Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2018, Az. AnwZ (Brfg) 15/18

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2018, 6754

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Gegenstand

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Anwaltszwang im Rechtsmittelverfahren gegen Endentscheidungen der Anwaltsgerichtshöfe bei Widerruf der Rechtsanwaltszulassung; Verfassungsmäßigkeit des Anwaltszwanges


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 13. März 2017 und dessen Beschluss vom 17. November 2017 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger war bis zum Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung durch [X.]escheid vom November 2014 Mitglied der [X.]. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit dieses [X.]escheids, hilfsweise auf dessen Aufhebung wurde durch den [X.] Anwaltsgerichtsgerichtshof abgewiesen; der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der [X.]erufung wurde durch [X.]eschluss des [X.] vom 28. Juli 2016 - [X.] ([X.]) 28/16 als unzulässig verworfen.

2

Mit seiner hier streitgegenständlichen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit einzelner [X.]estimmungen der Geschäftsordnung der [X.] und die Feststellung der Nichtigkeit der Wahlen zum Vorstand der [X.] vom 13. November 2015.

3

Nach Verweisung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit an den [X.] [X.] wies dieser die Klage als unzulässig ab, da der Kläger zum Entscheidungszeitpunkt infolge des Widerrufs der Anwaltszulassung seine Postulationsfähigkeit verloren habe. Den Antrag auf mündliche Verhandlung verwarf der [X.] aus demselben Grunde als unzulässig. Hiergegen richtet sich der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung.

II.

4

Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ist als unzulässig zu verwerfen.

5

1. Der Senat kann offen lassen, ob im Falle eines Antrags auf mündliche Verhandlung gegen einen Gerichtsbescheid dessen Verwerfung als unzulässig im [X.] ohne mündliche Verhandlung zulässig ist (zum Streitstand ausführlich: [X.], [X.]eschluss vom 15. August 2017 - 5 PKH 1/17 D, juris Rn. 9) und ob in diesem Falle - ggf. unter Anwendung des Grundsatzes der Meistbegünstigung - ein Antrag auf Zulassung der [X.]erufung statthaft ist (vgl. dazu [X.] aaO; [X.], 216, 217 f.; [X.], DV[X.]l. 1998, 487, 488).

6

2. Der Antrag ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Kläger hinsichtlich seines Rechtsmittels nicht postulationsfähig ist.

7

a) Gemäß § 112e Satz 2 [X.] steht der [X.] im [X.] gegen Endentscheidungen der Anwaltsgerichtshöfe einem Oberverwaltungsgericht gleich. Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO müssen sich [X.]eteiligte vor dem Oberverwaltungsgericht vertreten lassen. Dies gilt auch gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO bereits für die Einlegung des Rechtsmittels bei der Ausgangsinstanz.

8

b) Eine Selbstvertretung des [X.] wäre nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 67 Abs. 4 Satz 3 und 8 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwGO nur möglich, wenn dieser Rechtsanwalt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

9

aa) Die Anwaltszulassung des [X.] war durch [X.]escheid der [X.] widerrufen worden. Die hiergegen gerichtete Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Aufhebung des [X.]escheids wurde durch den [X.]s abgewiesen. Die Entscheidung wurde durch Verwerfung des Antrags auf Zulassung der [X.]erufung durch den [X.] 2016 - und damit noch vor Einlegung des Rechtsmittels in diesem Verfahren - rechtskräftig.

bb) Der Kläger kann insoweit auch nicht geltend machen, dass der [X.] infolge der Nichtigkeit früherer Wahlen zum Vorstand der [X.] nichtig sei.

Diesem Einwand steht die Rechtskraft der Entscheidung des Anwalts-gerichtshofs im Verfahren über den Widerruf der Anwaltszulassung entgegen, durch den die vom Kläger erhobene Nichtigkeitsklage abgewiesen wurde.

Im Übrigen würden Fehler bei der Wahl eines Vorstandes der [X.] nur im Falle einer Anfechtung dieser Wahl und - sofern die Wahl für ungültig erklärt wird - erst ab Rechtskraft des Urteils zum Verlust des Amtes führen ([X.], Senatsbeschluss vom 9. November 2009 - [X.] ([X.]) 13/09, juris Rn. 8 ff.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 112f [X.] Rn. 51 ff.). Es ist daher nicht ersichtlich, dass [X.] bei früheren Vorstandswahlen zu einer Nichtigkeit des [X.]escheids über den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führen können.

c) Eine Postulationsfähigkeit kann entgegen dem Vortrag des [X.] auch nicht aus § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift sind Personen mit [X.]efähigung zum Richteramt vor den Verwaltungsgerichten [X.]. Diese Vorschrift findet im Verfahren über die Zulassung der [X.]erufung jedoch keine Anwendung. Hierfür gilt - da, wie ausgeführt, der [X.] in diesem Verfahren einem Oberverwaltungsgericht gleichsteht - § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 67 Abs. 4 Satz 7 VwGO, der nur den in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3-7 genannten Personen und Organisationen Vertretungsbefugnis einräumt, nicht aber den in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 genannten Personen.

d) Auch aus [X.]recht ergibt sich vorliegend nichts anderes. Zwar beschränkt der [X.] das Recht des [X.]etroffenen, seine Rechte im Prozess selbständig wahrzunehmen und hat ggf. auch finanzielle [X.]elastungen zur Folge. Gleichwohl begegnet der [X.] weder vor dem Hintergrund der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG noch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, verfassungsrechtlichen [X.]edenken, da der [X.] ein geordnetes und konzentriertes Verfahren fördert ([X.]VerfGE 74, 78, 93; [X.], NJW 1980, 1706; [X.]ayVerfGH, [X.]ayV[X.]l. 2015, 16 Rn. 17). Insofern war der Gesetzgeber von [X.] wegen nicht gehindert, den Kreis der bei Obergerichten postulationsfähigen Personen, wie in § 67 Abs. 4 VwGO geschehen, zu begrenzen (vgl. auch [X.]eckOK VwGO/Hartung, Stand: 1. April 2015, VwGO, § 67 Rn. 43, [X.] in [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand: Juni 2017, VwGO, § 67 Rn. 12).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 [X.] (vgl. insoweit [X.], Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018 - [X.] ([X.]) 2/17, juris Rn. 6 f.).

Kayser     

        

[X.]ünger     

        

Remmert

        

Schäfer     

        

Wolf     

        

Meta

AnwZ (Brfg) 15/18

03.07.2018

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt, 17. November 2017, Az: 1 AGH 8/16

§ 112c Abs 1 S 1 BRAO, § 112e S 2 BRAO, § 67 Abs 4 S 1 VwGO, § 67 Abs 4 S 2 VwGO, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2018, Az. AnwZ (Brfg) 15/18 (REWIS RS 2018, 6754)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6754

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