Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.02.2011, Az. X S 1/11 (PKH)

10. Senat | REWIS RS 2011, 9514

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Gegenstand

Aussetzung der Vollziehung: Gericht der Hauptsache, Zulässigkeit der Beschwerde


Leitsatz

NV: Der BFH wird nicht dadurch zum Gericht der Hauptsache i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO, dass gegen einen ablehnenden AdV-Beschluss des FG, welches keine Beschwerde zugelassen hatte, gleichwohl Beschwerde eingelegt wird.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin wandte sich mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) an das Finanzgericht ([X.]). Durch Beschluss vom 30. Dezember 2010 lehnte das [X.] diesen Antrag ab. Es ließ gegen seinen Beschluss die Beschwerde nicht zu. Hierauf stellte die durch einen Rechtsanwalt vertretene Antragstellerin beim [X.] ([X.]) mit Schreiben vom 6. Januar 2011 den Antrag "auf Zulassung zur Rechtsbeschwerde". In diesem Schreiben legte sie dar, der genannte Beschluss des [X.] sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Hilfsweise beantragte sie, die Vollziehung mehrerer von ihr näher bezeichneter Steuerbescheide auszusetzen. Auf der letzten Seite des Schreibens vom 6. Januar 2011 wird unter Hinweis auf beigefügte Unterlagen ausgeführt, es werde beantragt, für die beabsichtigte Rechtsverfolgung in der Beschwerdeinstanz Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. In dem an den [X.] gerichteten mit dem Stichwort "Zulassung zur Rechtsbeschwerde" überschriebenen Schreiben vom 7. Januar 2011 wies der [X.] der Antragstellerin darauf hin, nach seiner Ansicht seien die Voraussetzungen der §§ 128 Abs. 3, 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) gegeben. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Darüber hinaus werde ein Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung beruhen könne. Dieser liege auch vor.

Entscheidungsgründe

2

II. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] hat keinen Erfolg.

3

1. Nach § 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine solche Erfolgsaussicht ist im Streitfall nicht gegeben.

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a) Das im Schriftsatz vom 6. Januar 2011 enthaltene Begehren ist in der Hauptsache darauf gerichtet, im Beschwerdeverfahren eine Überprüfung des Beschlusses des [X.] vom 30. Dezember 2010 zu erreichen, durch den das [X.] den geltend gemachten [X.] abgelehnt hat. Das Vorbringen der Antragstellerin kann nicht deshalb als bloße Ankündigung eines erst nach Gewährung von [X.] noch gegen die Entscheidung des [X.] einzulegenden Rechtsmittels gewertet werden. Dies folgt aus ihrem mit einer ausführlichen Begründung versehenen ausdrücklichen Begehren, den Beschluss des [X.] aufzuheben.

5

b) Eine solche Beschwerde ist im Streitfall jedoch nicht statthaft. Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 [X.]O steht den Beteiligten gegen die AdV-Entscheidung des [X.] die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Ist --wie im [X.] die Beschwerde nicht zugelassen worden, dann ist hiergegen keine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Beschwerde gegeben. Gegenteiliges folgt nicht daraus, dass § 128 Abs. 3 Satz 2 [X.]O die entsprechende Anwendung von § 115 Abs. 2 [X.]O anordnet. Denn diese Bestimmung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die dort genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das [X.] maßgebend sind. Hingegen verweist die Vorschrift gerade nicht auf § 116 Abs. 1 [X.]O, der die Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision regelt ([X.] vom 30. Juli 2003 [X.], [X.] 2003, 1601, und vom 28. Februar 2007 [X.], [X.] 2007, 1171).

6

Im Streitfall ist auch keine außerordentliche Beschwerde gegeben. Eine solche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist seit Inkrafttreten des § 133a [X.]O zum 1. Januar 2005 als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft (vgl. z.B. [X.] vom 4. November 2008 [X.]/08, [X.] 2009, 400). Auch eine Umdeutung in eine gesetzlich ebenfalls nicht geregelte Gegenvorstellung, für deren Entscheidung ohnehin das [X.] zuständig wäre, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Umdeutung der von einem fachkundigen [X.] ausdrücklich als solche erhobenen Beschwerde ausscheidet (vgl. z.B. [X.] in [X.] 2009, 400). Es kann deshalb dahinstehen, ob nach Inkrafttreten des § 133a [X.]O eine Gegenvorstellung überhaupt noch zulässig ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2010 [X.]/10, [X.] 2011, 276).

7

c) Soweit die Antragstellerin hilfsweise die AdV der von ihr näher benannten Steuerbescheide durch den [X.] begehrt, hat ihr Begehren und ihr darauf gestützter [X.]-Antrag auch insoweit keinen Erfolg. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 [X.]O kann (nur) das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen. Der [X.] wird jedoch nicht dadurch Gericht der Hauptsache, dass die Antragstellerin gegen den ablehnenden [X.] des [X.], welches hiergegen keine Beschwerde zugelassen hatte, gleichwohl Beschwerde eingelegt hat ([X.] vom 10. Dezember 1997 [X.], 124/97, [X.] 1998, 716).

8

2. Da der Antrag auf Bewilligung von [X.] keinen Erfolg hat, geht der Antrag der Antragstellerin, im Rahmen der [X.] einen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ins Leere.

9

3. Der erfolglose [X.]-Antrag löst keine Gerichtsgebühren aus (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 142 Rz 93).

Meta

X S 1/11 (PKH)

10.02.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

§ 69 Abs 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.02.2011, Az. X S 1/11 (PKH) (REWIS RS 2011, 9514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9514

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