Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2008, Az. VI ZR 317/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 657

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 25. November 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 345, § 514 Abs. 2, § 565 Ein Prozessbevollmächtigter, der infolge Erkrankung an der Wahrnehmung ei-nes Termins zur mündlichen Verhandlung gehindert ist, hat alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um das Gericht rechtzeitig von [X.] zu unterrichten. [X.], Urteil vom 25. November 2008 - [X.]/07 - [X.]

LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 27. Zivilsenats des [X.], Zivilsenate in [X.], vom 14. November 2007 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf [X.] in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Ober-landesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Versäumnisurteil vom 9. Mai 2007 zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch einge-legt. Der Senatsvorsitzende beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf Mittwoch, den 14. November 2007, 9:30 Uhr an. Auf den Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass er am selben Tag um 9:00 Uhr bereits einen Termin vor dem [X.] und um 13:15 Uhr einen Termin vor dem [X.] wahrzunehmen habe, verleg-te der Vorsitzende den Verhandlungstermin von 9:30 Uhr auf 11:20 Uhr. [X.] beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. November 2007 erneut Terminverlegung, weil sich ihr Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage sehe, 1 - 3 - an diesem Tag einen dritten Termin zu dieser Uhrzeit wahrzunehmen. Diesen Antrag wies der Vorsitzende am 6. November 2007 zurück, wobei er u. a. dar-auf hinwies, dass es sich in dieser Sache um das sechste [X.] handele. Mit Fax vom 12. November 2007 bat die Klägerin, über die erbetene Terminverlegung einen Senatsbeschluss herbeizuführen. Dies lehnte der Vorsitzende mit einem an den Prozessbevollmächtigten über-mittelten Fax vom selben Tage ab. Daraufhin lehnte die Klägerin den [X.] mit Fax vom 13. November 2007 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieses Gesuch wies der Senat mit Beschluss vom selben Tage als unbe-gründet zurück. Die Entscheidung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14. November 2007 um 7:28 Uhr per Fax übermittelt. Mit einem um 9:16 Uhr eingegangenen Fax beantragte die Klägerin die Verlegung des [X.] mit der Begründung, ihr Prozessbevollmächtigter sei erkrankt. Um 10:00 Uhr teilte der Vorsitzende dem Prozessbevollmächtigten per Fax mit, der [X.] werde nicht verlegt, weil eine Erkrankung mit Verhandlungsunfähigkeit nicht nachgewiesen sei. Da in der mündlichen Verhandlung nach [X.] um 11:30 Uhr für die Klägerin kein anwaltlicher Vertreter erschien, wurde ihr Einspruch auf Antrag des Beklagten gegen 12:00 Uhr durch zweites Versäumnisurteil verwor-fen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin habe den Termin schuldhaft versäumt. Sie müsse sich das Fernbleiben ihres [X.] - 4 - tigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden zurechnen lassen. [X.] sei weder aufgrund anderer Termine noch krankheitsbedingt verhindert ge-wesen, den Termin wahrzunehmen. Die um 9:16 Uhr eingegangene Mitteilung, er sei erkrankt und leide unter Schnupfen und Halsschmerzen, sei nicht geeig-net, sein Fernbleiben zu entschuldigen. Das um 11:31 Uhr bei der [X.] des Gerichts eingegangene weitere Fax seines Bürokollegen habe dem Senat bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils noch nicht vorgelegen und deshalb bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden können. I[X.] 1. Das Rechtsmittel ist statthaft, denn gegen ein zweites [X.] eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt ([X.], [X.] vom 3. März 2008 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 876). 4 2. Die Revision ist jedoch nicht zulässig. 5 6 a) Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäum-nisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite [X.] erging, von der betroffenen [X.] unverschuldet versäumt wurde (vgl. [X.], Urteile vom 19. November 1981 - [X.]/80 - [X.], 268; vom 27. September 1990 - [X.]I ZR 135/90 - NJW 1991, 42, 43 und vom 19. [X.] 1998 - [X.] - [X.], 121 f.; Beschluss vom 24. Januar 1985 - [X.] - [X.], 542, 543). Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbe-- 5 - gründung vorgetragen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Januar 1967 - [X.]I ZB 13/66 - NJW 1967, 728; Urteile vom 27. September 1990 - [X.]I ZR 135/90 - aaO und vom 22. März 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 2047 m.w.[X.]). Bei §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO ist die Schlüssigkeit des Sachvortrags - anders als sonst - bereits Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. zu § 513 Abs. 2 ZPO a.F.; [X.], Urteil vom 9. Oktober 1975 - [X.]I ZR 242/73 - [X.], 76, 68; Beschluss vom 23. September 1987 - [X.] - [X.]R ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1 m.w.[X.]). Daraus folgt, dass das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden ist, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte. b) Die Klägerin hat nicht schlüssig dargetan, dass ein Fall unverschulde-ter Säumnis nicht vorgelegen habe. Ihre Säumnis im Termin vom 14. November 2007 beruht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sich die Klägerin als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO). 7 aa) Die Säumnis der Klägerin war nicht deshalb unverschuldet, weil das Berufungsgericht ihren Anträgen, den auf 11:20 Uhr anberaumten [X.] wegen anderweitiger Termine ihres Prozessbevollmächtigten zu verlegen, nicht entsprochen hat. Voraussetzung jeder Terminverlegung ist, dass ein erheblicher Grund vorliegt und dem Gericht unterbreitet worden ist. Das [X.] hat bei seiner Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Verhandlung vertagt wird (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nach pflichtgemäßem Er-messen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch beider [X.]en auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichti-gen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2004 - [X.] - GRUR 2004, 354; BVerwG, NJW 1992, 2042; NJW 1995, 1231; [X.] 303, § 227 ZPO, Nr. 29). Dies hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Die Ablehnung der [X.] - 6 - minverlegung lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Angesichts der [X.], dass der Verhandlungstermin schon mehrfach verlegt worden war, kam dem Beschleunigungsgebot vorliegend ein erhöhtes Gewicht zu. Dass das Be-rufungsgericht bei dieser Sachlage an das Vorliegen eines erheblichen Grunds im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO strenge Anforderungen gestellt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision verletzt die Ablehnung der [X.]verlegung nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen [X.]. Dass wegen der von ihr dargelegten Kollision des [X.] mit zwei weiteren Terminen ihres Prozessbevollmächtigten an anderen Gerich-ten eine Aufhebung des Termins gerade in der vorliegenden Sache unerlässlich gewesen wäre, hat die Klägerin weder im [X.] noch mit der Re-visionsbegründung aufgezeigt. Angesichts der in diesem Rechtsstreit schon mehrfach erfolgten [X.] war es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zumutbar, zunächst in den anderen Verfahren eine Verlegung des Termins zu erbitten. Dass er dies unter Hinweis auf die Terminkollision versucht habe, macht die Revision nicht geltend. 9 bb) Die Säumnis der Klägerin ist auch nicht deshalb unverschuldet, weil ihr Prozessbevollmächtigter erkrankt war. 10 Für die Entscheidung kann unterstellt werden, dass Rechtsanwalt [X.] am 14. November 2007 wegen einer Grippeerkrankung mit hohem Fieber nicht verhandlungsfähig und nicht in der Lage war, von M. zur mündlichen Verhand-lung nach A. zu reisen. Dieser Umstand genügt aber nicht für die Annahme, die Klägerin habe den Termin unverschuldet versäumt. Zwar ist die Frage des [X.] im Falle der Versäumung eines Termins grundsätzlich nach den glei-chen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen 11 - 7 - Stand (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 514, Rn. 8 m.w.[X.] in [X.]. 11). Eine schuldhafte Säumnis im Sinne von § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegt aber auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte, der kurzfristig und nicht vorher-sehbar an der Wahrnehmung des Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mit-zuteilen ([X.], Urteile vom 3. November 2005 - [X.] - NJW 2006, 448, 449 und vom 22. März 2007 - [X.]/06 - aaO; vgl. zu § 513 ZPO a.F. [X.], [X.] Nr. 5 zu § 513 ZPO; [X.], [X.], 790 f.; [X.], Urteil vom 19. November 1998 - [X.] - [X.], 121, 122; vgl. auch [X.]/[X.], aaO, § 337, Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 29. Aufl., § 337, Rn. 3, jeweils m.w.[X.]). Dies ist hier der Fall. Soweit die Klägerin mit der [X.] geltend macht, ihr Prozessbevollmächtigter habe alle erforderlichen und zu-mutbaren Maßnahmen ergriffen, um das Berufungsgericht rechtzeitig von [X.] zu unterrichten, kann dem nicht gefolgt werden. Die [X.] von Rechtsanwalt [X.] waren vielmehr unzureichend. Das um 9:16 Uhr beim Berufungsgericht eingegangene Fax des Pro-zessbevollmächtigten der Klägerin konnte dessen Fernbleiben nicht entschuldi-gen. Es enthielt neben der Mitteilung, dass er erkrankt sei, lediglich einen [X.] auf das Fax vom 13. November 2007, in dem Rechtsanwalt [X.] erklärt hat-te, unter Schnupfen und Halsschmerzen zu leiden. Dass das Berufungsgericht in dieser [X.] keinen erheblichen Grund für eine Verlegung des Termins gesehen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 12 Das um 11.31 Uhr in der [X.] des Gerichts eingegangene Fax des Bürokollegen des Klägervertreters enthielt zwar neben näheren Ausführun-gen zur Erkrankung von Rechtsanwalt [X.] und einer beigefügten eidesstattlichen Versicherung auch einen Hinweis auf Dringlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin angesichts der auf 11:20 Uhr [X.] - 8 - setzten [X.] aber nicht mehr damit rechnen, dass dieses in seinem Auf-trag versandte Fax den zuständigen Senat noch rechtzeitig vor Aufruf der Sa-che oder aber zumindest noch während der Verhandlung erreichen würde. Um dem Berufungsgericht sein krankheitsbedingtes Fernbleiben rechtzeitig mitzu-teilen, hätte Rechtsanwalt [X.] den Grund seiner Verhinderung vor Beginn des Termins in ausreichender Weise darlegen bzw. durch Anruf bei der [X.] oder in anderer Weise sicherstellen müssen, dass das Gericht von seiner Verhinderung benachrichtigt wurde. Nachdem der Vorsitzende des Berufungs-gerichts ihm um 10:00 Uhr mit Fax mitgeteilt hatte, dass der Termin nicht ver-legt werde, weil eine Erkrankung mit Verhandlungsunfähigkeit nicht nachgewie-sen sei, hätte Rechtsanwalt [X.] unmittelbar hierauf reagieren und sich sofort te-lefonisch oder per Fax an das Gericht wenden müssen. Sein erst um 11:31 Uhr [X.] war verspätet und vermag die Säumnis der Klägerin daher nicht zu entschuldigen. - 9 - II[X.] 14 [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 21.09.2006 - 3 O 3094/05 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 14.11.2007 - 27 U 704/06 -

Meta

VI ZR 317/07

25.11.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2008, Az. VI ZR 317/07 (REWIS RS 2008, 657)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 657

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