Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.10.2023, Az. B 4 AS 47/23 B

4. Senat | REWIS RS 2023, 9008

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Recht auf den gesetzlichen Richter - Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs 5 SGG - Voraussetzungen - Ermessensentscheidung - Darlegung von Ermessensfehlern des LSG)


Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 22. März 2023 - L 6 AS 320/22 - werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

[X.] sind unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels nicht in der gebotenen Weise bezeichnet wird (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Die Beschwerden sind daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 [X.], § 169 [X.]).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung die diesen Verfahrensmangel des [X.] (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits B[X.] vom 29.9.1975 - 8 [X.] 64/75 - [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl 2023, § 160a Rd[X.] 16 mwN). Darüber hinaus ist, wenn der Verfahrensmangel nicht zu einem absoluten Revisionsgrund führt, aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des [X.] - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits B[X.] vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6).

3

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger machen zunächst geltend, das [X.] habe gegen das Recht der Kläger auf [X.] verstoßen (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG), indem es über die Berufung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern entschieden habe. Einer Übertragung nach § 153 Abs 5 [X.] sei widersprochen worden und die Rechtssache weise besondere rechtliche und/oder tatsächliche Schwierigkeiten auf.

4

Nach § 153 Abs 5 [X.] kann das [X.] die Berufung in den Fällen einer Entscheidung des [X.] durch Gerichtsbescheid (§ 105 [X.]) durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des [X.]s dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Ob das Berufungsgericht nach § 153 Abs 5 [X.] entscheidet, steht in seinem nur durch das Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG), also das Verbot sachfremder Erwägungen und grober Fehleinschätzungen, begrenzten Ermessen (stRspr; vgl zuletzt [X.]sbeschluss vom [X.] - B 4 [X.]/22 B - juris Rd[X.] 10 mwN, auch zum Folgenden). Anders als § 105 Abs 1 Satz 1 [X.] und § 6 Abs 1 Satz 1 VwGO enthält § 153 Abs 5 [X.] keine Anforderungen an den Umfang oder Schwierigkeitsgrad des Verfahrens. Es ist deshalb für eine Übertragung auf den Berichterstatter auch nicht erforderlich, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Einer Zustimmung der Beteiligten bedarf es ebenfalls nicht. Hiervon ausgehend reicht es nicht aus, sich auf Ausführungen dazu zu beschränken, warum die Rechtssache rechtlich oder tatsächlich schwierig gewesen sein soll. Es bedarf vielmehr substantiierter Darlegungen zur Frage, warum das [X.] ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Solche fehlen hier. Die Beschwerde zeigt nicht konkret auf, worin genau sachfremde Erwägungen oder grobe Fehleinschätzungen zu sehen sein sollten, sondern beschränkt sich auf den Vorwurf der Willkür wegen abweichender Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Soweit die Kläger ihre Besetzungsrüge sinngemäß auf eine Befangenheit des Berichterstatters stützen, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, ob sie deshalb im Berufungsverfahren ein Ablehnungsgesuch nach § 60 Abs 1 [X.] iVm §§ 41 ff ZPO gestellt haben.

5

Mit der Rüge der Kläger, es habe kein faires Verfahren stattgefunden, weil das [X.] den Sachverhalt (Beweise; Akteninhalt; Vortrag der Kläger) falsch gewürdigt habe, ist schon deshalb kein Verfahrensmangel schlüssig bezeichnet, weil nach § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (freie richterliche Beweiswürdigung) gestützt werden kann.

6

Soweit die Kläger schließlich geltend machen, das [X.] habe ihren [X.] nicht entsprochen, haben sie auch zu diesem Punkt nicht schlüssig dargelegt, dass dies [X.] war. In der Beschwerdebegründung wird zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels pauschal auf den engen zeitlichen Zusammenhang zur mündlichen Verhandlung in anderen Berufungsverfahren und den Aktenumfang hingewiesen. Der [X.] vermag auf der Grundlage dieses Vortrags nicht zu beurteilen, ob tatsächlich eine zeitliche oder sachliche Überlastung der Klägerbevollmächtigten als erheblicher Grund für eine Terminverlegung vorgelegen haben könnte. Im Übrigen haben die Kläger und ihre Bevollmächtigte an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und in diesem Rahmen rechtliches Gehör erhalten. Dass sie an [X.] weiterem Vorbringen gehindert waren und ggf an welchem, zeigt die Beschwerde nicht auf.

7

[X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.].

        

Söhngen

Burkiczak

[X.]

Meta

B 4 AS 47/23 B

19.10.2023

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Darmstadt, 27. Mai 2022, Az: S 9 AS 195/19, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 153 Abs 5 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.10.2023, Az. B 4 AS 47/23 B (REWIS RS 2023, 9008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9008

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