Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2021, Az. 1 StR 517/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 8029

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Voraussetzungen des mittäterschaftlichen Handelns


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. September 2020 - soweit es diesen Angeklagten betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen bleiben jedoch aufrechterhalten.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen wird von den Feststellungen des [X.]s zur subjektiven Tatseite nicht getragen.

3

a) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (st. Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 17. Juni 2020 - 1 [X.]/20 Rn. 3 und vom 10. Juli 2017 - [X.], [X.]St 63, 1 Rn. 19 mwN). [X.] ist eine Tätigkeit, wenn [X.] des [X.] vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder - objektiv messbar - immateriell bessergestellt wird; eine Entlohnung in Geld ist daher für die Annahme von [X.]keit nicht zwingend (st. Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 18. Dezember 2019 - 1 StR 570/19 Rn. 9; vom 16. Oktober 2019 - 2 StR 384/19 Rn. 8 f.; vom 10. Oktober 2018 - 4 [X.] Rn. 4 und vom 16. März 2016 - 4 StR 42/16 Rn. 6). Wer Rauschgift indes ohne irgendeinen Gewinn weiterverkauft, handelt nicht eigennützig ([X.], Beschlüsse vom 18. Dezember 2019 - 1 StR 570/19 Rn. 9 und vom 6. November 2012 - 2 StR 410/12 Rn. 2). Die Vorteile müssen sich nach alledem aus dem Umsatzgeschäft ergeben, nicht aus einem anderen Umstand, namentlich dem Erwerb ([X.], Beschlüsse vom 18. Dezember 2019 - 1 StR 570/19 Rn. 9 und vom 17. April 2012 - 3 [X.] Rn. 6; Urteil vom 6. Dezember 2017 - 2 StR 46/17 Rn. 10). Für die Annahme von Mittäterschaft setzt das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln weiter voraus, dass der Mitwirkende eigennützig handelt. Es genügt nicht, dass der Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will ([X.], Beschlüsse vom 24. September 2014 - 2 StR 276/14 Rn. 3; vom 20. Februar 2014 - 2 StR 563/13 Rn. 4; vom 12. März 2013 - 2 StR 16/13 Rn. 5 und vom 19. Januar 2012 - 2 StR 590/11 Rn. 3).

4

b) Diesen Anforderungen entsprechende Feststellungen zu einem eigennützigen Handeln des Angeklagten hat das [X.] bisher nicht getroffen.

5

Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte bei den drei ihn betreffenden Taten zwar in unterschiedlicher Weise beteiligt. So hat er - in Absprache mit dem Mitangeklagten M.    - die vom Abnehmer bei diesem Mitangeklagten gekauften Drogen an den Besteller übergeben (Fall C.I.1. der Urteilsgründe) sowie dem weiteren Mitangeklagten [X.]seinen Wohnungsschlüssel ausgehändigt, damit dieser in seiner Wohnung gebunkerte Drogen abholen konnte (Fall [X.]). Schließlich fuhr der Angeklagte gemeinsam mit den beiden Mitangeklagten M.    und [X.]nach [X.], um dort Drogen für den gewinnbringenden Weiterverkauf zu erwerben, und hat die verpackten Betäubungsmittel nach Ankauf in das Fahrzeug des Kuriers umgeladen und dort verstaut (Fall C.I.7. der Urteilsgründe). [X.] Feststellungen zur Motivation des Angeklagten, zu einer Gewinnerwartung oder zu einem sonstigen Vorteil, den er erstrebte, und damit zur [X.]keit des Angeklagten wurden aber bei allen drei Taten nicht getroffen.

6

Der Angeklagte hat sich eingelassen, mit den beiden Mitangeklagten befreundet gewesen zu sein und gewusst zu haben, dass der Mitangeklagte M.    mit Drogen zu tun hatte. Er habe manchmal „aus Freundschaft geholfen, er selbst sei aber kein Dealer“ ([X.]). Hiervon ausgehend konnte das [X.] keine konkreten Feststellungen dazu treffen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Angeklagte finanziell beteiligt wurde oder nicht. Weiter hat das [X.] auch ausgeschlossen, dass der Angeklagte durch die Überlassung von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum entlohnt wurde, da er selbst solche nicht konsumierte ([X.]). Damit belegen die Feststellungen eigennütziges Handeln des Angeklagten nicht, was aber notwendig gewesen wäre, um überhaupt ein mittäterschaftliches Handeltreiben begründen und dann eine Abgrenzung zur Beihilfe vornehmen zu können.

7

2. Der Senat hebt auch die getroffenen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht zur subjektiven Tatseite widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt. Sie können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

Jäger     

        

Fischer     

        

Bär     

        

Hohoff     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 517/20

10.03.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Augsburg, 11. September 2020, Az: 303 Js 121401/19 J KLs

§ 25 StGB, § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2021, Az. 1 StR 517/20 (REWIS RS 2021, 8029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8029

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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