorliegend angesprochenen Gebiet der [X.] die Entwicklung durchaus mit hohem Personal- und Sachaufwand betrieben wird.

Das genannte Team besitzt Fachkenntnis auf dem Gebiet der [X.] und Giersensoren (für Anti-Kollisionssysteme), aber auch hinsichtlich kamerabasierter Systeme und der benötigten Bildverarbeitung sowie der Berechnungsmethoden zur Ermittlung eines zukünftigen [X.] aus Bild- und/oder Bewegungsinformationen.

Die kamerabasierten [X.] waren zum Prioritätszeitpunkt Gegenstand der Fahrzeugentwicklung, wobei die Entwicklung kommerziell verfügbarer [X.] noch am Anfang stand (siehe auch [X.] Abs. [0003]). Es zeigen u. a. die [X.] bis [X.], dass die Forschung und Entwicklung einige Jahre vor dem Prioritätszeitpunkt an Universitäten oder Automobil-/Zulieferfirmen betrieben wurde, und damit für das hochqualifizierte Team von einer mehrjährigen Berufserfahrung auf diesem Gebiet der [X.] auszugehen ist.

II.

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung und der Fassung nach den [X.] ist zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ gemäß einer am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patentschrift orientierenden Betrachtung durch den angesprochenen Fachmann auszulegen. Insoweit bedürfen einige Aspekte der Erläuterung:

1. Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung soll eine verbesserte Schätzung der Position eines Zielobjekts auf dem Weg eines Stammfahrzeugs durch das Kombinieren tatsächlicher Zielpositionsinformationen mit den Fahrspurdaten zur Verfügung gestellt werden (vgl. [X.] Abs. [0061]).

Die erfindungsgemäße Vorrichtung setzt sich aus den [X.] (Merkmale 1.2, 1.2.1, 1.2.2) und Zielfahrzeug-detektionsvorrichtung (Merkmale 1.4, 1.4.1, 1.4.2), sowie Fahrzeugwegschätzeinrichtung (Merkmal 1.3) und erste und zweite Datenverarbeitungsmittel (Merkmale 1.5, 1.7.1, 1.7.2 bzw. 1.6, 1.8) zusammen. Dabei betrifft die erste Gruppe die Sensorik und die zweite Gruppe die Verarbeitung der von den Sensoren gemessenen Daten. Zentrale Bedeutung kommt der Ermittlung der [X.] zu, wie sie in den Merkmalen 1.7.1 und 1.7.2 definiert ist.

2. Die Besonderheit der im Anspruch 1 definierten Erfindung liegt nach der [X.] in der Kombination beziehungsweise Verschmelzung der Informationen von der [X.]svorrichtung und der Fahrzeugpositiondetektionsvorrichtung, um eine zuverlässige Bestimmung des Ortes eines behindernden Fahrzeugs zu ermöglichen. Die Verwendung der [X.] erübrige den Bedarf nach Informationen bezüglich des projizierten Wegs, welche von einem Giersensor zur Verfügung gestellt werden, indem real identifizierte [X.] verwendet werden, um die Position eines Ziel- oder behindernden Fahrzeugs und des Stammfahrzeugs zu schätzen (siehe [X.] Abs. [0013] bis [0014]).

Wesentlich für die technische Lehre der beanspruchten Zielobjektpositionserfassungsvorrichtung mit [X.]svorrichtung [[X.] 1.2], Fahrzeugwegschätzeinrichtung [Merkmal 1.3] und [X.] [[X.] 1.4] ist dabei, dass die Datenverarbeitungsmittel [Merkmal 1.5] die [X.] als diejenige Fahrspur bestimmen, auf der sich das Stammfahrzeug befinden wird, wenn sich das Stammfahrzeug entlang des projizierten Weges um den Abstand zu dem Zielobjekt bewegt hat [[X.]]. Auf Grundlage dieser derart festgelegten Fahrspur wird dann ein Indikator ermittelt, ob das Zielfahrzeug auf der gleichen Fahrspur ist oder nicht, auf der das Stammfahrzeug projektionsgemäß sein wird, wenn es sich an dem Punkt des [X.] befindet [Merkmale 1.6 und 1.8].

Abbildung

Die wiedergegebene Zeichnung stammt aus der [X.] und zeigt in der Figur 6 die Komponenten des erfindungsgemäßen Systems mit [X.]svorrichtung (Bilderfassungseinrichtung /Videokamera (100)), [X.] (103) und Datenverarbeitungsmittel / Datenprozessor (104).

Abbildung

Figur 5 der [X.] stellt ein Flussdiagramm dar, das einen Überblick über die Strategie bietet, wie im [X.] die Ausgabe des Radarsensors (Radarzielinformation) und der [X.] ([X.]) weitergeleitet und die Bild- sowie die Objektdetektionsdaten kombiniert werden, um einen Zielfahrzeugort zu schätzen (siehe [X.] Abs. [0035], [0042]):

3. Im Einzelnen ist den Merkmalen nach Anspruch 1 folgendes Verständnis zugrunde zu legen:

Die [X.]svorrichtung (Merkmale 1.2, 1.2.1, 1.2.2) umfasst eine Bilderfassungseinrichtung (Videokamera 100), die ein Bild von der vor dem Stammfahrzeug liegenden Straße aufnimmt.

Mit der Fahrzeugwegschätzeinrichtung (Merkmal 1.3) wird der voraussichtliche (projected) Weg für das Stammfahrzeug ermittelt. Da dieser Wert nicht exakt berechnet werden kann, da Einflussgrößen in der Zukunft liegen (u. a. Fahrtrichtungsänderungen), kann dieser Wert nur mit einer Unsicherheit ermittelt, d. h. geschätzt werden. Der Anspruch macht keine Aussage darüber, welche Daten für die Berechnung verwendet werden (u. a. Daten von Giersensoren siehe Anspruch 15, Bilddaten/[X.] siehe Ansprüche 11 bis 14), dies steht im Belieben des Fachmanns. Es ist auch nicht vorgegeben, ob der zukünftige Weg einen Fahrspurwechsel beinhaltet oder nicht.

In der Beschreibung des [X.]s sind in den Absätzen [0022] bis [0025] Ausführungsbeispiele zur Bestimmung des zukünftigen Weges angegeben (vgl. [X.] [0022]:

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird damit die Berechnungsmethode für den vorausbestimmten Weg festgelegt und nicht das Ergebnis einer Berechnung. In diesem Sinn sind auch die [X.] 11 und 13 zu verstehen, wonach die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) dazu ausgelegt ist, [X.] zur Bestimmung der aktuellen Fahrspur des Stammfahrzeugs zu verwenden und der vorausberechnete Weg der Bahn der Fahrspur entspricht.

Soll auch ein Spurwechsel berücksichtigt werden, so wird in der Beschreibung als alternative Möglichkeit zur Berechnung des voraussichtlichen Wegs angegeben, den Weg auf Basis der Fahrtrichtung des Stammfahrzeugs unabhängig von der Fahrspurausrichtung zu schätzen (vgl. [X.] [0023]: „

Nach einer weiteren möglichen Ausführung kann die Fahrzeugwegschätzeinrichtung die verarbeiteten Bilder auswerten und damit den Weg durch Annahme eines Fahrspurwechsel vorhersagen (vgl. [X.] [0025]: „

Die offenbarten Berechnungsmethoden zur Bestimmung des zukünftigen Weges sind als Ausführungsbeispiele zu sehen, die die Fahrzeugwegschätzung in der Fahrzeugwegschätzeinrichtung spezifizieren. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen dieser Auslegung auch die [X.] 15 bis 18 nicht entgegen. So beinhaltet der Anspruch 13 i. V. m [X.] 11 die Schätzung des zukünftigen Weges ohne [X.]en, wie es auch im [X.] nach Abs. [0014] als vorteilhaft angesehen wird (vgl. [X.] [0014]: „

Darüber hinaus ist insb. dem Abs. [0024] als technische Lehre ebenfalls zu entnehmen, dass die Aussage über einen möglichen Fahrspurwechsel Teil der Schätzung des vorausbestimmten [X.] ist und nicht bereits eine Aussage über die „[X.]“ beinhaltet (vgl. [X.] [0024]: „

Die [X.] (Merkmale 1.4, 1.4.1, 1.4.2) (radar- oder lidar-ähnlicher Sensor 103, vgl. [X.] Abs. [0042]) befindet sich wie die Kamera ebenfalls am Stammfahrzeug. Hiermit wird die Position eines beliebigen Zielobjekts – in den Merkmalen 1.4.2 und 1.6 als Zielfahrzeug präzisiert – identifiziert, das sich auf der vor dem Stammfahrzeug liegenden Straße befindet. Dabei enthalten die Daten auch den Abstand des [X.] vom Stammfahrzeug. Dieser Abstand wird durch den [X.] (Zieldetektionsvorrichtung) nach der [X.] 1.4 ermittelt. Er kann nach der Beschreibung des [X.]s verwendet werden, um die Geschwindigkeit des Stammfahrzeugs derart zu regeln, dass eine Kollision vermieden oder ein vorherbestimmter Abstand eingehalten werden kann (vgl. [X.] Abs. [0031]: „

Mit dem ersten Datenverarbeitungsmittel (104) (Merkmal 1.5) wird die [X.] ermittelt. Diese [X.] ist nach Merkmalen 1.7.1 und 1.7.2 diejenige Fahrspur, auf der sich das Stammfahrzeug befinden wird, wenn sich das Stammfahrzeug entlang des voraussichtlichen Weges um den Abstand zu dem Zielobjekt bewegt hat. Zur Ermittlung der [X.] ist nicht nur notwendig, den zukünftigen Weg nach Merkmal 1.3 zu schätzen (vgl. [X.] Abs. [0021]:

4. Die technische Lehre nach dem [X.] beschränkt sich nicht darauf, eine zukünftige [X.] für das Stammfahrzeug an einer nicht genau definierten Stelle anzugeben. Es geht patentgemäß vielmehr konkret darum, eine bestimmte Stelle auf dem vorausbestimmten zukünftigen Weg des [X.] zu definieren, an welcher die Fahrspur, in der sich diese Stelle befindet, als „[X.]“ festgelegt wird (vgl. [X.] Abs. [0056]-[0057]: „

Der Begriff „[X.]“ definiert jedoch lediglich eine Fahrspur, auf der sich nach Übertragung des Abstands auf den vorausberechneten Weg das Stammfahrzeug befinden wird. Eine besondere technische Lehre für das Stammfahrzeug oder das Zielfahrzeug ist mit der Festlegung dieses Ortes nicht verbunden, der Begriff „[X.]“ beinhaltet lediglich eine Fahrspur-Definition an einem speziellen Ort auf dem vorausbestimmten Weg, wobei diese Fahrspur für die Ermittlung des Indikators nach Merkmal 1.8 benötigt wird. Somit lehrt das [X.], für den Indikator die zukünftige Fahrspur des Stammfahrzeugs auf Höhe des [X.] zu beachten.

Dieser Indikator wird mittels der zweiten Verarbeitungsmittel ermittelt. Das zweite Verarbeitungsmittel (Merkmale 1.6, 1.8) vergleicht die Position des [X.] mit der Position der [X.] und stellt eine verarbeitete Schätzung der tatsächlichen Position des Zielobjektes zur Verfügung (Merkmal 1.6). Nach Merkmal 1.8 umfasst die Schätzung einen Indikator, ob das Zielfahrzeug auf der gleichen Fahrspur ist oder nicht, auf der das Stammfahrzeug voraussichtlich (projektionsgemäß) sein wird, wenn es sich an dem Punkt des [X.] befindet. Somit sagt der Indikator aus, ob sich das Zielfahrzeug in derselben Spur befindet, in der sich das Stammfahrzeug gemäß der Projektion voraussichtlich befinden wird.

5. Auch die Merkmale nach den Hilfsanträgen bedürfen näherer Erörterung.

Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (erteilte Fassung). Die Streichung des [X.]s 13 führt nicht zu einer geänderten Auslegung der der [X.] 1.7, da der oben erläuterten Auslegung die Beschreibung, insb. die Abs. [0021] – [0023], zugrunde gelegt wird und damit auch bei Streichung des [X.]s 13 – entgegen der Auffassung der Beklagten – die Ausführungsform mit der Annahme der unveränderten Fahrspur unter den Wortlaut des Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1 fällt.

Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung wird die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) nach Merkmal 1.3 derart präzisiert, dass

1.9.1 die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) dazu ausgelegt ist, [X.] zu verwenden, um zu bestimmen, auf welcher Fahrspur sich das Stammfahrzeug (1) momentan fortbewegt und der projizierte Weg der Bahn der Fahrspur entspricht.

1.9.2 die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) einen Giersensor umfasst, der die Gierrate des Stammfahrzeugs (1) zu bestimmen vermag, um ein Maß für den Radius einer Krümmung einer Bahn, der ein Fahrzeug folgt, zur Verfügung zu stellen.

Nach Merkmal 1.9.1 werden [X.], die nach der Beschreibung Abs. [0039] – [0044] (vgl. [X.] Abs. [0044]: „

Weiter umfasst nach Merkmal 1.9.2 die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) einen [X.] zur Bestimmung der Gierrate des Stammfahrzeugs (1). Dieser stellt selbstverständlich auch ein Maß für den Radius einer Krümmung einer Bahn, der das Stammfahrzeug folgt, zur Verfügung. Das Merkmal 1.9.2 enthält jedoch keine Aussage darüber, ob und wie diese Information in die Schätzung des zukünftigen Wegs einfließt, sondern nach Merkmal 1.9.2 muss lediglich ein derartiger [X.] vorhanden sein.

Hilfsantrag 3 verteidigten Fassung entspricht inhaltlich dem Merkmal 1.9.2 nach Hilfsantrag 2.

Hilfsantrag 4 enthält mit dem zusätzlichen Merkmal

1.3.1 wherein the vehicle path estimation means determines the curvature of a path that the vehicle is expected to follow in several ways;

gegenüber dem Hauptantrag die zusätzliche technische Lehre, dass die Krümmung eines Wegs, dem das Fahrzeug voraussichtlich folgen wird, auf mehrere Arten bestimmt wird. Folglich enthält die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) in der Fassung nach Hilfsantrag 4 mehrere Berechnungsmethoden zur Schätzung des zukünftigen Wegs.

[X.]

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den [X.] 1 bis 4 erweist sich als nicht patentfähig, da die beanspruchte Lehre nach Haupt- und Hilfsantrag 1 nicht neu ist (Art. II § 6 Abs. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, 54 EPÜ), und die Vorrichtungen nach Anspruch 1 in der Fassung nach den [X.] 2 bis 4 für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung des [X.]s durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 56 EPÜ); der auf fehlende Patentfähigkeit gerichtete Nichtigkeitsangriff erweist sich daher als begründet.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob der weitergehende, auf die Nichtigkeitsgründe fehlender Ausführbarkeit und unzulässiger Änderung des Inhalts der Anmeldung gestützte Angriff ebenfalls erfolgreich ist und die geänderten die Ansprüche zulässig sind.

1. Patentfähigkeit von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag:

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag erweist sich gegenüber der [X.] als nicht neu.

Die [X.] zeigt ein Fahrerassistenzsystem, bei dem in die Ermittlung der [X.] und somit auch der Berechnung des Fahrspurindikators der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug berücksichtigt wird.

Abbildung

1.1] besitzt eine [X.]svorrichtung mit Bilderfassungssystem ([X.]) (vgl. [X.] Sp. 6 [X.] 33-36: „1.2 bis 1.2.2] und eine [X.] (laser radar 4) zur Bestimmung der Position relativ zum Stammfahrzeug und der Bestimmung des Abstands (vgl. [X.] Sp. 6 [X.] 63-Sp. 7 [X.] 3: „1.4 bis 1.4.2].

1.3 und 1.5]. Diese wird unter Verwendung der Bilddaten ermittelt (vgl. [X.] Sp. 6 [X.] 60-62). Da sich auf dem vorausbestimmten Weg die Fahrspur nicht ändert, stellt automatisch die aktuelle Fahrspur die zukünftige Fahrspur an jeder voraussichtlichen Position des Stammfahrzeugs dar.

1.6], um einen Indikator zur Verfügung zu stellen, ob das Zielfahrzeug auf der gleichen Fahrspur ist oder nicht, auf der das Stammfahrzeug projektionsgemäß sein wird, wenn es sich an dem Punkt des [X.] befindet (vgl. [X.] Sp. 8 [X.] 2-4: „

1.7.1, 1.7.2 und 1.8.

Der Einwand der Beklagten, die Figur 2 belege, dass das Zielfahrzeug erst berücksichtigt werde, nachdem die Fahrspur des Stammfahrzeugs über den [X.] (51) (vehicle’s own lane detecting means) bestimmt worden sei, greift nicht durch. In [X.] 51 wird mittels einer Spurdetektion (lane detecting means 51) die aktuelle und zukünftige Fahrspur des Stammfahrzeugs ermittelt. Dies entspricht dem projizierten Weg nach Merkmal 1.3 und nicht der „[X.]“ nach Merkmal 1.7.1. Der Einfluss des [X.] auf die zukünftige Fahrspur (= “[X.]“) erfolgt in [X.] 53 (detecting means of other running ahead). Somit stellt auch die [X.] auf die Bestimmung eines bestimmten Ortes für den Indikator ab.

Damit ist die Vorrichtung nach der [X.] neuheitsschädlich gegenüber der Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß [X.].

2. Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1-3

Auch soweit das [X.] nach den [X.] 1-3 verteidigt wird, erweist sich Patentanspruch 1 nicht als neu (Hilfsantrag 1) bzw. hinsichtlich der Hilfsanträge 2 bis 4 für den angesprochenen Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ).

2.1. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, ohne die technische Lehre des erteilten Anspruch 1 einzuschränken. Es gelten daher die Ausführungen zum Hauptantrag bezüglich der fehlenden Neuheit.

2.2. Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 2 und 3

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach den [X.] 2 und 3 erweist sich zwar als neu, ist jedoch ausgehend von der [X.] nahegelegt.

Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang ([X.] 2007, 1055 – Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet ([X.] 2010, 607 – Fettsäurezusammensetzung), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können ([X.] 2009, 1039 – [X.]). Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Naheliegens im vorliegenden Fall waren die bekannten [X.], wie sie auch in den Schriften [X.] bis [X.] offenbart sind, so auch die [X.].

Wie bereits erläutert, präzisieren die Merkmale 1.9.1 und 1.9.2 die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) nach Merkmal 1.3 derart, dass diese dazu ausgelegt ist, [X.] zu verwenden, um zu bestimmen, auf welcher Fahrspur sich das Stammfahrzeug (1) momentan fortbewegt und der vorausbestimmte (projected) Weg der Bahn der Fahrspur entspricht, wobei die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) einen Giersensor umfasst, der die Gierrate des Stammfahrzeugs (1) zu bestimmen vermag, um ein Maß für den Radius einer Krümmung einer Bahn, der ein Fahrzeug folgt, zur Verfügung zu stellen.

Der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt war, vorhandene Fahr-Assistenz-Systeme zu verbessern, insbesondere eine zuverlässigere Bestimmung des Ortes eines behindernden Fahrzeuges möglich zu machen, fand bei seiner Umschau im Stand der Technik wiederum in der [X.] einen erfolgversprechendes Sprungbrett für seine Lösung. Denn die [X.] lehrt bereits die Berechnung der aktuellen Fahrspur aus [X.] und die vereinfachte Annahme einer unveränderten Fahrspur für den zukünftigen Fahrweg [Merkmal 1.9.1] (vgl. [X.] Sp .6 [X.] 60-62: „

Zwar lehrt die [X.] nicht den Einsatz eines [X.] nach den Merkmalen 1.9.2 und 1.9.2’, jedoch erweist sich der in Anspruch 1 nach den [X.] 2 und 3 nicht näher spezifizierte Einsatz eines solchen Sensors zur Bestimmung der Gierrate des Stammfahrzeugs bei [X.]n für den Fachmann als nahegelegt.

Denn bereits im Prioritätszeitpunkt des [X.]s stellte der Einsatz eines Sensors zur Bestimmung der Gierrate des Stammfahrzeugs bei [X.]n für den Fachmann eine bloß handwerkliche Maßnahme dar, wie die in der Beschreibungseinleitung aufgeführte [X.] belegt, die eine Zielobjekt-positionserfassungsvorrichtung für ein Stammfahrzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruch 1 zeigt (vgl. [X.] Abstract „

So weist auch das [X.] auf die bekannte Verwendung eines [X.]s zum Stand der Technik in dem Absatz Abs. [0008]) ausdrücklich hin (vgl. [X.] Abs. [0008]: „

2.3. Der Gegenstand des Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 ist gleichfalls ausgehend von der [X.] nahegelegt.

Wie bereits ausgeführt, ist mit dem hinzugefügten Merkmal 1.3.1 gegenüber dem Hauptantrag die zusätzliche technische Lehre verbunden, dass die Krümmung eines Wegs, dem das Fahrzeug voraussichtlich folgen wird, auf mehrere Arten bestimmt wird. Folglich enthält die Fahrzeugwegschätzeinrichtung (104) in der Fassung nach Hilfsantrag 4 mehrere Berechnungsmethoden zur Schätzung des zukünftigen Wegs.

2.3.1. Die alternativen Berechnungsmethoden sind zwar in den Abs. [0022] und [0023] angegeben (vgl. [X.] Abs. [0022]: „

Damit bestehen bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 4. Diese können jedoch dahin stehen, da die technische Lehre nach Anspruch 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2.3.2. Wie bereits erläutert, lehrt die [X.] bereits die vereinfachte Berechnungsmethode für den zukünftigen Weg auf Grundlage der Annahme, dass das Fahrzeug die Fahrspur beibehält.

Das Leistungsvermögen eines derartigen Systems war jedoch unbefriedigend, da es einen möglichen Fahrspurwechsel nicht berücksichtigt. Der Fachmann war deshalb veranlasst, das vorhandene System zu verbessern, um auch diese alltägliche Situation erfassen zu können und eine Fahrzeugwegschätzeinrichtung bei einem Fahrzeugweg mit und ohne Spurwechsel berücksichtigen zu können.

Bei Suche nach einer Problemlösung fand der Fachmann aber eine Lösung bereits in der [X.].

Die [X.] zeigt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs in Abhängigkeit vom vorausfahrenden Fahrzeug (vgl. [X.] Abstract: „

1.2 bis 1.2.2].

1.3 dar.

1.4 bis 1.4.2].

1.5]. Dabei werden zur Bestimmung der zukünftigen Fahrspur in [X.] 207 (data and signal receptor and designation assignor 207) auch die Daten des Zielfahrzeugdetektors einbezogen (vgl. [X.] Sp. 3 [X.]-58: „1.6].

1.7. Der Indikator in [X.] (208) wird unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse, also unter Einbeziehung des zukünftigen Weges (future course 204) und der Zielobjekte bestimmt und offenbart damit die technische Lehre nach den Merkmalen 1.7.1 und 1.7.2].

Unabhängig hiervon wird in [X.] ([X.]) ein Fahrspurwechsel vorausgesagt (vgl. [X.] Sp.3 [X.]-29: „

1.8]. Insbesondere wird als Ergebnis der Datenverarbeitung in [X.] (208) einer Steuereinheit (215) mitgeteilt, welches Fahrzeug sich in der [X.] befindet, sodass dieses zur Geschwindigkeits- und Abstandssteuerung für das Stammfahrzeug herangezogen werden kann (vgl. [X.] Sp. 4, [X.] 20-22: „

Die Kombination der Verfahren der [X.] und der [X.] in einer Vorrichtung ergibt sich für den Fachmann in nahe liegender Weise, aufgrund der genannten Anforderung einen Fahrzeugweg mit und ohne Spurwechsel zu berücksichtigen.

3. Die Beklagte hat für rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9, 11, 13 und 15 keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt geltend gemacht; ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Sie hat zudem auf Befragen diese Ansprüche nicht isoliert verteidigt. Einer weiteren Sachprüfung bedarf es deshalb nicht, so dass das [X.] im Umfang des [X.] für nichtig zu erklären ist. Soweit der verkündete [X.] abweichend hiervon nicht den korrekten Rückbezug enthält „soweit sich die Patentansprüche 9, 11, 13 und 15 jeweils auf einen der vorgenannten Ansprüche rückbeziehen“ handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, da Anspruch 1 keinen derartigen Rückbezug aufweisen kann. Diese offensichtliche Unrichtigkeit war deshalb nach § 95 [X.] von Amts wegen zu berichten war.

IV.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 [X.], 709 ZPO.

Meta

4 Ni 7/14 (EP)

27.10.2015

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 27.10.2015, Az. 4 Ni 7/14 (EP) (REWIS RS 2015, 3302)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3302

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