Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2010, Az. IV ZR 90/09

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7645

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[X.]BESCHLUSS IV ZR 90/09vom 14. April 2010 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.] Karczewski und [X.] am 14. April 2010 beschlossen: Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 28. November 2008 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme [X.] vier Wo[X.]. Gründe: [X.] Die Klägerin begehrt von der beklagten [X.] und der Länder die Erstattung von Beitragszahlungen ihres am 25. September 2005 verstorbenen Ehemannes, der in der [X.] vom 1. Ju-li 2003 bis zu seinem Tod 27 Monate bei der [X.] pflichtversichert war. 1 - 3 -

2 Den Antrag der Klägerin, ihr eine Betriebsrente für Hinterbliebene zu gewähren, lehnte die Beklagte ab, weil der Ehemann der [X.] die Wartezeit von 60 Umlagemonaten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht erfüllt hatte. Die sodann von der Klägerin beantragte Erstattung der von ihrem Ehemann geleisteten Beiträge lehnte die Beklagte mit der [X.] ab, dass nach § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Beitragserstat-tung nur vom Versicherten selbst beantragt werden könne und das [X.] nicht auf die Hinterbliebenen übergehe.
Die auf Feststellung der Verpflichtung der [X.], der Klägerin die von ihrem Ehemann gezahlten Beiträge zu erstatten, gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zuge-lassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. 3 I[X.] Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision im [X.] nach § 552a Satz 1 ZPO liegen vor. 4 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Der Rechtssache kommt vor allem nicht die vom Berufungsgericht ange-nommene grundsätzliche Bedeutung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Diese ist dann gegeben, wenn eine klärungsbedürftige und klärungs-fähige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], 288, 291; 152, 182, 191; 151, 221, 223, [X.] m.w.[X.]). [X.] ist eine Frage, wenn sie in der Recht-sprechung und/oder der Literatur und/oder den beteiligten [X.] kontrovers diskutiert wird und die Rechtsprechung noch keine [X.] - 4 -

rung herbeigeführt hat (vgl. [X.] aaO; Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2003 - [X.] - VersR 2004, 225 unter 2 a).

Die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig gehaltenen Fra-gen, ob es ein eigenes Antragsrecht des Hinterbliebenen auf Beitragser-stattung gibt und ob § 44 [X.] in seiner jetzigen Fassung verfassungs-konform ist, sind zwar noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Jedoch hat weder das Berufungsgericht noch die Revision aufgezeigt, dass diese Problematik umstritten ist und über den Einzelfall hinaus Be-deutung hat. Mit Blick darauf ist auch eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht geboten (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 22. Oktober 2009 - [X.]/09 - [X.], 237 [X.]. 4). 6 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht die begehrte Erstattung der von ihrem [X.] Ehemann gezahlten Beiträge verwehrt. 7 a) Ein Anspruch der Klägerin auf Beitragserstattung ergibt sich nicht aus der Bestimmung des § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Danach können die beitragsfrei Versicherten, die die Wartezeit (§ 34 [X.]) nicht erfüllt haben, bis zur Vollendung ihres 69. Lebensjahres die Erstattung der von ihnen geleisteten Beiträge beantragen. Das Antragsrecht steht [X.] ausschließlich den Versicherten selbst, nicht aber ihren Hinterblie-benen zu. Nur wenn Versicherte nach Antragstellung, aber vor Beitrags-erstattung sterben, gehen gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] die [X.] auf die Hinterbliebenen über, die betriebsrentenberechtigt wären, wenn die Wartezeit erfüllt wäre. Anders als nach § 60 Abs. 6 [X.] a.F. (in der Fassung bis zur 41. Satzungsänderung), wonach auch die [X.] - 5 -

[X.] Personen, die die Kosten der Bestattung getragen haben, nach dem Tode eines freiwillig Weiterversicherten oder eines beitragsfrei [X.] die Erstattung der Beiträge bis zur Höhe ihrer Aufwendungen beantragen konnten, sieht § 44 [X.] ein eigenes Antragsrecht der [X.] gerade nicht vor. Im Übrigen ist hier bereits die [X.] nicht erfüllt. Der Ehemann der Klä-gerin war bis zu seinem Tod nicht beitragsfrei versichert, sondern pflicht-versichert. Schon deshalb scheidet eine Beitragserstattung aus.
b) Das Berufungsgericht hat die Beschränkung des Antragsrechts auf die beitragsfrei Versicherten in § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] zutreffend für wirksam erachtet. 9 aa) Die Bestimmungen der [X.] finden als [X.] auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der [X.] als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten [X.], der Arbeitnehmer abgeschlossen sind (st. Rspr., [X.]Z 142, 103, 105 ff. m.w.[X.]). Sie unterliegen grundsätzlich der richterli[X.] [X.] nach den §§ 307 ff. [X.] ([X.]Z 174, 127 [X.]. 30, 142 aaO, [X.] m.w.[X.]). 10 bb) Dass § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur die beitragsfrei [X.], die die Wartezeit nicht erfüllt haben, berechtigt, die Erstattung der geleisteten Beiträge zu beantragen, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 [X.] stand. Dabei auch zu berücksichtigende Grundrechte der Versicherten und ihrer Hinterbliebenen (vgl. [X.]Z 103, 370, 383; [X.] NJW 2000, 3341 unter [X.]) sind nicht verletzt. 11 - 6 -

12 (1) Insbesondere liegt kein Eingriff in eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition vor. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur [X.], die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber bloße Chancen und Erwartungen ([X.]Z 174 aaO [X.]. 41; [X.], 1 [X.]. 34; 101, 186, 194, jeweils m.w.[X.]). Demgemäß unterstellt der Senat die mit Eintritt des [X.] bestehenden Renten-ansprüche aus der Zusatzversorgung des öffentli[X.] Dienstes dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG ([X.]Z 155, 132, 140; so auch [X.], 253, 254) - ebenso wie das [X.] die Rentenansprüche aus der betriebli[X.] Altersversorgung (vgl. [X.]E 101 aaO; [X.] 2004, 2590, 2591). Nach der früheren Satzung der [X.] erworbene [X.] stellen, soweit sie über gesetzlich begründete, [X.] (§§ 1, 18 Abs. 2 [X.] a.F.) hinausgehen sollen, vor dem Versicherungsfall noch keine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechts-position des Versicherten dar ([X.]Z 174 aaO [X.]. 51).
Der Ehemann der Klägerin hatte noch nicht einmal eine Anwart-schaft auf eine Versorgungsrente erlangt, weil er die 60-monatige Warte-zeit (§ 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]) noch nicht erfüllt hatte (vgl. [X.]Z 84, 158, 173; Senatsurteil vom 28. März 2007 - [X.]/06 - [X.], 1214 [X.]. 11). Die Möglichkeit, im Falle einer beitragsfreien Versicherung gezahlte Beiträge zurückzuerhalten, ist keine von Art. 14 Abs. 1 GG ge-schützte Rechtsposition, sondern eine bloße Chance, die zudem nicht der Versorgung des Versicherten oder seiner Hinterbliebenen zugute kommt. 13 (2) Der Ausschluss der Hinterbliebenen von der Antragsberechti-gung in § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der allgemeine Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine 14 - 7 -

Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwis[X.] beiden Gruppen keine Unter-schiede von solcher Art und Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten ([X.]Z 174 aaO [X.]. 59; [X.]E 117, 272, 300 f.; 105, 73, 110; 87, 234, 255; [X.], [X.], 835, 837, jeweils m.w.[X.]). Gemessen daran ist die Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht willkürlich. Ein sachlicher Grund für die Antragsberechtigung allein des beitragsfrei Versicherten liegt zum einen darin, dass er selbst am besten entscheiden kann, ob eine Beitragserstattung sinnvoll ist oder nicht. Insbesondere muss er bedenken, ob er erneut bei der [X.] pflichtversichert sein wird oder die Versicherung zu einer anderen Zu-satzversorgungseinrichtung übergeleitet werden kann und er [X.] doch noch eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente erlangen kann. Diese Abwägung ist naturgemäß nach dem Tod des Versicherten ausge-schlossen. 15 Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach versi-cherungsmathematis[X.] Grundsätzen die Risiken kalkulieren muss, weil die Zusatzversorgung des öffentli[X.] Dienstes eine Versicherung darstellt. Dies erfordert eine angemessene Verteilung der Risiken zwi-s[X.] der [X.] einerseits und den Versicherten und ihren Arbeitge-bern andererseits. Soweit die Klägerin meint, die Beklagte trage in der Phase, in der die Wartezeit noch nicht erfüllt ist, kein Risiko, übersieht sie, dass die Beklagte schon in der [X.] bis zur Erfüllung der Wartezeit das Risiko einer Verpflichtung zur Rentenzahlung bei einem Arbeitsunfall trägt (§ 34 Abs. 2 Satz 1 [X.]). In Anbetracht dieser Risikoverteilung ist es nicht willkürlich, wenn die Beklagte eine Beitragserstattung nur unter 16 - 8 -

engen Voraussetzungen vorsieht und Hinterbliebene nicht in den Kreis der Antragsberechtigten einbezieht. Das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitli[X.] und sonstigen Voraussetzungen den Versicherungsanspruch ersatzlos zu verlieren, gehört zum Wesen einer Rentenversicherung. Dies gilt umso mehr, wenn der Versicherungsträger schon vor Erfüllung der Wartezeit unter bestimmten Voraussetzungen, etwa nach einem [X.], eintrittspflichtig ist. Wenn der Versicherer nicht nur dem [X.] selbst, der die Beiträge aus seinem Einkommen entrichtet hat, sondern auch den Hinterbliebenen einen Anspruch auf Beitragserstat-tung einräumt, handelt es sich um eine zusätzliche Billigkeitsmaßnahme, für die ein besonders weiter Ermessensspielraum besteht ([X.]E 22, 349, 367). Dass die Satzung der [X.] eine solche zusätzliche Bil-ligkeitsmaßnahme für die Hinterbliebenen von Pflichtversicherten nicht vorsieht, ist nicht willkürlich. Allein der Umstand, dass § 210 Abs. 1 Nr. 3 [X.] für die gesetzliche Rentenversicherung ein eigenes Antragsrecht der Hinterbliebenen vorsieht, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, zwingt die Beklagte nicht zu einer entspre[X.]den Regelung.
(3) Auch der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) fol-gende Grundsatz des Vertrauensschutzes führt zu keinem anderen Er-gebnis. Als der Ehemann der Klägerin am 1. Juli 2003 bei der [X.] versicherungspflichtig wurde, war bereits in § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] das Recht, eine Beitragserstattung zu beantragen, nur Versicherten einge-17 - 9 -

räumt. Auf die abwei[X.]de, damals bereits außer [X.] gesetzte Rege-lung in § 60 Abs. 6 [X.] a.F., konnten seinerzeit weder Versicherte noch deren Angehörige vertrauen.
[X.] Dr. [X.] [X.]

[X.] [X.] Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.]

erledigt worden. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.03.2008 - 2 C 27/08 - [X.], Entscheidung vom [X.]/08 -

Meta

IV ZR 90/09

14.04.2010

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2010, Az. IV ZR 90/09 (REWIS RS 2010, 7645)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7645

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