Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2015, Az. 5 StR 473/14

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 17109

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Gegenstand

Strafurteil: Ausspruch über die Reihenfolge der Maßregelvollstreckung bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie in der Sicherungsverwahrung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. Juli 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über den [X.] aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg.

2

1. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und den Strafausspruch richtet; auch der [X.] hat Bestand. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das [X.] der Anordnung von Sicherungsverwahrung eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne der vom [X.] ([X.] 128, 326) für die Zeit der Weitergeltung des § 66 StGB bis zum Inkrafttreten einer verfassungskonformen gesetzlichen Neuregelung aufgestellten Anforderungen zu Grunde gelegt hat, obgleich die [X.] am 18./19. November 2013 begangen wurde, mithin nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 ([X.] I, 2425; vgl. zur Anwendbarkeit des § 66 StGB nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung auch nach Inkrafttreten der Neuregelung für bis zum 31. Mai 2013 begangene Straftaten [X.], Urteil vom 11. März 2014 - 5 StR 563/13, [X.]R StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit bei bis zum 31. Mai 2013 begangenen [X.]en 1; Beschluss vom 17. April 2014 - 3 StR 355/13, NStZ-RR 2014, 207).

3

Es kann auch dahinstehen, ob das [X.] bei der Prüfung des Eintritts von Rückfallverjährung nach der Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung vom 6. Oktober 2001 zu Recht auf die Fünfzehnjahresfrist des § 66 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 StGB abgestellt hat oder ob diese - wofür der Wortlaut der Vorschrift und die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/3403, [X.]) sprechen - nur dann gilt, wenn sowohl die Vortat als auch die [X.] Sexualstraftaten sind. Denn jedenfalls ist auch bei Zugrundelegung der [X.] des § 66 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 StGB keine Rückfallverjährung eingetreten.

4

2. Die vom [X.] vorgenommene Bestimmung der Dauer des [X.] der Maßregel ist jedoch rechtsfehlerhaft. Denn die [X.] hat es unterlassen, in dem Urteil mitzuteilen, wie lange die Unterbringung des Angeklagten voraussichtlich erforderlich sein wird (vgl. dazu etwa [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 4 StR 409/12). Die Dauer des [X.] ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum [X.], möglich ist. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht wird - unter erneuter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) - bei der Berechnung des vorweg zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe die voraussichtlich notwendige Therapiedauer feststellen und diese von den zwei Jahren und sechs Monaten - der Hälfte der (nunmehr rechtskräftig) erkannten Freiheitsstrafe - abziehen müssen.

5

Es wird überdies § 72 Abs. 3 Satz 1 StGB zu beachten und die Reihenfolge der Vollstreckung der Maßregeln zu bestimmen haben ([X.], Beschluss vom 21. Dezember 1994 - 3 StR 347/94, [X.], 284). Dabei ist die Unterbringung in der Entziehungsanstalt im Zweifel grundsätzlich vor der Sicherungsverwahrung zu vollstrecken, weil eine erfolgreiche Entziehungskur die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung (§ 67c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) oder jedenfalls günstigere Voraussetzungen für die Resozialisierung in der Sicherungsverwahrung schaffen kann.

6

Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht. Bei der voraussichtlichen Therapiedauer handelt es sich um eine ergänzende Feststellung.

[X.]

                 Berger                              [X.]

Meta

5 StR 473/14

15.01.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 1. Juli 2014, Az: (540) 234 Js 526/13 Ks (3/14)

§ 67c Abs 1 S 1 Nr 1 StGB, § 72 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2015, Az. 5 StR 473/14 (REWIS RS 2015, 17109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17109

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