Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.12.2010, Az. 9 B 85/10

9. Senat | REWIS RS 2010, 10

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Gegenstand

Bodenordnungsverfahren; Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften


Leitsatz

§ 53 Abs. 1 und 2 LwAnpG benennt die Fallgruppen, in denen ein Bodenordnungsverfahren durchzuführen ist. Die dort genannte "Bildung einzelbäuerlicher Wirtschaften" bezeichnet die Errichtung von Betrieben dieser Art, nicht jedoch Maßnahmen, die sich auf die spätere Veränderung bereits eingerichteter derartiger Betriebe richten.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist unbegründet.

2

1. [X.] rechtfertigt nicht die begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

3

a) Die [X.]eschwerde macht einen Klärungsbedarf für das Verhältnis von § 53 [X.] und § 3 [X.] geltend, versäumt es jedoch, die als klärungsbedürftig erachtete Frage klar zu formulieren. Ihre Ausführungen zum Verhältnis dieser Vorschriften legen immerhin den Schluss nahe, der Sache nach wolle sie geklärt wissen, ob die in § 53 Abs. 1 [X.] für ein [X.]odenordnungsverfahren aufgestellte Anwendungsvoraussetzung der "[X.]ildung einzelbäuerlicher Wirtschaften" unter [X.]erücksichtigung der Zielregelung des § 3 [X.] nicht nur durch die erstmalige Errichtung, sondern auch durch die Wiederherstellung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit eines bereits errichteten [X.] erfüllt wird. Geht man zugunsten der [X.]eschwerde davon aus, dass die vorstehend umrissene Frage mit noch hinreichender Klarheit aufgeworfen worden ist, so kann diese Frage die Zulassung der Revision gleichwohl nicht rechtfertigen; denn sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des [X.] beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.

4

Schon der Wortlaut des § 53 Abs. 1 [X.] ist eindeutig. Die "[X.]ildung einzelbäuerlicher Wirtschaften" bezeichnet die Errichtung von [X.]etrieben dieser Art, nicht jedoch Maßnahmen, die sich auf die spätere Veränderung bereits eingerichteter derartiger [X.]etriebe richten. Außerdem wird allein dieses Verständnis Zweck und Systematik der gesetzlichen Regelung gerecht. § 53 Abs. 1 und 2 [X.] benennt die Fallgruppen, in denen ein [X.]odenordnungsverfahren durchzuführen ist. Die einzelnen Fallgruppen haben gemeinsam, dass es bei ihnen unmittelbar um die Entflechtung der problematischen Rechtsbeziehungen geht, die durch die Kollektivierung der Landwirtschaft in der [X.] entstanden sind (vgl. Urteil vom 2. September 1998 - [X.]VerwG 11 C 4.97 - [X.]VerwGE 107, 177 <182>; [X.]eschluss vom 2. Februar 2000 - [X.]VerwG 11 [X.] 2.00 - juris Rn. 3). Diese [X.]egrenzung des Anwendungsbereichs darf nicht unter [X.]erufung auf die allgemeine Zielregelung des § 3 [X.] übergangen werden. Die von der [X.]eschwerde geforderte Auslegung des § 53 [X.] liefe demgegenüber darauf hinaus, jede Verfolgung der Ziele des Gesetzes als Voraussetzung für ein [X.]odenordnungsverfahren ausreichen zu lassen. Das wäre mit dem Konzept des § 53 [X.], die Anwendungsfälle dieses Verfahrens enumerativ aufzulisten, nicht zu vereinbaren.

5

b) Weiterhin misst die [X.]eschwerde der Frage grundsätzliche [X.]edeutung bei, unter welchen Voraussetzungen dem Verfahrenserfordernis des § 54 Abs. 1 [X.], zunächst einen freiwilligen [X.] anzustreben, Genüge getan ist. Diese Frage vermag die Revisionszulassung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil ihre [X.]eurteilung für die Entscheidung des [X.] nicht tragend geworden ist. Das Klagebegehren richtet sich auf die Verpflichtung des [X.]eklagten zur Durchführung eines [X.]odenordnungsverfahrens. Wären der Flurneuordnungsbehörde nach dem [X.] nachdrücklichere Anstrengungen zur Erzielung eines [X.]s im Sinne des § 54 Abs. 1 [X.] abzuverlangen als vom Flurbereinigungsgericht angenommen, so würde das noch keinen Anspruch des [X.] auf die Durchführung eines [X.]odenordnungsverfahrens begründen; denn dieses Verfahren setzt gerade voraus, dass die gesetzlich geschuldeten Anstrengungen erfolglos geblieben sind.

6

c) Die [X.]eschwerde wirft ferner die Frage auf, "ob das Vorverfahren des freiwilligen [X.]s vor Einleitung des [X.] nach §§ 53, 3 [X.] bereits eine Vorwirkung/Zusicherungswirkung dergestalt entfaltet, dass die Vorgaben des § 38 VwVfG im Lichte dieser verfahrensrechtlichen [X.]esonderheiten des [X.]es auszulegen sind". Auch für diese Frage ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar.

7

Ob eine Zusicherung vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist maßgebend nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (Urteil vom 7. Februar 1986 - [X.]VerwG 4 C 28.84 - [X.]VerwGE 74, 15 <17> m.w.N.). Eine solche Würdigung ist nur unter [X.]erücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls möglich, zu denen u.a. auch der verfahrensrechtliche Sinnzusammenhang gehört, in dem die auszulegende Erklärung abgegeben wird. Mit Rücksicht auf die Einzelfallbezogenheit der Würdigung lassen sich hierzu keine weitergehenden generalisierenden Aussagen treffen, für die es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.

8

2. Soweit die [X.]eschwerde rügt, das Flurbereinigungsgericht habe aktenwidrige Feststellungen getroffen, macht sie sinngemäß einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des Prozessstoffs geltend (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch diese Rüge greift nicht durch. Sie bedingt die schlüssig vorgetragene [X.]ehauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass sich eine weitere [X.]eweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts erübrigt; der Widerspruch muss also "zweifelsfrei" sein ([X.]eschlüsse vom 19. November 1997 - [X.]VerwG 4 [X.] 182.97 - [X.]uchholz 406.11 § 153 [X.]auG[X.] Nr. 1 S. 1, vom 2. November 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 41.99 - juris Rn. 23 f. und vom 10. Oktober 2001 - [X.]VerwG 9 [X.] 2.01 - [X.]uchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 12). Die [X.]eschwerde versäumt es, einen solchen Widerspruch aufzuzeigen.

9

Soweit sie dem Flurbereinigungsgericht vorwirft, aktenwidrig einen [X.]ezug der vom Kläger begehrten Flächenarrondierung zur Kollektivierung der [X.]-Landwirtschaft verneint zu haben, hat sie die beanstandeten Ausführungen des Gerichts schon ungenau wiedergegeben. Im Urteil wird nicht jeglicher [X.]ezug dieses [X.]egehrens zu den durch die Kollektivierung geschaffenen Verhältnissen geleugnet; insbesondere findet sich darin an keiner Stelle eine Aussage zu der Frage, ob im Zuge der Kollektivierung die Erreichbarkeit der dem Kläger gehörenden Grundstücke erschwert worden ist. Vielmehr enthält das Urteil die zusammenfassende Würdigung, die begehrte Arrondierung stehe nicht im Zusammenhang mit der Entflechtung von Rechtsbeziehungen, die auf der Kollektivierung der Landwirtschaft der [X.] basieren ([X.]). Was damit gemeint ist, wird anhand der erläuternden Ausführungen auf S. 7 des Urteilsabdrucks deutlich; dort heißt es, dem Kläger gehe es "weder um die Zusammenführung von Eigentum an Gebäuden/Anlagen/Anpflanzungen mit dem Eigentum an Grund und [X.]oden (zur Schaffung [X.]G[X.]-konformer Verhältnisse) noch im Zusammenhang mit der [X.]ildung einer einzelbäuerlichen Wirtschaft um die Entflechtung von Rechtsbeziehungen, die auf der Kollektivierung der Landwirtschaft der [X.] basieren". Das diese Aussagen in Widerspruch zum Akteninhalt stünden, ist nicht dargetan.

Dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO wird die [X.]eschwerde auch insoweit nicht gerecht, als sie die Feststellung im angefochtenen Urteil, dem Kläger gehe es um die Arrondierung seiner forstwirtschaftlichen Flächen ([X.]), als aktenwidrig rügt. Die [X.]eschwerde stellt dieser Feststellung die dem Protokoll über den Anhörungstermin vom 29. November 2006 entnommene Information gegenüber, der Kläger behalte 10 ha landwirtschaftlicher Flächen zuzüglich 1,5 ha Randflächen. Dass der Kläger auch Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen ist und nach dem von ihm vorgelegten Tauschkonzept bleiben sollte, steht nicht im Widerspruch zu dem ihm vom Flurbereinigungsgericht zugeschriebenen [X.]egehren, die Arrondierung forstwirtschaftlicher Flächen anzustreben.

Meta

9 B 85/10

29.12.2010

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 2. Juli 2010, Az: F 7 D 37/07, Urteil

§ 3 LAnpG, § 53 LAnpG, § 54 Abs 1 LAnpG, § 38 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.12.2010, Az. 9 B 85/10 (REWIS RS 2010, 10)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10

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