Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.08.2011, Az. 28 W (pat) 59/10

28. Senat | REWIS RS 2011, 4224

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schneider/Schneider [Widerspruchsmarke zu 1)]/Schneider [Widerspruchsmarke zu 2)]/schneider fahrkomfort [Widerspruchsmarke zu 3)/Gemeinschaftsmarke]" – Rücknahme der Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) - Wirkungslosigkeit der Beschlüsse des DPMA - Einrede der Nichtbenutzung - keine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung seitens der Widersprechenden zu 3) – Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 3) - jetzige Widersprechende zu 3) ist Partei kraft Amtes im Wege gesetzlichen Beteiligtenwechsels – Insolvenzverfahren hat keine Auswirkung auf die Entscheidung über die Beschwerde  


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 26 527

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2011 durch [X.] als Vorsitzenden, den Richter [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des [X.] vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 werden aufgehoben, soweit in ihnen die teilweise Löschung der Marke 304 26 527 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke [X.] 2 898 658 angeordnet worden ist, und im Umfang der Aufhebung wie folgt neu gefasst: Der Widerspruch aus der Marke [X.] 2 898 658 wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird festgestellt, dass die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des [X.] vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 wirkungslos sind, nachdem die Widersprüche aus den Marken 303 20 557 und 1 089 107 zurückgenommen wurden.

Gründe

I.

1

Gegen die am 5. November 2004 veröffentlichte Eintragung der am 13. August 2004 angemeldeten und ursprünglich für

2

3

4

5

6

7

8

9

geschützten Marke Nr. 304 26 527

[X.]

haben Widerspruch eingelegt:

1. die Fa. E… GmbH in [X.], aus der am 17. April 2003 angemeldeten und seit 30. Oktober 2003 für Waren der [X.] sowie Dienstleistungen der Klassen 37, 38, 42 eingetragenen [X.]. 303 20 557 (im Folgenden: Widerspruchsmarke 1)

[X.]

Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011 hat die jetzige Widersprechende zu 1) die Übernahme des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens erklärt, nachdem sie am 19. Juni 2008 als neue Inhaberin der o. g. Widerspruchsmarke im Register eingetragen wurde.

2. die Widersprechende zu 2) aus ihrer am 13. November 1985 angemeldeten und seit 14. März 1986 für Waren der [X.] eingetragenen [X.]. 1 089 107 (im Folgenden: Widerspruchsmarke 2)

[X.]

3. die [X.] in [X.] aus ihrer am 18. Oktober 2002 angemeldeten und seit16. Februar 2005 für

eingetragenen Marke Nr. [X.] 2 898 658

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.

Durch Beschluss des [X.] vom 31. August 2008 ([X.]. 4 IN 287/09) wurde über das Vermögen der [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Widersprechende zu 3) zum Insolvenzverwalter bestellt, dessen [X.] im vorliegenden Beschwerdeverfahren die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Insolvenzschuldnerin sind.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 5. Mai 2006 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 2 bestritten und dies nach dem Hinweis auf deren Unzulässigkeit nach § 26 Abs. 5 [X.] mit der Begründung aufrecht erhalten, diese Vorschrift sei nicht richtlinienkonform in [X.] Recht umgesetzt worden.

Die Markenstelle für Klasse 6 des [X.] hat mit [X.] vom 10. April 2007 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen

angeordnet, weil insoweit jeweils hochgradige [X.] zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken bestehe und die gegenüberstehenden Marken identisch seien. Soweit die Markeninhaberin die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 2 bestritten habe, sei diese Einrede unzulässig, nachdem das Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung dieser Marke erst 2004 abgeschlossen worden sei und sich die Widerspruchsmarke somit noch in der [X.] befinde; die maßgebliche Vorschrift des § 26 Abs. 5 [X.] entspreche dabei den Vorgaben der Markenrichtlinie.

Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat das [X.] mit Beschluss vom 8. Januar 2010 den [X.] vom 10. April 2007 teilweise aufgehoben, soweit in ihm auf Grund der Widersprüche aus den Marken 303205571/09 und 1089107/09 die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren „

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Juni 2011 hat sie die Benutzung sämtlicher Widerspruchsmarken bestritten; der Schriftsatz ist den [X.]n des Widersprechenden zu 3) am 21. Juni 2011 zugestellt worden ([X.]. 78 GA).

Mit weiterem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Juli 2007 hat die Beschwerdeführerin des Weiteren ihre Marke in [X.] auf die Waren

unter Aufrechterhaltung der Eintragung in den übrigen Waren- und Dienstleistungsklassen eingeschränkt. Die Teillöschung infolge Verzichts nach § 48 [X.] wurde im Markenregister am 23. August 2011 mit Wirkung vom 28. Juli 2011 eingetragen.

Infolge dieses Teilverzichts haben die Widersprechende zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2. August 2011 sowie die Widersprechende zu 2) durch Erklärung ihrer Verfahrensbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2011, an welcher die Widersprechende zu 1) sowie der Widersprechende zu 3) entsprechend vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen haben, ihre jeweiligen Widersprüche zurückgenommen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschlüsse des [X.] vom 10. April 2007 und 8. Januar 2008 aufzuheben, soweit hierin die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden war und die Widersprüche insgesamt zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über die Beschwerde gegen die Widersprechende zu 3), soweit § 240 ZPO anwendbar wäre, in Ermangelung einer von einem Beteiligten bislang erklärten Aufnahme nach § 250 ZPO nicht möglich wäre, nach Ansicht des Senats aber erhebliche Zweifel daran bestehen, ob § 240 ZPO auf die Insolvenz eines Widersprechenden überhaupt anwendbar ist, weil die Entscheidung über den Widerspruch eines insolventen Widersprechenden keine rechtlichen Auswirkungen auf den Bestand der Widerspruchsmarke hat. Gleichzeitig wurde den noch am Verfahren Beteiligten Gelegenheit gegeben, bis 15. September 2011 zu diesem Hinweis durch nachgelassenen Schriftsatz Stellung zu nehmen und die Zustellung einer Entscheidung an [X.] Statt nicht vor dem 30. September 2011 angekündigt.

Mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9. August 2011 und 19. August 2011 hat die Markeninhaberin erklärt, dass sie die Ansicht des Senats zur Nichtanwendbarkeit des § 240 ZPO auf die Insolvenz eines Widersprechenden teilt, vorsorglich das Verfahrens nach den §§ 85, 86 [X.] aufgenommen und im Übrigen beantragt,

festzustellen, dass die Beschlüsse des [X.] vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 gegenstandslos geworden sind, soweit sie auf die Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) beruhen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin gegen die in den angefochtenen Beschlüssen angeordnete Teillöschung ihrer Marke hat in der Sache Erfolg.

1.

Soweit es die Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) betrifft, ist das Beschwerdeverfahren - ebenso wie auch das Widerspruchsverfahren - gegenstandslos geworden, nachdem die Widersprechenden ihre Widersprüche am 2. August 2011 bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2011 zurückgenommen haben. In entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO ist daher, wie von der Markeninhaberin nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nachgelassenem Schriftsatz beantragt, festzustellen, dass die Beschlüsse des [X.], soweit sie aufgrund der zurückgenommenen Widersprüche ergangen sind, wirkungslos sind.

2.

Soweit es den Widerspruch des Widersprechenden zu 3) betrifft, ist eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu verneinen, nachdem der Widersprechende auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke zu 3) nach § 43 [X.] eine rechtserhaltende Benutzung seiner Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat.

Der Entscheidung über die Beschwerde steht dabei nicht entgegen, dass über das Vermögen der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 3) mit Beschluss des Amtsgerichts vom 31. August 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der jetzige Widersprechende zu 3) nach § 80 Abs. 1 [X.] als Partei kraft Amtes im Wege gesetzlichen Beteiligtenwechsels Verfahrensbeteiligter geworden ist.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits während des Widerspruchsverfahrens führt dabei nicht dazu, dass die Beschwerde des Markeninhabers mit der Rechtsfolge des § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.] allein schon deshalb begründet wäre, weil hierdurch das Widerspruchsverfahren analog § 240 ZPO unterbrochen worden wäre, so dass über den Widerspruch aus der Widerspruchsmarke [X.] 2 898 658 im Erinnerungsverfahren vor dem Patentamt nicht hätte entschieden werden dürfen. Nach allgemeiner Ansicht scheidet nämlich eine analoge Anwendung des § 240 ZPO auf Verwaltungsverfahren, zu denen auch das patentamtliche Widerspruchsverfahren zu zählen ist, aus (vgl.

Aber auch auf das Beschwerdeverfahren wirkt sich das Insolvenzverfahren nicht aus. Zwar ist § 240 ZPO aufgrund der Verweisungsnorm des § 82 Abs. 1 [X.] im Beschwerdeverfahren grundsätzlich anwendbar. Dessen Voraussetzungen sind aber im Falle der Insolvenz eines Widersprechenden nicht erfüllt. Denn anders als das mit Einspruch oder Einspruchsbeschwerde gegen die Patenterteilung geltend gemachte Verfahrensrecht (vgl. BPatGE 40, 227, 228 -

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin ist der die teilweise Löschung der angegriffenen Marke [X.] [X.] aufzuheben und der Widerspruch des Widersprechenden zu 3) zurückzuweisen, weil er eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht glaubhaft gemacht hat.

Die von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 7. Juni 2011, welcher den [X.]n des Widersprechenden zu 3) am 21. Juni 2011 zugestellt wurde, bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke  ist nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] zulässig, nachdem die nach der Eintragung der Widerspruchsmarke zu 3) vom 16. Februar 2005 laufende [X.] von fünf Jahren am 16. Februar 2010 abgelaufen war. Der Widersprechende zu 3) war daher nach §§ 26, 43 [X.] verpflichtet gewesen, die Benutzung dieser Marke für den der Entscheidung über den Widerspruch vorangehenden fünfjährigen Zeitraum, vorliegend also für die Zeit von August 2006 bis August 2011, glaubhaft zu machen. Hieran fehlt es aber, nachdem er sich weder zur Beschwerde noch zur Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin geäußert hat. Da der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] aber nur die Waren und Dienstleistungen zugrunde gelegt werden dürfen, für welche eine Benutzung glaubhaft gemacht wurde (§ 43 Abs. 1 Satz 3 [X.]), ist für den hier vorliegenden Fall einer fehlenden Glaubhaftmachung für (irgendwelche) Waren oder Dienstleistungen das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.], ohne dass es noch auf die Frage einer Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken ankäme, zu verneinen, so dass der Widerspruch unbegründet ist. Daher war auf die Beschwerde der Markeninhaberin der insoweit die Teillöschung der angegriffenen Marke anordnende Beschluss der Markenstelle aufzuheben und der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 3) zurückzuweisen.

Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Meta

28 W (pat) 59/10

03.08.2011

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 269 Abs 3 ZPO § 80 Abs 1 InsO § 240 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.08.2011, Az. 28 W (pat) 59/10 (REWIS RS 2011, 4224)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4224

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