Bundespatentgericht, Urteil vom 17.05.2017, Az. 5 Ni 41/15

5. Senat | REWIS RS 2017, 10803

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur sowie geeignete Verfahren hierfür" – zur Einreichung eines Hilfsantrags - zum verspäteten Vorbringen


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 102 52 340

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2017 durch [X.] die Richterin [X.] sowie [X.] Albertshofer, [X.]. Univ. Dr. [X.] und Dipl.-Phys. Univ. Bieringer

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 102 52 340 wird für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des [X.] Patents 102 52 340 (Streitpatent), das die Priorität der [X.] Anmeldung 102 51 734 vom 5. November 2002 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent, das am 11. November 2002 angemeldet worden ist und dessen Offenlegung am 19. Mai 2004 erfolgte, trägt die Bezeichnung „Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur sowie geeignete Verfahren hierfür“ und umfasst 21 Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.

2

Anspruch 1 und 14, auf die die Ansprüche 2 bis 13 bzw. 15 bis 21 rückbezogen sind, lauten nach der Patentschrift [X.] 102 52 340 [X.] wie folgt:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

3

Mit der am 10. September 2015 erhobenen Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 8 und 13 bis 20 des [X.] beruhten angesichts des Standes der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Die Gegenstände der Ansprüche 9 bis 12 und 21 seien zudem unzureichend offenbart (§§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

4

Ihre Argumentation stützt die Klägerin auf folgende Dokumente:

5

NK1  [X.]: [X.] zum Aktenzeichen 102 52 340.1, Stand 10.09.2015, 5 S.

6

NK2 [X.] 102 52 340 [X.]  (Streitpatent)

7

[X.] EP 0 619 482 [X.] (Druckschrift D1 des Prüfungsverfahrens)

8

[X.] [X.] 694 10 684 T2 ([X.]. Übersetzung der Druckschrift [X.]; zusätzlich als Druckschrift [X.] bezeichnet)

9

NK5 EP 0 715 163 [X.] (Druckschrift D3 des Prüfungsverfahrens)

[X.] FR 2 741 438 [X.] (Druckschrift [X.] des Prüfungsverfahrens)

[X.] Maschinenübersetzung [X.]/[X.] via [X.] (hier zusätzlich als [X.]a bezeichnet)

[X.]  Merkmalsgliederung des P[X.] gemäß Streitpatent

[X.]  [X.], A.F.: [X.] FOR [X.]. In: [X.] ([X.]), [X.] : [X.]. [X.], 1996. [X.] 972-8063-07-5. S. 19-24

[X.]a [X.] Übersetzung der Druckschrift [X.]  9 S.

[X.]  [X.] 5 365 084 A (Druckschrift [X.] des Prüfungsverfahrens)

NK11 [X.] 692 23 505 T2 ([X.]. Übers. eines EP-Familienmitglieds der Druckschrift [X.], zusätzlich als Druckschrift [X.]a bezeichnet)

[X.], [X.]: Werkstoffe nach Maß. In: [X.]: [X.], [X.]. Frühjahr 2003; [X.] – 11; ISSN 1618-548X

[X.] [X.] beglaubigte Übersetzung der Druckschrift [X.], 19 S.

NK14 [X.]: [X.], [X.]. Frühjahr 2003; 43 S.; ISSN 1618-548X

NK15 [X.] 100 48 749 [X.] (hier zusätzlich als Druckschrift [X.] bezeichnet)

NK16 [X.], [X.]. [X.], 1978; Exzerpt von Titelseite und 4 S.; [X.] 0-471-01888-0

NK17 GESELLS[X.]HAFT ZUR FÖR[X.]RUNG ANGEWANDTER INFORMATIK E.V.: [X.] Bildverarbeitung. 2013, 1 S.

[X.], [X.], [X.].: Automatisierung der industriellen Warenschau bei komplex gemusterter Bahnenware - eine Herausforderung an die Bildanalyse. In: 4. Workshop Farbbildverarbeitung, 1998, [X.] Schriften zur Informatik, [X.] 3923532-58-X. 7 S.

NK19 LANDGERI[X.]HT MANNHEIM: Aktenzeichen 2 O 57/15; Beschluss im Rechtsstreit [X.] Qualitäts-Inspektionssysteme und Service AG gegen [X.] VISION AG et al., beglaubigt 20.09.2016; 3 S.

NK20 LANDGERI[X.]HT MANNHEIM: Aktenzeichen 2 O 57/15; Urteil im Rechtsstreit [X.] Qualitäts-Inspektionssysteme und Service AG gegen [X.] VISION AG et al., beglaubigt 20.09.2016; 19 S.

[X.] Ursprüngliche Anmeldeunterlagen des [X.] vom 11.11.2002; 19 S.

NK22 [X.], [X.], G: [X.]. In: [X.], [X.], 1990, [X.], [X.] — 298

[X.]  [X.], P.: The Accuracy of Sub-Pixel Localisation in the [X.]. In: [X.] 10

[X.] [X.], D.: [X.], [X.], [X.], 1991, [X.], [X.] – 117 (Kapitel 5 — The Segmentation problem), [X.] 0-13-543398-3

[X.] HUERTAS, [X.], G.: Detection of Intensity [X.]hanges with Subpixel Accuracy Using Laplacian-Gaussian Masks. In: [X.] TRANSA[X.]TIONS [X.] [X.] AND MA[X.]HINE [X.], VOL. [X.], NO. 5, [X.] 1986; [X.] – 664

[X.], M., O’[X.], [X.], [X.]: [X.], Description, Examples, and [X.]ode. [X.], 2000; [X.] – 84, [X.] 0-521-66065-3

NK27 [X.], [X.], M.: [X.]. In: [X.]/09 [X.]onference Proceedings, [X.] Instrumentation and Measurement Technology [X.]onference, [X.] [X.]atalog No. 98[X.]H36222, [X.], 18 - 21 May 2009, S. i – xxiv, [X.] – 17 (zusätzlich als Druckschrift [X.] bezeichnet),

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 02 52 340 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des [X.], eingereicht mit Schriftsatz vom 27. März 2017, erhält,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass der dortige Hilfsantrag 2 zum Hilfsantrag 1, Hilfsantrag 3 zum Hilfsantrag 2 wird.

Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung.

Der Anspruch 1 in der mit Hauptantrag (entspricht Hilfsantrag 1 vom 27. März 2017) verteidigten Fassung lautet:

Abbildung

Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 12 unterscheidet sich von der erteilten Fassung lediglich durch die geänderten Rückbezüge auf die Vorrichtung nach den Ansprüchen 1 bis 11. Wegen des Wortlauts der auf Anspruch 1 und 12 rückbezogenen [X.] wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. März 2017 verwiesen.

Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

Abbildung

Die Ansprüche 2 bis 18 entsprechen der Fassung nach Hauptantrag.

Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 durch die Aufnahme des erteilten Anspruchs 8 und lautet wie folgt:

Abbildung

Abbildung

Dem schließen sich nach Anpassung der Rückbezüge die Ansprüche 2 bis 17 der Fassung nach Hauptantrag an.

Hilfsantrag 3 hat der Senat als verspätet zurückgewiesen. Wegen der Anspruchsfassung wird auf die Anlage zum Protokoll vom 17. Mai 2017 Bezug genommen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen, insbesondere hält sie das Streitpatent in einer der verteidigten Fassungen für patentfähig.

Sie beruft sich hierbei auf folgende Dokumente:

[X.] Merkmalsgliederung des erteilten Anspruchs 1

[X.] Kommentierte Figur 4 gemäß Streitpatent.

[X.] Beglaubigte dt. Übersetzung der Druckschrift [X.] vom 08.01.2016; 19 S.

BK4 Merkmalsanalyse zu Anspruch 1 des ehemaligen [X.] vom 27.03.2017 ; 1 S.

BK5 Kommentierte Fotografien „patentgemäßer Vorrichtungen A bis [X.]“ vom  27.04.2017; 2 S.

[X.] [X.][X.]: Beleuchtung, In Lichtgeschwindigkeit gerechnet. – In: INSPE[X.], 13. Jg. August 2012; [X.]: Grundlage der Bildverarbeitung + optischen Meßtechnik; S. 20 und  21 sowie Titelseite der Ausgabe

[X.] Beispiel Grauwertverlauf / orthogonaler Schnitt durch eine auf einem Substrat aufgetragene Dichtmittelspur / [X.], 2 S.

Der Senat hat den Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] vom 1. Februar 2017 die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist begründet.

Soweit das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. [X.]. auch: Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 82 Rdn. 101 m. w. Nachw.; [X.]/[X.], Patentgesetz, 10. Aufl., § 81 Rdn. 127).

Mangels Patentfähigkeit kann das Streitpatent aber auch nicht in der Fassung nach dem Hauptantrag oder in einer der Fassungen nach den [X.] 1 und 2 Bestand haben. Den erstmals in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 3 hat der Senat gemäß § 83 Abs. 4 [X.] zurückgewiesen.

I. Zum Gegenstand des Streitpatents

1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur gemäß dem Anspruch 1 sowie ein geeignetes Verfahren hierfür (Streitpatent, Absatz [0001]).

Bislang würden zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur optische Vermessungen durchgeführt, wobei häufig verschiedene Systeme zur vollautomatischen Prüfung der Struktur, u. a. [X.], verwendet würden. Hierzu würden eine oder mehrere Videokameras auf die zu erkennende Struktur gerichtet. Zusätzlich sei ein [X.] erforderlich, das zur Erzeugung eines kontrastreichen Kamerabildes diene. Die Überprüfung der Struktur erfolge zeitlich versetzt, einige Sekunden nachdem die Struktur auf dem Substrat aufgebracht sei. Häufig erfolge die Überprüfung erst nachdem der komplette Strukturauftrag auf dem Substrat erfolgt sei. Nachteilig hieran sei, dass somit die Überprüfung separat und unabhängig von dem [X.] durchgeführt werde, was umständlich und schwierig zu handhaben sei. Bislang wären die Systeme zur Überprüfung zu instabil und umständlich bei der Parametrisierung (Streitpatent, Absatz [0002]).

Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es somit, die bekannte Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur und ein geeignetes Verfahren hierfür derart weiterzubilden, dass einerseits eine unmittelbare Überprüfung der aufgebrachten Struktur möglich und andererseits die Überprüfung mit verbesserter Erfassung und Auswertung der aufgebrachten Struktur zu handhaben sei. Ferner sei es eine Aufgabe, auch bei nachträglicher Überprüfung das bekannte Verfahren zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur derart weiterzubilden, dass eine nachträgliche Überprüfung möglich sei und eine genaue Fehleranalyse der aufzubringenden Struktur bereitgestellt werde (Streitpatent, Absätze [0003] und [0004]).

2. Zur Lösung dieser Aufgabe wird in der erteilten Fassung mit Patentanspruch 1 eine Vorrichtung bzw. mit Patentanspruch 14 ein zugehöriges Verfahren unter Schutz gestellt, die nun nicht mehr verteidigt werden.

Hauptantrag den Gegenstand eines Anspruchs 1, der sich in folgende Merkmale gliedern lässt (Änderungen im Vergleich zum erteilten Patentanspruch 1 fett hervorgehoben):

Me    

Wortlaut

1.0 1    

Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem dreidimensional ausgebildeten Substrat aufzubringenden Struktur in Form einer [X.] oder Dichtmaterialspur bestehend aus

1.1     

einem [X.] und einer Sensoreinheit

1.1a   

wobei die Sensoreinheit (3) auf der Einrichtung (1) zum Auftragen der Struktur vorgesehen ist,

1.1a 1   

und wobei die Einrichtung (1) zum Auftragen der Struktur in x-, y- und z-Richtung verfahrbar ist,

1.1b   

wobei das [X.] ein LED-[X.] ist, welches die Bereiche Rot, Blau, Grün, Infrarot und/oder Ultraviolett ausstrahlt,

1.c 1    

wobei die Sensoreinheit (3) und das LED-[X.] (5) in einem gemeinsamen Gehäuse an der Einrichtung (1) zum Auftragen der Struktur positionierbar sind und

1.2     

wobei die Auswerteeinheit einen Satz von [X.]n über den mit den Bildelementen ermittelten Datensatz legt,

1.2a 1   

wobei die Strukturbestimmung über die Auswertung des [X.] entlang der [X.] ermittelt wird,

1.3     

wobei die [X.] [X.] zu der [X.] verlaufen, und

1.4     

wobei die Auswerteeinheit die Strukturermittelung nach zumindest einem der folgenden Kriterien durchführt:

1.4a   

a. Kantenstärke

1.4b   

b. Strukturbreite

1.4c   

c. Soll-lst-Positions-Differenz

Gemäß geltendem Hauptantrag, wird nun ein Verfahren in Form des Gegenstandes eines Anspruchs 12 verteidigt, der sich vom erteilten Patentanspruch 14 bis auf die Nummerierung und Rückbezugsangaben nicht unterscheidet; dieser lässt sich in folgende Merkmale gliedern (Änderungen im Vergleich zum erteilten Patentanspruch 14 fett und durchgestrichen):

Me    

Wortlaut

12.0   

Verfahren zum Erkennen einer Struktur und insbesondere zur Anwendung bei der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 bis 13 11, welches die Schritte aufweist:

12.1   

a) Bereitstellen eines [X.]s und einer Sensoreinheit,

12.1a 

die auf der Einrichtung zum Auftragen der Struktur vorgesehen ist.

12.1b 

b) Bestimmen der Struktur während die Struktur auf das Substrat aufgetragen wird,

12.2   

wobei das [X.] ein LED-[X.] ist, welches die Bereiche Rot, Blau, Grün, Infrarot und/oder Ultraviolett ausstrahlt,

12.3   

wobei die Auswerteeinheit einen Satz von [X.]n über den mit den Bildelementen ermittelten Datensatz legt,

12.4   

wobei die [X.] [X.] zu der [X.] verlaufen, und

12.5   

wobei die Auswerteeinheit die Strukturermittelung nach zumindest einem der folgenden Kriterien durchführt:

12.5a 

a. Kantenstärke

12.5b 

b. Strukturbreite

12.5c 

c. Soll-lst-Positions-Differenz

Hilfsantrag 1 verteidigt wird, unterscheidet sich von der Formulierung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nur in der begrifflichen Ergänzung des Merkmals 1.2a 1 (fett hervorgehoben) zu Merkmal

1.2a 2   

wobei die Strukturbestimmung über die Auswertung des [X.] entlang der [X.] Subpixel genau ermittelt wird,

Das nebengeordnete, ebenfalls gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte, Verfahren des Anspruchs 12 entspricht dem des Anspruchs 12 gemäß Hauptantrag.

Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der gemäß Hilfsantrag 1 indem ein weiteres Merkmal zwischen dem Merkmal 1.2a 2 und dem Merkmal 1.3 eingeschoben wird, das folgendermaßen lautet:

1.2a 3   

wobei die zweite Ableitung im Verlauf der Grauwerte zur Strukturermittelung herangezogen werden,

Das nebengeordnete, gemäß Hilfsantrag 2 verteidigte Verfahren des Anspruchs 11 entspricht bis auf die Änderung einer Rückbezugsangabe dem des Anspruchs 12 gemäß Hauptantrag.

3. Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung sowie die nun verteidigten Gegenstände des Streitpatents richten sich an einen Diplom-Physiker mit Berufserfahrung bei der Entwicklung optischer Inspektionssysteme für die industrielle Bildverarbeitung zum Einsatz in Fertigungsprozessen. Er verfügt über profunde Kenntnisse der Optik, insbesondere der Beleuchtung und der Abbildungsgeometrie sowie über Bilderfassungssensoren. Zu seinem Basiswissen zählen Auswerteverfahren der digitalen Bildverarbeitung.

4. Zum Verständnis der verteidigten Patentgegenstände

Dieser Fachmann versteht die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche der [X.] und die dort verwendeten Begrifflichkeiten unter Heranziehen der Beschreibung und der Figuren der Streitpatentschrift wie folgt:

Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem dreidimensional ausgebildeten Substrat aufzubringenden Struktur in Form einer [X.] oder Dichtmaterialspur ist eine Vorrichtung zu verstehen, die geeignet ist, auf einer räumlich ausgebildeten Unterlage ein sich von derselben [X.], pastöses Material aufzubringen, das als Struktur auf dieser Unterlage anzusprechen und nachzuweisen ist (Merkmal 1.0).

[X.]s und einer im [X.] nicht näher spezifizierten Sensoreinheit, die auf einer Einrichtung zum Auftragen der Struktur angebracht ist; der Fachmann weiß im gegebenen technischen Kontext, dass das [X.] die Funktionsfähigkeit der Sensoreinheit beeinflusst bzw. bedingt; er wird die Sensoreinheit vor dem gegebenen technischen Hintergrund in günstiger Weise als Zeilen- oder Flächenkamera ausgestalten, auch wenn die Sensorik gemäß [X.] nicht darauf beschränkt ist (Merkmale 1.1, 1.1a). Die Einrichtung zum Auftragen der Struktur selbst ist dabei zum Auftragen in allen drei kartesischen Raumrichtungen (x,y,z) verfahrbar (Merkmal 1.1a 1 ).

LED-[X.] ausgestaltet, das verschiedenste [X.] auszusenden vermag, sei es selektiv oder zeitgleich (vgl. hierzu die wortlautgemäß umfassten möglichen und/oder Kombinationen; Merkmal 1.1b).

gemeinsamen Gehäuses angeordnet, so dass sie auch gemeinsam positionierbar sind (Merkmal 1.c 1 ).

Auswerteeinheit (Merkmale 1.2 und 1.4) handelt es sich um eine Recheneinheit, die Bildverarbeitungsalgorithmen ausführt. Der Wortlaut des Anspruchs 1 legt aber nicht fest, ob sich die Auswerteeinheit in der Sensoreinheit befindet oder nur mit dieser verbunden ist, also etwa ein externer Computer ist.

Bildelemente und die Formulierung den Bildelementen ermittelten Datensatz finden in der Beschreibung keine konkrete Stütze. Der Fachmann wird aber das Bildelement als Fachbegriff erkennen, als Pixel ansehen, und unter einem Datensatz von Bildelementen zum Beispiel ein digitales Bild verstehen.

1.2 teils bis 1.4c) der beanspruchten Vorrichtung versteht der Fachmann vor diesem Hintergrund folgendermaßen:

[X.]“ verortet der Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnis (dokumentiert z. B. durch die Druckschrift [X.], 1996 ([X.])) im Bereich der digitalen Bildverarbeitung als virtuellen Messschieber, dessen Daten mittels der Auswerteeinrichtung analysiert werden; so werden Strukturdaten entlang einer Linie zwischen zwei virtuellen Schenkeln (Merkmal 1.2 teils ) über die Analyse der Grauwerte einzelner Pixel entlang besagter Linie bestimmt, wobei die Genauigkeit bis auf [X.] heruntergebrochen wird, indem über Rechnerkapazität die zweite Ableitung der [X.] in die Analyse findet (Merkmale 1.2a 1 bzw. 1.2a 2 ).

1.3)

- Die Struktur bzw. die Position oder Breite der Struktur wird im Folgenden mittels der Auswerteeinheit bestimmt, wobei drei Kriterien betrachtet werden, und zwar eine

Kantenstärke, d. h. in wieweit sich über eine Grauwertbetrachtung ein zu einer Kante der Struktur gehöriges / zu rechnendes Pixel von einem Pixel (ggf. Subpixel), das zum Substrat gerechnet wird, unterscheidet (Merkmal 1.4a);

Strukturbreite, d. h. die geometrische Ausdehnung der aufgebrachten Struktur senkrecht zu ihrer Auftragsrichtung auf das Substrat (Merkmal 1.4b);

Soll-Ist-Positionsdifferenz, d. h. die geometrische Positionsabweichung der tatsächlich aufgebrachten Struktur an bestimmten Punkten der [X.] im Vergleich zu der Position, wie sie durch die Einrichtung vorgesehen und/oder eingelernt ist (Merkmal 1.4c).

Da die Merkmale des jeweils nebengeordneten Verfahrensanspruchs aller [X.] faktisch nur stets das zum Vorrichtungsanspruch 1 zugeordnete Verfahren beschreiben, gelten die obigen Ausführungen für diese entsprechend.

II. Zum [X.] fehlender Patentfähigkeit

[X.]) am Prioritätstag unter Einsatz seines Fachwissens in naheliegender Weise. Dies gilt im Ergebnis in gleicher Weise für die Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2.

1. Zur Fassung gemäß Hauptantrag

Vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung und gemäß den Ausführungen des [X.]vertreters in der mündlichen Verhandlung kommt es für den Fachmann im gegebenen technischen Kontext darauf an, dass zur Erkennung der geometrischen Grenzen einer auf ein Substrat aufgebrachten [X.] insbesondere mittels entsprechender Beleuchtung darauf hinzuwirken ist, optische Kontraste zwischen Substrat und [X.] derart zu schaffen, dass sich diese nach der Messwertaufnahme (beispielsweise in Bildform) für eine Auswertung in Form einer Grauwertanalyse als besonders vorteilhaft erweisen.

Der so sensibilisierte Fachmann wird folglich für alle Maßnahmen, die für eine qualitativ hochwertige Messwertaufnahme samt Auswertung nötig sind, auf sein physikalisches Basiswissen zurückgreifen und sich seiner Kenntnisse auf dem Gebiet der Beleuchtungstechnik, der [X.] und der in diesen zur Anwendung kommenden (digitalen) Bildverarbeitungsmechanismen bedienen, die am [X.] vorlagen.

Entgegen der Auffassung der [X.] agiert er dabei unabhängig davon, ob im Stand der Technik explizit von pastösen (oder gar durchsichtigen) Materialien die Rede ist, die vor einem speziellen Hintergrund in ihren geometrischen Konturen zu bestimmen sind, oder ob anders geartete Objekte in einer wie auch immer gestalteten Umgebung zu bestimmen oder zu identifizieren sind; letztlich kommt es für ihn in beiden Fällen nur darauf an, die geltenden physikalischen Randbedingungen jeweils über eine an das Objekt angepasste optische Messwertaufnahme mit darauf abgestimmten Datenverarbeitungsmethoden so zu berücksichtigen, dass eine eindeutige Erkennung des Objektes ermöglicht wird.

1.1 Zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag

[X.] ist eine Vorrichtung zum Erkennen einer auf einem dreidimensionalen Substrat aufzubringenden Struktur in Form einer [X.] oder Dichtmaterialspur bekannt ([X.], Titel: „[X.] ET PROCEDE DE CONTROLE DIMENSIONNEL D'UN [X.] DE MATIERE [X.] SUR UN SUPPORT” i. V. m. Figur 1: „[X.]“, „support 5“ und S. 1, [X.] 1-11, insb.: „ … L'invention va être décrite à titre d'exemple non limitatif en relation avec le depôt d'un cordon de colle sur la surface d'une tôle, … etant entendu que l'invention peut être géneralisée et étendue au contrôle du depôt d'une matière pâteuse ou pulverulente quelconque sur un support de toute nature.“ (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmal 1.0 1 ).

[X.], S. 5, [X.] 16 und [X.] 22-25) und eine Sensoreinheit 7 („caméra 7“ z. B. [X.], S. 5, [X.] 17 und [X.] 26-32) auf (Merkmal 1.1). Die Sensoreinheit 7 ist auf einer Einrichtung zum Auftragen der Struktur vorgesehen („[X.] 1“ mit „buse d'extrusion 2“ zum Auftragen eines „cordon de matière 3“ z. B. [X.], S. 5, [X.] 10-21 i. V. m. Figur 1; Merkmal 1.1a) und es wird allgemein die Möglichkeit beschrieben, die pastösen Materialien, die mit dieser Vorrichtung zum Auftrag kommen, über eine dreidimensionale Verfahrbarkeit der Düse aufzubringen ([X.], S. 1, [X.] 1-11 i. V. m. S. 1, [X.] 16f: „[X.], et la tôle est mobile par rapport à la buse selon une trajectoire tridimensionnelle.“ (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmal 1.1a 1 ).

[X.], S. 5, [X.] 22-25: „[X.] d'éclairage 6 sont de préférence constitués par une lampe halogène dont le faisceau est dirigé vers le [X.], et de puissance suffisante pour que la zone éclairée ne soit pas perturbée par l'éclairage ambiant dans l'atelier.“ (Unterstreichung hinzugefügt); Merkmal 1.1b ).

[X.], Figur 1: „moyens d'éclairage 6“, „caméra 7“) in einem gemeinsamen Gehäuse der Einrichtung untergebracht sind; für eine derartige fachmännische Maßnahme sind jedoch vor dem gegebenen technischen Hintergrund keine besonderen Umstände feststellbar, die eine solche aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen und welche der Fachmann folglich bei Bedarf aufgrund seines Fachwissen umsetzt (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2014 – X ZR 139/10, [X.], 647 – Farbversorgungssystem, Leitsatz; Merkmal 1.c 1 ).

[X.], Figur 1 i. V. m. S. 4, [X.] 19-26: „- pour déterminer le diamètre du cordon courant, on détermine ses limites transversales à l'aide de niveaux de gris, le passage sur le cordon correspondant à un front montant d'un signal représentatif du niveau de gris, et le passage pour quitter le cordon correspondant à un front descendant du signal représentatif du niveau de gris, le diamètre courant du cordon étant constitué par la distance entre le front montant et le front descendant.” (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmal 1.2).

[X.], S. 4, [X.] 19-26 und S. 8, [X.] 26-29 i. V. m. Figur 1 und „cordon de matière 3“) sowie, dass diese für einen Fachmann in der Praxis geschuldeten Fehler-/Toleranzgrenzen [X.] zu einer dortigen [X.] verlaufen, d.h. bildverarbeitungstechnisch mit einem Winkel nahe an 90°, um je nach Lichtdesign entlang der genannten [X.] entsprechende/vermutete/angestrebte Übergänge zwischen beleuchtetem Substrat und aufliegender Struktur sensorisch in Form eines möglichst kontrastreichen Helligkeitsverlaufs von Graustufen situationsabbildender Pixel zu ermitteln ([X.], Figur 4 i. V. m. S. 8, [X.] 26 bis S. 9, [X.] 2: „Considérons l'image traitée numéro n ([X.]). [X.] An et Bn sont fournis par la phase d'apprentissage comme décrit plus haut, [X.] Pi successifs orthogonaux au segment [An,Bn] sont positionnés. [X.], l'algorithme de contrôle permet de déterminer les bords supérieurs B2i et inférieur B2i+1 du [X.], malgré la présence possible de reflets sur la tôle et/ou le cordon.” (Unterstreichungen hinzugefügt) i. V. m. S. 4, [X.] 13-26, insb.: „ ... pour déterminer le diamètre du cordon courant, on détermine ses limites transversales à I'aide de niveaux de gris. le passage sur le cordon correspondant à un front montant d'un signal représentatif du niveau de gris, et le passage pour quitter le cordon correspondant à un front descendant du signal representatif du niveau de gris, ... .” (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmale 1.2 Rest , 1.2a 1 , 1.3, 1.4).

Die für eine Strukturermittlung relevanten Kriterien sind ebenfalls bereits in dieser Druckschrift verwirklicht, im Einzelnen:

[X.], S. 4, [X.] 19-26: „- pour déterminer le diamètre du cordon courant, on détermine ses limites transversales à l'aide de niveaux de gris, le passage sur le cordon correspondant à un front montant d'un signal représentatif du niveau de gris, et le passage pour quitter le cordon correspondant à un front descendant du signal représentatif du niveau de gris, le diamètre courant du cordon étant constitué par la distance entre le front montant et le front descendant.” (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmal 1.4a);

[X.], ebenda, Stichwort: „déterminer le diamètre du cordon courant“ (Unterstreichung hinzugefügt); Merkmal 1.4b);

[X.], S. 4, [X.] 14-18: „- pour déterminer la position du cordon courant par rapport au cordon de référence, on détermine la distance entre la médiane du cordon de référence et la médiane du cordon courant, en une pluralité de plans transversaux successifs du cordon dans le sens de formation de celui-ci;” (Unterstreichungen hinzugefügt); Merkmal 1.4c).

1.1b, das im [X.] den Einsatz von LEDs mit bestimmtem EM-[X.]ektrum vorsieht, sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag aus dieser Druckschrift bekannt.

Zum Prioritätszeitpunkt waren verschiedenfarbige LEDs bereits einige Jahre bekannt – demzufolge auch ihre Vorteile gegenüber anderen gängigen Leuchtmitteln wie etwa breitbandig abstrahlenden Glühlampen. Der [X.] wird sich entsprechend seiner Inspektionsaufgabe (z. B. semitransparente [X.] vor reflektierendem Metalluntergrund) und den sich ihm bietenden Randbedingungen (z. B. Abschattungen, Streuungen) das am geeignetsten erscheinende Leuchtmittel samt [X.]ektralbereich in der gewünschten Form und Anzahl oder eine Kombination derselben mit jeweils unterschiedlichem Wellenlängenspektrum so auswählen, dass er sein Ziel auf möglichst unmittelbare Weise erreicht. Widerstände, die eine solche Maßnahme aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen, kann der Senat in diesem technischem Kontext nicht erkennen, weshalb diese auch keine erfinderische Tätigkeit begründen kann (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2014 – [X.], [X.], 647 – Farbversorgungssystem, Leitsatz).

[X.]) zeigt. Dort wird ein [X.] („lighting array 16“) explizit mit LEDs realisiert, weil erkannt wurde, dass diese Vorteile gegenüber sonst üblichen Beleuchtungskörpern wie Glühlampen, aufweisen; gleichfalls bedienen die dort benannten LEDs auch ausdrücklich unterschiedliche EM-Bereiche ([X.], [X.]. 2, [X.] 34-68 i. V. m. [X.]. 3, [X.] 10-32, insb.. „array of light emitting elements formed of LEDs of multiple spectral characteristics.” (Unterstreichung hinzugefügt)).

Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist daher nicht patentfähig.

1.2 Zum Anspruch 12 gemäß Hauptantrag

Anspruchs 12 gemäß Hauptantrag wird lediglich das zur Vorrichtung zugehörige Verfahren beansprucht. Das beanspruchte

1.3 Zu den Unteransprüchen gemäß Hauptantrag

Die [X.] 2 bis 11 und 13 bis 18 teilen das Schicksal der unabhängigen Ansprüche, weil sie nicht mehr als handwerkliche Lehren zum technischen Handeln darstellen und damit nichts eigenständig Patentfähiges enthalten. Zudem wurde seitens der [X.] auch nichts Gegenteiliges geltend gemacht.

Zu den Gegenständen nach Hilfsantrag 1 und 2

Soweit die Beklagte das Streitpatent in der Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. 2 verteidigt, kann dies in beiden Fällen nicht den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit beseitigen.

1.2a und 1.2a 3 ) stellen im gegebenen Kontext letztlich nur fachmännische Maßnahmen im Rahmen einer digitalen Bildverarbeitung dar, über die ein Fachmann zum Prioritätszeitpunkt als Basiswissen verfügte, und welche er - sofern sie ihm notwendig und sinnvoll erschienen - auch entsprechend für die Aufbereitung seiner optischen Messdaten einzusetzen weiß, ohne dass ihm eine solche Maßnahme aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen würde (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2014 – X ZR 139/10, [X.], 647 – Farbversorgungssystem, Leitsatz). Daher kann das Vorsehen derartiger Auswertefunktionen auch keine erfinderische Tätigkeit begründen.

[X.]), dort insbesondere Abstract, S. 651, „I. Introduction“, linke [X.]alte, Absatz 1 und Figur 2 i. V. m. S. 652 „A. Detection of Intensity Changes“, linke [X.]alte, Absatz 1, sowie [X.] et al., 2000 ([X.]), dort insbesondere S. 81, „3.4.1 [X.] EDGE DETECTION: [X.] OPERATORS“, Absätze 1 bis 4 i. V. m. S. 82, Figur 3.4.2 mit Figurenunterschrift, verwiesen, die letztlich beide vor dem Hintergrund einer angestrebten „subpixel accuracy“ insbesondere die Auswertung der zweiten Ableitung des Grauwertintensitätsverlaufs von benachbarten Pixeln lehren.

Anspruchs 12 bzw. 11 beider [X.] entspricht - bis auf die Nummerierung und eine Rückbezugsangabe in letzterem Fall - dem Anspruch 12 gemäß Hauptantrag und leistet keinen eigenen erfinderischen Beitrag. Jedenfalls wurde hierzu von der [X.] nichts Gegenteiliges vorgetragen. Er teilt somit das Schicksal des jeweiligen Anspruchs 1 der entsprechenden Hilfsanträge. Gleiches gilt auch für die jeweiligen Unteransprüche, zu denen von der [X.] ebenfalls nichts weiter vorgetragen wurde, was eine Patentfähigkeit begründen würde.

Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen kann daher dahinstehen, ob der Hilfsantrag 1 in vorliegender Form zulässig ist bzw. ob die seitens der [X.] in allen [X.] substantiiert angegriffenen Gegenstände einzelner [X.] tatsächlich so deutlich offenbart sind, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§§ 21 Abs. 1 Nr. 2, 22 Abs. 1 [X.]).

III. Zum Hilfsantrag 3

Der Senat hat den in der mündlichen Verhandlung überreichten neuen Hilfsantrag 3 nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] als verspätet zurückgewiesen.

Nach dieser Vorschrift kann das Patentgericht eine Verteidigung des [X.] mit einer geänderten Fassung zurückweisen, die nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme auf den qualifizierten Hinweis (§ 83 Abs. 2 [X.]) vorgebracht wird, und unter den Voraussetzungen des § 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 [X.] ohne weitere Ermittlungen entscheiden.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 basiert auf der Fassung nach Hilfsantrag 2 und enthält am Ende zusätzlich das folgende Merkmal:

Abbildung

Zur [X.] verweist die [X.] auf die erteilten Ansprüche 9 und 10 sowie auf den vorletzten Satz in Absatz [0030] der Streitpatentschrift in Verbindung mit Figur 8.

Die Klägerin, die die Antragsstellung als verspätet rügt, weist zu Recht darauf hin, dass diese Merkmalskombination bisher nicht Gegenstand der Erörterungen zwischen den Parteien gewesen sei. Aufgrund des bisherigen Vortrags der [X.] und deren Verteidigung mit dem Haupt- und den [X.] war nach Auffassung des Senats auch nicht ansatzweise damit zu rechnen, dass die Beklagte einen solchen Gegenstand beanspruchen werde. Zudem hatte die Klägerin bereits in der Klageschrift gerügt, dass ein Fachmann die Erfindung teilweise nicht ausführen könne und hierzu die erteilten Ansprüche 9 bis 12 und 21 genannt. Eine schriftsätzliche Äußerung der [X.] hierzu erfolgte nicht, auch nicht, nachdem der Senat im qualifizierten Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] angemerkt hatte, dass hierzu eine Stellungnahme der [X.] ausstehe und er sich vorläufig insoweit der Ansicht der Klägerin anschließe. Daher mussten unter Berücksichtigung auch dieses weiteren Gesichtspunkts weder der Senat noch die Klägerin damit rechnen, dass die Ansprüche 9 und 10 sowie Absatz [0030] der Streitpatentschrift von der [X.] in der mündlichen Verhandlung zur Verteidigung des Streitpatents herangezogen werden würden.

Infolgedessen hätte die Berücksichtigung des neuen [X.] eine Vertagung der mündlichen Verhandlung (§ 83 Abs. 4 Nr.1 [X.]) unter dem Aspekt erforderlich gemacht, dass der Klägerin Gelegenheit gegeben hätte werden müssen, nach einschlägigem Stand der Technik bezüglich dieses neuen Merkmals zu recherchieren. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Zurückweisung liegen vor, denn die Beklagte hat die Verspätung nicht genügend entschuldigt (§ 83 Abs. 4 Nr.2 [X.]). Die Belehrung nach § 83 Abs. 4 Nr.3 [X.] erfolgte mit dem Hinweis des Senats vom 1. Februar 2017.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

5 Ni 41/15

17.05.2017

Bundespatentgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 17.05.2017, Az. 5 Ni 41/15 (REWIS RS 2017, 10803)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10803

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 Ni 8/17 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zum Erkennen einer auf einem Substrat aufzubringenden Struktur mit mehreren Kameras sowie …


6 Ni 44/21 (EP) (Bundespatentgericht)


4 Ni 24/15 (EP) (Bundespatentgericht)


2 Ni 6/13 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Vorrichtung zur Extraktion einer Kartusche (europäisches Patent)" – zur wirksamen Inanspruchnahme der Priorität …


3 Ni 16/22 (EP) (Bundespatentgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 139/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.