Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2017, Az. 4 StR 66/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 286

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:201217B4STR66.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 66/17

vom
20. Dezember
2017
in der Strafsache
gegen

wegen Betrugs u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20.
Dezember
2017
gemäß §
154 Abs.
2, §
349 Abs.
2 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1.
Juli 2016 wird
a)
das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen
III.
17, 19, 21, 23, 27, 29, 31
bis 37 und 44 der
Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b)
das vorgenannte Urteil im Schuldspruch klarstellend wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte ist der Urkundenfälschung in 16
Fällen, des Betrugs in 29
Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, des ver-suchten Betrugs in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, der Beihilfe zum Betrug, der Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen und des [X.] in sechs Fällen schuldig.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat dsechzehn Fällen, Betruges in dreiundvierzig Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb, wegen Beihilfe zum Betrug in vier Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch des Betruges blieb, wegen Subventionsbetruges in sechs Fällen sowie wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fäl-t-freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt und deren Vollstre-ckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt in dem aus der Beschluss-formel ersichtlichen Umfang zur Einstellung des Verfahrens; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Auf Antrag des [X.] hat der [X.] das Verfahren aus verfahrensökonomischen Gründen gemäß §
154 Abs.
2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen
III.
17, 19, 21, 23, 27, 31 bis 37 und 44
der Urteilsgründe wegen Betrugs und im Fall
III.
29 wegen Beihilfe zum Betrug ver-urteilt worden ist.
a)
In den Fällen
III.
17, 19, 21, 23, 27, 31 bis 37 der Urteilsgründe sind durch die vom [X.] hierzu getroffenen

äußerst knappen

Feststellun-gen die Voraussetzungen eines Betrugs zum Nachteil der jeweiligen gesetz-lichen Krankenkasse zumal mit Blick auf die Besonderheiten des kassenärzt-lichen Versorgungs-
und Abrechnungssystems (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 29.
März 2012

GSSt
2/11, [X.]St 57, 202; vom 16.
August 2016

4
StR 1
2
3
-
4
-
163/16, NJW 2016, 3253; [X.], [X.], 174; zur sozialgericht-lichen Rechtsprechung [X.] 105, 157) nicht ausreichend dargetan.
b)
Im Fall
III.
29 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen die [X.] des Angeklagten wegen Beihilfe zu einem vollendeten Betrug schon [X.] nicht, weil den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, dass dem hierzu nicht anspruchsberechtigten Zeugen S.

das mit Unterstützung des
An-
geklagten beantragte Insolvenzgeld tatsächlich ausgezahlt wurde.
c)
Im Fall
III.
44 der Urteilsgründe begegnet der Strafausspruch recht-lichen Bedenken. Das [X.] hat die Strafe dem Strafrahmen des §
263 Abs.
3 StGB entnommen. Die Feststellungen rechtfertigen jedoch weder die Annahme gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten gemäß §
263 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 StGB noch diejenige des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes im Sinne des §
263 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 StGB.
aa)
Ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten ist mit Blick darauf, dass die Nutzung des von ihm in seiner Eigenschaft als faktischer Geschäfts-führer der V.

GmbH von der M.

GmbH geleasten Fahr-
zeugs

allein durch den Scheingeschäftsführer der
V.

GmbH erfolgen und damit diesem der erstrebte Vermögensvorteil zufallen
sollte (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Februar 2014

4
StR
584/13, StraFo 2014, 215 mwN), nach den bisherigen Feststellungen nicht dargetan.
bb)
Die
Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe einen [X.] großen Ausmaßes herbeigeführt, wird von den Feststellungen ebenfalls nicht getragen. Es bleibt bereits unklar, auf welcher Grundlage die Strafkammer die Schadensbemessung vorgenommen hat. Weder der mit 4
5
6
7
-
5
-
78.935
Euro festgestellte Wert des Leasingfahrzeugs noch die einen Betrag von 55.250,40
Euro ergebende Summe aller Leasingraten im [X.] bil-det den [X.] bei der getäuschten M.

GmbH
zum Verfügungszeitpunkt ab.
Die Summe sämtlicher innerhalb der Leasinglaufzeit fällig werdenden Raten von 55.250,40
Euro kann für den Wert des [X.]es schon deshalb nicht herangezogen werden, weil in ihr der mit dem [X.] zu erzielende Gewinn der Leasinggeberin enthalten ist. Ein ausbleiben-der Gewinn fließt zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten ab, sondern lediglich seinem Vermögen nicht zu.
Wegen des der Leasinggeberin verbleibenden Eigentums am Fahrzeug umfasst der [X.] bei ihr zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung auch nicht den gesamten, mit 78.935
Euro festgestellten Wert des an die V.

GmbH überlassenen Leasingfahrzeugs. Das verbleibende Eigentum am Lea-singfahrzeug darf bei der Berechnung des Vermögensschadens (vgl. [X.],
Urteile vom 2.
Februar 2016

1
StR
437/15, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermö-gensschaden
86; vom 24.
März 2016

2
StR
344/14, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermögensschaden
92; vom 21.
April 2016

1
StR
456/15,
[X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermögensschaden
89) nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Leasingnehmer von Anfang an beabsichtigt, der Leasinggeberin das Fahrzeug gänzlich zu entziehen und das Eigentum dadurch aus ihrem Vermögen [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 6.
September 2006

5
StR
156/06, [X.], 18, 21; Beschluss vom 18.
Oktober 2011

4
StR
346/11, [X.], 276). Dies ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
8
9
-
6
-
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass bei zutreffender Schadens-bemessung die für die Anwendbarkeit des §
263 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 StGB maßgebliche Wertgrenze von 50.000
Euro (vgl. [X.], Urteile vom 7.
Oktober 2003

1
StR
274/03, [X.]St 48, 360, 361
ff.; vom 20.
Dezember 2012

4
StR 55/12
Rn.
52; [X.], 12.
Aufl., §
263 Rn.
298a) nicht erreicht worden wäre.
2.
Im verbleibenden Umfang erweist sich das Rechtsmittel des Angeklag-ten als unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO. Ergänzend zu den Aus-führungen des [X.] in seiner Antragsschrift bemerkt der

[X.]:
a)
Die Feststellungen tragen in den Fällen
III.
38 bis 43 der Urteilsgründe jeweils die Verurteilung wegen [X.].
In sämtlichen Fällen verschleierte der Angeklagte gegenüber den für die Bewilligung der Subventionen zuständigen Behörden, dass es sich bei den för-derfähigen Maßnahmen (Arbeitsverhältnisse und Existenzgründungsseminare) lediglich um [X.] im Sinne von §
4 Abs.
1 [X.], §
117 Abs.
1 BGB handelte. Hierdurch machte er unrichtige Angaben über subventions-erhebliche Tatsachen im Sinne des §
264 Abs.
8 Nr.
2 StGB.
Da die ohne marktmäßige Gegenleistung gewährten [X.] Leistungen im Fall
III.
38 der Urteilsgründe ausschließlich, in den übrigen Fällen anteilig aus öffentlichen Mitteln des [X.] stammten (§
264 Abs.
7 Nr.
1 StGB), ergibt sich die Subventionserheblichkeit der die [X.] verschleiernden Angaben im Sinne des §
264 Abs.
8 Nr.
2 StGB aus §
4 Abs.
1 [X.]. Diese Vorschrift verbietet die Subventionierung von [X.]n 10
11
12
13
14
-
7
-
zwingend mit der Folge, dass die Bewilligung und Gewährung der Subvention vom Nichtvorliegen eines bloßen Scheingeschäfts gesetzlich abhängig ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 28.
Mai 2014

3
StR
206/13, [X.]St 59, 244, 249
f.; vom 11.
Oktober 2017

4
StR
572/16, Rn.
6). Der [X.] kann daher

auch für den Schuldumfang

weiterhin offen lassen, ob sich die Subventionserheblich-keit des Nichtbestehens eines Scheingeschäfts für die in den Fällen
III.
39 bis
43 der Urteilsgründe anteilig aus Mitteln des [X.] ge-währten Zuwendungen auch aus [X.] Recht begründen ließe (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2017

4
StR
572/16, Rn.
8
f.).
b)
Im Fall
III.
70 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte wegen ver-suchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt worden ist, hält der Strafausspruch im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.
Zwar hat das [X.] rechtsfehlerhaft die Strafe dem

gemäß § 23 Abs.
2, §
49 Abs.
1 StGB gemilderten

Strafrahmen des §
263 Abs.
3 StGB entgroßen Ausmaßes und damit auf die Verwirklichung eines Regelbeispiels im Sinne des §
263 Abs.
3 Nr.

nach dieser Vorschrift wird indes nach ständiger Rechtsprechung nur dann [X.], wenn der Täter den Vermögensverlust herbeiführt, dieser also tatsäch-lich eingetreten ist ([X.], Urteil vom 7.
Oktober 2003

1
StR
212/03, [X.]St 48, 354, 359; Beschlüsse vom 17.
November 2006

2
StR
388/06, [X.]R StGB §
263 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 Vermögensverlust
6; vom 9.
Januar 2007

4
StR
428/06, [X.], 183, 184; vom 24.
März 2009

3
StR
598/08, [X.], 206, 207; [X.], aaO, §
263 Rn.
298; [X.], StGB, 65.
Aufl., §
263 Rn.
215).
15
16
-
8
-
Auf diesem Rechtsfehler beruht die Bemessung der Strafe in diesem Fall aber nicht, weil die Feststellungen hinreichend ergeben, dass der Angeklagte gewerbsmäßig im Sinne des §
263 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 StGB handelte. [X.] handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur
vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will ([X.], Beschluss vom 23.
Juli 2015

3
StR
518/14, [X.], 341, 343; LK-StGB/[X.], aaO, vor §
52 Rn.
80). Nach den Feststellungen beruhte das Vorgehen des Angeklagten im Fall
III.
70 der Urteilsgründe auf sei-Verkauf billig erworbener Immobilien zu überhöhten, bankenfinanzierten Prei-sen an fiktive Personen eine Geldquelle zu erschließen und den Gewinn unter

f.).
Der [X.] schließt aus, dass das [X.] der Strafzumessung einen anderen Strafrahmen zugrunde gelegt oder auf eine mildere Einzelstrafe er-kannt hätte, wenn es anstatt auf den Versuch des Angeklagten, einen [X.] großen Ausmaßes herbeizuführen, auf sein gewerbsmäßiges Han-deln abgestellt hätte, zumal in diesem Fall die beträchtliche Höhe des erstreb-ten Schadens bei der konkreten Strafzumessung zu berücksichtigen war. Mit Blick auf das umfassende Geständnis des Angeklagten hätte er sich gegen den Vorwurf gewerbsmäßigen Handelns auch nicht wirksamer als geschehen ver-teidigen können (§
265 StPO).
c)
Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen
III.
17, 19, 21, 23, 27,
29, 31 bis 37 und 44 der Urteilsgründe lässt den [X.] unbe-rührt. Ausgehend von der verbleibenden Einsatzstrafe von einem Jahr im Fall
III.
70 der Urteilsgründe und den weiteren Einzelstrafen von [X.] zehn Monaten, 31
Mal acht Monaten, [X.] sechs Monaten, [X.] vier Monaten, 17
18
19
-
9
-
zwei Mal zwei Monaten und den sechs Einzelgeldstrafen zwischen 30 und 90
Tagessätzen schließt der [X.] aus, dass das [X.] auf eine noch geringere als die

ohnehin mit Blick auf einen angemessenen Schuldausgleich kaum vertretbar milde

Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten erkannt hätte.
3.
Das Urteil gibt Anlass zu bemerken, dass auch im Fall einer Verfah-rensabsprache keine verringerten Sorgfaltsanforderungen an die Abfassung der Urteilsgründe zu stellen sind.
Sost-Scheible
Bender
Quentin

Feilcke
Paul
20

Meta

4 StR 66/17

20.12.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2017, Az. 4 StR 66/17 (REWIS RS 2017, 286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 286

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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