Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 02.09.2022, Az. 2 BvR 1532/22

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2022, 4808

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Erfolgloser Eilantrag im Verfassungsbeschwerdeverfahren bzgl Beschränkungen in Untersuchungshaft gem § 119 Abs 1 S 1 StPO - unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

1. Nach § 32 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit § 93d Abs. 2 [X.] kann die Kammer im [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. [X.] 88, 25 <35>; 89, 109 <110 f.>; 121, 1 <14 f.>; 122, 63 <74>; 132, 195 <232>; stRspr).

2

2. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn mit deren Erlass die Hauptsache in unzulässiger Weise vorweggenommen würde.

3

a) Durch eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden (vgl. [X.] 34, 160 <162>; 46, 160 <163 f.>; 67, 149 <151>; 147, 39 <46 f. Rn. 11>; stRspr). Über die in der Hauptsache aufgeworfenen Fragen kann im Verfahren nach § 32 [X.] grundsätzlich nicht entschieden werden (vgl. [X.] 12, 276 <279>; 15, 77 <78>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. März 2020 - 2 BvQ 6/20 -, Rn. 26); durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. [X.] 8, 42 <46>; 15, 219 <221>; 147, 39 <47 Rn. 11>). Eine Vorwegnahme der Hauptsache steht der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. [X.] 34, 160 <162 f.>; 67, 149 <151>; 108, 34 <40>; 113, 113 <122>; 130, 367 <369>). Unzulässig ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig dann, wenn es dem Antragsteller nur um eine eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren angegriffene Maßnahme geht (vgl. [X.] 147, 39 <47 Rn. 11>). Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegt vor, wenn der beantragte Inhalt der einstweiligen Anordnung und das Rechtsschutzziel in der Hauptsache, wenn nicht deckungsgleich, so doch zumindest vergleichbar sind, wenn also die stattgebende einstweilige Anordnung mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses einen Zustand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu verwirklichen erlaubt, der erst durch die zeitlich spätere Entscheidung in der Hauptsache hergestellt werden soll (vgl. [X.] 147, 39 <47 Rn. 12>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. März 2020 - 2 BvQ 6/20 -, Rn. 26).

4

b) So liegen die Dinge hier. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auf dasselbe Rechtsschutzziel wie die Verfassungsbeschwerde im vorliegenden Verfahren gerichtet, nämlich auf die Aufhebung der nach § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO angeordneten [X.]. Dass die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise der Zulässigkeit des Antrags auf einstweilige Anordnung nicht entgegenstehen könnte, weil die Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme und dem Beschwerdeführer in anderer Weise hinreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Schwerwiegende und irreparable Nachteile, die dem Beschwerdeführer durch ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache entstehen könnten, sind nicht dargelegt worden.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1532/22

02.09.2022

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 22. August 2022, Az: 1 Ws (s) 240/22, Beschluss

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 119 Abs 1 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 02.09.2022, Az. 2 BvR 1532/22 (REWIS RS 2022, 4808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4808 NJW 2023, 148 REWIS RS 2022, 4808

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