Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2005, Az. VI ZR 101/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4748

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 1. März 2005 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 852, 208; EG[X.] Art. 231 § 6 Abs. 1, 2; [X.] § 338 Abs. 3, § 474 Abs. 1 Nr. 3, § 477 Abs. 1 Nr. 6 a) Die durch die Anzeige des [X.] nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] eingetretene Hemmung der Verjährung endete grundsätzlich mit Ablauf des 2. Oktober 1990. b) Auf den Ausgleichsanspruch des § 338 Abs. 3 [X.] ist ab dem 3. Oktober 1990 unabhängig von seiner Einordnung als vertraglicher oder außervertraglicher Anspruch grundsätzlich die Verjährungsvorschrift des § 852 [X.] a.F. anzuwenden. c) Bei der nach Art. 231 § 6 Abs. 2 [X.] gebotenen Vergleichsberechnung ist die Prüfung der Verjährung nach den Vorschriften des [X.] nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] vorzunehmen, wenn eine bereits begonnene Hem-- 2 -

mung der Verjährung nach früherem Recht über den [X.]punkt des Beitritts hinaus fortdauerte.

[X.], Urteil vom 1. März 2005 - [X.]/04 - KG Berlin

LG Berlin
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Der V[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2005 durch [X.] [X.], Wellner, [X.], [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 19. Mai 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand: Der am 25. April 1984 in [X.] geborene Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz immateriellen Schadens, weil er im Jahre 1984 in deren [X.] fehlerhaft behandelt worden sei. Mit Schreiben vom 30. Juni 1987 zeigte seine alleinsorgeberechtigte Mutter den Schadensfall dem zuständigen Amtsarzt an. Daraufhin erkannte die [X.] der ehemaligen [X.] als Versicherer des staatlichen Gesundheitswesens in einem Schreiben vom 29. September 1989, das der Mutter des [X.] damals nicht zugestellt werden konnte, die materielle Ver-antwortlichkeit der Klinik dem Grunde nach an. - 4 -

Nachdem sich die Mutter am 9. März 1993 an den Chefarzt der Abteilung Kinderkardiologie des Universitätsklinikums gewandt hatte, antwortete dieser am 18. März 1993, beim Kläger seien wohl unzureichende Kontrollen durchge-führt worden. Auf ein weiteres Schreiben vom 1. Juni 1993 teilte die Beklagte am 18. Oktober 1993 mit, daß sie den "gesamten Vorgang" zur weiteren Bear-beitung an ihren Haftpflichtversicherer übergeben habe. Dieser schrieb dem Kläger am 20. Dezember 1993, daß zur weiteren Prüfung eine Einsicht in die Archivunterlagen notwendig, das Archiv aber derzeit nicht zugänglich sei. Er werde unaufgefordert weiter Stellung nehmen. Auf ein Erinnerungsschreiben vom 20. August 1995 antwortete der [X.] mit Schreiben vom 4. September 1995, welches oben rechts das Datum —14.02.1994fi trug und der Prozessbevollmächtigten des [X.] am 7. September 1995 zuging, wie folgt: "Den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegenüber dem [X.] haben wir zur Kenntnis genommen. Nach Prüfung der uns vorliegenden Unterlagen ist festzustellen, daß auf der Grundlage des durch ihre Mandantin gestellten Schadenser-satzantrags vom [X.] die Prüfung der materiellen [X.] eingeleitet wurde. Das Ergebnis wurde mit Schreiben vom [X.] mitgeteilt und mit Datum vom [X.] erinnert. Durch den Postzusteller erhielten wir die Nachricht, daß der Empfänger unbekannt verzogen [X.] Als Anlage war unter anderem eine Kopie des Schreibens der [X.] [X.] vom 29. September 1989 beigefügt, das der Mutter des [X.] zuvor nicht zugegangen war. Darin wird ausgeführt: "Von der ärztlichen Bezirksgutachterkommission B. ist nach [X.] der medizinischen Unterlagen ihres Kindes festgestellt worden, daß bei M. der operative Eingriff am [X.] möglicherweise bei richtiger Katheterlage oder rechtzeitiger Korrektur vermeidbar gewesen wäre. - 5 -

Für die dadurch entstandenen komplikationsbedingten [X.] haben wir als Versicherer des staatlichen Gesundheitswesens die materielle Verantwortlichkeit o.g. Klinik dem Grunde nach [X.]. Damit hat M. Anspruch auf Schadenersatz, der gemäß § 338 Zivilge-setzbuch zu regeln ist. Zur Klärung desselben halten wir eine Aussprache für erforderlich (–)." Mit Schreiben vom 18. Oktober 1997 bezifferte der Kläger den Anspruch auf eine Entschädigungssumme von 70.000 DM und eine monatliche Schmer-zensgeldrente von 300 DM. Daraufhin lehnte der Versicherer der Beklagten am 16. Dezember 1997 einen Eintritt für den Schaden ab, weil die Ansprüche ver-jährt seien. Das [X.] hat die auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebe-gehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht führt aus, die nach dem Recht der ehemaligen [X.] zu beurteilende Schmerzensgeldforderung des [X.] sei verjährt. Auch wenn sich die Verjährungsfristen und die Hemmung der Verjährung zunächst nach dem Zivilgesetzbuch der [X.] ([X.]) richteten und deshalb die [X.] gemäß § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] von der Anzeige des [X.] bis zur Erklärung der Versicherungseinrichtung über ihre Leistungs-pflicht gehemmt gewesen sei, habe die Verjährungshemmung am 2. Oktober - 6 -

1990, 24.00 Uhr, geendet. Nach Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] bestimme sich die Hemmung der Verjährung nur für die [X.] vor dem Beitritt nach dem Recht der [X.]. Mit dem 3. Oktober 1990 habe deshalb gemäß Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 [X.] a.F. zu laufen begonnen. Diese sei zwar jedenfalls ab dem 18. März 1993 nach §§ 852 Abs. 2, 205 [X.] wegen Verhandlungen gehemmt gewesen. Selbst wenn die Verhandlungen nicht "mit dem Schreiben der A. vom 14. Februar 1994fi ein Ende gefunden hätten, seien sie aber eingeschlafen, weil auf jenes Schreiben über einen [X.]raum von 18 Monaten hinweg keine Reaktion einer der beiden Seiten erfolgt sei. Zu einer Unterbrechung der Verjährung sei es nicht gekommen. I[X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. 1. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß auf Schadensersatzansprüche, welche der Kläger aus den Vorgängen nach seiner Geburt im Jahre 1984 herleitet, das Schadensrecht der ehemaligen [X.] (§§ 92, 93, 338 Abs. 3 [X.]) anzuwenden ist. Für außervertragliche Ansprüche ergibt sich dies aus Art. 232 § 10 EG[X.], für Ansprüche wegen einer Vertragsverletzung aus Art. 232 § 1 EG[X.]. Die danach gebotene Aus-legung und Anwendung des Zivilrechts der [X.] hat unter Berücksichtigung der Rechtspraxis in der ehemaligen [X.] zu erfolgen; das fortgeltende Recht ist dabei so anzuwenden, wie es von den Gerichten der [X.] angewendet worden wäre, wenn und insoweit es mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl. Senatsur-teile [X.] 123, 65, 67 ff.; 126, 87, 91 f.; 135, 158, 161 f.; s. auch [X.] 156, - 7 -

232, 234 f.). [X.] Bedenken gegen die Anwendung der hier in [X.] kommenden Anspruchsgrundlage des § 338 Abs. 3 [X.] bestehen nicht (vgl. Senatsurteil [X.] 123, 65, 69 ff.). 2. Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß sich die Verjährung möglicher Ersatzansprüche bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 nach den Regeln des Zivilgesetzbuchs der [X.] richtet (vgl. Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.]) und ein Schadensersatzanspruch bis zu diesem [X.]punkt nicht verjährt war. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und von den Parteien nicht angegriffen ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß die gemäß § 474 Abs. 1 Nr. 3 [X.] für vertragliche wie [X.] Schadensersatzansprüche geltende vierjährige Verjährungsfrist nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] für die [X.] von der Anzeige des Versicherungs-falls bis zum Wirksamwerden des Beitritts gehemmt war, weil das Schreiben der [X.] [X.] vom 29. September 1989 dem Kläger vorher nicht zugegangen ist. 3. Ohne Erfolg bringt die Revision vor, die durch die Anzeige des [X.] nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] eingetretene Hemmung der [X.] habe über den 2. Oktober 1990 hinaus bis zum Zugang des Schreibens der [X.] [X.] am 7. September 1995 angedauert. Nach Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] finden seit dem 3. Oktober 1990 die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nämlich grundsätzlich auch auf Ansprüche Anwendung, die auf der Grundlage des Rechts der ehema-ligen [X.] erworben worden sind. Lediglich für die [X.] zuvor sind gemäß Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] die Bestimmungen des [X.] über den Beginn, die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung anzuwenden (vgl. [X.] 148, 90, 93; 156, 232, 241 f.; [X.], Beschlüsse vom 17. Mai 1995 - [X.] 3/95 - [X.] 1996, 169 f. und vom 5. März 1999 - [X.] - - 8 -

[X.], 1138, 1140; Urteil vom 7. Juli 2000 - [X.], 96, 97; [X.], 289, 292; [X.], Urteil vom 23. Januar 1997 - DtZ 1997, 295 f.; wohl a.A. OLG Brandenburg VersR 1999, 1110 und [X.], Die Haftung bei Ge-sundheitsschäden infolge medizinischer Betreuung in der [X.], 1997, [X.] ff.). Dafür, daß Hemmungs- und Unterbrechungsvorschriften des [X.] abge-sehen von im Streitfall nicht einschlägigen Sonderbestimmungen im [X.] aufrechterhalten werden sollten, sprechen weder der Wortlaut des [X.] noch Sinn und Zweck der Regelungen (vgl. [X.] 142, 172, 181 f.). Bei der Anwendung von Verjährungsvorschriften kommt dem Wortlaut des Gesetzes besondere Bedeutung zu. Da der Rechtsverkehr klare Verhält-nisse erfordert und die Vorschriften über die Verjährung, welche dazu dienen, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herbeizuführen, dementsprechend eine formale Regelung enthalten, ist es grundsätzlich geboten, sich bei der Anwen-dung solcher Vorschriften eng an deren Wortlaut zu halten ([X.] 156, 232, 243 f. m.w.[X.]). Die vorgenommene Auslegung steht auch in Einklang mit den Gesetzesmaterialien. Auch nach ihnen sollte das Recht der [X.] lediglich für den Beginn der Verjährung sowie für [X.] der Hemmung und Unterbrechung der Verjährung, soweit diese vor In-krafttreten des Gesetzes verwirklicht worden sind, anwendbar bleiben (siehe [X.]. 11/7817, [X.]). Entgegen der Auffassung der Revision verliert dadurch Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] seine Bedeutung nicht. Ohne diese Bestimmung könnte der vorstehende Satz 1 dahin verstanden werden, die Regelungen des [X.] über Beginn, Hemmung und Unterbrechung der Verjährung seien rückwirkend auf die [X.] vor dem 3. Oktober 1990 anzuwenden. [X.] ist insoweit der von der Revision vorgebrachte Art. 229 EG[X.]. Diese Vorschrift ist erst später und ohne sachliche Verknüpfung zu - 9 -

Art. 231 § 6 EG[X.] entstanden. Sie läßt daher keinen Rückschluß auf die Aus-legung des Art. 231 § 6 Abs. 1 EG[X.] zu. 4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen vermag der er-kennende Senat abschließend zu beurteilen, daß die Auffassung des [X.], der [X.] sei verjährt, nicht zutrifft. a) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht aller-dings zutreffend davon ausgegangen, daß für den geltend gemachten [X.] - unabhängig von seiner Einordnung als vertraglicher oder au-ßervertraglicher Anspruch - grundsätzlich die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 [X.] a.F. gilt. Die Dauer der Verjährungsfrist wird nach Art. 231 § 6 Abs. 2 Satz 1 EG[X.] ab dem 3. Oktober 1990 grundsätzlich nach den [X.] berechnet, wenn dieses eine kürzere Verjährungsfrist vorsieht als das Recht der ehemaligen [X.]. Nach § 474 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verjährten Schadensersatzansprüche aus Vertrag und außervertragliche Ansprüche in vier Jahren. An die Stelle dieser Frist ist ab der [X.] die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 [X.] a.F. getreten. Trotz der Unterschiede, die § 338 Abs. 3 [X.] im Vergleich zu § 847 Abs. 1 [X.] a.F. in Zweckbestimmung, Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen aufweist, erfaßt der in § 338 Abs. 3 [X.] gewährte [X.] Defizite in einer Breite, die hinter dem Anspruch aus § 847 Abs. 1 [X.] a.F. allenfalls in Randbereichen zurückbleibt (eingehend Senatsur-teil [X.] 123, 65, 69 ff. m.w.[X.]). Wegen dieser weitgehenden Übereinstim-mung ist es folgerichtig, auf den Ausgleichsanspruch die Verjährungsvorschrift des § 852 [X.] a.F. anzuwenden. Dies gilt gleichermaßen für einen aus einer vertraglichen Beziehung entsprungenen Ausgleichsanspruch wie für einen - 10 -

außervertraglichen Anspruch. Die Zielrichtung des Zivilgesetzbuchs ging dahin, Schadensersatzansprüche aus Verträgen und aus deliktischem Verhalten mög-lichst gleichen Regelungen zu unterwerfen und insoweit eine Anspruchskonkur-renz zu vermeiden (vgl. Senatsurteil [X.] 126, 87, 93 f. m.w.[X.]). Deshalb verweist § 93 [X.] auch für Schadensersatzansprüche aus Verträgen auf die Bestimmungen für außervertraglich verursachte Schäden (§§ 330 ff. [X.]) und ist auch die Verjährungsfrist für vertragliche und außervertragliche Ansprüche gleich (§ 474 Abs. 1 Nr. 3 [X.]). Folgerichtig wurden unter der Geltung des Zivilgesetzbuchs Ansprüche nach § 338 Abs. 3 [X.] verjäh-rungsrechtlich stets als außervertragliche Ansprüche angesehen (Kommentar zum Zivilgesetzbuch, 2. Aufl., 1985, [X.]. 2 zu § 475 ZGB). Dem entspricht es, auf sie nunmehr die dreijährige deliktsrechtliche Verjährungsfrist anzuwenden und nicht etwa die dreißigjährige des § 195 [X.] a.F. (vgl. [X.] 156, 232, 241 f.; [X.], 237, 239 f.). b) Nach Art. 231 § 6 Abs. 2 Satz 2 EG[X.] ist allerdings die längere Frist des Zivilgesetzbuchs der [X.] anzuwenden, wenn diese früher abläuft als die an sich kürzere Frist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Deshalb bedarf es einer vergleichenden Berechnung des Ablaufs beider Fristen, wobei - wie [X.] - für eine Hemmung oder Unterbrechung bis zum 2. Oktober 1990 das Recht der ehemaligen [X.] maßgebend ist, danach die [X.] ([X.]-[X.], [X.], Neubearbeitung 2003, Rdn. 74 zu Art. 231 § 6 EG[X.]). Ist die Verjährung nach einer der beiden [X.] eingetreten, so ist der Anspruch verjährt. c) Dies trifft im Streitfall jedoch nicht zu. aa) Eine Verjährung ist nicht nach den Vorschriften des Bürgerlichen Ge-setzbuchs eingetreten. - 11 -

(1) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß zwischen den [X.] im Sinne des § 852 Abs. 2 [X.] a.F. stattgefunden haben, welche nach § 205 [X.] a.F. zu einer Hemmung der Verjährung führten. Das für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliche "Verhandeln" ist weit zu verstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats genügt dafür jeder [X.] über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben daher schon dann, wenn der in Anspruch Genom-mene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf die Erörterung über die Berechtigung von [X.] ein (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 1167 und vom 8. Mai 2001
- VI ZR 208/00 - VersR 2001, 1255, 1256, jeweils m.w.[X.]). Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, die Parteien seien durch die Schreiben des [X.] vom 9. März und 1. Juni 1993 und die Antwortschreiben von Beklagtenseite vom 18. März 1993 und 18. Oktober 1993 im März 1993 in Verhandlungen über den Anspruch des [X.] eingetreten. Mit der Revision ist allerdings eine Hemmung bereits ab dem 9. März 1993 anzunehmen, weil die Verjährungshemmung auf den [X.]punkt der Geltendmachung der Ansprüche des Berechtigten zurückwirkt (vgl. Senats-urteile vom 11. November 1958 - [X.] - [X.], 34, 36; vom 13. Februar 1962 - [X.] - [X.], 615, 616; vom 7. März 1967 - [X.]/65 - VersR 1967, 502, 503; [X.], Urteil vom 28. März 1985 - [X.] - [X.], 642, 644). (2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts endete diese [X.] der Verjährung aber nicht vor dem Zugang des Schreibens des [X.] 12 -

[X.] der Beklagten vom 4. September 1995, welches dem Pro-zeßbevollmächtigten des [X.] am 7. September 1995 zuging. Die Verjährungshemmung nach § 205 [X.] a.F. dauert fort, bis eine [X.] die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 852 Abs. 2 [X.] a.F.) oder ein A[X.]ruch durch "[X.]" der Verhandlungen erfolgt. Wegen sei-ner Bedeutung für die Durchsetzbarkeit der geltend gemachten Ansprüche muß ein A[X.]ruch durch klares und eindeutiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1998 - [X.] - [X.], 1295). Im Streitfall hat das Berufungsgericht keine Tatsachen festgestellt, aus denen ein A[X.]ruch der Verhandlungen abzuleiten wäre. Die Revision wendet sich überdies zu Recht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die [X.] seien bereits vor dem Erinnerungsschreiben des [X.] vom 20. August 1995 "eingeschlafen", weil über einen [X.]raum von über 18 Mona-ten keine Reaktion auf das Schreiben des Haft[X.] der Beklagten "vom 14.2.1994fi erfolgt sei. Dabei ist das Berufungsgericht offensichtlich davon ausgegangen, das Schreiben des Haft[X.] vom 4. September 1995, welches oben rechts das Datum "14.02.1994" trug und der Prozeßbe-vollmächtigten des [X.] am 7. September 1995 zuging, sei bereits am 14. Februar 1994 abgesendet worden und dem Kläger alsbald danach [X.]. Geht man in Übereinstimmung mit dem vom Berufungsgericht in [X.] genommenen unstreitigen erstinstanzlichen Tatbestand und dem Vorbrin-gen der Parteien im Revisionsverfahren davon aus, daß dieses Schreiben dem Kläger erst am 7. September 1995 zuging, liegt kein A[X.]ruch der [X.] durch "[X.]" vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats tritt ein A[X.]ruch der Verhandlungen durch "[X.]" ein, wenn der Berech-- 13 -

tigte den [X.]punkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des [X.] spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungs-verhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (vgl. Senatsurteile [X.] 152, 298, 303; vom 7. Januar 1986 - [X.] - [X.], 490, 491 und vom 6. März 1990 - [X.] - [X.], 755, 756, jeweils m.w.[X.]). Anlaß zu einer weiteren Äußerung hat der Berechtigte jedoch nicht, wenn für die Regulierung des Scha-dens eine Verhandlungspause vereinbart wird. Dann ist es grundsätzlich Sache des Haft[X.], die Initiative wegen einer Wiederaufnahme der [X.] zu ergreifen, wenn er die Hemmung einer Verjährung der [X.] beenden will. Der den Verjährungsvorschriften innewohnende Sinn und Zweck, den Schuldner davor zu schützen, nicht mit unvorhersehbaren [X.] "überfallen" zu werden oder infolge [X.]ablaufs in Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten zu geraten, kommt bei dieser Sachlage nicht zum Tra-gen (vgl. Senatsurteil vom 7. Januar 1986 - [X.] - [X.], 490, 492). Eine solche Situation liegt auch vor, wenn der Haftpflichtversicherer - wie hier mit Schreiben vom 20. Dezember 1993 - mitteilt, man müsse zur weiteren Prüfung des erhobenen Anspruchs Einsicht in derzeit nicht zugängliche Archiv-unterlagen nehmen und werde unaufgefordert weiter Stellung nehmen. (3) Den [X.] der Revision halten auch nicht die Ausführungen des Be-rufungsgerichts stand, mit denen es eine Unterbrechung der [X.] hat. Insoweit ist es - entgegen den vorstehenden Ausführungen - davon ausgegangen, daß zum [X.]punkt des Schreibens des Haft[X.] vom 4. September 1995, dem als Anlage eine Kopie des Schreiben der [X.] [X.] vom 29. September 1989 beigefügt war, die [X.]sfrist bereits abgelaufen war, ohne die Schreiben in ihrem [X.] im Einzelnen zu würdigen. Dies wird den Umständen des [X.] nicht gerecht. - 14 -

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] genügt für ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis nach § 208 [X.] a.F. ein tat-sächliches Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewußtsein vom Bestehen der Forderung unzweideutig entnehmen läßt und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, daß sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird (st. [X.]; vgl. [X.] 142, 172, 182; [X.], Urteile vom 21. November 1996 - [X.] - [X.], 631, 632 und vom 27. Januar 1999 - [X.] - NJW 1999, 1101, 1103, jeweils m.w.[X.]). Der Schuldner muß dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings ein Anerkenntnis auch in einem schlüssigen Verhalten und sogar in einem bloßen Stillschweigen liegen kann (vgl. [X.], Urteile vom 27. Januar 1999 - [X.] - aaO und vom 8. Mai 2002 - [X.] - NJW-RR 2002, 1433, 1434, jeweils m.w.[X.]). Wie sein Verhalten zu verstehen ist, beurteilt sich maßgebend nach dem - objektiven - Empfängerhorizont des Gläubigers (vgl. [X.], Urteile vom 27. Januar 1999 - [X.] - aaO und vom 22. Juli 2004 - [X.], 1278, 1279, jeweils m.w.[X.]). Die rechtliche Würdigung, die der erkennende Senat selbst vorzunehmen hat, führt unter den gegebenen Umständen zu dem Ergebnis, daß hier die [X.] wegen eines der Beklagten zuzurechnenden Anerkenntnisses im [X.] des § 208 [X.] a.F. unterbrochen worden ist. Zu berücksichtigen ist, daß es sich um ein Schreiben des Haftpflichtver-sicherers der Beklagten handelte, nachdem diesem "der gesamte Vorgang" zur Bearbeitung übergeben worden war, der Kläger Schadensersatzansprüche gel-tend gemacht hatte und der Haftpflichtversicherer in eine Prüfung der Angele-genheit eingetreten war. Bei dieser Situation durfte ein objektiver Empfänger des Schreibens erwarten, daß ihm nach der erfolgten Einsicht in die Unterlagen - 15 -

das Ergebnis der Prüfung im Sinne einer inhaltlichen Stellungnahme des [X.]s mitgeteilt werde. Wenn dieser unter solchen Umständen in seinem Schreiben vom 4. September 1995 ohne weitere Ausführungen auf das Ergebnis der Prüfung der materiellen Verantwortlichkeit für den Schadensfall durch die [X.] der [X.] Bezug nahm und deren Schreiben in Kopie beifügte, in welchem es heißt: "Damit hat M. Anspruch auf Schadener-satz, der gemäß § 338 ZPO zu regeln ist", gab er aus der Sicht eines objektiven Empfängers dieses Schreibens zu erkennen, daß die Prüfung der schadens-rechtlichen Verantwortlichkeit und damit die Berechtigung des klägerischen An-spruchs dem Grunde nach mit Wirkung gegen die Beklagte entschieden sei. Darin liegt ein Anerkenntnis im Sinne des § 208 [X.] a.F.. Dieses ist der [X.] zuzurechnen, da verjährungsunterbrechende Erklärungen auch durch einen Bevollmächtigten des Schuldners abgegeben werden können (vgl. Se-natsurteile vom 17. März 1970 - [X.] - [X.], 549 und vom 12. Dezember 1978 - [X.] - VersR 1979, 284, 285; [X.], Urteil vom 28. September 1995 - [X.] - [X.], 113, 114). Der hier [X.] Haftpflichtversicherer ist von der Beklagten als ihr Haftpflichtversicherer be-nannt worden. Daher kommt es nicht darauf an, ob dieser möglicherweise ge-mäß § 3 Satz 2 des Gesetzes über die Errichtung der "[X.] [X.] in [X.] (vgl. [X.]. IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 45 [X.]. [X.]l. II 1990, 885, 991) nur im Auftrag der durch dieses Gesetz ge-gründeten Anstalt gehandelt hat. Er war in jedem Fall befugt, ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis mit Wirkung auch für die Beklagte abzugeben. (4) Somit begann die dreijährige Verjährungsfrist nach Zugang des [X.] am 7. September 1995 von neuem zu laufen (§ 217 [X.] a.F.). Als die Klage am 7. Oktober 1998 zugestellt wurde, war diese Frist noch nicht ab-gelaufen. Denn mit Eingang des klägerischen [X.] vom 31. März/30. Juni 1998 beim [X.] am 2. April/3. Juli 1998 ist eine Hem-- 16 -

mung der Verjährung nach § 203 [X.] a.F. eingetreten, welche bis zur Klage-zustellung fortdauerte. Der ordnungsgemäße und entscheidungsreife Prozeß-kostenhilfeantrag hemmte die Verjährung solange, bis über ihn entschieden war (vgl. [X.] 70, 235, 239; [X.], [X.], 3. Aufl., Rdn. 7 zu § 203 m.w.[X.]). Als das [X.] die Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 13. Oktober 1998 verweigerte, war die Klage bereits zugestellt worden. [X.]) Auch nach dem Recht der ehemaligen [X.] ist eine Verjährung nicht eingetreten. Nach Art. 231 § 6 Abs. 2 Satz 2 EG[X.] ist die längere vierjährige [X.]sfrist des § 474 Abs. 1 Nr. 3 [X.] anzuwenden, wenn diese früher abgelaufen ist als die kürzere Frist des § 852 Abs. 1 [X.] a. F.. Das [X.] enthält keine Feststellungen dazu, wann die Verjährungsfrist gemäß § 475 [X.] zu laufen begonnen hat. Aus ihm ergibt sich aber, daß die [X.] nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] von der Anzeige des Versicherungs-falls durch die Mutter des [X.] mit Schreiben vom 30. Juni 1987 bis zur Er-klärung der Versicherungseinrichtung über ihre Leistungspflicht gehemmt ge-wesen ist. Diese Erklärung ist dem Kläger erst am 7. September 1995 [X.]. Deshalb ist vor diesem [X.]punkt nach dem Recht der ehemaligen [X.] eine Verjährung nicht eingetreten. Zwar bestimmt Art. 231 § 6 Abs. 2 EG[X.] nicht ausdrücklich, ob bei der gebotenen Vergleichsberechnung im Fal-le einer nach früherem Recht eingetretenen und zum [X.]punkt des Beitritts noch fortdauernden Hemmung auch insoweit die Vorschriften des [X.] oder die des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden sollen. Der Zweck des Absatzes 2, einerseits den Gläubiger vor unerwarteter Verjährung zu schützen und andererseits eine unangemessene Verlängerung von [X.]sfristen zu vermeiden (vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2003, Rdn. 73 zu Art. 231 § 6 EG[X.]; [X.]. 11/7817 [X.]) spricht aber - 17 -

dafür, die vergleichsweise durchzuführende Prüfung der Verjährung jedenfalls dann nach § 477 Abs. 1 Nr. 6 [X.] vorzunehmen, wenn [X.] wie hier [X.] eine bereits begonnene Hemmung der Verjährung nach früherem Recht über den [X.]punkt des Beitritts hinaus fortdauerte. Demgemäß wurde die bei einer [X.] nach dem Recht der ehemaligen [X.] eingetretene [X.] erst mit dem Zugang des Anerkenntnisses am 7. September 1995 been-det. Danach wurde die Verjährung sowohl nach § 476 Abs. 1 Nr. 1 [X.] als auch nach § 208 [X.] a.F. unterbrochen mit der Folge, daß die [X.]sfrist erneut zu laufen begann (§ 476 Abs. 2 [X.], § 217 [X.] a.F.) und - wie bereits ausgeführt - sowohl die kürzere Verjährungsfrist des § 852 [X.] a.F. als auch die vierjährige Verjährungsfrist des § 474 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bis zur Zustellung der Klage am 7. Oktober 1998 noch nicht abgelaufen waren. Auf die im Schrifttum angesprochene Frage, ob Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] bei Handlungen, die zur Hemmung oder Unterbrechung einer Verjährung nach dem 3. Oktober 1990 führen, auf die zu vergleichenden Frist-läufe in gleicher Weise anzuwenden sind, kommt es demnach nicht an (vgl. [X.]/[X.], aaO, Rdn. 74 zu Art. 231 § 6 EG[X.]). - 18 -

II[X.] Nach alledem ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die materielle Berechti-gung des Anspruchs prüfen kann. [X.] Wellner [X.]

[X.] Zoll

Meta

VI ZR 101/04

01.03.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2005, Az. VI ZR 101/04 (REWIS RS 2005, 4748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4748

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