Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.03.2020, Az. B 11 AL 56/19 B

11. Senat | REWIS RS 2020, 2297

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 S 1 SGG - Ermessensentscheidung - Ermessensfehler - grobe Fehleinschätzung - Erforderlichkeit der mündlichen Verhandlung)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 21. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe einer Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und eines [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des [X.] - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6).

3

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger nicht dargelegt, warum das [X.] ermessensfehlerhaft nach § 153 Abs 4 SGG entschieden haben könnte. Die Entscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts und kann nur auf dessen fehlerhaften Gebrauch, dh sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüft werden (stRspr; vgl BSG [X.] 3-1500 § 153 [X.] 13 S 38; BSG [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.]7). Zwar kann die Entscheidung nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG auf einer groben Fehleinschätzung beruhen, wenn der Sachverhalt nicht umfassend ermittelt worden ist und eine mündliche Verhandlung erforderlich war, um dies sicherzustellen (vgl nur BSG vom 18.6.2019 - B 9 V 38/18 B - juris Rd[X.] 9 ff). Dass es sich um einen Sachverhalt handelt, den das [X.] bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung hätte näher aufklären müssen, hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn vorliegend tatsächlich ein der Fallgestaltung der von ihm herangezogenen [X.] (B 7 [X.] 62/00 R - [X.] 3-4100 § 117 [X.]4) vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, also eine Fallgestaltung, in der ein Arbeitgeber den von einem arbeitsfähigen Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt hat, sodass sich der im [X.] verfallene Urlaubsanspruch ggf in einen Schadensersatzanspruch umwandeln könnte (vgl etwa [X.] vom 16.5.2017 - 9 AZR 572/16 - [X.]E 159, 106 ff). Der Kläger hat jedoch nichts dazu vorgetragen, warum und ggf in welchem Zeitraum ein solcher Sachverhalt trotz seiner Arbeitsunfähigkeit mit Beantragung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben könnte (vgl zur Unmöglichkeit der Befreiung von der Arbeitspflicht bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers: [X.] in [X.] Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl 2020, § 7 [X.] Rd[X.]1 mwN).

4

Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 [X.] SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der [X.] oder das [X.] aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]4; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 119). Auch diese Anforderungen sind nicht erfüllt, weil der Kläger schon keine abstrakten Rechtssätze der angefochtenen Entscheidung bezeichnet hat.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 56/19 B

02.03.2020

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG München, 19. Juni 2015, Az: S 37 AL 424/15

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 124 Abs 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.03.2020, Az. B 11 AL 56/19 B (REWIS RS 2020, 2297)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2297

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9 AZR 572/16

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