Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2001, Az. I ZR 188/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 76

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 188/98Verkündet am:20. Dezember 2001WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 20. Dezember 2001 durch [X.] Dr. Erdmannund [X.], Prof. [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 23. Juli 1998 im Kostenpunkt undinsoweit aufgehoben, als die Klage mit dem [X.] als unzulässig abgewiesen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das [X.] für Handelssachen des [X.] vom21. November 1997 teilweise dahin abgeändert, daß1.festgestellt wird, daß die [X.] verpflichtet ist, der Klägerin [X.] zu ersetzen, der dieser seit dem 20. Februar 1997 dadurchentstanden ist oder künftig noch entsteht, daß die [X.] im ge-schäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im [X.] in der Werbung für Computerartikel höherwertige Geräte [X.] hat als textlich beworben und/oder zu dem [X.] abgegeben wurden,2.die [X.] verurteilt wird, der Klägerin Auskunft darüber zu ertei-len, wo, wann und wie oft sie seit dem 20. Februar 1997 in der [X.] beschriebenen Form geworben hat, wobei die Auskunft [X.], Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahrenaufzuschlüsseln ist.Die Kosten des ersten und des zweiten [X.] hat die [X.], die [X.] zu 3/13 zu tragen.Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 5/9, der[X.]n zu 4/9 auferlegt.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Computern und Computerzu-behör. Die [X.] hat ihren Sitz in [X.]; sie gehört zur [X.]/Sa-turn-Gruppe. Die [X.] ist ein bundesweit ttiges Unternehmen, das in zahl-reichen Stten, darunter auch in [X.], Filialen [X.].Im Februar 1997 warb die [X.] in einer [X.] nachstehend im Ausschnittwiedergegebenen [X.] Beilage zur örtlichen Tagespresse fr einen Flachbettscan-ner der Marke [X.] zum Preis von 399 DM:Die Abbildung zeigt nicht den beworbenen Scanner von [X.], sondern ei-nen Flachbettscanner der Marke [X.]. Der abgebildete Scanner von[X.] kostete zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung bei der[X.]n 999 DM.- 4 -Die [X.] hat diese Werbung als irrefrend beanstandet. Sie hat [X.], die [X.] erwecke mit der Abbildung eines rwertigen Scannersbeim angesprochenen Verkehr den Eindruck eines Leistungsangebots, das demtatschlichen Angebot nicht entspreche. Der Verkehr gehe aufgrund der [X.] aus, einen Scanner von [X.] zum Preis von 399 DM erwerbenzu k.Die [X.] hat beantragt,1.der [X.]n unter Androhung von [X.] zu verbieten,im gescftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Wirtschafts-raum [X.] in der Werbung fr Computerartikel rwertige [X.] abzubilden als textlich beworben und/oder zu dem [X.] abgegeben werden,2.festzustellen, [X.] die [X.] verpflichtet ist, der [X.] [X.] zu ersetzen, der dieser seit dem 20. Februar 1997 [X.] unter Ziff. 1 beschriebene [X.] entstanden istoder kftig noch entsteht,3.die [X.] zu verurteilen, der [X.] Auskunft darr zu er-teilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 20. Februar 1997 in [X.] Ziff. 1 beanstandeten Form geworben hat, wobei die [X.], Auflage der Werbetrr und Kalenderviertel-jahren aufzuschlsseln ist.Die [X.] ist dem entgegengetreten. Sie hat eine miûbrchlicheRechtsverfolgung der [X.] eingewandt.Eine Irrefrung hat die [X.] in Abrede gestellt. Sie hat vorgetragen, diebeanstandete Abbildung sei nicht geeignet, die angesprochenen [X.], weil der unkundige Verbraucher nicht erkenne, [X.] es sich bei demabgebildeten [X.] um den Scanner von [X.] handele, wrend der- 5 -kundige Verbraucher ohne weiteres erkenne, [X.] es sich nicht um das [X.] von [X.] handeln k.Das [X.] hat die Klage als unzulssig abgewiesen. Die Berufung der[X.] hatte keinen Erfolg.Der [X.] hat die Revision der [X.] nur insoweit angenommen, als [X.] mit dem [X.] als unzulssig abgewiesenworden ist. In diesem Umfang verfolgt die [X.] ihre Klageantrweiter. Die[X.] beantragt, die Revision zurckzuweisen.[X.]:[X.] Berufungsgericht hat die Antrf Feststellung der Schadenser-satzverpflichtung und Auskunftserteilung ± in Übereinstimmung mit dem [X.] als unzulssig abgewiesen. Hierzu hat es [X.]:Der [X.] fehle wegen Vorrangs der Leistungsklage das [X.] erforderliche Rechtsschutzinteresse. Die[X.] sei bereits bei Erhebung der Klage im Juni 1997 in der Lage gewesen,den ihr entstandenen Schaden zu beziffern, weil die Schadensentwicklung zudiesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sei und der Rckgang ihrer ei-genen Verkaufszahlen bis Ende Mrz 1997 einen (hinreichenden) Ansatz fr eineSchadenssctzung nach § 287 ZPO bilde.Der Antrag auf Auskunftserteilung sei ebenfalls mangels eines Rechts-schutzinteresses unzulssig. Da die [X.] die ihren Ttigkeitsbereich betref-- 6 -fende Werbung ilichen Zeitschriften genau beobachte, sei ihr bekannt, inwelchem Umfang die [X.] in der beanstandeten Weise geworben habe.[X.] den Angriffen der Revision nicht stand. Sie frenim Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Ver-urteilung der [X.]n gemû den [X.] Recht wendet sich die Revision dagegen, [X.] das [X.] Abweisung der Klage mit dem Feststellungsantrag besttigt hat.a)Der [X.] fehlt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht [X.] den Feststellungsantrag. Die Revision macht zu [X.], [X.] die eigenen Verkaufszahlen nur einen von mehreren [X.] Schadenssctzung nach § 287 ZPO bilden und einen Vortrag zum [X.] beanstandeten Werbemaûnahme nicht entbehrlich machen. Vielmehr ist die[X.] zur Bezifferung des behaupteten Schadens auf die Erteilung von [X.] Zeitpunkt, Umfang und Intensitt der beanstandeten [X.] angewiesen (vgl. [X.], Urt. v. 14.11.1980 ± I ZR 138/78, [X.] 1981,286, 288 = WRP 1981, 265 ± [X.]; Urt. v. 12.2.1987 ± I ZR 70/85,[X.] 1987, 364, 365 = [X.], 466 ± [X.]; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 2. Aufl., vor § 13 Rdn. 128). Die Annahme des Berufungsge-richts, die [X.] sei hierr schon aufgrund eigener Marktbeobachtungenunterrichtet, stellt eine ungerechtfertigte Unterstellung dar, die weder in den ge-troffenen Feststellungen noch im Parteivorbringen eine Sttze findet.b)Der Feststellungsantrag ist auch [X.]. Das beanstandete Verhal-ten der [X.]n stellt eine irrefrende Werbung nach § 3 UWG dar. Diese Be-urteilung ist dem [X.] anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Feststel-- 7 -lungen sowie aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung mlich, zumal das Be-rufungsgericht im Rahmen der Prfung eines miûbrchlichen Verhaltens der[X.] zum Ausdruck gebracht hat, [X.] es die in Rede stehende [X.] der [X.]n fr wettbewerbswidrilt.aa)Die beanstandete Werbung richtet sich in erster Linie an den Teil [X.], der ± ohne Fachmann zu sein ± schon einmal einen Scanner erworbenhat oder sich mit dem Gedanken eines solchen Erwerbs trt und deswegen denverschiedenen auf dem Markt befindlichen [X.]en mit genauerem Blick begeg-net. Diese Verkehrskreise werden das in der beanstandeten Werbung der [X.] abgebildete hochpreisige [X.] wiedererkennen, zumal es r charakte-ristische Gestaltungsmerkmale verft. Hervorzuheben sind in dieser Hinsicht dielamellenfrmig ausgebildeten Seitenwangen, wobei diese Lamellen an der Vor-derseite ± um die Bedienung des Deckels zu erleichtern ± in einer konkav ge-schwungenen Einbuchtung zurcktreten, sowie die [X.] runden, deutlich sicht-baren Standfûe.Bei Verbrauchern, die das abgebildete [X.] wiedererkennen, liegt auch [X.] einer Irrefrung nahe. Zwar wird ein Teil dieser Verbraucher die Wider-sprchlichkeit der Werbeangaben erkennen und annehmen, [X.] ein anderes alsdas angebotene [X.] abgebildet ist. Andere Verbraucher werden jedoch mit [X.] nicht vertraut sein und meinen, das fig anzutreffende [X.] des[X.] sei hier zum Preis von 399 DM zu haben. Wieder andere Verbrau-cher mmit der Werbung die Vorstellung verbinden, unter der Marke [X.]werde ein baugleiches Modell wie das des [X.] [X.] ange-boten. [X.] wird auch der Teil der Verbraucher irregefrt, der an dieflchtige Betrachtung der ± objektiv falschen ± Werbung die Assoziation beson-ders stiger Preise kft. Wie der [X.] bereits entschieden hat, sctzt § 3- 8 [X.] auch den flchtigen Verbraucher, wenn es sich ± wie bei dem hier in [X.] Werbeprospekt ± um eine Werbung handelt, die der durchschnittlichinformierte, aufmerksame und verstige Verbraucher mit diesem Grad der [X.] wahrnimmt (vgl. [X.], Urt. v. 20.10.1999 ± [X.], [X.] 2000,619, 621 = [X.], 517 ± Orient-Teppichmuster; Urt. v. 19.4.2001 ±I [X.], [X.] 2002, 81, 83 = [X.], 81 ± Anwalts- und Steuerkanzlei;Urt. v. 7.6.2001 ± I ZR 81/98, [X.]-Rep. 2002, 76, 77 f. ± [X.] und [X.] auf der einen Seite im Rahmen des § 3 UWG ± wie es geboten ist ±das Bild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verstigenVerbrauchers zugrunde gelegt, [X.] auf der anderen Seite doch [X.], [X.] das [X.] seine ureigenste Aufgabe zu erfllen imstandeist, den Einsatz der Unwahrheit in der Werbung zu verhindern. Im Streitfall hat die[X.] die Abbildung eines Scanners in die Anzeige aufgenommen, um denEindruck zu vermitteln, das abgebildete [X.] kzu dem angegebenen [X.] 399 DM erworben werden. Sie hat sich von dieser Angabe einen Vorteil ver-sprochen; hieran [X.] sie sich festhalten lassen. Ein verftiger Grund, weswe-gen der [X.]n die Werbung mit einer eindeutig falschen Angabe gestattetwerden sollte, ist nicht ersichtlich. Auch wenn die Verwendung der falschen Ab-bildung in ihrer Werbung fr den [X.]-Scanner auf einem Versehen beruhenwrde ± wofr im Streitfall nichts ersichtlich ist ±, lût sich ein derartiger Fall inder Praxis nicht von dem gezielten Einsatz der Unwahrheit in der Werbung [X.]. Das [X.] [X.] in der Lage sein, auch die durch nichts zurechtfertigende dreistzu erfassen, selbst wenn sie sich im ûeren Er-scheinungsbild von der irrtmlichen Falschangabe nicht unterscheidet (vgl. [X.],Urt. v. [X.], [X.] 2001, 78, 79 = [X.], 1402 ± [X.])Die Fehlvorstellung, der ein maûgeblicher Teil der Verbraucher unter-liegt, ist wettbewerbsrechtlich relevant. Der niedrige Preis, der angeblich fr dasabgebildete [X.] gilt, kann die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen.Die vermeintliche Gstigkeit des Angebots fordert zu einer [X.] dem Angebot der [X.]n heraus und ist geeignet, auch Interessenten, diedas Angebot der [X.]n ohne eine Abbildung des rwertigen Scanners [X.] [X.] nicht besonders beachtet tten, in ihr [X.])Fr die Feststellung einer Schadensersatzpflicht fehlt es auch nicht ander erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines Schadens. [X.] ist erforderlich,aber auch ausreichend, [X.] nach der Lebenserfahrung ein Schaden mit einigerSicherheit zu erwarten ist (vgl. [X.] [X.] 2001, 78, 79 ± Falsche Hersteller-preisempfehlung; [X.], Urt. v. 29.6.2000 ± I ZR 29/98, [X.] 2000, 907, 911 =[X.], 1258 ± Filialleiterfehler). Hiervon kann in Fllen der Irrefrung zwarnicht generell ausgegangen werden. Im Streitfall geht jedoch von der [X.] Werbung eine starke Anlockwirkung aus. Sie bezieht ihre [X.], [X.] ein hochwertiges [X.] scheinbar zu einem ungewlich niedrigen,aus der Sicht der irregefrten Verbraucher nicht wiederkehrenden Preis ange-boten wird. Unter diesen Umstsind Auswirkungen auf die Absatzgescfteder [X.] als hinreichend wahrscheinlich anzusehen (vgl. fr den Fall einerunzulssigen Sonderveranstaltung [X.], Urt. [X.] ± [X.], [X.]2001, 84, 85 = [X.], 1266 ± Neu in [X.] II).2.Das Auskunftsbegehren ist als Hilfsanspruch zur Vorbereitung der Gel-tendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1UWG zulssig und [X.]. Es bestehen entgegen der Annahme des [X.] -fungsgerichts keine Anhaltspunkte dafr, [X.] die [X.] bereits r die Infor-mationen verft, die sie auf diesem Wege von der [X.]n erhalten [X.] -III.Danach ist das angefochtene Urteil im Umfang der Annahme der [X.] aufzuheben. Der Klage ist unter Arung des landgerichtlichen Urteils in-soweit stattzugeben, als die [X.] die Feststellung der Schadensersatzver-pflichtung und Auskunftserteilung begehrt hat.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1ZPO.Erdmann[X.] [X.]Schaffert

Meta

I ZR 188/98

20.12.2001

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2001, Az. I ZR 188/98 (REWIS RS 2001, 76)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 76

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