Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2015, Az. 2 StR 523/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 15349

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Gegenstand

Überlange Verfahrensdauer in Strafsachen: Ausgleich einer 2-jährigen Verfahrensverzögerung bei nicht inhaftiertem Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. August 2014 aufgehoben, soweit eine Kompensationsentscheidung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung unterblieben ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Schuld- und Strafausspruch weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Verfahrensvorschriften sind - wie dem Antrag des [X.] zutreffend zu entnehmen ist - nicht verletzt.

3

Allerdings ist die landgerichtliche Entscheidung rechtsfehlerhaft, soweit das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung verneint (und deshalb eine Kompensation hierfür nicht ausgesprochen) worden ist. Wie sich den Urteilsgründen entnehmen lässt, ist es nach der Verweisung der Sache an das [X.] durch das [X.] im November 2011 bis zur endgültigen Vorlage an das [X.] im September 2012 zu einer ersten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gekommen. Dass die Akte beim Amtsgericht offenbar zeitweise in "Abraum" geraten ist, wie das [X.] feststellt, ist ein allein in die Sphäre der Justiz fallender Umstand, der nicht zu Lasten des Angeklagten gehen darf. Darüber hinaus ist die Sache fast zwei Jahre beim [X.] nicht bearbeitet worden, weil die zuständige Schwurgerichtskammer aufgrund der hohen Belastung mit vorrangig zu behandelnden Haftsachen nicht früher verhandeln konnte. Dies begründet - entgegen der Ansicht des [X.]s - schon mit Blick auf die lange [X.] der Untätigkeit das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung, die im Wege der [X.] auszugleichen ist. Dass sich der Angeklagte nicht in Haft befunden hat, rechtfertigt es nicht, eine beim [X.] anhängige Strafsache eine solch lange [X.] unbearbeitet zu lassen. Sollte vor dem Ablauf von zwei Jahren für die zuständige Strafkammer keine Möglichkeit bestanden haben, die Sache zu verhandeln, hätte dies dem Präsidium des [X.]s mitgeteilt werden müssen, damit dieses zur Beachtung des Beschleunigungsgebots Abhilfe schafft.

4

Der Senat sieht - was zur Vermeidung einer weiteren Verzögerung an sich geboten wäre - davon ab, in der Sache selbst zu entscheiden und festzusetzen, wie viele Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Denn den Urteilsgründen lässt sich insbesondere mit Blick auf die [X.] zwischen November 2011 und September 2012 nicht hinreichend zuverlässig entnehmen, in welchem Umfang es hier zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gekommen ist.

Fischer                             Appl                     [X.]

                 [X.]

Meta

2 StR 523/14

18.02.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 18. August 2014, Az: 5/21 Ks 3690 Js 210507/12 - 5/12

§ 51 StGB, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 6 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2015, Az. 2 StR 523/14 (REWIS RS 2015, 15349)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15349

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 216/16

3 StR 216/16

2 StR 523/14

1 StR 132/20

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