Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.02.2020, Az. B 1 KR 21/19 B

1. Senat | REWIS RS 2020, 2265

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Klärungsfähigkeit einer materiell-rechtlichen Frage - Verwerfung der Berufung als unzulässig - Anforderungen an die Begründung der Beschwerde


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Befreiung von der Zuzahlungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) gesetzlich krankenversichert. Sie lebt in einem Pflegeheim und bezieht Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.]. Die beklagte [X.] setzte für das [X.] die Belastungsgrenze für Zuzahlungen auf 48,48 Euro fest. Die dagegen und gegen die Festsetzung künftiger Zuzahlungen gerichtete Klage hat das [X.] abgewiesen. Bei Versicherten wie der Klägerin ergebe sich die [X.] nach dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 (§§ 61, 62 [X.]B V, Anlage zu § 28 [X.]), sie sei daher von der beklagten [X.] zutreffend festgesetzt worden. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Das B[X.] habe bestätigt, dass die Zuzahlungen als Teil des Regelbedarfs gewährt würden und das notwendige Existenzminimum nicht verletzt werde (unter Verweis auf B[X.] Urteil vom 22.4.2008 - B 1 KR 10/07 R - B[X.]E 100, 221 = [X.]-2500 § 62 [X.] 6; B[X.] Beschluss vom 21.1.2011 - B 8 [X.] 57/10 B - juris). Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Asylbewerbern bestehe nicht (Urteil des [X.] vom 2.6.2017).

2

Das L[X.] hat die Berufung als unzulässig verworfen (§ 158 [X.]G). Die Beklagte habe ausschließlich über die Zuzahlungspflicht für das [X.] entschieden. Die Klägerin habe im [X.] aber maximal 48,48 Euro zuzahlen müssen. Mit diesem Betrag werde der erforderliche [X.] von 750 Euro nicht überschritten. Die Festsetzung der Zuzahlung für nur ein Jahr entspreche im Übrigen § 62 Abs 1 Satz 1 [X.]B V, der die Festsetzung für das jeweilige Kalenderjahr regele. Für spätere Jahre seien weitere Bescheide erlassen worden, die nicht Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Das [X.] habe die Berufung auch nicht zugelassen (Urteil vom 8.12.2017).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision im L[X.]-Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

4

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] Baden-Württemberg vom 8.12.2017 ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 [X.]G als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G nicht dargelegt.

5

Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB B[X.] Beschluss vom 17.4.2012 - [X.] R 347/11 B - [X.]-2600 § 72 [X.] 5 Rd[X.] 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs [X.] Beschluss vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - [X.]-1500 § 160a [X.] 24 Rd[X.] 5 f mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.

6

Die Klägerin wirft die Fragen auf,

        

"ob Personen, denen in Heimen stationäre Hilfe zur Pflege nach dem [X.] gewährt wird, Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach §§ 61, 62 [X.]B V leisten müssen, auch wenn sie keinen Regelsatz sondern nur einen Barbetrag erhalten"

und     

        

"ob diese Personen hilfsweise deswegen keine Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach §§ 61, 62 [X.]B V leisten müssen, weil sie im Vergleich zu Beziehern von Leistungen nach dem [X.], welche in Gemeinschaftsunterkünften leben und in dieser Zeit keiner Zuzahlungspflicht in der Krankenversicherung unterliegen, ungleich behandelt und schlechter gestellt werden mit der Folge, dass eine an Art. 3 GG gemessene verfassungskonforme Auslegung der §§ 61, 62 [X.]B V die Zuzahlungsverpflichtung entfallen lässt".

7

Jedenfalls die Klärungsfähigkeit dieser materiell-rechtlichen Fragestellungen legt die Klägerin nicht dar. Dazu wäre darzustellen gewesen, dass das B[X.] im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfenen Fragen entscheiden müsste, die Fragen also entscheidungserheblich sind (vgl B[X.] Beschluss vom 13.1.2017 - B 12 R 23/16 B - juris; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs [X.] Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 7 Rd[X.] 8).

8

Da das L[X.] vorliegend nicht in der Sache entschieden hat, sondern mit der Verwerfung der Berufung als unzulässig eine reine Prozessentscheidung getroffen hat, besteht besondere Veranlassung, die Klärungsfähigkeit der Rechtsfragen zu erläutern. Eine aufgeworfene materiell-rechtliche Frage ist nicht klärungsfähig, wenn das Revisionsgericht an einer inhaltlichen Entscheidung prozessrechtlich gehindert wäre, zB wegen bereits anzunehmender Unzulässigkeit der Klage oder der Berufung (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 160a Rd[X.] 14i mwN). Wird dennoch das Begehren auf Zulassung der Revision auf materielle Rechtsfragen gestützt, erfordert die Zulässigkeit der Beschwerde zunächst die schlüssige Darlegung, dass die Berufung entgegen der Ansicht des L[X.] zulässig war, und darüber hinaus einen substantiierten Vortrag, weshalb das Revisionsgericht sich nicht nur auf die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zu beschränken, sondern auch über die als grundsätzlich bezeichneten materiell-rechtlichen Fragen zu entscheiden habe (vgl B[X.] Beschluss vom 16.12.1993 - 7 [X.]/93 - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 16). Derartige Ausführungen sind der Beschwerde aber nicht zu entnehmen. Die - durch nichts begründete - Behauptung, das L[X.] habe zwar die Berufung als unzulässig verworfen, über die inhaltlichen Fragen aber "stillschweigend mitentschieden", stellt die Unzulässigkeit der Berufung nicht einmal in Frage. Weshalb gleichwohl das B[X.] nicht an einer Sachentscheidung gehindert sein soll, wird nicht erörtert.

9

Revisionszulassungsgründe in Bezug auf die prozessrechtliche Beurteilung des L[X.] macht die Klägerin nicht geltend.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.]G.

Meta

B 1 KR 21/19 B

17.02.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 2. Juni 2017, Az: S 15 KR 405/16, Urteil

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.02.2020, Az. B 1 KR 21/19 B (REWIS RS 2020, 2265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2265

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 1 KR 30/22 B (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - stationäre Behandlung, obwohl ambulante Therapie ausreichend gewesen wäre - kein Vergütungsanspruch …


B 8 SO 57/10 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - fehlende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit - Sozialhilfe - Eingliederungshilfe …


B 3 KR 25/18 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung eines Verfahrensmangels - Willkür


B 1 KR 19/15 B (Bundessozialgericht)

(sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - rechtsfehlerhafte Auslegung von Prozesserklärung - Zulässigkeit der Revision - Krankenversicherung …


B 1 KR 53/22 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Fristversäumnis - Verschulden - Versendung fristwahrender …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 2856/07

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.