Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2003, Az. I ZR 104/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 643

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:20. November 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] durch Automobilclub[X.] Art. 1 §§ 1, 5, 6 Nr. 2, § 7;UWG §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2a)Ein Automobilclub stellt regelmäßig weder eine auf berufsständischerGrundlage errichtete Vereinigung noch eine berufsstandsähnliche Vereini-gung i.S. des Art. 1 § 7 [X.])Zu den Voraussetzungen der Verbandsklagebefugnis gemäß § 13 Abs. 2Nr. 2 UWG, wenn ein Verstoß gegen § 1 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 [X.] gel-tend gemacht wird.[X.], [X.]. v. 20. November 2003 - [X.]/01 - [X.] am [X.] [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 20. November 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.], Prof. [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 6. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Frankfurt am Main vom 15. Februar 2001 wird [X.] des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist ein dem [X.] [X.]. Er verfolgt nach § 4 seiner Satzung den Zweck, die berufli-chen Interessen der im Bezirk des [X.] zugelasse-nen Rechtsanwälte zu fördern.Der Beklagte ist ein Automobil- und Reiseclub. Er versteht sich nach [X.] als Interessengemeinschaft von Verkehrsteilnehmern des öffentli-chen Dienstes. Mitglied kann neben Angehörigen des öffentlichen Dienstes,vergleichbarer Einrichtungen sowie von [X.] für den öffent-- 3 -lichen Dienst jeder Verkehrsteilnehmer werden, sofern er den Zwecken undZielen des Vereins zustimmt.Eine Tochtergesellschaft des [X.], die [X.],bietet Rechtsschutzversicherungen an, die der Beklagte vermittelt.Der Kläger nimmt den [X.], der über keine Erlaubnis zur [X.] verfügt, wegen einer in dessen Mitgliederzeitschrift, Ausgabe 3/99, unterder Überschrift "[X.]: [X.] rund um die Uhr!" erschienenenWerbung für eine telefonische Hotline auf Unterlassung in Anspruch. Er sieht inder über die Hotline abrufbaren Dienstleistung eine unerlaubte [X.] [X.].Der Beklagte ist dem entgegengetreten.Das [X.] hat den [X.] dem Klageantrag entsprechend unterAndrohung von [X.] verurteilt, es zu unterlassen,ohne Erlaubnis nach dem [X.] geschäftsmä-ßig Dritte in rechtlichen Fragen zu beraten, insbesondere Club-mitglieder und Rechtsschutzversicherungsnehmer bei [X.] in den Bereichen Auto, Verkehr und Reisen sowie bei juristi-schen Problemen des täglichen Lebens, insbesondere im Nach-barschaftsrecht, im Arbeitsrecht, insbesondere bei Änderungs-kündigungen, sowie im [X.]/[X.] diese Tätigkeit zu werben, insbesondere mit folgenden Aus-sagen:"[X.]: [X.] rund um die Uhr! (...)"- 4 -"Kleine Nummer, große Wirkung: Unter der 0180 können Sie als Clubmitglied ab sofort rund um die Uhr beimAR. anrufen, wenn Sie ein rechtliches Problem in [X.], Verkehr oder Reise bedrückt! Falls Sie eine AR. -Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, erstrecktsich dieser Service sogar auf weitere Bereiche, zum Beispielauf Mietrechtsfragen und Vertragsangelegenheiten aller Art,ja sogar auf Fragen zum Arbeitsrecht. (...)""Unsere Experten führen Sie außerdem zuverlässig durchden gerichtlichen und behördlichen Zuständigkeitsdschungeloder weisen Ihnen den Weg zu einem kompetenten Rechts-anwalt. (...)""Als AR. -Vollrechtsschutz-Versicherter haben Sie nochmehr Vorteile: Hier braucht sich unsere sach- und [X.] Hilfe nicht auf die drei Themenbereiche Auto, Verkehr undReise zu beschränken, sondern schließt juristische Problemedes täglichen Lebens mit ein - unabhängig davon, ob dieserLeistungsumfang in Ihrem Rechtsschutzvertrag auch abge-deckt ist. Also zum Beispiel das richtige Verhalten bei Nach-barschaftsstreitigkeiten; die Frage, ob Sie eine Änderungs-kündigung Ihres Chefs akzeptieren müssen; oder Informatio-nen, wie Sie einen zahlungsunwilligen Mieter zur [X.] können. (...)"insbesondere wenn dies geschieht wie aus der Anlage [X.] er-sichtlich:- 5 -- 6 -Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben ([X.] amMain GRUR-RR 2002, 37).Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt [X.] seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.Entscheidungsgründe:[X.] [X.] hat den Betrieb der Hotline durch den [X.] eine unerlaubte Rechtsberatung und daher diesen Betrieb sowie die [X.] für ihn als Verstoß gegen § 1 UWG angesehen. Dazu hat es ausgeführt:Die Mitglieder des [X.] könnten, wie dieser eingeräumt und in [X.] auch herausgestellt habe, unter der vom [X.] betriebenenHotline grundsätzlich erlaubnispflichtige Rechtsberatung im Sinne des Art. 1 § 1[X.] abrufen. Die Dienstleistung werde aus der insoweit maßgeblichen Sichtder angesprochenen Verkehrskreise von dem [X.] selbst erbracht. [X.] keine berufsständische oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungund könne daher auch nicht die Rechtsberatung im Bereich Auto, Reise [X.] gemäß Art. 1 § 7 [X.] erlaubnisfrei erbringen. Ebenfalls ohne [X.] sich der Beklagte auf Art. 1 § 5 [X.], da er weder Rechtsschutzversi-cherer sei noch Rechtsschutzversicherungen vertreibe. Die Anwendung [X.] des [X.]es verstoße nicht gegen Art. [X.]. 1 GG; denn der Beklagte biete eine umfassende und vollwertige Rechts-beratung an.- 7 -I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.1. [X.] hat angenommen, daß der Beklagte aus [X.] der angesprochenen Verkehrskreise über die in dem "[X.]" [X.] eine von ihm selbst zu erbringende Rechtsberatung im Sinnedes Art. 1 § 1 [X.] angeboten hat. Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehlernicht erkennen (vgl. [X.]Z 98, 330, 332 - [X.]) und wird auch von der Revision nicht [X.] Ohne Erfolg greift die Revision die Beurteilung des Berufungsgerichtsan, der Beklagte könne sich, soweit es um Rechtsberatung außerhalb der [X.], Verkehr und Reisen gehe, nicht auf die Bestimmung des Art. 1 § 5[X.] stützen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die [X.]gemäß dieser Vorschrift berechtigt ist, die in der in Rede stehenden Werbungbeschriebenen rechtsbetreuenden Tätigkeiten selbst in eigener Person vorzu-nehmen. Jedenfalls nämlich darf sie sich nicht des [X.] in der in der [X.] dargestellten Weise bedienen. Soweit die Revision gegenteiliger [X.] ist, übersieht sie die Bestimmung des Art. 1 § 6 Nr. 2 [X.]. Danach darfdie Erledigung von Rechtsangelegenheiten durch Personen oder Stellen der inArt. 1 §§ 1, 3 und 5 [X.] bezeichneten Art nur auf zu diesen in einem Ange-stelltenverhältnis stehende Personen übertragen werden. Der Begriff des Ange-stellten ist zwar weit auszulegen. Er setzt aber immerhin voraus, daß eine ab-hängige, weisungsgebundene Tätigkeit im Betrieb eines anderen ausgeübt wird([X.], 313, 314; [X.] in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung,Art. 1 § 6 [X.] [X.]. 4 m.w.N.). Im Streitfall fehlt es an einem solchen Rechts-verhältnis zwischen dem [X.] und seiner als Rechtsschutzversicherer tä-tigen Tochtergesellschaft [X.].- 8 -3. [X.] hat seine Auffassung, der Beklagte könne [X.] der Rechtsberatung in den Bereichen Auto, Verkehr und Reisen nicht aufArt. 1 § 7 [X.] stützen, damit begründet, daß Zusammenschlüsse, die - wieder Beklagte - der Förderung von Interessen dienten, die jedermann habenkönne, nicht zu den in dieser Bestimmung privilegierten Vereinigungen zählten.Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls [X.]) Der Beklagte stellt, anders als die Revision meint, keine auf [X.] Grundlage errichtete Vereinigung dar. Denn bei ihm kann außerden Angehörigen des öffentlichen Dienstes und den diesen [X.] auch jeder andere Verkehrsteilnehmer Mitglied werden, der [X.] und Zielen des [X.] zustimmt. Es fehlt damit eine Verbundenheitder Vereinsmitglieder bei der Wahrnehmung beruflicher Standesinteressen (vgl.[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., [X.]. 671).b) Es handelt sich bei dem [X.] aber auch nicht um eine berufs-standsähnliche Vereinigung i.S. des Art. 1 § 7 [X.]. Eine solche liegt dannvor, wenn die Vereinigung auf der Grundlage der gleichen oder ganz ähnlichenwirtschaftlichen oder [X.] Stellung ihrer Mitglieder zur Wahrnehmung derfür diese Stellung bezeichnenden wirtschaftlichen oder [X.] Interessen ge-bildet worden ist (vgl. [X.], [X.]. v. 3.4.1985 - [X.], [X.], 79, 80- [X.]; BVerwG DVBl 1983, 1249, 1250). Danach sind insbeson-dere Mietervereine als auf ähnlicher Grundlage errichtete Vereinigungen imSinne der genannten Bestimmung anzusehen (vgl. [X.] [X.], 79, 80- [X.]; [X.]/[X.] aaO [X.]. 721-723, jeweils m.w.[X.] soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung auch für [X.] gelten, da diese hinsichtlich der (eher geringen) Homogenität ihrer- 9 -Mitglieder mit [X.] unmittelbar vergleichbar seien (Rennen/[X.],[X.], 3. Aufl., Art. 1 § 7 [X.]. 8). Dem kann nicht zugestimmtwerden. Ein Automobilclub stellt wegen der sehr großen Zahl der in [X.] Mitglieder aus fast allen Bevölkerungsschichten regelmäßig keineVereinigung mehr dar, die auf der Grundlage einer gleichen oder ganz ähnli-chen wirtschaftlichen oder [X.] Stellung ihrer Mitglieder zur Wahrnehmungder dafür bezeichnenden wirtschaftlichen oder [X.] Interessen gebildet ist([X.] in Henssler/Prütting aaO Art. 1 § 7 [X.] [X.]. 46; [X.]/[X.]aaO [X.]. 732). Der Beklagte versteht sich nach seiner Satzung zwar als [X.] des öffentlichen Dienstes. [X.] kann aber neben Angehörigen des öffentlichen Dienstes, vergleichbarerEinrichtungen sowie von [X.] für den öffentlichen Dienstauch jeder andere Verkehrsteilnehmer werden, sofern er den Zwecken undZielen des Vereins zustimmt. Damit steht der Beklagte grundsätzlich nahezujedermann offen. Dementsprechend kann bei ihm von einer - zumindest - ge-wissen Homogenität des [X.] von Personen, die als Mitglieder in Betrachtkommen, sowie von einer dort vorhandenen gleichgerichteten Interessenlagekeine Rede sein.4. [X.] hat keine Feststellungen zu der Frage getroffen,ob die vom Kläger, dessen Klagebefugnis sich allein aus § 13 Abs. 2 Nr. 2UWG ergeben kann (vgl. [X.], [X.], 528 f.), beanstandete Verhal-tensweise des [X.] den Wettbewerb auf dem relevanten örtlichen undsachlichen Markt, d.h. auf dem Gebiet der Rechtsberatung in dem Bereich, indem die beim [X.] Frankfurt am Main zugelassenen Rechtsanwälte [X.], wesentlich zu beeinträchtigen vermag. Diese Beurteilung kann jedoch [X.] Grundlage der sonstigen vom Berufungsgericht getroffenen [X.] des unstreitigen Sachverhalts nachgeholt werden ([X.], [X.]. [X.] -28.11.1996 - [X.], [X.], 767, 770 = [X.], 735 - Brillen-preise II). Zu berücksichtigen ist insbesondere, daß der in Art. 1 § 1 [X.] ge-regelte grundsätzliche Erlaubniszwang für rechtsbesorgende Tätigkeiten nichtnur berufsständischen Interessen, sondern auch dem allgemeinen Interesse aneiner zuverlässigen Rechtspflege dient und seine Mißachtung daher regelmäßigohne das Hinzutreten weiterer Umstände als wettbewerbswidrig anzusehen ist(vgl. [X.], [X.]. v. 16.3.1989 - I ZR 30/87, [X.], 437, 438 = [X.] 1989,508 - Erbensucher; [X.]. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, [X.], 886, 889 =[X.] 2003, 1103 - [X.]; [X.].UWG/Teplitzky, § 1 [X.]. [X.].N. in [X.]. 479). Außerdem begründet die Verhaltensweise des [X.]die erhebliche Gefahr, daß Mitbewerber in entsprechender Weise gegen [X.] der unerlaubten Rechtsberatung verstoßen werden (vgl. [X.], [X.]. [X.] - I ZR 138/92, [X.], 122, 124 = [X.] 1995, 104 - Laienwer-bung für Augenoptiker; [X.] [X.], 767, 769 - Brillenpreise II). Ohne [X.] macht die Revision auch geltend, der Beklagte überschreite mit seiner [X.] Verhaltensweise jedenfalls nicht die Grenzen einer [X.].S. des § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die Revisionserwiderung weist hierzu [X.] darauf hin, daß der Gesetzgeber mit der Einführung dieser Regelungdem Rechtsrat Suchenden den Gang zum Rechtsanwalt erleichtern wollte, nichtaber zu nicht autorisierten Rechtsberatern. Gerade auch eine erste Beratung imSinne der genannten Vorschrift hat qualifiziert zu sein, da anderenfalls die Ge-fahr besteht, daß der Rechtsuchende von ihm in rechtlicher Hinsicht gegebe-nenfalls zustehenden Angriffs-, Verteidigungs- oder Gestaltungsmöglichkeitenschon überhaupt keine Kenntnis erlangt. Aus diesem Grund spricht der von [X.] herausgestellte Umstand, daß sich die vom [X.] geleistete Be-ratungstätigkeit nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen aufeine "grobe Prüfung" beschränke, keineswegs gegen die Klagebefugnis [X.] gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Der Beurteilung der wesentlichen Be-- 11 -einträchtigung des [X.] steht nicht entgegen, daß der beklagte [X.] seiner Einlassung für die Erteilung von Rechtsrat Rechtsanwälte ein-schaltet. Damit erfährt die beanstandete Tätigkeit des Vereins als verboteneRechtsberatung wettbewerbsrechtlich keine andere Gewichtung.II[X.] Danach war die Revision des [X.] mit der Kostenfolge aus § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.UllmannHerr Ri[X.] Prof. [X.]Bornkammist nach Erreichen [X.] aus demDienst ausgeschieden.[X.]

Meta

I ZR 104/01

20.11.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2003, Az. I ZR 104/01 (REWIS RS 2003, 643)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 643

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