Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2006, Az. III ZR 164/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4854

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[X.] IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am: 23. [X.]ebruar 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 839 A, [X.]; [X.] ([X.]: 8. Dezember 1998) §§ 42, 43; [X.] - Allgemeines (öffentlich-rechtliche Verpflichtungen) Der Träger des [X.], dessen Mitarbeiter ein Kind auf der Grundlage der §§ 42, 43 [X.] vorläufig in einer Pflegefamilie unterbringen, haftet nicht für ein Verschulden der Pflegeeltern während der Betreuungszeit, durch das das Kind einen (gesundheitlichen) Schaden erleidet. [X.], Urteil vom 23. [X.]ebruar 2006 - [X.]/05 - [X.]

LG Tübingen - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. [X.]ebruar 2006 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2005 wird [X.]. Von den Kosten des Revisionsrechtszuges haben die Klägerin zu 1 4/5 und die Klägerin zu 2 1/5 zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die klagende Krankenkasse und die klagende Pflegekasse nehmen aus übergegangenem Recht eines bei ihnen versicherten, am 30. November 2000 geborenen Kindes den beklagten [X.] als Träger des [X.] wegen erbrachter Sozialleistungen auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Bei einem unangemeldeten Hausbesuch am 11. Januar 2001 fanden Mitarbeiter des [X.] den Säugling, in einer schmutzigen Decke eingewi-ckelt, in [X.] und zweier Kampfhunde in einer Woh-nung. Die drogenabhängige und wohnsitzlose Mutter war nicht anwesend. Auf 2 - 3 - Veranlassung des [X.] wurde das Kind am selben Tag in einer "Not-aufnahmefamilie", die seit 1999 in eine Liste für Pflegeeltern aufgenommen und bereits als Pflegefamilie eingesetzt gewesen war, untergebracht. Die [X.], Kinderkrankenschwester und Mutter von drei Kindern, war auf die Ver-sorgung eines Säuglings eingestellt. Die leibliche Mutter unterschrieb am 12. Januar 2001 einen [X.]ormularantrag des [X.] auf Gewährung von Leistungen nach dem Kinder- und [X.]. Eine Mitarbeiterin des [X.] besuchte das Kind bei den Pflegeeltern; ein weiter [X.] Besuch gemeinsam mit der Mutter wurde von dieser verschoben. Am 22. Januar 2001 wurde das Kind mit schwersten Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Es ist seither zu 100 v.H. schwerbehindert. Nach der Darstellung der Pflegemutter war das Kind durch unglückliche Umstände von der Wickelauflage gefallen und dabei mit dem Kopf an ein Waschbecken angeschlagen. Die [X.], die sich zunächst auf diese Angaben bezogen haben, bezweifeln jedoch angesichts der eingetretenen Verletzungen des [X.] diesen Geschensablauf. 3 Die auf Zahlung von insgesamt 50.842,46 • nebst Zinsen und auf [X.]est-stellung der weiteren Ersatzpflicht gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die [X.] ihr Begehren weiter. 4 - 4 - Entscheidungsgründe Die Revision ist nicht begründet. Mit Recht hat das Berufungsgericht, dessen Urteil in NJW 2005, 3579 veröffentlicht ist, auf die [X.] nach § 116 Abs. 1 SGB X übergegangene Ansprüche des verletzten Kindes verneint. 5 1. Der Beklagte haftet nicht nach § 839 [X.] i.V. mit Art. 34 GG, weil die Mitarbeiter des [X.] keine Amtspflichten verletzt haben. 6 a) Grundlage für die Herausnahme des Kindes aus der Wohngemein-schaft, in der seine wohnsitzlose Mutter es hinterlassen hatte, war § 43 Abs. 1 [X.] in der [X.]assung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 ([X.] [X.]). Die Voraussetzungen für eine Herausnahme des Kindes lagen nach dieser Vorschrift vor. Aufgrund der Auffindesituation des Säuglings, der ver-schmutzt war und sich in der Gesellschaft insbesondere von zwei Kampfhunden befand, bestand die begründete Besorgnis, dass das Kind bei [X.] geschädigt werde. Nach der Situation, wie sie sich für die Mitarbeiter des [X.] darstellte, war nicht zu erwarten, dass die drogenabhängige Mutter, die ihr Kind nur selten betreute und telefonische Anweisungen zur Versorgung gab, bereit oder in der Lage war, Gefahren für das Kind abzuwenden. Da [X.] im Verzug war, durften die Mitarbeiter des [X.] nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] das Kind von dort entfernen und bei einer geeigneten Person, in einer Einrichtung oder in einer sonstigen betreuten Wohnform vorläufig un-terbringen. Das wird auch von der Revision nicht beanstandet. 7 b) Die vorläufige Unterbringung, die einer Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 [X.] (gleichfalls in der [X.]assung der Bekanntmachung vom 8. [X.], [X.] [X.]) entspricht und ähnliche Pflichten für das [X.] - 5 - gendamt begründet, wurde hier bei einer "geeigneten Person" vorgenommen. Die Pflegeeltern waren erfahren und auf die Versorgung eines Säuglings einge-stellt, die Pflegemutter hatte selbst kleine Kinder und war von Beruf Kinderkran-kenschwester. Das Jugendamt, das die [X.]amilie bereits früher als Pflegefamilie eingesetzt hatte, durfte daher dieser [X.]amilie den Säugling anvertrauen. Auch die [X.] haben dem Beklagten nicht vorgeworfen, die Mitarbeiter des [X.] hätten eine falsche Auswahlentscheidung getroffen. c) Die Mitarbeiter des [X.] haben auch keine sonstigen Pflichten verletzt, die ihnen im Rahmen einer Inobhutnahme nach §§ 42, 43 [X.] oblagen. Die sorgeberechtigte Mutter wurde von der vorläufigen Unterbringung unverzüglich verständigt (§ 43 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Sie unterzeichnete am [X.]olgetag einen [X.]ormularantrag des [X.] auf Gewährung von Leistun-gen nach dem Kinder- und [X.]. Zu Recht hat das Berufungsge-richt diesem Antrag entnommen, dass die Mutter der Aufnahme des Kindes in eine Notaufnahmefamilie zugestimmt hat. Deswegen war die unverzügliche Herbeiführung einer Entscheidung des [X.]amiliengerichts (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.]) entbehrlich. [X.], das Berufungsgericht habe den Beweisantritt übergangen, wonach die Mutter des verletzten Kindes zur Abgabe der Zustimmungserklärung genötigt worden sei, ist nicht begründet. [X.] hatten die [X.] insoweit unter Beweis gestellt, man habe die Mutter mit einem Gerichtsverfahren bedroht, mit dem man ihr die Sorge entziehen [X.] würde, wenn sie den Antrag nicht unterschreibe. Die [X.] haben diese Information durch die Mutter mit der Bemerkung versehen, es sei wohl gemeint gewesen - was bei dem gegebenen [X.]all nicht beanstandet werde -, dass man die Mutter darauf aufmerksam gemacht habe, man werde die elterli-che Sorge gemäß § 1666 [X.] gerichtlich regeln lassen, wenn sie nicht zu-stimme. Dieser Vortrag gab in der Tat keinen Anlass, der [X.]rage näher [X.] - 6 - gehen, ob in diesem Hinweis auf die Gesetzeslage eine unredliche Einwirkung im Sinne einer Nötigung gelegen hat. Der in der mündlichen Verhandlung zwei-ter Instanz gestellte Beweisantrag ist zwar durch die Verwendung des Wortes "genötigt" in einer Weise formuliert worden, die ein [X.]ehlverhalten der Mitarbeiter des [X.] belegen soll. Aufgrund der im Hinblick auf § 531 ZPO abgege-benen klarstellenden Erklärung der [X.], der Beweisantritt entspreche demjenigen erster Instanz, durfte das Berufungsgericht auch ohne Beweiserhe-bung von einer wirksamen Zustimmung der Mutter ausgehen, die es durch wei-tere Indizien als bekräftigt angesehen hat. Es ist auch nicht als relevante Amtspflichtverletzung anzusehen, dass das Antragsblatt für die Gewährung von Leistungen nach dem Kinder- und Ju-gendhilfegesetz nach der Unterzeichung durch die Kindesmutter nachträglich verändert worden ist. Zunächst war als Hilfeart "§ 42 [X.]" eingetragen. Die Angabe "§ 42" sowie die danach [X.] Angabe "§ 34" wurde später durchgestrichen, so dass das [X.]ormular jetzt noch die Eintragung "§ 33 [X.]" enthält. Die ursprüngliche Eintragung beruhte ersichtlich auf der von den Mitarbeitern des [X.] eingeleiteten Maßnahme. Der Hinweis auf § 33 (Vollzeitpflege) und § 34 (Heimerziehung, sonstige betreute [X.]) betraf Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung, auf die ein Personensorgebe-rechtigter nach Maßgabe der §§ 27 ff [X.] Anspruch hat und die die Mutter des Kindes mit dem in Rede stehenden [X.]ormular beantragte. [X.] erging am 31. Januar 2001 (zunächst) ein Hilfebescheid in [X.]orm von Pflegegeld für [X.] vom 11. Januar 2001 bis 29. Januar 2001. Die nachträglichen Änderungen der Eintragungen im [X.]ormularantrag sind daher ohne Auswirkungen geblieben. Sie stehen auch mit dem hier zu beurteilenden Geschehen ersichtlich in keinem Zusammenhang. 10 - 7 - 2. Die Revision ist unter Bezugnahme auf das [X.]surteil [X.] 121, 161 der Auffassung, der Beklagte müsse nach Amtshaftungsgrundsätzen für ein [X.]ehlverhalten der Pflegemutter, unter deren Händen das Kind verletzt worden sei, einstehen. Denn die Pflegemutter habe die [X.] in Ausübung der ihr hierzu anvertrauten hoheitlichen Aufgaben durchgeführt und sei während der Dauer der Pflege im haftungsrechtlichen Sinn Beamter gewesen. Dem folgt der [X.] nicht. 11 a) Dass das Jugendamt selbst hoheitlich tätig geworden ist, steht außer [X.]rage. Das gilt sowohl für den Bereich, in dem das Jugendamt nach §§ 27 ff [X.] Hilfen zur Erziehung gewährt, als auch für die Ergreifung vorläufiger Maßnahmen zum Schutz von Kindern oder Jugendlichen nach §§ 42, 43 [X.]. Allerdings handelt es sich bei der Hilfe zur Erziehung um Leistungen der Jugendhilfe im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 4 [X.], während die [X.] nach § 42 und die Herausnahme nach § 43 zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe im Sinn des § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.] gehören. Das ist auch unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe vom 8. September 2005 ([X.] [X.]) unangetastet geblieben, das die bisherigen Regelungen der §§ 42, 43 [X.] in dem neuen § 42 [X.] zusammengefasst hat. Ungeachtet des Umstands, dass auch während einer Inobhutnahme [X.]ragen der sozialrechtli-chen Leistungsgewährung sowie der sozialpädagogischen Beratung und Betreuung des Kindes eine wesentliche Rolle spielen (vgl. Gesetzentwurf der [X.]esregierung zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts, BT-Drucks. 11/5948 S. 79 zum späteren § 42 [X.] = § 41 des Entwurfs), geht es im [X.] um eine auf dem staatlichen Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) beruhende Intervention, die die Rechte der betroffenen Kinder und Sorgebe-rechtigten berührt und insoweit als "Eingriffsverwaltung" anzusehen ist (vgl. 12 - 8 - Strick, in: [X.], 4. Aufl. 2002, § 42 [X.] Rn. 1). Die Überle-gungen der Revisionserwiderung, das Jugendamt habe lediglich - im Vorgriff auf eine Leistungsgewährung nach § 33 [X.] - von privatrechtlichen Befug-nissen (§ 679 [X.]) Gebrauch gemacht, wird der Sachlage daher nicht gerecht. Nach § 42 Abs. 1 Satz 4 [X.], der nach § 43 Abs. 2 [X.] entsprechend gilt, übt das Jugendamt während der Inobhutnahme das Recht der Beaufsichti-gung, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung aus. Nach Satz 5 dieser Vorschrift hat es für das Wohl des Kindes zu sorgen, es in seiner gegenwärtigen Lage zu beraten und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Auch nach § 42 Abs. 2 Satz 4 [X.] in der jetzt geltenden [X.]assung vom 8. September 2005 ist das Jugendamt während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechts-handlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen not-wendig sind. b) Mit Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die Inob-hutnahme zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht beendet war. § 42 [X.] in der hier maßgebenden [X.]assung vom 8. Dezember 1998 enthält zwar keine Be-stimmung über die Beendigung der Inobhutnahme, so dass man überlegen könnte, ob sie nicht mit der Unterrichtung des Personensorgeberechtigten kurz-zeitig beendet wird, wenn er der Maßnahme zustimmt (in diesem Sinn [X.]/ [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Kinder- und Jugendhilferecht, 3. Aufl. [13. Lfg. 2/1998], § 42 Rn. 10). Damit würde jedoch übersehen, dass die in §§ 42, 43 [X.] umschriebene Krisenintervention letztlich darauf abzielt, im Zusammenwirken mit den Erziehungsberechtigten die Möglichkeiten einer [X.] Hilfe und Unterstützung zu erarbeiten (vgl. [X.] u.a., [X.]rankfurter Kommentar zum [X.], 4. Aufl. 2003, § 42 Rn. 8). Während dieser [X.] die Pflicht des [X.], den notwendigen Unterhalt des Kindes und die Krankenhilfe sicherzustellen, sowie die Befugnisse zur Beaufsichtigung, Erzie-13 - 9 - Verwaltungshelfer ([X.]surteile [X.] 161, 6, 10 f und vom 2. [X.]ebruar 2006 hung und Aufenthaltsbestimmung (§ 42 Abs. 1 Satz 2, 4 [X.]) weiterhin ihre Berechtigung (vgl. auch BVerwG NVwZ-RR 2005, 119). Dem entspricht auch die Neuregelung in § 42 Abs. 4 [X.], nach der die Inobhutnahme mit der Übergabe des Kindes an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder mit der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem [X.] endet. c) [X.]ür den [X.] daher hier grundsätzlich betroffenen - Bereich der Eingriffs-verwaltung hat der [X.] entschieden, die öffentliche Hand könne sich der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten ihrer Bediensteten grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass sie die Durchführung einer von ihr angeordneten Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer ü-bertrage ([X.] 121, 161, 165 f). In dem angeführten [X.]all hatte die Polizei zur Bergung eines verunfallten Kraftfahrzeugs einen Abschleppunternehmer herangezogen; während der Bergung kam es durch unachtsames Verhalten eines Bediensteten des [X.] zu einem weiteren Unfall. In anderen [X.]allgestaltungen hat der [X.] eine Haftung nach Amtshaftungsgrundsätzen oder Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht gezogen, wenn die öffentliche Hand auf die Durchführung der Arbeiten in einem Maße Einfluss genommen hat, dass sie die Arbeiten des Unternehmers wie eigene gegen sich gelten lassen und es so angesehen werden müsse, wie wenn der Unternehmer lediglich als Werkzeug der öffentlichen Behörde bei der Durchführung ihrer hoheitlichen Aufgaben tätig geworden wäre (vgl. [X.]surteile vom 18. Mai 1967 - [X.] - VersR 1967, 859, 861; [X.] 48, 98, 103 f; vom 14. Juni 1971 - [X.] - NJW 1971, 2220, 2221; vom 7. [X.]ebruar 1980 - [X.] - NJW 1980, 1679). Anwendungsbeispiele einer Amtshaftung für Private betreffen schließlich die [X.]älle, in denen ein beliehener Unternehmer ([X.] 49, 108, 111 ff) oder ein 14 - 10 - 2. [X.]ebruar 2006 - [X.] - zur [X.] vorgesehen) tätig [X.] ist. d) Die Rolle der Pflegemutter - auch im [X.]all der [X.] als [X.]olge einer Inobhutnahme nach §§ 42, 43 [X.] - lässt sich mit keiner der vorerwähnten [X.]allgestaltungen vergleichen. Die hier ausgeübten Eingriffsbefug-nisse stehen nur dem Jugendamt selbst zu. Der Pflegefamilie sind weder ho-heitliche Befugnisse verliehen noch wird sie als Verwaltungshelfer in ein [X.] eingeschaltet. Sie unterstützt das Jugendamt zwar in seiner Aufgabe, für Wohnung und Betreuung des Kindes Sorge zu tragen, was Teil dessen hoheitlicher Aufgabe ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass man die Pfle-geeltern als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn ansehen müsste. Ihre auf die Betreuung und Versorgung des Kindes ausgerichtete Tätigkeit unterscheidet sich von der Tätigkeit, die sonst von den leiblichen Eltern wahrgenommen wird, nicht. Es besteht auch, was den hier in Rede stehenden Zusammenhang der Betreuung angeht, im Tatsächlichen kein ins Gewicht fallender Unterschied zur Situation in einer Dauerpflege nach § 33 [X.]. Zwar kommt einer [X.], die ein Kind lediglich während einer kurzen Übergangszeit der [X.] zu betreuen hat, verfassungsrechtlich nicht derselbe anerkannte Rang zu wie einer Pflegefamilie, die wegen der insbesondere bei einem länger andauernden Pflegeverhältnis gewachsenen Bindungen unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 1, 3 GG steht (vgl. zu einem [X.]all der Dauerpflege nach § 33 [X.] [X.]surteil vom 21. Oktober 2004 - [X.]/03 - NJW 2005, 68, 71). Ungeachtet dessen nimmt auch die in der [X.] [X.] Pflegefamilie ihre Tätigkeit ohne besondere Weisungen des [X.] wahr. Soweit es um die normale Betreuung und das Leben des Kindes in der Pflegefamilie geht, handelt es sich um einen Bereich, der zwar weiterhin der Aufsicht des [X.] unterliegt, der aber prinzipiell in die Verantwortung 15 - 11 - der Pflegeeltern gegeben ist. Es besteht nach Auffassung des [X.]s kein hin-reichender Grund, den amtshaftungsrechtlichen Schutz bei einer Inobhutnahme auf allgemeine Lebensbereiche des Kindes auszudehnen, die mit der Vollzie-hung der [X.] in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Das Jugendamt könnte auch als Amtsvormund, soweit es seinen [X.] ausreichend nachkommt, nicht nach § 1833 [X.] oder nach Amtshaftungsgrundsätzen für ein [X.]ehlverhalten von zulässigerweise eingesetz-ten Pflegepersonen verantwortlich gemacht werden, wie es hier in Rede steht (vgl. Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl. 2000, § 1833 Rn. 5; [X.]/ [X.], [X.], Neubearbeitung 2004, § 1833 Rn. 40; teilweise abweichend für den Vormund - differenzierend nach Geschäften, die der Vormund selbst vor-nehmen könnte - [X.], in: [X.], 4. Aufl. 2002, § 1833 Rn. 9; [X.]/Coester-Waltjen, Lehrbuch des [X.]amilienrechts, 4. Aufl. 1994, § 71 V 3; [X.], 185 f). Ob anderes zu gelten hat, wenn ein Kind in eine von der öffentlichen Hand getragene Einrichtung in Obhut genommen wird, ist hier nicht zu entscheiden. 3. Der Beklagte ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines verwaltungs-rechtlichen Schuldverhältnisses unter sinngemäßer Zurechnung eines [X.] der Pflegemutter nach § 278 [X.] zum Schadensersatz verpflichtet. 16 a) Die sinngemäße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Aus-druck allgemeiner Rechtsgedanken auch auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse entspricht gefestigter Rechtsprechung des [X.], wenn ein [X.] enges Verhältnis des Einzelnen zum Staat oder zur Verwaltung be-gründet worden ist und mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein Be-dürfnis für eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des öf-fentlichen Rechts vorliegt ([X.]surteil [X.] 21, 214, 218 ff). Nach diesen 17 - 12 - Maßstäben hat der [X.] wegen [X.] von Bediensteten des [X.] gegenüber Strafgefangenen lediglich Amtshaftungsansprüche für mög-lich gehalten und entschieden, dass die nur als Nebenpflicht bestehende [X.]ür-sorgepflicht des Staates keinen Anlass bietet, ein öffentlich-rechtliches Schuld-verhältnis zum Strafgefangenen anzunehmen ([X.] 21, 214, 220). Vertrags-ähnliche Beziehungen, die die Anwendung des vertraglichen Schuldrechts er-lauben, hat der [X.] hingegen im Verhältnis eines Anschluss-nehmers zur Gemeinde hinsichtlich des Betriebs einer gemeindlichen [X.] ([X.], [X.] 54, 299, 303), beim Betrieb der [X.] als öffentliche Einrichtung ([X.] 59, 303, 305), für ein anstaltliches [X.] zwischen dem Benutzer und dem hoheitlichen Träger eines kommunalen Schlachthofs ([X.], [X.] 61, 7, 11; Urteil vom 20. Juni 1974 - [X.] - NJW 1974, 1816) und für das Rechtsverhältnis zwischen dem [X.] und dem Träger der Beschäftigungsstelle angenommen, das mit der [X.] einer privatrechtlich organisierten Beschäftigungsstelle des [X.] nach § 4 [X.] begründet wird ([X.]surteil [X.] 135, 341, 344 ff). b) An diesen Maßstäben gemessen ist ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis mit dem von der Revision beanspruchten Inhalt nicht anzuer-kennen. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass zwischen dem [X.] und dem Kind ein [X.]ürsorgeverhältnis besteht und dass die hieraus folgenden Pflichten nicht als bloße Nebenpflichten angesehen werden können, wie es der erkennende [X.] in seiner Entscheidung [X.] 21, 214 im [X.] zum Strafgefangenen angenommen hat. Denn § 42 Abs. 1 Satz 5 [X.] (vgl. jetzt § 42 Abs. 2 Satz 3 [X.] n.[X.].) weist dem Jugendamt die Pflicht zu, für das Wohl des Kindes zu sorgen. Hieraus folgt indessen nicht, dass das [X.] uneingeschränkt für ein Verhalten der Pflegeeltern, die das Kind in ihre Verantwortung übernommen haben, einzustehen hätte. [X.] 18 - 13 - wird das Kind damit, wie die Revisionserwiderung zutreffend hervorhebt, nicht schlechter als jedes andere Kind gestellt. Ein Bedürfnis, ein Kind während der Dauer der Inobhutnahme so weitgehend durch Amtshaftungsansprüche zu schützen - die Gewährleistung der Krankenhilfe ist dem Jugendamt nach § 42 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. jetzt § 42 Abs. 2 Satz 3 [X.] n.[X.].) aufgege-ben -, ist nicht anzuerkennen. 4. [X.], dem beklagten [X.] sei vorzuwerfen, dass er keine Haftpflichtversicherung zugunsten des Kindes abgeschlossen oder nicht darauf hingewirkt habe, dass die beauftragte [X.]rin einen solchen Versicherungsvertrag abschließe, geht ins Leere. Abgesehen davon, dass die [X.] mit neuem Vorbringen in der Revisionsinstanz ausge-schlossen wären, ergibt sich aus dem von ihnen vorgelegten Schreiben der 19 - 14 - W. a.G. vom 8. Juli 2003, dass für die persönliche gesetzliche Haftpflicht der Pflegeeltern Deckungsschutz besteht. [X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.02.2005 - 7 [X.]/03 - [X.], Entscheidung vom 20.07.2005 - 4 U 81/05 -

Meta

III ZR 164/05

23.02.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2006, Az. III ZR 164/05 (REWIS RS 2006, 4854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4854

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