Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2002, Az. IV ZR 168/01

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2748

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:19. Juni 2002FritzJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB §§ 138 Aa, 1191 Abs. 1Die zur Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft entwickelten [X.]undsätze sind auf die Be-stellung einer Sicherungsgrundschuld grundsätzlich nicht ü[X.]tragbar.Die Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB will den Sicherungsge[X.] insbesondere nichtdavor bewahren, einen Vermögensgegenstand als Sicherheit zu geben, bei [X.] Verwertung er neben wirtschaftlichen auch persönliche Nachteile, wie etwaden Verlust des langjährig genutzten Eigenheimes, erleidet (im Anschluß an [X.],Urteil vom 26. April 2001 - [X.] - NJW 2001, 2466).[X.], Urteil vom 19. Juni 2002 - [X.]/01 - [X.] LG Düsseldorf- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], die Richterin [X.], denRichter [X.] und die Richterin Dr. [X.] auf die [X.] vom 19. Juni 2002fr Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des15. Zivilsenats des O[X.]landesgerichts Dsseldorf vom23. Mai 2001 aufgehoben.Die Berufung der Kler gegen das Urteil der 5. Zivil-kammer des [X.] vom 5. Juli 2000wird zurckgewiesen.Die Kler tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.Von Rechts [X.]:Die in den Jahren 1923 und 1922 geborenen [X.] wenden sichgegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.Sie sind Miteigentmer eines [X.]s in D., das sie im Jahre1963 mit einem von ihnen selbst genutzten Reihenhaus bebauten. [X.] Dezem[X.] 1997 bestellten sie zugunsten der Beklagten eine erstran-- 3 -gige [X.] 150.000 DM und unterwarfen sich der sofortigenZwangsvollstreckung in das belastete [X.]. Die [X.]undschuld be-sicherte gemß Zweckerklrung vom selben Tage einen Kredit r150.000 DM und drei weitere Darlehen [X.], [X.] Beklagte dem Schwiegersohn der [X.] gewrt hatte. Den [X.] 150.000 DM verwandte dieser, um Verbindlichkeiten der [X.] bei der Beklagten zurckzufhren. Dadurch sollte [X.] der Gesellschaft, an der er als Kommanditist zu 50%beteiligt war, verbessert werden. Nach seinem Tode im Jahre 1999 wur-den die Kredite nicht mehr bedient. Die Beklagte begann daraufhin mitder Verwertung der ihr von den [X.]n begebenen Sicherheit.Das [X.] hat die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen.Die Berufung der Kler hatte Erfolg. Dagegen richtet sich die [X.] Beklagten.Entscheidungsgrnde:Das Rechtsmittel der Beklagten ist [X.]. Es [X.] zur Aufhe-bung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung deslandgerichtlichen Urteils.[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die [X.]undschuldbe-stellung sittenwidrig gemß § 138 Abs. 1 BGB. Den [X.]n stehe daherein Anspruch auf [X.] der [X.]undschuld zu, den sie im Wegeder Vollstreckungsabwehrklage geltend machen kten. Die [X.] -ze, die der [X.] zur Sittenwidrigkeit von Brgschaften ent-wickelt habe, seien auf das Sicherungsmittel der [X.]trag-bar. Die wirtschaftliche Belastung fr die Kler sei in beiden Fllen ver-gleichbar. Die betagten [X.] tten sich allein aufgrund familirer [X.] zur Ü[X.]nahme eines nach ihren finanziellen Verhltnissen unver-tretbar hohen Haftungsrisikos gedrngt gefhlt, um dem [X.] eines die Existenzgrundlage ihrer Tochter und ihrer vierEnkelkinder sichernden Kredits zu ermlichen. Durch die [X.] seien sie [X.]. Es sei [X.]eits im Dezem[X.]1997 nicht zu erwarten gewesen, [X.] sie aus ihrem [X.] abgesicherten Verbindlichkeiten wenigstens zu wesentlichen Teilentten tilgen oder auch nur die Zinsleistungetten erbringen knen,ohne dabei das ihnen zu belassende Existenzminimum von [X.] zu unterschreiten. Die Verûerung des ihrer Lebensgrundla-ge dienenden Hausgrundstcks bedeute eine unzumutbare Hrte. [X.] den [X.]n der nach Abzug ihrer Verpflichtungen [X.]steigendeErls verbleibe, reiche dieser nicht, um ihre altersgemûe Unterbringungund Betreuung sicherzustellen.I[X.] Das lt der rechtlichen Nachprfung nicht stand.1. Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.]s kanneine Brgschaft sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn ihr [X.] die finanzielle Leistungfhigkeit des Brgen erheblic[X.]-steigt und weitere Umstinzukommen, durch die ein [X.] zwischen den Vertragspartnern hervorgerufen wird,welches die Verpflichtung des Brgen auch unter Bercksichtigung der- 5 -[X.]echtigten Belange des [X.] als rechtlich nicht mehr hinnehm-bar erscheinen lût. Das gilt im besonderen Maûe fr eine Haftungs-rnahme, die aus emotionaler Verbundenheit mit dem Schuldner er-folgt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2002 - [X.]/01 - unter [X.] in [X.]Z bestimmt; [X.]Z 137, 330, 332 f.; 132, 328,329 f.; 128, 230, 232; 125, 206, 210 f.)Diese [X.]undstze finden hier jedoch keine Anwendung. Die Klersind der Beklagten nicht aus einer Brgschaft verpflichtet. Ihre aus-schlieûlich dingliche Haftung [X.]uht auf der [X.]undschuldbestellung vom29. Dezem[X.] 1997. [X.] ist die mit dem [X.]undpfandrechtbelastete Immobilie. Allein wegen dieses [X.] die [X.] Gefahr, wegen der besicherten Verbindlichkeiten in [X.] genommen zu werden. Schon das steht einer Gleichsetzung miteinem Brgen, der mit seinem gesamten Einkommen und [X.] unterliegt, entgegen. Wegen ihrer dinglich beschrkten Haftungdroht den [X.]n keine weitergehende Inanspruchnahme. Anders [X.] kann sich ein besonders grobes Miûverhltnis zwischen derrnommenen Zahlungsverpflichtung und der wirtschaftlichen Lei-stungsfigkeit grundstzlich nicht ergeben. Kdie [X.] er dievon ihnen gestellte Sicherheit die Verbindlichkeiten ihres verstorbenenSchwiegersohnes nicht zurckfren, ist der Beklagten der Zugriff auflaufende Renteneinkfte oder auf das brige Vermverwehrt.2. Durch den Einsatz ihres [X.]s als Sicherheit haben die[X.] zudem gezeigt, [X.] sie [X.]. Das unter-scheidet sie von einem finanziell nicht leistungsfhigen Brgen. Den [X.] einer Zwangsversteigerung zu erzielenden Erls haben die [X.]- 6 -in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 13. Januar 2000 mit 300.000 [X.] 350.000 DM beziffert. Das [X.] verkrpert damit wenigstensdiesen [X.]. Es fehlt auch deshalb an einer krassen wirt-schaftlichen Ü[X.]forderung der [X.] als objektiver Voraussetzung freine Sittenwidrigkeit. Der Sicherungsge[X.] kann sich auf den Schutz des§ 138 Abs. 1 BGB nur [X.]ufen, wenn die Bank ihn unter Ü[X.]gewichtungder eigenen wirtschaftlichen Interessen in eine Verschuldung genommenhat, aus der er sich wegen der ierfordernden Zins- und Tilgungslei-stungen aus [X.] nicht mehr befreien kann. Davon kann im Falleder Kler nicht die Rede sein. Die Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB willden Sicherungsge[X.] nicht davor bewahren, einen [X.] als Sicherheit zu geben, bei dessen Verwertung er neben wirt-schaftlichen auch persnliche Nachteile, wie etwa den Verlust des [X.] genutzten Eigenheimes, erleidet. Der Einsatz des einzigen oderletzten [X.] als Sicherungsmittel ist nicht ohne weiteresverwerflich im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB. Auch bei einem Brgen inderselben Situation bestkein Miûverhltnis zwischen [X.] und [X.], selbst wenn er die gesamte [X.] nur durch Verwertung des von ihm bewohnten Hauses zutilgen vermag. Die Bestimmung des § 138 Abs. 1 BGB hat regelmûignicht den Zweck, das Eigenheim eines Brgen auf Dauer zu erhalten,auch wenn dessen Einkommen die [X.] nur in [X.]. Ebensowenig sctzt die Norm die Mg-lichkeit eines dauerhaften mietfreien Wohnens ([X.], Urteil vom 26. April2001 - [X.] - NJW 2001, 2466 unter [X.]). Das hat erst recht frden dinglichen Sicherheitenge[X.] zu gelten, der nur einen [X.] als Sicherheit zur Verfstellt und sich [X.] persnlichen Zahlungsverpflichtung [X.] 7 -3. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen [X.]nden als richtig.a) Weitergehende Anhaltspunkte fr eine Sittenwidrigkeit sind nichterkennbar. Die [X.] haben ihr Vorbringen nicht substantiiert, der [X.] sei schon bei Bestellung der [X.]undschuld am 30. Dezem[X.]1997 die wirtschaftlich desolate Situation der GmbH bekannt gewesen.Die Beklagte hat sich [X.] dahin eingelassen, die Gesellschafthabe im Jahre 1996 187.000 DM und im Jahre 1997 161.000 DM als [X.] erzielt. Auf die negative Entwicklung der Gesellschaft und [X.] in [X.] 97.000 DM, die sich durch Privatentnahmen [X.] auf insgesamt 251.000 DM ert tten, sei sie erstnach Entgegennahme der Sicherheit durch die betriebswirtschaftlicheAuswertung fr den Monat Dezem[X.] 1998 aufmerksam geworden. [X.] nichts dafr ersichtlich, [X.] die Beklagte den [X.]n eine hoff-nungslose Lage der Gesellschaft verschwiegen und nach weiteren [X.] verlangt hat, ohne [X.] diese zur Sanierung der GmbH noc[X.]n beitragen knnen. Vielmehr hat sie lediglich ihre eigenen und be-rechtigten Sicherungsinteressen wahrgenommen (vgl. [X.], Urteil vom26. April 2001 aaO unter [X.] und [X.]) Aus den gleichen [X.] die [X.] keinen Wissens-vorsprung belegt, der die Beklagte zur Aufklr[X.] die [X.] Lage der [X.] veranlassen mssen. Auch aus [X.] vom 29. Okto[X.] 1997 geht ein solcher, den [X.]n nicht of-fenbarter Wissensvorsprung nicht hervor. Die Beklagte legt darin nur [X.] der Gesellschafter dar, der [X.] durch dieUmwandlung von [X.] in Eigenmittel neues Kapital zuzufren.- 8 -Es besagt nicht, [X.] die Beklagte davon ausging, der [X.] insgesamt an der wirtschaftlichen [X.]) [X.] die allgemeinen Risiken, die mit einer Sicherheitenbege-bung verbunden sind, brauchte die Beklagte die [X.] nicht aufzukl-ren. Sie durfte annehmen, [X.] sich die [X.] r die entscheidendenUmstselbst unterrichteten und sicr die Art und den Umfang ih-rer Einstandspflicht Klarheit verschafften. Es war nicht die rechtlicheAufgabe der Beklagten, den [X.]n die Nachteile und Gefahren zu ver-deutlichen, die mit der [X.]undschuldbestellung einhergehen konnten, essei denn, sie [X.] aufgrund besonderer - hier nicht dargelegter - Um-sts Einzelfalles davon ausgehen mssen, [X.] die [X.] als Si-cherungsge[X.] r die Risiken nicht hinreichend unterrichtet waren(vgl. [X.], Urteile vom 15. April 1997 - [X.] - [X.], 1045unter I 4; vom 7. Mai 1987 - [X.] - ZIP 1987, 764 unter 3 d; je-weils zur Brgschaft).Terno [X.] [X.] [X.] Dr. [X.]

Meta

IV ZR 168/01

19.06.2002

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2002, Az. IV ZR 168/01 (REWIS RS 2002, 2748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2748

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