Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2001, Az. AnwZ (B) 32/00

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2001, 2985

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[X.] ([X.]) 32/00vom2. April 2001in dem anwaltsgerichtlichen Verfahrenwegen Widerrufs der Zulassung- 2 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidentendes [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die [X.] Dr. [X.], [X.]asdorf undDr. [X.], die Rechtsanwälte [X.] und [X.] sowie [X.] Dr. Haugeram 2. April 2001 nach mündlicher Verhandlungbeschlossen:Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschlußdes I. [X.]s des [X.]s [X.]aden-Württemberg [X.] April 2000 wird zurückgewiesen.Die im [X.]eschwerdeverfahren zusätzlich gestellten Anträge wer-den als unzulässig abgewiesen.Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen [X.] Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird [X.]:[X.] im Jahre 1919 geborene Antragsteller war 30 Jahre im [X.] tätig, zuletzt von 1971 bis 1984 als Vorsitzender [X.] am [X.].. Nach seiner Pensionierung widmete er sich - wie schon während seiner be-ruflichen Tätigkeit - in erheblichem Umfang ehrenamtlichen Aufgaben in [X.] kirchlichen und [X.] Einrichtungen. Im Jahre 1989 gründete ereinen Verein zur Förderung psychisch Kranker, den er vier Jahre lang leitete,ehe er ihn nach Auseinandersetzungen mit seinem Stellvertreter verließ.Im Jahre 1998 gründete der Antragsteller die [X.] "für neu-rologische, psychosomatische und psychische Gesundheit, gegen [X.] Inhumanität sowie [X.]". Persönlich sowie [X.] der Stiftung wandte sich der Antragsteller in der Öffentlichkeit entschie-den gegen ein [X.]augesuch der Islamischen [X.]ruderschaft L., das die [X.] betraf. Die [X.]ruderschaft hatte gegen einen ableh-nenden [X.]escheid der [X.] Klage erhoben und erzielte im Februar 1999 einobsiegendes Urteil beim [X.]Am 12. Mai 1999 beantragte der Antragsteller die Zulassung als Rechts-anwalt, die ihm von der Antragsgegnerin am 15. Juni 1999 erteilt wurde. [X.] kritischen Artikel der [X.] über eine Veranstaltung der [X.] gegründeten Stiftung sieht dieser in dem Herausgeber der Zei-- 4 -tung, [X.], den Kopf einer mafiaähnlichen Verbindung ("Mafia-Präsidentvon [X.]aden-Württemberg"), die unter anderem den Plan der Errichtung des [X.] verfolge. Der Antragsteller verbreitete seine Auffassung inzahlreichen Schreiben an verschiedene im öffentlichen Leben stehende [X.] und erhob darin auch den Vorwurf, U. habe sich durch [X.]estechung [X.], die im Gerichtsverfahren zuständigen [X.] sowie [X.] einflußreiche Persönlichkeiten aus Justiz und Politik gefügig gemacht. [X.] stellte im [X.]erufungsverfahren der [X.] L. gegen die islamischeVereinigung namens eines [X.]rats sowie der Stiftung [X.] undversuchte erfolglos, deren [X.]eiladung zu erreichen. Die Ablehnung des Antragsbezeichnete der Antragsteller als eine Erpressung des Vorsitzenden im Amte.In einem Schreiben vom 15. Oktober 1999 an den Präsidenten des [X.] der Antragsteller aus, der "Mafia-Pate" [X.] beschäftige den Präsi-denten seit einigen Jahren als Chef-Justizmanager in seinem Imperium, undbezichtigte weiter eine Reihe von Juristen der Rechtsbeugung.Mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 erklärte die Antragsgegnerin [X.], es bestehe Anlaß zu überprüfen, ob seine Zulassung wegen ge-sundheitlicher Mängel zu widerrufen sei. Am 5. November 1999 forderte sie ihnauf, sich binnen eines Monats bei dem ihm von der Kammer benannten Fach-arzt für Neurologie und Psychiatrie untersuchen zu lassen. Dieser Auflage istder Antragsteller nicht nachgekommen. Daraufhin hat die Antragsgegnerin [X.] vom 24. Januar 2000 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft [X.], 8 a Abs. 1 Satz 1 i.[X.]. § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO "zurückgenommen".Der [X.] hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück-gewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers,der darüber hinaus beantragt, die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihm allen- 5 -zugefügten Schaden zu ersetzen - mindestens in Höhe von 2 Millionen DM -und die Antragsgegnerin zu verpflichten, alle Handlungen rückgängig zu ma-chen, die die Staatsanwaltschaft S. auf ihre Veranlassung vorgenommen habe.II.Die im [X.]eschwerderechtszug zusätzlich gestellten Anträge sind unzu-lässig; denn im Zulassungsverfahren ist kein Raum für die Entscheidung überAnsprüche auf Leistung von Schadensersatz oder auf [X.]eseitigung von [X.], die nicht die Zulassung als Rechtsanwalt betreffen.[X.] übrigen ist das Rechtsmittel gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 [X.]RAO statthaftsowie form- und fristgerecht eingelegt worden, hat jedoch in der Sache [X.] Der Antragsteller rügt, der [X.] sei nicht ordnungsge-mäß besetzt gewesen. Er beanstandet, daß sein gegen zwei [X.] [X.] zurückgewiesen worden ist. Ob das Verfahren des [X.] in diesem Punkt rechtlich zu beanstanden ist, kann indessendahingestellt bleiben. Der [X.] hat als [X.]eschwerdegericht die Sache in tat-sächlicher und rechtlicher Hinsicht ohne [X.]indung an die Feststellungen [X.] zu beurteilen. Er ist daher selbst dann, wenn das Verfahren der- 6 -Vorinstanz an einem wesentlichen Mangel leidet, befugt, in der Sache selbst zuentscheiden, sofern er dies nach seinem pflichtgemäßen Ermessen für sach-dienlich erachtet. Das trifft auch für die Rüge zu, der [X.] seinicht ordnungsgemäß besetzt gewesen ([X.]GHZ 77, 327, 329). Vorliegend [X.] schon deshalb kein Grund, die Sache an die Vorinstanz zurückzuverwei-sen, weil das Ablehnungsgesuch des Antragstellers offensichtlich unbegründetwar. Es stützte sich allein darauf, daß die beim [X.] zur Mitwir-kung berufenen [X.] dem Gericht angehören, dessen Präsidenten der [X.] ständig mit dem haltlosen Vorwurf überzieht, er gehöre zur Mafia-[X.]ande des "Paten" [X.].2. Wie bereits der [X.] zutreffend ausgeführt hat, ist mitder angefochtenen Verfügung trotz ihres Wortlauts nicht die Rücknahme, son-dern der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ausgesprochen [X.]. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zuwiderrufen, wenn der Rechtsanwalt wegen Schwäche seiner geistigen Kräftenicht nur vorübergehend unfähig ist, den [X.]eruf eines Rechtsanwalts auszu-üben, es sei denn, daß sein Verbleiben in der Rechtsanwaltschaft die [X.] nicht gefährdet. Die Vorschrift setzt nicht voraus, daß der [X.] oder [X.] im Sinne des früheren § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]G[X.],geistig oder seelisch behindert im Sinne des § 1896 Abs. 1 [X.]G[X.] oder schul-dunfähig im Sinne des § 20 StG[X.] ist. Ein Widerruf ist vielmehr schon dann [X.], wenn die körperlichen oder geistigen Mängel zur Folge haben, daßder Anwalt zur ordnungsmäßigen [X.]erufsausübung, insbesondere zur sorgfälti-gen Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden, voraussichtlich dau-ernd außerstande ist ([X.]GH, [X.]eschl. v. 30. Oktober 1995 - [X.] ([X.]) 15/95 -[X.]RAK-Mitt. 1996, 74; v. 14. Februar 2000 - [X.] ([X.]) 17/98).- 7 -Liegen Umstände vor, die ernsthaft darauf hindeuten, daß der Rechts-anwalt aus gesundheitlichen Gründen seinen [X.]eruf nicht mehr sachgerechtausüben kann, so hat die für den Widerruf nunmehr zuständige [X.] dem Anwalt aufzugeben, das Gutachten eines von ihr bestimmtenArztes über seinen Gesundheitszustand vorzulegen. Kommt der Rechtsanwaltdieser Aufforderung innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nach, ohne [X.] berechtigt zu sein, wird vermutet, daß er aus dem Grund des§ 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO, der durch das Gutachten geklärt werden soll, nicht nurvorübergehend unfähig ist, seinen [X.]eruf uneingeschränkt auszuüben (§ 224 ai.[X.]. §§ 15, 8 a Abs. 1 Satz 1 [X.]RAO).3. In entsprechender Weise ist die Antragsgegnerin hier vorgegangen.Da der Antragsteller nicht bereit war, die Untersuchung bei dem ihm benanntenArzt vornehmen zu lassen, hat er die gesetzte Frist aus von ihm zu vertreten-den Gründen versäumt. Die Antragsgegnerin hat die angegriffene Verfügungdaher auf die aus § 15 Satz 2 [X.]RAO folgende Vermutung gestützt. [X.] sich der Antragsteller vergeblich.a) Der Antragsteller hat keine Gründe dargelegt, die ihn berechtigten,die Vorlage des Gutachtens zu verweigern. Vielmehr gaben die in der [X.] sowie dem [X.]eschluß des [X.]s im einzelnen [X.] Gründe hinreichende Veranlassung, daran zu zweifeln, daß der [X.] noch in dem zur Ausübung seines [X.]erufs notwendigen [X.]esitz seinergeistigen Kräfte ist. Schon die Art und Weise, wie sich der Antragsteller ge-genüber Personen äußert, die seinen Anträgen nicht entsprechen oder in [X.] wesentlichen Frage eine abweichende Auffassung vertreten, begründet- 8 -Zweifel daran, daß er den in den jeweiligen Angelegenheiten erforderlichengeistigen Überblick sowie die Fähigkeit zu sachlicher Einordnung und Prüfungdes Tatsachenstoffs besitzt (vgl. dazu [X.]sbeschl. v. 14. Februar 2000 [X.] sieht sich inzwischen von einer ständig größer werdenden "Mafia-[X.]ande"unter Leitung des Herausgebers der [X.] verfolgt und betrachtetjeden, der in dem von ihm betriebenen Verfahren seinen Anträgen nicht ent-sprochen hat, als Mitglied eines verbrecherischen Kartells. Die Zahl der [X.], die der Antragsteller mit massivsten [X.]eleidigungen belegt, hat sich [X.] innerhalb kurzer Zeit beträchtlich erhöht.Die von ihm in diesem Verfahren eingereichten Schriftsätze begründenebenfalls erhebliche Zweifel daran, daß er geistig noch in der Lage ist, in einerrechtlichen Auseinandersetzung belanglose Tatsachen von rechtserheblichenUmständen zu unterscheiden und den Prozeßstoff verständlich zu ordnen. [X.] er etwa in diesem [X.]eschwerdeverfahren die Vernehmung mehrererRepräsentanten aus Politik und Justiz zu angeblich von diesen Personen [X.] Straftaten, also zu Vorgängen, die mit der Frage, ob der [X.] aus gesundheitlichen Gründen der anwaltlichen [X.]erufsausübung nicht mehrgewachsen ist, für jedermann ersichtlich in keinerlei Zusammenhang stehen.Das Auftreten des Antragstellers in Rechtsangelegenheiten hat [X.] dazu geführt, daß das Vormundschaftsgericht ein Verfahren nach§ 1896 [X.]G[X.] zur Prüfung, ob für den Antragsteller ein [X.]etreuer zu bestellen ist,eingeleitet hat. [X.]ei Gesamtbetrachtung aller dieser Umstände kann nichtzweifelhaft sein, daß für die Antragsgegnerin hinreichend Anlaß bestand, [X.] gemäß § 15 Satz 1 [X.]RAO die Vorlage eines Gutachtens zur [X.] seiner geistigen Gesundheit [X.] 9 -b) Ist danach zu vermuten, daß der [X.]eschwerdeführer nicht nur vorüber-gehend unfähig ist, den [X.]eruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß wahrzu-nehmen, so ist damit zugleich eine Gefährdung der Rechtspflege bei einemVerbleiben des [X.]eschwerdeführers in der Rechtsanwaltschaft indiziert. [X.] mit gesundheitlichen Mängeln, wie sie aufgrund der die gesetzli-che Vermutung begründenden Regelung zwingend anzunehmen sind, [X.] das leisten, was Rechtsuchende von einem Rechtsanwalt als unabhängi-gem Organ der Rechtspflege erwarten dürfen. [X.]esondere Umstände, die esausnahmsweise erwarten lassen, daß eine solche Gefährdung nicht besteht,sind beim [X.]eschwerdeführer nicht gegeben. Schon im Hinblick darauf, daß ermassiv versucht hat, im Namen Dritter in den Rechtsstreit zwischen der Islami-schen [X.]ruderschaft und der [X.] L. einzugreifen und allen Ernstes die [X.] vertreten hat, die von ihm gegründete [X.] sei dort als [X.] Vertreter der [X.] L. und ihrer Einwohner im Wege der Geschäfts-führung ohne Auftrag gegen den Willen des Oberbürgermeisters [X.], kann eine Gefährdung der Rechtspflege nicht ausgeschlossen wer-den, wenn der [X.]eschwerdeführer seine Zulassung als Rechtsanwalt [X.] -4. Mit dieser Entscheidung erledigt sich zugleich der Antrag des [X.]e-schwerdeführers gegen den von der Antragsgegnerin mit [X.]escheid vom23. Mai 2000 angeordneten Sofortvollzug der Widerrufsverfügung.Hirsch[X.][X.]asdorf [X.]Kieserling [X.]

Meta

AnwZ (B) 32/00

02.04.2001

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2001, Az. AnwZ (B) 32/00 (REWIS RS 2001, 2985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2985

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