Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2001, Az. AnwZ (B) 21/00

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2001, 3244

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[X.] ([X.]) 21/00vom12. März 2001in dem Verfahrenwegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft- 2 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.]in [X.], [X.] [X.], Terno und die[X.]in Dr. [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey undDr. Wosgien auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2001beschlossen:Die sofortige [X.]eschwerde der Antragsgegnerin gegen den[X.]eschluß des 1. Senats des [X.]s [X.]aden-Württemberg vom 12. Februar 2000 wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zutragen und dem Antragsteller die ihm im [X.]eschwerdever-fahren entstandenen notwendigen außergerichtlichenAuslagen zu erstatten.Der Wert des [X.]eschwerdegegenstandes wird auf 100.000 [X.] 3 -Gründe:[X.] am 14. Februar 1935 geborene Antragsteller ist seit 1963 [X.] und als Rechtsanwalt beim Amts- und [X.], seit 1973 gleichzeitig beim [X.] zugelassen. [X.] vom 5. November 1999 hat die Antragsgegnerin die Zulas-sung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3[X.]RAO widerrufen. Zur [X.]egründung hat sie ausgeführt, in zahlreichenVerfahren und [X.]eschwerden gegen [X.], Gerichte, Angestellte [X.], gegen seine frühere Auszubildende sowie gegen den [X.] sei erkennbar geworden, daß der [X.] nicht mehr in der Lage sei, den [X.]eruf eines Rechtsanwalts ord-nungsgemäß auszuüben; das werde durch ein Gutachten des Arztes [X.] und Psychiatrie [X.] vom 7. Oktober 1999 bestätigt.Auf den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidunghat der [X.] die Widerrufsverfügung vom 5. November1999 aufgehoben. Hiergegen richtet sich die sofortige [X.]eschwerde [X.].[X.] Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 2, 4 i.V. mit § 224a Abs. 5[X.]RAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.- 4 -1. Der [X.] hat den Antrag auf gerichtliche Ent-scheidung mit Recht als zulässig angesehen, denn er genügt den Form-vorschriften des § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.]RAO. Die [X.] bezeichnet als Antragsgegenstand den"[X.]escheid vom 5. November 1999" und gibt dessen Inhalt mit "Rücknah-me der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt" an.Schon damit war die zum Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfunggemachte Widerrufsverfügung ausreichend individualisiert. Zwar wird mitder Antragsschrift die Antragsgegnerin nicht ausdrücklich benannt, sieergibt sich jedoch zweifelsfrei aus der - noch innerhalb der am17. November 1999 in [X.] gesetzten Antragsfrist eingegangenen - An-tragsbegründung vom 6. Dezember 1999. Daß der Antragsteller schließ-lich keinen ausdrücklichen Aufhebungsantrag gestellt hat, ist unschäd-lich. Kann der Angriff gegen eine Verfügung nicht auf einzelne Teile derVerfügung beschränkt werden, so ergibt sich aus der bloßen Tatsacheder Anfechtung, daß die Verfügung im ganzen angefochten wird (vgl.Senatsbeschluß vom 21. November 1994 - [X.] ([X.]) 40/94 - [X.]RAK-Mitt.1995, 126). So liegt der Fall hier. Daran, daß der Antragsteller die voll-ständige Aufhebung der Widerrufsverfügung erstrebt, konnte kein Zwei-fel bestehen.2. Die [X.]eschwerde bleibt aber auch insoweit ohne Erfolg, als [X.] die Wiederherstellung der Widerrufsverfügung begehrt.a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsan-waltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt infolge eines körperli-- 5 -chen Gebrechens, wegen Schwäche seiner geistigen Kräfte oder wegeneiner Sucht nicht nur vorübergehend unfähig ist, den [X.]eruf einesRechtsanwalts ordnungsmäßig auszuüben, es sei denn, daß sein Ver-bleiben in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege nicht gefährdet. [X.] setzt dabei - ebenso wie § 7 Nr. 7 [X.]RAO - nicht voraus, daßder Rechtsanwalt geisteskrank oder [X.] im Sinne des [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]G[X.], geistig oder seelisch behindert im Sinne des§ 1896 Abs. 1 [X.]G[X.] oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StG[X.] ist. [X.] ist vielmehr, ob die körperlichen oder geistigen Mängel sol-cher Art und so erheblich sind, daß er deswegen zur ordnungsgemäßen[X.]erufsausübung - also insbesondere zur ordnungsgemäßen und sorgfäl-tigen Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden - dauernd au-ßerstande ist (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Februar 2000 - [X.] ([X.])17/98 -; [X.]eschluß vom 30. Oktober 1995 - [X.] ([X.]) 15/95 - [X.]RAK-Mitt.1996, 74). Wegen des [X.]ezugs zur anwaltlichen [X.]erufsausübung bedeu-tet daher die Unfähigkeit eines Rechtsanwalts, sich in eigenen [X.] vernünftig und besonnen zu verhalten, nicht ohne weiteres,daß er zur ordnungsgemäßen Erledigung fremder Rechtsangelegenhei-ten - und damit zur ordnungsmäßigen [X.]erufsausübung schlechthin [X.] außerstande ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 1978 - [X.]([X.]) 3/78 - [X.] 1978, 23; vom 25. April 1988 - [X.] ([X.]) 54/87 - [X.]1988, 11; vom 30. Oktober 1995, aaO; [X.], Festschrift für [X.],S. 929, 931). Vielmehr ist eine solche Annahme nur dann gerechtfertigt,wenn etwa vorhandene geistige Mängel zugleich in schwerwiegenderWeise auf seine Fähigkeiten übergreifen, die [X.]elange seiner Mandantensachgemäß und mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen (Senatsbe-schluß vom 25. April 1988, aaO).- 6 -b) Davon aber hat sich der [X.] im vorliegendenFalle mit Recht nicht zu überzeugen vermocht. Denn die Antragsgegne-rin hat konkrete Anhaltspunkte dafür, daß beim Antragsteller etwa vor-handene geistige Mängel die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihm über-tragener fremder Rechtsangelegenheiten beeinflußt haben, nicht aufge-zeigt. Die Widerrufsverfügung vom 5. November 1999 zeigt [X.] im einzelnen nicht auf; sie beschränkt sich vielmehr auf dielediglich summarische Feststellung, in zahlreichen Verfahren und [X.]e-schwerden sei erkennbar geworden, daß der Antragsteller zur [X.] [X.]erufsausübung nicht in der Lage sei. Aber auch [X.] insoweit zur näheren Konkretisierung auf die Angaben der [X.] gegenüber dem Arzt [X.] zurückgreift, ergibt sich daraus imwesentlichen nur, daß der Antragsteller in eigenen Angelegenheiten, beider Wahrnehmung seiner - jedenfalls aus seiner Sicht berechtigten - In-teressen die Grenzen sachlicher Auseinandersetzung wiederholt über-schritten hat. Zwar mögen die Art und Weise, mit der der Antragsteller insolchen Fällen persönlicher [X.]etroffenheit reagiert, die Häufung der vonihm in diesen Zusammenhängen eingeleiteten gerichtlichen Verfahren,die dazu erhobenen [X.]eschwerden und Anträge, sowie seine teilweiseüberzogenen und beleidigenden verbalen Attacken auf eine möglicher-weise vorhandene geistige [X.]eeinträchtigung deuten, das Vorbringen [X.] gibt aber keinen konkreten Anhalt dafür, daß dem [X.] solches Verhalten auch bei der [X.]esorgung fremder Rechtsan-gelegenheiten zur Last fällt. Solche konkreten Anhaltspunkte hat [X.] auch im Verfahren über den Antrag auf gerichtlicheEntscheidung und im [X.]eschwerdeverfahren nicht darzutun [X.] -Das gilt auch, soweit sie auf eine strafrechtliche Verurteilung des [X.]s wegen Hausfriedensbruchs und eine gegen ihn erhobeneAnklage wegen Hausfriedensbruchs, [X.]eleidigung und Fahrens ohneFahrerlaubnis - und das insoweit anhängige Verwaltungsstreitverfahren -verweist. Denn auch insoweit geht es um eigene Angelegenheiten [X.], um seine Reaktionen auf gegen ihn veranlaßte [X.] Maßnahmen und um beleidigende verbale Attacken bei der [X.] seiner Interessen. § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO zielt aber nicht dar-auf, solche Rechtsanwälte aus der Rechtsanwaltschaft auszuschließen,die in eigenen Angelegenheiten etwa durch wiederholte Verletzung [X.] den Ablauf einer geordneten Rechtspflege erschwe-ren; dem kann und muß mit berufsrechtlichen oder - soweit Straftatbe-stände verwirklicht worden sind - strafrechtlichen Mitteln begegnet wer-den. Im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO ist vielmehr allein ent-scheidend, ob die sich in eigenen Angelegenheiten abzeichnenden Per-sönlichkeitsauffälligkeiten ihren Niederschlag auch in der [X.]esorgungfremder Rechtsangelegenheiten finden. An Anknüpfungstatsachen dafüraber fehlt es, so daß der [X.] zu weiterer Aufklärung nichtgehalten [X.]) Das - nicht im Verfahren gemäß §§ 15, 8a [X.]RAO - erstatteteGutachten des Arztes [X.] rechtfertigt keine andere [X.]eurteilung. [X.] gelangt zwar zu dem Ergebnis, daß der Antragsteller "auf-grund seiner zumindest erheblichen Persönlichkeitsstörung aus gesund-heitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, den [X.]eruf eines Rechts-anwalts ordnungsgemäß auszuüben". Diese Einschätzung läßt aber- auch im Zusammenhang mit den weiteren Angaben des Gutachters -- 8 -bereits nicht erkennen, ob der Gutachter nicht schon wegen der von ihmbejahten Persönlichkeitsstörung gewissermaßen zwangsläufig zur An-nahme der Unfähigkeit ordnungsgemäßer [X.]erufsausübung gelangt ist,die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]RAO also verkannt hat.Denn die Vorschrift läßt - wie der [X.] mit Recht betont -den medizinischen [X.]efund allein nicht ausreichen. Daß und wie sich [X.] aber auf die Wahrnehmung fremder [X.] auswirkt, ist dem Gutachten auch nicht ansatzweise zu [X.]; die entsprechende Feststellung des Gutachters entbehrt kon-kretisierende Anknüpfungspunkte. Auch für die Einholung eines Gut-achtens im gerichtlichen Verfahren bestand danach und auf der [X.] des bisherigen tatsächlichen Vorbringens der Antragsgegnerin [X.].[X.] Terno [X.] Schott Frey Wosgien

Meta

AnwZ (B) 21/00

12.03.2001

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2001, Az. AnwZ (B) 21/00 (REWIS RS 2001, 3244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3244

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