Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.05.2017, Az. 10 BN 4/16

10. Senat | REWIS RS 2017, 10247

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Gegenstand

Keine Eigentumsgarantie einer Hinterbliebenenrente


Gründe

1

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen Art. 1 Nr. 7 der Satzung zur Änderung der Alterssicherungsordnung der Antragsgegnerin vom 24. September 2014. Durch die Regelung wurde der sogenannte [X.] bei der Altersrente von 20% auf 10% gesenkt; diesen Zuschlag erhalten versorgungsberechtigte Mitglieder der Antragsgegnerin, wenn nach verbindlicher Erklärung bei [X.]eginn der Altersrente keine sonstigen rentenbezugsberechtigten Personen vorhanden sind (§ 15 Abs. 9 Satz 1 der Alterssicherungsordnung). Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde der Antragstellerin.

2

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

4

Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt und erläutert werden, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung der aufgeworfenen, bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten [X.](n) des [X.]undesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder einer der in § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO genannten Vorschriften führen kann (stRspr, vgl. u.a. [X.], [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>, vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 9). Diese Voraussetzungen erfüllt die [X.]eschwerdebegründung nicht.

5

a) Die Antragstellerin wirft der Sache nach zunächst die Rechtsfrage auf,

ob der [X.] dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt.

6

Hierzu macht sie im Wesentlichen geltend, das Normenkontrollgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des [X.]undes[X.]gerichts die Anwartschaften auf die Altersrente und auf den [X.] eine Einheit bildeten und deswegen insgesamt Schutzobjekt der Eigentumsgarantie seien.

7

Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Grundsatzrevision nicht, weil die aufgeworfene Frage eine Vorschrift des irrevisiblen untergesetzlichen Landesrechts betrifft, die nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Daran ändert auch nichts, dass die Antragstellerin eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG geltend macht. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von [X.]undesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung und Anwendung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der [X.]eschwerdebegründung darzulegen (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.]eschlüsse vom 17. März 2008 - 6 [X.] 7.08 - [X.] 451.20 § 12 GewO Nr. 1 Rn. 9, vom 8. Mai 2008 - 6 [X.] 64.07 - [X.] 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 13). Das leistet die [X.]eschwerdebegründung nicht. Sie zeigt auch nicht auf, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des [X.]undes([X.])rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (vgl. dazu u.a. [X.], [X.]eschlüsse vom 21. September 2001 - 9 [X.] 51.01 - [X.] 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44, vom 19. August 2013 - 9 [X.] 1.13 - [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 4 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 15).

9

Das Normenkontrollurteil knüpft an die Rechtsprechung des [X.]undes[X.]gerichts ([X.]eschluss vom 18. Februar 1998 - 1 [X.]vR 1318, 1484/86 - [X.]VerfGE 97, 271 <285>) und des [X.]undesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 CN 1.09 - [X.]E 134, 99 Rn. 27) zum grundrechtlichen Schutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen an. Deren Zuordnung zur [X.]rechtlichen Eigentumsgarantie setzt danach unter anderem eine dem einzelnen Versicherten zurechenbare Eigenleistung voraus. Im Hinblick darauf unterfällt eine Hinterbliebenenrente nicht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung ist, die ohne eigene [X.]eitragsleistung des [X.] und ohne erhöhte [X.]eitragsleistung des Versicherten gewährt wird, und es ihr deswegen an einem hinreichenden personalen [X.]ezug zwischen der [X.]eitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Versorgung bzw. Rente mangelt.

Diese bundes[X.]rechtlichen Grundsätze, hinsichtlich derer die [X.]eschwerde keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf aufzeigt, hat das Normenkontrollgericht auf den [X.] übertragen und ist zu der Auffassung gelangt, dass dieser ebenfalls nicht auf Eigenleistungen des Mitglieds beruhe. Der Zuschlag werde vielmehr zur pauschalen Kompensation von Nachteilen gegenüber den Mitgliedern mit sonstigen rentenbezugsberechtigten Angehörigen gewährt; einer individuellen Zurechnung geleisteter [X.]eiträge zu einem zu gewährenden [X.] stehe im Übrigen entgegen, dass sich das Entstehen dieses Anspruchs in zeitlicher Hinsicht allein danach richte, ob seine Voraussetzungen im Zeitpunkt des Renteneintritts vorlägen. Ob diese Auffassung zutrifft, ist eine Frage der Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts; die gegen sie gerichtete Kritik der [X.]eschwerde erfüllt nicht die Voraussetzungen einer erfolgreichen Grundsatzrüge.

b) Entsprechendes gilt für die weitere Frage,

ob der Erlass einer Übergangsregelung im Rahmen der Absenkung des [X.]s für rentennahe Jahrgänge zur Schaffung einer sonst nicht gegebenen Verhältnismäßigkeit deswegen nicht nötig ist, weil es an einer besonderen Schutzbedürftigkeit der rentennahen Jahrgänge bezüglich des [X.]s fehlt.

Sie ist ausschließlich auf die Vereinbarkeit der angegriffenen Satzungsbestimmung mit einer bundes[X.]rechtlichen Vorgabe - hier dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - gerichtet, ohne dass der [X.]eschwerde im Hinblick auf dieses Verfassungsprinzip ein grundsätzlicher Klärungsbedarf zu entnehmen wäre.

2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Eine Divergenz ist nicht dargelegt. Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung eines [X.]eschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss hierauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.]undesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten [X.]undesgerichte oder das [X.]undes[X.]gericht aufgestellt haben, genügt den [X.] einer [X.] nicht (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 13. April 2012 - 8 [X.] 86.11 - [X.] 430.4 [X.]erufsständisches Versorgungsrecht Nr. 54 Rn. 12 und vom 26. Juli 2016 - 10 [X.] 15.15 - juris Rn. 5, je m.w.[X.]). So aber liegt der Fall hier.

Die [X.]eschwerde benennt zwar einen vom [X.]undes[X.]gericht aufgestellten Rechtssatz. Danach ist Gegenstand des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG die Anwartschaft, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. [X.]en beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 1. Juli 1981 - 1 [X.]vR 874/77 u.a. - [X.]VerfGE 58, 81 <109> und vom 27. Februar 2007 - 1 [X.]vL 10/00 - [X.]VerfGE 117, 272 <293>; [X.], [X.]eschluss vom 13. April 2012 - 8 [X.] 86.11 - [X.] 430.4 [X.]erufsständisches Versorgungsrecht Nr. 54 Rn. 6).

Die [X.]eschwerde bezeichnet jedoch keinen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz des [X.], das einen solchen auch nicht aufgestellt hat. Vielmehr hat das Normenkontrollgericht den [X.] deswegen nicht als Element der eigentumsgrundrechtlich geschützten [X.] der Antragstellerin angesehen, weil er nicht auf Eigenleistungen der Mitglieder beruhe. Die [X.]eschwerde wendet sich gegen diese ihrer Auffassung nach zu Unrecht unterbliebene Anwendung des erwähnten Rechtssatzes, die aber keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO begründet.

Die erforderliche Gegenüberstellung divergierender Rechtssätze lässt die [X.]eschwerde ebenfalls vermissen, soweit sie sich gegen die Ausführungen des [X.] zum [X.]rechtlich gebotenen Vertrauensschutz und der Erforderlichkeit von Übergangsbestimmungen zugunsten rentennaher Jahrgänge wendet. Das Normenkontrollgericht hat in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgrund der Umstände des vorliegenden Einzelfalls eine besondere Schutzbedürftigkeit von [X.]etroffenen der angegriffenen Satzungsbestimmung auch insoweit abgelehnt, als diese rentennahen Jahrgängen angehören. Die [X.]eschwerde kritisiert diese rechtliche und tatsächliche Würdigung des Sachverhalts, vermag aber keine im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO divergierenden Rechtssätze aufzuzeigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

10 BN 4/16

30.05.2017

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend OVG Lüneburg, 24. Juni 2016, Az: 8 KN 128/15, Urteil

Art 14 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.05.2017, Az. 10 BN 4/16 (REWIS RS 2017, 10247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10247

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