Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.10.2010, Az. 26 W (pat) 19/10

26. Senat | REWIS RS 2010, 2457

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – zur Kostenauferlegung bei einer einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichten Rücknahme des Widerspruchs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 01 040.2

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 13. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.], des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Der Antrag der Widersprechenden, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der registrierten Bildmarke 306 01 040.2

Abbildung

2

für die Dienstleistungen der Klassen 38, 39 und 44

3

4

39 Beförderung von Personen in Kraftfahrzeugen, insbesondere Krankentransporte, Behindertentransporte, Beförderung von Reha-Patienten; Taxi- und [X.], nämlich Beförderung von Personen zur Wahrnehmung eines Arzttermins; Beförderung von kranken Personen per Flugzeug oder Helikopter (Flug-Ambulance); [X.]; [X.]; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor (zentrale Koordinierung) hinsichtlich Beförderungen im medizinischen Bereich, insbesondere von Krankentransporteinsätzen, Behindertentransporteinsätzen, Reha-Transporteinsätzen und sonstigen Beförderungen zu medizinischen Zwecken;

5

44 Medizinische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krankentransporten, insbesondere Wundversorgung, Untersuchung und Behandlung von Frakturen, Ausscheidungen verschiedener Art, Infektionen, Krampfanfällen, Thrombose, Gleichgewichtsstörungen; medizinische Untersuchung und Behandlung von Atemnot, Kollapsgefahr, Kreislaufschwäche; medizinische Dienstleistungen, nämlich Blutdruck- und Bewusstseinskontrolle; Sauerstoffabgabe - [X.]; [X.]; spezielle Lagerung oder Umlagerung von Patienten, insbesondere bei Dekubitus, Frakturen, Wirbelsäulenverletzungen; medizinische Untersuchung und Behandlung von Unterzuckerung oder Überzuckerung; Sauerstoffversorgung“

6

ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 1 144 963

Abbildung

7

eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42

8

16 Papier und Waren aus Papier, Pappe (Karton) und Waren aus Pappe (Karton); Druckereierzeugnisse; Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Faltblätter, Poster und Plakate, Kataloge, Prospekte, Photographien; Buchbinderartikel; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Spielkarten; Drucklettern; Zeitschriften und Veröffentlichungen; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren; Kunststoffmaterialien für Verpackungszwecke; Klebstoffe; Druckstöcke.

9

36 Versicherungswesen, Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen.

37 Bau und Reparatur von Materialien aller Art aus dem ärztlichen und Gesundheitsbereich; Installations- und Instandhaltungsarbeiten.

38 Kommunikation aller Art, insbesondere für den Austausch von Nachrichten zwischen Betreuungszentren und deren Mitgliedern.

39 Vertrieb (Auslieferung) von Waren; Beförderung von Personen, insbesondere von Personen, die ärztlich-gesundheitliche Betreuung benötigen; Verpackung, Lagerung und Vorratshaltung von Waren.

40 Dienstleistungen in Bezug auf Materialbearbeitung, insbesondere für gesundheitstechnisches Material.

41 Dienstleistungen in Bezug auf die Erteilung von gesundheitstechnischen Kursen; Seminare sowie Erziehung und Unterricht in Bezug auf Betreuung; Ausbildungsdienste; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien, Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Symposien.

42 Dienstleistungen einer Genossenschaft auf Gegenseitigkeit in Bezug auf Betreuung; Dienstleistungen im Bereich der Traumatologie, Chirurgie, Orthopädie und Rehabilitation, Kliniken, Erholungs- und Genesungsheime, Pflegeanstalten, Kindergärten, Krankenhäuser, Sanatorien, Dienstleistungen von Polikliniken, ärztliche Dienstleistungen, zahnärztliche Dienstleistungen, Dienstleistungen in Bezug auf klinische Analysen und bakteriologische Forschungen; Bestattungen, Betrieb von Bars, Cafeterien, Restaurants, Hotels, Motels und Kongresssälen.

Die Markenstelle für Klasse 39 des [X.] hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke halte – ungeachtet teilweise bestehender Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke – einen die Verwechslungsgefahr ausschließenden [X.] ein.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und die Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle, hilfsweise die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt. Die Markeninhaberin hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Verfügung vom 06. Juli 2010 ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11. August 2010, 11:30 Uhr bestimmt worden. Beide Verfahrensbeteiligten sind über ihre Prozessbevollmächtigten mit dem Hinweis geladen worden, dass die Ladung auf Antrag der Widersprechenden erfolge. Beide Prozessbevollmächtigte haben die Ladungen jeweils am 8. Juli 2010 erhalten. Mit Telefax vom 10. August 2010, das bei Gericht um 11:02 Uhr einging, hat der Prozessbevollmächtigte der Widersprechenden unter Hinweis darauf, dass sich die Rücksprache mit seiner bislang urlaubsbedingt abwesenden Mandantschaft mit Sitz in [X.] verzögert habe, die Rücknahme des Widerspruchs erklärt. Mit Verfügung vom selben Tage, die den Prozessbevollmächtigten der Markeninhaberin per Telefax um 12:38 Uhr zuging, hat das [X.] den Verhandlungstermin vom 11. August 2010 aufgehoben.

Die Markeninhaberin beantragt nunmehr,

der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Sie trägt vor, infolge der Absetzung des [X.] seien ihr unter anderem nach Stornierung eines Fluges von [X.] nach [X.] Umbuchungsgebühren in Höhe von 87,85 € entstanden. Das Datum für den Ablauf der [X.] sei der Widersprechenden bereits bei Einlegung der Beschwerde bekannt gewesen.

Die Widersprechende beantragt,

den [X.] zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass ihr weder bei Einreichung der Beschwerde noch bei deren Rücknahme eine Missachtung prozessualer Sorgfaltspflichten vorzuwerfen sei. Nachdem der Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden sei, habe ihr Prozessbevollmächtigter seine Mandantschaft pflichtgemäß darüber aufgeklärt, dass am 18. Juli 2010, die [X.] für die Widerspruchsmarke ablaufen werde und es damit der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vom [X.] noch möglich sein werde, die Nichtbenutzungseinrede zu erheben. Die Markeninhaberin habe ihn, wie belegt wird, am 10. August 2010 um 9:59 Uhr über die Rücknahme des Widerspruchs informiert.

[X.]

Der Antrag der Widersprechenden, der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 71 Abs. 1 [X.] hat jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst zu tragen, es sei denn, es entspricht der Billigkeit, einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Voraussetzung für eine Kostenüberbürdung ist, dass besondere Umstände eine Abweichung von der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gegen eine auf den Verfahrensausgang abstellende generelle Kostenerstattung billig erscheinen lassen (vgl. [X.], 600, 601 – [X.]; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 71 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 71 Rn. 11). Solche besonderen Umstände können sich aus einem Verhalten ergeben, das mit der prozessualen Sorgfaltspflicht nicht zu vereinbaren ist.

Aus dem Verfahrensgang bis zur Terminsbestimmung ergeben sich vorliegend keine Anhaltspunkte für einen derartigen Verstoß der Widersprechenden gegen ihre allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht. Auch die Markeninhaberin behauptet nicht, dass die Widersprechende mit ihrer Beschwerde versucht hätte, in einer aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation ihr Interesse durchzusetzen (vgl. [X.]/[X.], 8. Aufl., § 71 Rn. 11, [X.]., § 71 Rn. 4). Zugleich fehlen Hinweise darauf, dass die Widersprechende, auf deren Antrag geladen worden ist, etwa die vorbehaltlose Rücknahme des Widerspruchs oder einen Verzicht auf die Marke kurz vor der mündlichen Verhandlung von vornherein beabsichtigt hätte.

Auch der Umstand, dass die Widersprechende erst am Vortag die Aufhebung des für den 11. August 2010 angesetzten Termins zur mündlichen Verhandlung herbeiführte, stellt nach Überzeugung des Senats keinen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht der Widersprechenden dar, durch welchen die Markeninhaberin mit unnötigen oder unnötig hohen Kosten belastet worden wäre:

Zwar ist der Markeninhaberin zuzugeben, dass die Widersprechende vom Ablauf der [X.] kaum überrascht worden sein dürfte und diesbezüglicher Beratungsbedarf gegebenenfalls bereits im Zusammenhang mit der Einlegung der Beschwerde im Januar 2010, nicht aber infolge der Terminsbestimmung entstand.

Ob die Widersprechende dadurch, dass sie nach Erhalt der Ladung am 8. Juli 2010 etwas über einen Monat, nämlich bis zum Morgen des 10. August 2010, mit der Rücknahme ihres Widerspruchs zuwartete, die ihr obliegende prozessuale Sorgfaltspflicht verletzte, ist angesichts der in [X.] wie in [X.] in diesen Zeitraum fallenden Urlaubszeit bereits fraglich. Im vorliegenden Fall kann dies jedoch dahinstehen, denn das Verhalten der Widersprechenden war nicht kausal für von der Markeninhaberin vergeblich aufgewendete Kosten. Im Unterschied zu ähnlich gelagerten Fällen (vgl. [X.] (pat) 340/03; [X.]. 2001, 577, 578 für die Mitteilung der Teilung eines Patents einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf [X.], 399, 401 - Schutzverkleidung) erfuhr die Markeninhaberin rechtzeitig vor Antritt der Reise von der Terminsaufhebung und vermochte ihren Flug zu stornieren. Dass die nun durch die Umbuchung des Fluges entstandenen Kosten nicht angefallen wären, wenn der Termin zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt nach Zugang der Ladung aufgehoben worden wäre, trägt die Markeninhaberin ebenso wenig vor wie den Buchungszeitpunkt

Angesichts dessen verbleibt es insgesamt bei dem Grundsatz, dass jede [X.] die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 S. 2 [X.]).

BERICHTIGUNGSBESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 01 040.2

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.]s am 22. Dezember 2010 unter Mitwirkung...

beschlossen:

Der den Verfahrensbeteiligten in dieser Sache am 09.11.2010 zugestellte Kostenbeschluss wird dahingehend berichtigt, dass der Tenor anstelle von

„Der Antrag der Widersprechenden, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.“

lautet:

„Der Antrag der Markeninhaberin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.“

und der erste Satz unter [X.] auf S. 7 des Beschlusses anstelle von

„Der Antrag der Widersprechenden, der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist zulässig, aber unbegründet.“

lautet:

„Der Antrag der Markeninhaberin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist zulässig, aber unbegründet.“

G r ü n d e

Rechtsgrundlage dieses Beschlusses ist § 81 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 319 Abs. 1 ZPO. Wie sich aus dem Rubrum und den Gründen des zu berichtigenden [X.] im Übrigen ergibt, handelt es sich bei den unzutreffend wiedergegebenen [X.]bezeichnungen um eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit. Beschwerdeführerin ist die Widersprechende. Den streitgegenständlichen [X.] hat die Markeninhaberin gestellt.

Meta

26 W (pat) 19/10

13.10.2010

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.10.2010, Az. 26 W (pat) 19/10 (REWIS RS 2010, 2457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2457

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