Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.04.2023, Az. 1 BvR 176/23, 1 BvR 178/23

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2023, 2903

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen Regelungen zur Quellen-TKÜ bzw zur Online-Durchsuchung sowie gegen §§ 48, 49 BDSG - Beschwerdebefugnis bzw Schutzpflichtverletzung nicht dargelegt


Tenor

Die [X.] werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe

1

Gegenstand der [X.] sind insbesondere die mit Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 ([X.]) neu eingeführten und am 24. August 2017 in [X.] getretenen strafprozessualen Befugnisse zur [X.] (§ 100a Abs. 1 Satz 2 und 3 StPO) und - nur die Beschwerdeführer zu [X.] - zur [X.] (§ 100b StPO). Die Beschwerdeführenden zu I[X.] wenden sich darüber hinaus gegen die am 25. Mai 2018 in [X.] getretenen §§ 48, 49 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 30. Juni 2017 ([X.] 2097).

2

Die [X.] sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie sind bereits unzulässig, weil die Beschwerdeführenden nicht die Möglichkeit aufgezeigt haben, in eigenen Grundrechten verletzt zu sein.

3

1. Soweit die Beschwerdeführenden eine Verletzung von Grundrechten in ihrer Abwehrdimension rügen, haben sie ihre Selbstbetroffenheit durch die angegriffenen Rechtsnormen nicht in einer den § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügenden Weise aufgezeigt (vgl. dazu [X.], Urteil des [X.] vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 -, Rn. 98 - [X.]; Beschluss des [X.] vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21-, Rn. 44 - Polizeiliche Befugnisse nach [X.] MV).

4

2. Soweit die Beschwerdeführer zu [X.] darüber hinaus rügen, die in § 100a Abs. 1 Satz 2 und 3, § 100b StPO geschaffenen Befugnisse zur [X.] und [X.] verletzten die staatliche Pflicht zum Schutz der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme, legen sie die Möglichkeit einer Schutzpflichtverletzung nicht hinreichend dar.

5

Im Falle der Behauptung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung ergeben sich spezifische Darlegungslasten dahingehend, dass über den Vortrag angeblicher Unzulänglichkeiten der Rechtslage hinaus der gesetzliche [X.] insgesamt erfasst sein muss, wozu - je nach Fallgestaltung - zumindest gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten [X.] jedenfalls in Grundzügen dargestellt werden und begründet wird, warum vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption ausgegangen wird (vgl. [X.]E 158, 170 <191 f. Rn. 51> - [X.]; [X.], Urteil des [X.] vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 -, Rn. 111).

6

Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Die Beschwerdeführer befassen sich nicht mit bestehenden Regelungen zum Schutz informationstechnischer Systeme, die hier grundrechtsschützende Wirkung entfalten könnten. Sie hätten insbesondere näher auf § 500 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 67 BDSG eingehen müssen, wonach möglicherweise auch beim Offenhalten einer Sicherheitslücke eine Datenschutz-Folgenabschätzung vorzunehmen ist (vgl. dazu [X.], Beschluss des [X.] vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21 -, Rn. 67).

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 176/23, 1 BvR 178/23

17.04.2023

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 48 BDSG vom 30.06.2017, § 49 BDSG vom 30.06.2017, § 67 BDSG, § 100a Abs 1 S 2 StPO, § 100a Abs 2 StPO, § 100a Abs 3 StPO, § 100a Abs 4 StPO, § 100a Abs 5 StPO, § 100a Abs 6 StPO, § 100b Abs 1 StPO, § 100d Abs 1 S 2 StPO, § 100d Abs 5 StPO, § 500 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.04.2023, Az. 1 BvR 176/23, 1 BvR 178/23 (REWIS RS 2023, 2903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2903

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1 BvR 1345/21

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