Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.05.2014, Az. 5 AZR 794/12

5. Senat | REWIS RS 2014, 5193

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Gegenstand

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt - Feststellungsklage


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten zu 2. wird das Urteil des [X.] vom 5. Juni 2012 - 3 [X.]/12 - in seiner Ziffer [X.] 2. und im Kostenpunkt aufgehoben.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an [X.] vom 24. November 2011 - 1 [X.]/11 - wird, soweit sie die Klage gegen die Beklagte zu 2. betrifft, zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz zu 77,78 % zu tragen, im Übrigen werden diese der Beklagten zu 1. auferlegt. Des Weiteren hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im erstattungsfähigen Umfang und die Kosten der Revision zu tragen. Die Beklagte zu 1. hat die außergerichtlichen Kosten des [X.] erster und zweiter Instanz im erstattungsfähigen Umfang zu 22,22 % und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der [X.] zu 2., dem Kläger [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay zu zahlen.

2

Der 1956 geborene Kläger war vom 2. Mai bis zum 16. November 2006 und vom 21. März bis zum 15. Oktober 2007 bei der [X.] zu 2., die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Schlosser beschäftigt. [X.] war die Geltung der zwischen der [X.] und [X.] ([X.]) und dem [X.] ([X.]) abgeschlossenen Tarifverträge vereinbart. Der Kläger erhielt Vergütung auf der Grundlage der in Bezug genommenen Tarifverträge. Er war in den genannten Beschäftigungszeiten der [X.] zu 1. (im Folgenden: Entleiherin) überlassen und von dieser als Weichenbauer und Kleber eingesetzt.

3

Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 verlangte der Kläger von der Entleiherin - vergeblich - [X.] nach § 13 [X.].

4

Mit der am 20. Juli 2011 eingereichten Klage hat der Kläger - zunächst im Wege der Stufenklage - von der Entleiherin [X.] über die Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer und von der [X.] zu 2. Zahlung des sich aus der [X.] ergebenden [X.] abzüglich des an den Kläger ausbezahlten [X.] gefordert. Er hat sich auf § 10 Abs. 4 [X.] berufen und geltend gemacht, erst mit der Veröffentlichung der Entscheidung des [X.] zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] ([X.] 14. Dezember 2010 - 1 [X.] - [X.]E 136, 302) von seinem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt Kenntnis erhalten zu haben. Mangels [X.] der Entleiherin sei ihm eine Bezifferung nicht möglich.

5

In der Berufungsinstanz hat der Kläger - nach Hinweis des [X.], die Voraussetzungen für eine Stufenklage lägen nicht vor und der Leistungsantrag sei nicht hinreichend bestimmt - beantragt,

1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, dem Kläger [X.] über die Höhe des Arbeitsentgelts für den Zeitraum vom 2. Mai 2006 bis 16. November 2006 sowie vom 21. März 2007 bis 15. Oktober 2007 für die Tätigkeit eines Schlossers bzw. Weichenbauers und Klebers oder eines vergleichbaren Arbeitnehmers zu erteilen;

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an den Kläger einen sich für den Zeitraum vom 2. Mai 2006 bis 16. November 2006 sowie vom 21. März 2007 bis 15. Oktober 2007 für die Tätigkeit eines Schlossers bzw. Weichenbauers oder Klebers oder eines vergleichbaren Arbeitnehmers bei der Entleiherin zu bezahlenden Bruttobetrag abzüglich eines bereits an den Kläger ausbezahlten [X.] für den genannten Zeitraum iHv. 18.857,38 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte zu 2. hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, mögliche Ansprüche des [X.] seien jedenfalls verjährt.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.] der Klage mit den geänderten Anträgen stattgegeben.

8

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte zu 2. für sich die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Entleiherin hat das gegen sie gerichtete Berufungsurteil rechtskräftig werden lassen und mit Schreiben vom 18. Oktober 2012 dem Kläger [X.] erteilt.

9

Der Kläger hat in der Revisionsinstanz mit Schriftsatz vom 13. Mai 2014 den Klageantrag gegen die Beklagte zu 2. umgestellt und beantragt nunmehr, diese zu verurteilen, an den Kläger 6.212,23 Euro brutto nebst Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten zu 2. ist begründet. Das [X.] hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Klage ist unzulässig.

I. Der erstmals in der Revisionsinstanz gestellte bezifferte [X.] ist unzulässig.

1. Ein neuer Klageantrag in der Revisionsinstanz erfordert, dass der Kläger Rechtsmittelführer ist. Andernfalls kommt eine Ausnahme von § 559 Abs. 1 ZPO - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen - nicht in Betracht. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger hat keine [X.] (§ 554 ZPO) eingelegt.

2. Zudem liegt in dem Übergang von dem in der Berufungsinstanz gestellten Feststellungsantrag auf einen bezifferten Leistungsantrag eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung.

a) Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge der [X.]en die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das [X.] Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO sowie dann zugelassen, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den [X.]en übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen [X.] durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden ([X.] 26. Juni 2013 - 5 [X.] - Rn. 18; 15. Oktober 2013 - 9 [X.] 855/12 - Rn. 18, jeweils mwN).

b) Im Streitfall ist - selbst wenn der Kläger [X.] eingelegt hätte - eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 559 Abs. 1 ZPO nicht eröffnet. Ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor. Der Kläger hat nicht lediglich ohne Änderung des [X.] den Klageantrag in der Hauptsache erweitert oder beschränkt. Er verlangt nunmehr, über Feststellungen zum Grund des Anspruchs hinaus, die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags. Das erfordert ein erweitertes Prüfprogramm, insbesondere einen [X.] der Arbeitsentgelte in den betreffenden Überlassungszeiträumen mit Darlegung, in welchem konkreten Umfang Differenzvergütung etwa für geleistete Arbeit, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaubsentgelt, Freizeitausgleich oder Abgeltung von Stunden aus einem Arbeitszeitkonto begehrt wird (vgl. [X.] 23. März 2011 - 5 [X.] 7/10 - Rn. 35 f., [X.]E 137, 249; 23. Oktober 2013 - 5 [X.] 135/12 - Rn. 27 ff. und - 5 [X.] 556/12 - Rn. 33).

Der Antrag kann sich nicht allein auf die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen stützen, sondern erfordert neuen Tatsachenvortrag zur Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer und dem anzustellenden [X.]. Zudem würden die Verfahrensrechte der Beklagten zu 2. durch eine Sachentscheidung verkürzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es, der Beklagten zu 2. in einer Tatsacheninstanz Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem vom Kläger erst in dem Schriftsatz vom 13. Mai 2014 vorgetragenen Inhalt der Auskunft der Entleiherin sowie den Berechnungen des Klägers zu gewähren.

II. Der in der Berufungsinstanz gestellte, nicht wirksam (§ 269 Abs. 1 ZPO) zurückgenommene Feststellungsantrag ist unzulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage ([X.] 21. April 2010 - 4 [X.] 755/08 - Rn. 19 mwN).

2. Diese Voraussetzungen erfüllt der Feststellungsantrag in der im Streitfall gewählten Form nicht. Der Kläger hat lediglich seinen unzulässigen, weil nicht hinreichend bestimmten (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erstinstanzlichen Leistungsantrag in die Form eines Feststellungsantrags gekleidet und begehrt nur die Feststellung von Anspruchskomponenten und - möglichen - [X.] für einen auf § 10 Abs. 4 [X.] gestützten Zahlungsanspruch.

Unter welchen Voraussetzungen eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] für eine bestimmte Überlassung „dem Grunde nach“ - etwa zur Einhaltung einer Ausschlussfrist (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] 954/11 - Rn. 54) oder Hemmung der Verjährung (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] 424/12 - Rn. 24) - zulässig wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden.

III. [X.] folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 2 ZPO unter notwendiger Einbeziehung des Verfahrens gegen die Beklagte zu 1.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 794/12

28.05.2014

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Brandenburg, 24. November 2011, Az: 1 Ca 707/11, Urteil

§ 10 Abs 4 AÜG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 256 Abs 1 ZPO, § 64 Nr 2 ZPO, § 54 ZPO, § 559 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.05.2014, Az. 5 AZR 794/12 (REWIS RS 2014, 5193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5193

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

15 U 314/19

I ZR 176/18

19 U 1414/16

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