Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.11.2023, Az. 30 W (pat) 84/21

30. Senat | REWIS RS 2023, 9704

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 019 186

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 16. November 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 2. August 2017 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 7. November 2017 unter der Nummer 30 2017 019 186 für die Waren und Dienstleistungen:

4

„Klasse 09: Apparate und Instrumente zum Regeln und Senden von galvanischem Feinstrom; elektrische Kontrollgeräte; elektrische Messgeräte und Messinstrumente; Apparate, Instrumente und Kabel für Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Regeln von Elektrizität; Sender für elektronische Signale; physikalische Apparate und Instrumente; Analysegeräte, nicht für medizinische Zwecke; elektronische Apparate zum Konvertieren von Schwingungen im [X.], auch bekannt als Bioresonanz und Elektroakupunktur, in elektrische Energie; Apparate und Instrumente zur Verwendung in der Physik, nämlich zum Befördern, zur Verteilung, zum Umwandeln, Speichern, Regeln, Prüfen, Erstellen oder Steuern von elektrischem Strom; Geräte für Physikalische Reaktionen mittels Elektrizität; Datenverarbeitungsgeräte; Frequenzmessgeräte; Spannungsmesser; Strahlenmesser; Computerprogramme und Software zur Speicherung von Daten auf Chipcards und anderen; Computersoftware zum Steuern von Geräten und Analysieren von Daten in Bezug auf das Konvertieren von Schwingungen im [X.], zum Prüfen von elektrischen Feldern, zum Messen von Frequenzen und zum Erzeugen von elektrischen Feldern; Software für Diagnostikgeräte und Therapiegeräte für medizinische und nichtmedizinische Zwecke, nämlich [X.] und Software zur Verwendung für die Analyse von elektrischen Feldern und Energie; elektronische Datenträger; Mikroprozessoren; Galvanische Zellen; Galvanische Elemente

5

[X.]: Analysegeräte für medizinische Zwecke; medizinische Apparate und Instrumente; Galvanische Therapiegeräte; Geräte für physikalische Therapie; Reizstromgeräte für medizinische Zwecke; Elektrostimulationsgeräte [TENS] für medizinische Zwecke

6

Klasse 21: Apparate für die elektrogalvanische Kosmetikbehandlung, nämlich für Gesicht und Gesichtspartien, Kopfhaut und Körper

7

[X.]: Reparieren von folgenden Waren der [X.]: Apparate und Instrumente zum Regeln und Senden von galvanischem Feinstrom, elektrische Kontrollgeräte, elektrische Messgeräte und Messinstrumente, Apparate, Instrumente und Kabel für Elektrizität, Apparate und Instrumente zum Regeln von Elektrizität, Sender für elektronische Signale, physikalische Apparate und Instrumente, Analysegeräte, nicht für medizinische Zwecke, Apparate zum Konvertieren von Schwingungen im [X.], auch bekannt als Bioresonanz und Elektroakupunktur, in elektrische Energie, Apparate und Instrumente zur Verwendung in der Physik, nämlich, zum Befördern, zur Verteilung, zum Umwandeln, Speichern, Regeln, Prüfen, Erstellen oder Steuern von elektrischem Strom, Geräte für Physikalische Reaktionen mittels Elektrizität; Reparieren von folgenden Waren der [X.]: Analysegeräte für medizinische Zwecke, medizinische Apparate und Instrumente, Galvanische Therapiegeräte, Geräte für physikalische Therapie; Reparieren von Apparaten für die elektrogalvanische Kosmetikbehandlung

8

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Fernlehrgängen; Herausgabe von [X.] in Form von Büchern in gedruckter und elektronischer Form [eBook]; Durchführung von Vorträgen [Aus-, Fort- und Weiterbildung], Schulungen, Workshops, Seminaren und Trainings im naturheilkundlichen Bereich; Beratung und Coaching von Einzelpersonen und Gruppen als Weiterbildungsmaßnahmen

9

Klasse 42: Aktualisieren von Computersoftware; biologische Forschung; Design von Computersoftware; Dienstleistungen eines Physikers; Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Forschungen auf dem Gebiet der Kosmetik

Klasse 44: Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Schönheitspflege für Menschen; medizinische Dienstleistungen eines Gesundheitsberaters, insbesondere im Hinblick auf Bioresonanz und Elektroakupunktur; medizinische und klinische Untersuchungen für Diagnose- und Behandlungszwecke; Durchführung von Bioresonanzbehandlungen und Elektroakupunktur für medizinische Diagnose- und Behandlungszwecke; Durchführung von Behandlungen der Naturheilkunde für medizinische Diagnose- und Behandlungszwecke“

in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 8. Dezember 2017.

Gegen die Eintragung ist am 8. März 2018 Widerspruch erhoben worden aus dem [X.] Schutzrechtsanteil der am 25. Februar 2013 international unter der Nummer IR 1155724 für die Waren

„[X.]: Tire-lait et leur accessoires, à savoir sachets et bouteilles pour la conservation du lait maternel, [X.], [X.] et valves pour tire-lait“

„[X.]: [X.] und ihr Zubehör, d.h. Beutel und Flaschen zur Aufbewahrung von Muttermilch; Membranen für [X.], Brusthauben und Ventile für [X.]“

registrierten Marke

[X.]

Die der international registrierten Marke zugrundeliegende Basismarke ist im Register des [X.] ([X.]) seit dem 24. Januar 2013 unter der Nummer 639073 für die vorgenannten Waren der [X.] eingetragen – wobei der Begriff „[X.]“ inhaltlich identisch „[X.]“ lautet.

Mit Antrag vom 7. März 2018 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis dahingehend eingeschränkt, dass in [X.] zu dem Begriff:

„medizinische Apparate und Instrumente“

der Zusatz aufgenommen wird:

„mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“.

Die Widersprechende hat den Widerspruch nach der vorgenannten Beschränkung des Verzeichnisses der angegriffenen Marke „in vollem Umfang“ aufrechterhalten, weil eine Reihe medizinischer Apparate und Instrumente – ohne [X.] bzw. deren Zubehör zu sein – mit [X.] und deren Zubehör ähnlich seien.

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat mit zwei Beschlüssen vom 16. März 2020 und vom 1. Oktober 2021, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.

Zur Begründung ist im Erinnerungsbeschluss – anders als im [X.]beschluss, wo eine verminderte Kennzeichnungskraft angenommen worden war – ausgeführt, es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die Widerspruchsmarke entspreche dem [X.] Wort „Harmonie“ und habe auch die gleiche Bedeutung. Damit könnten Eigenschaften der beanspruchten Waren allerdings nicht direkt beschrieben werden. Mit den Bedeutungen „Einigkeit, Einklang“ bleibe der Bedeutungsgehalt in Verbindung mit „Muttermilchpumpen und deren Zubehör“ auch bei einer analytischen Betrachtung vage.

Im Hinblick auf die [X.] und -dienstleistungen hat der [X.] in seinem Beschluss vom 16. März 2020 nur hinsichtlich „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ ([X.]) sowie „Medizinische Dienstleistungen“ (Klasse 44) der jüngeren Marke und den Waren der Widerspruchsmarke eine geringe Ähnlichkeit und hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen Unähnlichkeit angenommen. Der [X.] hat hochgradige Ähnlichkeit im Hinblick auf „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ ([X.]) angenommen, da Anbieter wie z.B. [X.] unter ihrer Marke neben [X.] auch andere medizinische Geräte und Instrumente verkauften. Zur Ähnlichkeit der übrigen [X.] und -dienstleistungen hat er sich nicht geäußert. Bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und teilweise hoher [X.] sei zwar ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich, um eine [X.] auszuschließen. Dieser liege jedoch vor, so dass die Marken nach markenrechtlichen Kriterien nicht ähnlich seien.

Dies gelte zunächst für den Vergleich der Marken in der Gesamtheit. Hierbei stünden sich die Zeichen [X.] und [X.] gegenüber. Aufgrund der weiteren Silbe „[X.]“ der angegriffenen Marke unterschieden sich die Zeichen in schriftbildlicher und klanglicher Sicht deutlich. Auch in begrifflicher Hinsicht bestünden keine hinreichenden Ähnlichkeiten. Der Widerspruchsmarke komme die Bedeutung „Harmonie“ zu, während die angegriffene Marke [X.] aufgrund ihrer Zusammenschreibung am ehesten mit „Goldharmonie“ oder mit „[X.]eharmonie“ wiedergeben werde. In beiden Fällen sei in der Begrifflichkeit das Wort „Gold“/“golden“ enthalten, was der Widerspruchsmarke jedoch fehle. Auch begrifflich sei aufgrund dieses Unterschieds daher nicht damit zu rechnen, dass die eine Marke für die andere gehalten werde.

Auch könne aus der angegriffenen Marke der Bestandteil „[X.]“ nicht isoliert für den [X.] herausgegriffen werden. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine Einwortmarke, die nach der Rechtsprechung des [X.] nur unter besonderen Umständen zergliedert werden dürfe. Dies kommt nur bei einer besonderen Bekanntheit dieses Bestandteils und einer im Vergleich zu den anderen Bestandteilen stark erhöhten Kennzeichnungskraft in Frage. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als normal einzuschätzen. Damit gebe es keine Veranlassung, die angegriffene Marke auf „[X.]“ zu verkürzen.

Wegen der nur normalen Kennzeichnungskraft von [X.] besitze dieses Element in der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung. Auch eine mittelbare [X.] unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, [X.] liege nicht vor. Zwar könnte grundsätzlich die Erweiterung der Marke [X.] um ein beschreibendes Attribut den Gedanken an eine Markenserie im Sinn einer Weiterentwicklung der älteren Marke aufkommen lassen. Durch die Zusammenschreibung der angegriffenen Marke entstehe aber ein neuer Ausdruck mit nicht eindeutiger Begrifflichkeit. Insoweit könne [X.] nicht als Weiterentwicklung von [X.] verstanden werden. Der Widerspruch könne deshalb keinen Erfolg haben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die Markenstelle habe insbesondere verkannt, dass zwischen den Vergleichsmarken [X.] und [X.] eine hochgradige Zeichenähnlichkeit im Schrift- und Klangbild bestehe. Die Widerspruchsmarke sei vollständig und in identischer Form in der angegriffenen Marke enthalten. Demnach bestehe – ausgehend von den 13 Buchstaben der jüngeren Marke – zu fast 2/3 Zeichenidentität.

Der einzige Unterschied liege im [X.] „[X.]-“ der jüngeren Marke, der jeglicher Kennzeichnungskraft entbehre und daher für Zwecke des Vergleichs der Zeichen außer Betracht zu bleiben habe. „[X.]“ bestimme als Adjektiv lediglich das Hauptwort „[X.]“ näher und sei deshalb [X.]. Dass „[X.]-“ am Wortanfang stehe, ändere daran nichts, da der Verkehr den Wortanfang nur dann stärker beachte, wenn dieser nicht [X.] sei. Richtigerweise sei „[X.]“ – gerade in Kombination mit „[X.]“ – aber als eine anpreisende Aussage ohne herkunftshinweisenden Charakter zu verstehen. Dies entspreche der Amtspraxis des [X.], welches „[X.]“ als Wort oder als Bestandteil wiederholt als schutzunfähig zurückgewiesen habe, z.B. „[X.]“ für Klasse 29, 30 (Nr. 307 080 58) oder „[X.] CARE“ für Klasse 44 (Nr. 30 2016 202 1903). Im [X.] der Vergleichsmarken stehe deshalb das prägende, einzig kennzeichnungskräftige Wortelement „[X.]“, das mit der Widerspruchsmarke übereinstimme.

Unabhängig davon bestehe zwischen den Vergleichsmarken [X.] und [X.] wegen des identischen Bezugs zum Wort „Harmonie“ eine hochgradige begriffliche Ähnlichkeit. Durch das Hinzufügen von „[X.]“ entstehe – anders als die Markenstelle meine – kein neuer Ausdruck mit nicht eindeutiger Begrifflichkeit. Letztlich erweckten die Vergleichsmarken nämlich dieselbe gedankliche Assoziation: Der Gedanke an Harmonie stehe im Zusammenhang mit einem Zustand des [X.]. Werde dieser Zustand um das Adjektiv „golden“ erweitert, ändere sich nichts an dessen begrifflichem Bedeutungsgehalt. Er werde lediglich intensiviert, z.B. als besonders reine oder hochwertige Form der Harmonie.

Außerdem seien [X.]e Begriffe nicht in der Lage, aus sich heraus eine begriffliche [X.] auszuschließen.Die angefochtene Entscheidung suggeriere jedoch, dass der angesprochene Verkehr die sich gegenüberstehenden Marken begrifflich aufgrund eines werblich-anpreisenden Begriffs auseinanderhalten könnten. Das sei nicht nur rechtsfehlerhaft, sondern auch lebensfremd.

Dass die angegriffene Marke [X.] eine Einwortmarke sei, bedeute nicht, dass sich der [X.] nur an dem Gesamtbegriff orientieren dürfe bzw. sich aus der Zusammenschreibung eine Klammerwirkung ergebe. Außerdem sei die Aussprache (GOL-DEN-HAR-MONY) und das gedankliche Begriffsverständnis nicht an eine Zergliederung in die Bestandteile „[X.]“ und „[X.]“ gebunden. Auch in der Zusammenschreibung sei der [X.] mit dem der Widerspruchsmarke identisch.

Die von der angegriffenen Marke noch umfassten Waren und Dienstleistungen seien zu den [X.] der Widerspruchsmarke ähnlich bzw. hochgradig ähnlich.

Lege man eine normale Kennzeichnungskraft sowie eine hochgradige Zeichenähnlichkeit zu Grunde, müsse eine [X.] zwischen der Widerspruchsmarke [X.] und [X.] angenommen werden. Der Gedanke der anzuwendenden Wechselwirkungslehre würde ausgehöhlt, wenn es – wie die Markenstelle angenommen habe – zur Vermeidung der [X.] ausreichen würde, ein [X.]es (beschreibendes) Wort an den Zeichenanfang einer im Übrigen identischen jüngeren Einwortmarke zu setzen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschlüsse des [X.]es vom 16. März 2020 und vom 1. Oktober 2021 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2017 019 186 anzuordnen.

Die Inhaberin der jüngeren Marke hat sich weder im Amts- noch im Beschwerdeverfahren geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (a. F.) i. V. m. § 158 Abs. 3 [X.], §§ 107, 119 Nr. 1 [X.], so dass der Widerspruch aus der international registrierten Marke [X.] gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 [X.] zutreffend zurückgewiesen worden ist.

A. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des [X.]es mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. [X.] WRP 2019, 1316 Rn. 11 – [X.]). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke am 2. August 2017 und damit zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 erfolgt ist, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

Darüber hinaus ist mit Wirkung zum 1. Mai 2022 das [X.] (§§ 107 ff. [X.]) an die aktuelle Rechtslage des [X.] angepasst worden. Seit dem 31. Oktober 2015 sind sämtliche Mitglieder des [X.] [X.]) auch Mitglieder des Protokolls zum Madrider Markenabkommen (PMMA). Aufgrund des Vorrangs des PMMA gegenüber [X.] richtet sich die internationale Registrierung von Marken nur noch nach dem PMMA. Mit den Änderungen wurde dem Rechnung getragen.

B. Die Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ [X.]]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] GRUR 2020, 870 Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/DAS [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 48 – [X.] [Roslagspunsch/[X.]]; [X.] a. a. [X.] Rn. 25 – [X.]/INJEX).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken nicht zu besorgen.

1. Beide Marken können sich nach der vorliegend maßgeblichen [X.] überwiegend in Zusammenhang mit entfernt ähnlichen bis unähnlichen, teilweise mit ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.

a. Eine Ähnlichkeit von Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggfls. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 f., Nr. 22 – 29 – [X.]; [X.] GRUR 2006, 582, Nr. 85 – [X.]; [X.] GRUR 2006, 941, Nr. 13–- [X.] [X.]; GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2001, 507, 508 – [X.]/R[X.]). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann dabei nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer [X.] trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.] GRUR 2006, 941 Rn. 13 – [X.] [X.]; [X.], 321 Rn. 20 – [X.]; [X.], 714
Rn. 32 – [X.]; [X.], 484 Rn. 25 – [X.]; GRUR 2012, 1145 Rn. 34 – [X.]; GRUR 2014, 488 Rn. 12 – [X.]/DESPERADO).

b. Ausgehend hiervon können sich die [X.] in Bezug auf „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ der angegriffenen Marke bei mittelgradig ähnlichen Waren begegnen.

Anders als Erst- und [X.] meinen, sind „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ ([X.]) der angegriffenen Marke weder entfernt noch hochgradig ähnlich, sondern ähnlich zu den ebenfalls in [X.] beanspruchten Waren der Widerspruchsmarke „[X.] und ihr Zubehör, d.h. Beutel und Flaschen zur Aufbewahrung von Muttermilch; Membranen für [X.], Brusthauben und Ventile für [X.]“.

Im Rahmen der Ermittlung der Ähnlichkeit der vorgenannten [X.] ist zunächst festzustellen, dass [X.] unter den Oberbegriff „medizinische Apparate“ subsumiert werden können. Auch wenn [X.] häufig der alltäglichen Ernährung gesunder Säuglinge dienen, werden sie – als medizinische Geräte – auch bei gesundheitlichen Indikationen wie Mastitis (Brustentzündung) oder bei fehlendem Saugreflex von Neugeborenen eingesetzt.

Zutreffend weist der [X.] darauf hin, dass große Hersteller wie [X.] sowohl [X.] als auch medizinische Apparate herstellen. Angesichts der breiten Produktpalette von Unterhaltungselektronik bis hin zu verschiedensten medizinischen Produkten, reicht dies zur Feststellung einer regelmäßigen gemeinsamen betrieblichen Herkunft und der Annahme einer hochgradigen Ähnlichkeit jedoch nicht aus (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 85).

Nach der Recherche des Senats werden allerdings z.B. auf dem Gebiet der Neonatologie zur Ernährung eines (frühgeborenen oder kranken) Säuglings, der nicht auf natürliche Weise trinken kann, Milch- und [X.] nebeneinander eingesetzt. Hersteller wie die Widersprechende stellen neben [X.] auch Ernährungssonden her, mit denen die abgepumpte Muttermilch dem Säugling per Schlauch zugeführt werden kann. Zwar unterscheiden sich [X.], mit denen die Muttermilch durch Unterdruck abgepumpt wird, von [X.] und -sonden, mit denen Nahrung in den Mund/Magen gepumpt wird, nach technischer Wirkweise und Beschaffenheit. Angesichts des gleichen Verwendungs- und Einsatzzwecks, z.B. auf dem Gebiet der Neonatologie, und des funktionellen Zusammenhangs, nämlich des Abpumpens und Zuführens von Muttermilch zur Ernährung von Säuglingen, liegt der Gedanke an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich und damit die Ursprungsidentität der [X.] dennoch nahe. Unter Abwägung der relevanten Ähnlichkeitskriterien, kann deshalb im Ergebnis zwar weder von einer hochgradigen noch von einer verringerten, aber doch von einer mittelgradigen Ähnlichkeit der vorgenannten [X.] ausgegangen werden.

c. Eine entfernte Ähnlichkeit kann teilweise im Hinblick auf von der angegriffenen Marke zu [X.] beanspruchten Dienstleistungen angenommen werden.

Die von der angegriffenen Marke in [X.] beanspruchten „[X.] für die Waren der [X.]: medizinische Apparate und Instrumente“ sind entfernt ähnlich zu den [X.] der Widerspruchsmarke, zumal auf Warenebene (medizinische Apparate) zu den Waren der Widerspruchsmarke Ähnlichkeit besteht. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass grundlegende Abweichungen zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestehen. Maßgeblich für die Annahme einer Ähnlichkeit ist, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungs-Unternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Waren befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch in dem entsprechenden Dienstleistungs-Bereich selbständig gewerblich betätigt ([X.] GRUR 2012, 1145, 1148 Rn. [X.]). Vorliegend ist es durchaus üblich, dass Hersteller medizinischer Apparate, zu denen [X.] gehören, auch einen Reparaturservice anbieten. Beispielweise wirbt die Widersprechende als Herstellerin von [X.] mit ihrem technischen Service.

d. Zwischen den übrigen von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen und den Waren der Widerspruchsmarke besteht keine markenrechtliche Ähnlichkeit.

aa. Die übrigen von der angegriffenen Marke in [X.] beanspruchten Waren, nämlich „Analysegeräte für medizinische Zwecke; Galvanische Therapiegeräte; Geräte für physikalische Therapie; Reizstromgeräte für medizinische Zwecke; Elektrostimulationsgeräte [TENS] für medizinische Zwecke“ unterscheiden sich nach ihrer Beschaffenheit und ihrer Zweckbestimmung deutlich von [X.] und sind deshalb als unähnlich einzustufen.

bb. Die von der angegriffenen Marke in [X.] beanspruchten Waren sind überwiegend elektrische Messgeräte, physikalische Apparate und Instrumente, technische Kontrollgeräte und entsprechende Computersoftware. Sie unterscheiden sich in Beschaffenheit und im Verwendungszweck ebenfalls von den von der Widerspruchsmarke umfassten „[X.] und ihr Zubehör“. Anders als die Widersprechende in der Widerspruchsbegründung vom 31. August 2018 ausführt, ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass z.B. „elektrische Kontrollgerate; elektrische Messgeräte und Messinstrumente“ wesentliche Bestandteile von [X.] sind (vgl. auch [X.], in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 103). Auch ein funktioneller [X.] liegt deshalb nicht vor, so dass von einer Unähnlichkeit der [X.] auszugehen ist.

cc. Die in Klasse 21 enthaltenen „Apparate für die elektrogalvanische Kosmetikbehandlung, nämlich für Gesicht und Gesichtspartien, Kopfhaut und Körper" unterscheiden sich nach ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft und ihrem Verwendungszweck deutlich von „[X.] und ihr Zubehör“ der Widerspruchsmarke. Anders als die Widersprechende meint, sind die [X.] nicht deshalb noch ähnlich, weil es sich bei ihnen „im weiten Sinne“ um medizinische Geräte handele. Selbst wenn man letzteres unterstellen würde, reicht die Zuordnung zu dem breit gefächerten Oberbegriff „medizinische Geräte“ ([X.]) angesichts der vorgenannten Unterschiede zur Begründung der markenrechtlichen Ähnlichkeit nicht aus (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 73; vgl. auch [X.] 2023, 451).

[X.]. Im Hinblick auf die Prüfung der Ähnlichkeit zwischen den übrigen (s.o. unter c) von der angegriffenen Marke in den Klassen 37, 41, 42 und 44 umfassten Dienstleistungen und den von der Widerspruchsmarke in [X.] beanspruchten Waren „[X.] und deren Zubehör“ ist, wie bereits ausgeführt, zu berücksichtigen, dass grundlegende Abweichungen zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestehen. Maßgeblich für die Annahme einer Ähnlichkeit ist, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungs-Unternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Waren befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungs-Bereich selbständig gewerblich betätigt ([X.] GRZR 2012, 1145, 1148 Rn. [X.]).

(1) Nach diesen Grundsätzen ist eine Ähnlichkeit der von der angemeldeten Marke umfassten Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 mit den Waren der Widerspruchsmarke nicht gegeben. Mangels einer entsprechenden Verkehrsübung ist es für den Verkehr fernliegend, dass Anbieter von [X.] z.B. „Durchführung von Vorträgen [Aus- und Fortbildung], Schulungen, Workshops, Seminaren und Trainings im naturheilkundlichen Bereich“ durchführen. Umgekehrt stellen Anbieter der vorgenannten Dienstleistungen in aller Regel keine [X.] her. Entsprechendes gilt beispielsweise für die „Aktualisierung von Computersoftware“ oder „Forschungen auf dem Gebiet der Kosmetik“ der Klasse 42.

(2) Auch im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke in [X.] umfassten [X.] für Waren in [X.] ist eine markenrechtliche Ähnlichkeit zu verneinen, zumal bereits die Waren der [X.] markenrechtlich nicht ähnlich zu den Waren der Widerspruchsmarke sind (s.o.). Im Hinblick auf die [X.] für die übrigen Waren der [X.] mit Ausnahme von „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ besteht demgemäß ebenfalls keine Ähnlichkeit.

(3) Im Hinblick auf die Dienstleistungen in Klasse 44 liegt zu den Waren der Widerspruchsmarke Unähnlichkeit vor. Sie unterscheiden sich nach ihrem Inhalt und ihrer Zweckrichtung von „[X.]“, so z.B. „Durchführung von Bioresonanzbehandlungen und Elektroakupunktur für medizinische Diagnose- und Behandlungszwecke“. Im Hinblick auf „medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen“ bzw. „medizinische Dienstleistungen eines Gesundheitsberaters“ ist es nicht üblich, dass Gesundheitsberater oder Mediziner sich selbständig mit der Herstellung oder dem Vertrieb von [X.] befassen bzw. [X.]hersteller sich selbständig auf dem Gebiet der medizinischen Dienstleistungen betätigen.

e. Zusammenfassend besteht eine Ähnlichkeit zwischen den Waren der Widerspruchsmarke und den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke lediglich hinsichtlich „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von [X.] und deren Zubehör“ ([X.]) und eine entfernte Ähnlichkeit hinsichtlich „Reparieren von folgenden Waren der [X.]: medizinische Apparate und Instrumente“. In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke sind die Waren der Widerspruchsmarke unähnlich im markenrechtlichen Sinn.

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist leicht gemindert.

Diese besteht aus dem [X.] Wort [X.], das dem [X.] Wort „Harmonie“ sehr ähnlich ist und ihm auch in der Bedeutung entspricht. Zutreffend ist der Erinnerungsprüfer davon ausgegangen, dass mit „Harmonie“ Eigenschaften der beanspruchten Waren nicht direkt beschrieben werden. Mit der Bedeutung „Ausgewogenheit, Einklang“ vermittelt die Widerspruchsmarke in Verbindung mit „Muttermilchpumpen und deren Zubehör“ jedoch den Eindruck, dass diese Produkte z.B. durch [X.] eine ausgewogene, im Einklang mit dem natürlichen Stillvorgang befindliche Anwendung ermöglichen. Insoweit hat [X.] vorliegend zumindest Anklänge an ein warenanpreisendes Versprechen (vgl. BPatG 28 W (pat) 66/09 – [X.]), so dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt als leicht unterdurchschnittlich einzustufen ist.

3. Die Zeichenähnlichkeit ist gering.

Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.], 922 Rn. 35 - Specsavers/Asda; [X.] [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] GRUR 2006, 413 Rn. 19 – [X.]/ SIR; [X.] [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/[X.]; NJW-RR 2009, 757 Rn. 32 [X.]).

a. In der Gesamtheit besteht zwischen den [X.]

[X.] und [X.]

ein ausreichender Abstand, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Beide Zeichen unterscheiden sich durch den Bestandteil „[X.]-“ der angegriffenen Marke in klanglicher und bildlicher Hinsicht. Diese Unterschiede werden weder überhört noch überlesen. Auch in begrifflicher Hinsicht ist durch das Adjektiv „[X.]“ ein ausreichender Abstand gewahrt. Selbst wenn man von einer Übersetzung der [X.] mit „goldene Harmonie“ und „Harmonie“ ausgeht, handelt es sich nicht um Synonyme, sondern um unterschiedliche begriffliche Bezeichnungen. Anders als die Widersprechende meint, bleibt die Bedeutung von „[X.]“ in Verbindung mit „[X.]“ vage. Ein Sinngehalt von „besonders reine“ oder „hochwertige Form“ der Harmonie liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Unabhängig davon ist eine „besonders reine/hochwertige Harmonie“ nicht gleichbedeutend/synonym mit „Harmonie“.

b. Eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit allein auf die Übereinstimmung der Widerspruchsmarke [X.] mit dem entsprechenden Bestandteil in der angegriffenen Marke abgestellt werden kann. Dies wäre dann der Fall, wenn dieser Bestandteil entweder den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägt oder aber in dem angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, die den Verkehr zu der Annahme veranlasst, dass die fraglichen Waren zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.] [X.], 1058 [X.]. 38 – [X.]). Dies kann jedoch nicht angenommen werden.

c. Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke [X.] nicht durch den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „-[X.]“ geprägt wird.

aa. Trotz der Zusammenschreibung wird der Verkehr – wovon auch die Widersprechende ausgeht – in der angegriffenen Marke ohne weiteres die Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ erkennen. Das Wort „[X.]“ ist die [X.] und [X.] Bezeichnung der entsprechenden Farbe und kann, isoliert gesehen, die Farbe von Produkten wie „Bier“ bezeichnen (vgl. [X.] (pat) 27/15 – [X.]). Vorliegend liegt eine Beschreibung der noch im Ähnlichkeitsbereich liegenden „medizinische Apparate und Instrumente, mit Ausnahme von (…)“ bzw. „[X.] für (…) medizinische Apparate und Instrumente“ mit „Gold“ als Farbangabe jedoch fern. Zwar wird – worauf die Widersprechende zutreffend hinweist – die Farbe Gold/[X.] auf verschiedenen Waren- und Dienstleistungsgebieten als Hinweis auf Qualität und Wertigkeit verwendet (vgl. BPatG 25 W (pat) 4/21 – [X.]; BPatG 30 W (pat) 504/18 – [X.] GOLD; [X.] (pat) 27/15 – [X.]). Allerdings liegt diese Bedeutung auf medizinischem Gebiet nicht ohne weiteres auf der Hand, zumal der (Fach-)Verkehr eher präzise Angaben zum Einsatzgebiet und der Wirkweise erwartet.

Unabhängig davon – und anders als die Widersprechende meint – kann im Einzelfall selbst eine für sich gesehen beschreibende Angabe in Verbindung mit einem weiteren Bestandteil wesentlich zur besonderen Identifizierung und Einprägsamkeit der Gesamtmarke beitragen. Das gilt vorliegend für den Bestandteil „[X.]-“, da dadurch der bezeichnete Gegenstand „-[X.]“ mit der Übersetzung „[X.]e Harmonie“ näher bestimmt wird (vgl. [X.] GRUR 1999, 586, 587 – [X.]/[X.]; [X.] (pat) 15/09 – [X.]E PANTHER/Panther). Ein solches Verständnis liegt für den Verkehr auch deshalb auf der Hand, weil ihm entsprechend aufgebaute Gesamtbegriffe wie „[X.]“ oder „golden hour“/„goldene Stunde“ geläufig sind.

Für die Annahme eines Gesamtbegriffs spricht darüber hinaus die Schreibweise der angegriffenen Marke in einem Wort: [X.]. Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr den Bestandteil „[X.]-“ nicht vernachlässigen und die angegriffene Marke nur insgesamt wiedergeben (vgl. [X.] GRUR 1999, 586 – [X.]/ [X.]; [X.] (pat) 079/03 – [X.] LION /Lion; 32 W (pat) 067/03 – [X.]/ [X.]; 27 W (pat) 102/02 – [X.] [X.]; 27 W (pat) 191/00 - [X.]E [X.]/[X.]). Das Vorbringen der Widersprechenden, „[X.]“ sei gerade in Kombination mit „[X.]“ als anpreisende Aussage ohne herkunftshinweisenden Charakter zu verstehen, überzeugt nicht. Die in diesem Zusammenhang angeführte Zurückweisung der Anmeldung „[X.] CARE“ für „Ambulante und stationäre Pflegedienste“ unterscheidet sich von [X.] bereits dadurch, dass „[X.]“ die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibt und „[X.]“ deshalb nicht als Hinweis auf die Qualität oder Wertigkeit (vgl. BPatG 30 W (pat) 504/18 – [X.] GOLD; [X.] (pat) 27/15 – [X.]) von „[X.]“ verstanden wird.

4. Es liegt auch keine mittelbare [X.] im Sinne eines gedanklichen Inverbindungbringens (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, [X.]) unter dem Aspekt des [X.] vor.

Eine solche [X.] liegt vor, wenn die jüngere mit der älteren Marke in einem Bestandteil übereinstimmt, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen ([X.], [X.], 840, Rd. 23 – [X.]; [X.], 1239, Rn. 40 – [X.]/Volks.Inspektion). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Widersprechende eine Stammmarke „[X.]“ innehat.

5. Besondere Umstände, die eine [X.] im weiteren Sinne begründen könnten, sind ebenso wenig ersichtlich.

6. Für eine gedankliche Verbindung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz, [X.] liegen bei der gegebenen Sachlage auch keine Anhaltspunkte unter dem Gesichtspunkt der [X.] vor. Danach kann in Fällen, in denen die Zeichen weder unmittelbar noch mittelbar unter dem Gesichtspunkt des [X.] verwechselbar sind, bei identischen Waren oder Dienstleistungen eine [X.] für das Publikum bestehen, wenn das jüngere Zeichen mit einer durchschnittlich kennzeichnungskräftigen älteren Marke gebildet wird und letztere in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein dessen Gesamteindruck zu prägen, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; [X.] GRUR 2006, 859, Rn. 18 – [X.]). Ob die vorliegend leicht verminderte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Verneinung der Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung ausreicht (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 488), kann dahingestellt bleiben, da auch bei Annahme einer normalen Kennzeichnungskraft dem Bestandteil „[X.]“ keine selbständig kennzeichnende Stellung zukäme. Verbindet sich nämlich die ältere Marke, hier [X.], mit den weiteren Bestandteilen der jüngeren Marke zu einer Gesamtaussage oder einem Gesamtbegriff, hier [X.], so verliert sie innerhalb der jüngeren Marke ihre selbständige Stellung (vgl. [X.] (pat) 215/03 – [X.]; 29 W (pat) 149/06 – [X.]; 29 W (pat) 277/02 – [X.]; 29 W (pat) 88/05 – ONEtoONE /ONE).

Die begriffliche Bedeutung von „[X.]e Harmonie“ unterscheidet sich von „Harmonie“ ebenso wie sich auch „[X.]e Jahre“ von „Jahre“ oder „goldene Stunde“ von „Stunde“ unterscheiden. Demgemäß ordnet der Verkehr die jüngere Marke nicht dem Unternehmen der Widersprechenden zu (vgl. 29 W (pat) 15/09 – [X.]E PANTHER/Panther).

Die Beschwerde der Widersprechenden ist daher zurückzuweisen.

C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 84/21

16.11.2023

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.11.2023, Az. 30 W (pat) 84/21 (REWIS RS 2023, 9704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9704

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