Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.12.2017, Az. V ZB 249/17

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 168

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Gegenstand

Abschiebungshaftsache: Aussetzung der Vollziehung der Sicherungshaft bei Abschiebungsanordnung wegen von dem Betroffenen ausgehender terroristischer Gefahr


Leitsatz

Im Hinblick auf die möglichen erheblichen Gefahren für Leib und Leben Dritter oder für bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit kommt die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung in den Fällen des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG regelmäßig nur in Betracht, wenn es aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Rechtsbeschwerde des Betroffenen Erfolg haben wird.

Tenor

Der Antrag des Betroffenen, die Vollziehung der mit Beschluss der 10. Zivilkammer des [X.] vom 28. November 2017 angeordneten [X.] auszusetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Betroffene ist algerischer Staatsangehöriger. Das [X.] lehnte seinen Asylantrag mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. September 2003 als offensichtlich unbegründet ab. Mit Verfügung vom 16. März 2017 ordnete der Senator für Inneres der [X.] auf der Grundlage des § 58a [X.] die Abschiebung des Betroffenen nach [X.] mit der Begründung an, von diesem gehe die Gefahr eines terroristischen Anschlags aus. Diese Verfügung wurde dem Betroffenen am 21. März 2017 ausgehändigt. Am selben Tag wurde gegen ihn Haft zur Sicherung der Abschiebung nach [X.] angeordnet. Die Haft wurde im weiteren Verlauf mehrfach verlängert.

2

Den Antrag des Betroffenen, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des [X.] anzuordnen, lehnte das [X.] durch Beschluss vom 31. Mai 2017 (1 VR 4.17, juris, Tenor in BeckRS 2017, 113651) mit der Maßgabe ab, dass der Betroffene „erst nach Erlangung einer Zusicherung einer algerischen [X.] abgeschoben werden darf, wonach dem [Betroffenen] in [X.] keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 3 [X.])“. Die Annahme der gegen diesen Beschluss gerichteten Verfassungsbeschwerde des Betroffenen lehnte das [X.] mit Beschluss vom 24. Juli 2017 (2 BvR 1487/17, [X.] 2017, 431 Rn. 50) ab, forderte jedoch zusätzlich die Klarstellung, dass die Bedingungen einer etwaigen Haft der Kontrolle zugänglich seien und dass der Zugang zu dem Betroffenen in einer etwaigen Haft, gleich ob eine Inhaftierung durch Polizei oder Geheimdienst erfolge, durch seinen Prozessbevollmächtigten sichergestellt sei.

3

Die Bemühungen des [X.] um entsprechende Erklärungen der algerischen Regierung führten zu einer [X.] vom 30. Juli 2017, in welcher sich die algerische Regierung mit der Rückführung des Betroffenen einverstanden erklärte und dieses Einverständnis mit der Feststellung verband, dass der Betroffene in [X.] auf [X.] unbekannt und gegen ihn kein Strafverfahren anhängig sei. In Bezug auf die geforderten diplomatischen Zusicherungen zum Schutz des Betroffenen vor einer menschenrechtswidrigen Behandlung wird darin allgemein darauf verwiesen, dass in [X.] die unabhängige Justiz für die Wahrung aller in der Verfassung verankerten und durch die algerischen Gesetze sowie in internationalen Übereinkommen festgelegten Rechte und Grundfreiheiten in Bezug auf die Nichtanwendung strenger, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung sorge. Diese Erklärung hielt das [X.] nicht für ausreichend und untersagte der beteiligten Behörde mit Beschluss vom 13. November 2017 (1 VR 13.17, juris), den Betroffenen auf der Grundlage der bisher eingegangenen [X.]n des algerischen [X.]s nach [X.] abzuschieben.

4

Mit Beschluss vom 16. November 2017 hat das Amtsgericht den Antrag der beteiligten Behörde auf weitere Verlängerung der [X.] gegen den Betroffenen abgelehnt. Auf die Beschwerde der beteiligten Behörde hat das [X.] nach Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 28. November 2017 weitere [X.] gegen den Betroffenen bis zum 16. Januar 2018 angeordnet. Dagegen wendet sich dieser mit der Rechtsbeschwerde. Zugleich beantragt er, die Vollziehung des Beschlusses des [X.]s bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen. Die beteiligte Behörde beantragt, den Antrag auf Aussetzung abzulehnen.

II.

5

Das Beschwerdegericht sieht die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung der gegen den Betroffenen angeordneten [X.] als gegeben an. Die Verlängerung der [X.] über sechs Monate hinaus sei grundsätzlich möglich, weil die an sich bestehende Beschränkung der [X.] auf drei Monate nach § 62 Abs. 3 Satz 4 [X.] bei Betroffenen nicht gelte, von denen eine erhebliche Gefahr für bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgehe. Diese Voraussetzung liege regelmäßig vor, wenn die Verwaltungsgerichte - wie hier - festgestellt hätten, dass von dem Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgehe. Außerdem erlaube § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] eine Verlängerung der Haft um höchstens zwölf Monate, soweit die Haft auf der Grundlage von § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a [X.] angeordnet worden sei und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten [X.] verzögere. Zu den Unterlagen gehörten auch die hier von den algerischen Behörden erbetenen Zusicherungen.

6

Es sei auch hinreichend wahrscheinlich, dass die algerischen Behörden innerhalb der höchstzulässigen Haft die für die Durchführung der Abschiebung erforderlichen Zusicherungen abgäben. Zwar hätten die Bemühungen des [X.] bislang nicht zur Abgabe von Erklärungen geführt, die den Anforderungen genügten. Auch habe das [X.] weitere Bemühungen auf diplomatischem Wege als aussichtslos angesehen. Es bestehe aber Aussicht, dass die erforderliche Zusicherung auf dem Wege der polizeilichen Zusammenarbeit unter Vermittlung des Präsidenten der [X.] und unter Einschaltung des Leiters der [X.] doch noch zu erreichen sei.

III.

7

Der in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG statthafte (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - [X.], [X.] 2011, 26 Rn. 8) Aussetzungsantrag des Betroffenen ist unbegründet.

8

1. Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Bei der erforderlichen Abwägung sind bei einem Ausländer, der aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der [X.] oder einer terroristischen Gefahr abgeschoben werden soll, über die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für ihn selbst (zu deren Berücksichtigung: Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.] 2010, 97 Rn. 5) hinaus die erheblichen Gefahren für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit (§ 62 Abs. 3 Satz 4 [X.]) einzubeziehen. Im Hinblick auf die mögliche Gefährdung dieser Rechte und Rechtsgüter kommt die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung in solchen Fällen regelmäßig nur in Betracht, wenn es aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Rechtsbeschwerde des Betroffenen Erfolg haben wird.

9

2. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

a) Der Anordnung der Haftverlängerung durch das Beschwerdegericht liegt im Ergebnis ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Der Antrag der beteiligten Behörde auf Verlängerung der angeordneten [X.] entsprach zwar den gemäß § 425 Abs. 3 FamFG auch für solche Verlängerungsanträge geltenden (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2011 - [X.], juris. Rn. 8) gesetzlichen Vorgaben des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG nicht in allen Punkten. Die beteiligte Behörde hatte nicht dargelegt, auf welchem Wege [X.] dazu bewegt werden sollte, die erforderlichen Zusicherungen doch noch abzugeben. Dieser Mangel ist aber, was rechtlich möglich ist (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - [X.]/13, [X.] 2014, 384 Rn. 23), dadurch geheilt worden, dass das Beschwerdegericht selbst die erforderlichen Ermittlungen angestellt und den Betroffenen zu deren Ergebnis persönlich angehört hat.

b) Der Betroffene ist nach § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 5a [X.] unter der Voraussetzung vollziehbar ausreisepflichtig, dass die algerischen Behörden die von dem [X.] und dem [X.] geforderten Zusicherungen abgeben. Das ergibt sich aus der Abschiebungsanordnung gemäß § 58a [X.] des [X.] für Inneres der [X.] gegen den Betroffenen vom 16. März 2017 und den Beschlüssen des [X.]s vom 31. Mai 2017 (1 VR 4.17, juris) und vom 13. November 2017 (1 VR 13.17, juris). An diese Entscheidungen sind die Haftgerichte gebunden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. Dezember 2009 - [X.] 148/09, [X.] 2010, 50 [juris Rn. 7] und vom 6. Mai 2010 - [X.] 193/09, [X.] 2010, 361 Rn. 19). Nicht zu beanstanden ist deshalb auch, dass das Beschwerdegericht den Fortbestand des aus der Abschiebungsanordnung folgenden Haftgrunds nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a [X.] angenommen hat.

c) Das Beschwerdegericht ist bei der Anordnung der Verlängerung davon ausgegangen, dass die mögliche Höchstdauer der Haft noch nicht abgelaufen war. Sie betrage nicht bis zu sechs, sondern bis zu 18 Monate. Für diese Einschätzung sprechen gute Gründe; es ist jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sie unzutreffend ist.

aa) Zweifelhaft ist allerdings, ob sich die hier zu beurteilende Verlängerung der [X.] über sechs Monate hinaus auf die von dem Beschwerdegericht neben § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] auch angeführte Vorschrift des § 62 Abs. 3 Satz 4 [X.] stützen lässt. Die reguläre [X.] für die Anordnung von [X.] ist in § 62 Abs. 4 Satz 1 [X.] in Übereinstimmung mit der zwingenden Vorgabe in Art. 15 Abs. 5 Satz 2 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 115/2008/[X.] vom 16. Dezember 2008, [X.]. L 348 S. 98) mit sechs Monaten festgelegt. Unter Ausnutzung der Regelungsspielräume der genannten Richtlinienvorschrift sieht das [X.] Recht für den Regelfall eine kürzere [X.] von nur drei Monaten vor. Nach § 62 Abs. 3 Satz 3 [X.] ist die [X.] nämlich unzulässig, wenn die Abschiebung aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, nicht innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann. Für Ausländer, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, hat der Gesetzgeber durch die Einführung von § 62 Abs. 3 Satz 4 [X.] lediglich diese Einschränkung zurückgenommen. Die in § 62 Abs. 4 [X.] bestimmten [X.]en sollten ausdrücklich unberührt bleiben (BT-Drucks. 18/11546 S. 22). Das betrifft insbesondere die reguläre [X.] von sechs Monaten nach § 62 Abs. 4 Satz 1 [X.], die nach der Rückführungsrichtlinie auch bei dieser Gruppe von Ausländern nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 6 verlängert werden darf (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - Rs. [X.]/14, [X.] - [X.], [X.]:[X.]:[X.] Rn. 68).

bb) [X.] sprechen aber für die weitere Annahme des [X.], die [X.] gegen den Betroffenen könne nach Maßgabe von § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] um bis zu zwölf Monate auf insgesamt 18 Monate verlängert werden.

(1) Nach dieser Vorschrift ist eine Verlängerung der [X.] um höchstens zwölf Monate auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage von § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a [X.] angeordnet worden ist - also weil gegen den Betroffenen eine Abschiebungsanordnung nach § 58a [X.] ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann - und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten [X.] verzögert. Eine solche Haftanordnung liegt hier vor. Die Durchführung der Abschiebung hat sich deshalb verzögert, weil die algerischen Stellen eine Zusicherung zugunsten des Betroffenen, die den Anforderungen der Entscheidungen des [X.]s und des [X.]s entspricht, nach dem Beschluss des [X.]s vom 13. November 2017 (1 VR 13.17, juris) bislang nicht abgegeben haben.

(2) Die Zulässigkeit der Verlängerung der [X.] um bis zu zwölf Monate hängt vorliegend deshalb entscheidend davon ab, ob die erforderliche Zusicherung durch die algerischen Behörden zu den in § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] genannten Unterlagen gehört. Das Beschwerdegericht bejaht die Frage. Für diese Auffassung sprechen der Wortlaut und der Zweck der Vorschrift, im Falle von sog. Gefährdern die Gestaltungsmöglichkeiten nach Art. 15 Abs. 5 und 6 der Rückführungsrichtlinie zu nutzen. Die Abschiebung des Betroffenen setzt nach dem Beschluss des [X.]s vom 31. Mai 2017 (1 VR 4.17, juris) die Zusicherung [X.]s voraus, dass die Wahrung der Grund- und Menschenrechte des Betroffenen sichergestellt ist. Diese Zusicherung gehört damit zu den für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen. Zweifel daran ergeben sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 6 der Rückführungsrichtlinie. Danach darf das nationale Recht eine Verlängerung der [X.] nur um bis zu zwölf Monate und auch nur dann vorsehen, wenn aufgrund einer der beiden in dieser Bestimmung genannten Faktoren, nämlich entweder - Buchstabe a - mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen [X.]sangehörigen oder - Buchstabe b - Verzögerungen bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch [X.]en die Abschiebungsmaßnahme trotz ausreichender Bemühungen des [X.] wahrscheinlich länger dauern wird. Die in Buchstabe b genannte, im [X.]n Recht mit § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] erstmals genutzte Verlängerungsmöglichkeit differenziert nicht nach der Art der Unterlagen, sondern stellt allein auf die Erforderlichkeit und darauf ab, dass sie von den [X.]en übermittelt werden müssen. Es ist deshalb jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Beschwerdegericht § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.] unzutreffend angewendet hat.

d) Die Prognose des [X.], es werde innerhalb der angeordneten Verlängerung, jedenfalls aber innerhalb der [X.] von 18 Monaten gelingen, die erforderliche Zusicherung [X.]s zu erlangen, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - [X.] 226/10, [X.] 2011, 144 Rn. 18 und vom 12. Mai 2011 - [X.] 309/10, juris Rn. 15). Es ist jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sie in diesem Rahmen zu beanstanden sein wird.

aa) Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Generaldirektor der [X.] in einem von der beteiligten Behörde im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Schreiben an den Präsidenten der [X.] sinngemäß erklärt hat, er werde persönlich dafür sorgen, dass die Grund- und Menschenrechte des Betroffenen gewahrt werden. Ob dieses Schreiben als solches im Rechtsbeschwerdeverfahren überhaupt berücksichtigt werden dürfte (vgl. dazu [X.], FamFG, 19. Aufl., § 74 Rn. 35 ff.), kann offen bleiben. Im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen die Verlängerung der [X.] wird nämlich nicht zu prüfen sein, ob dieses Schreiben den Anforderungen genügt und nunmehr die Durchführung der Abschiebungsanordnung erlaubt. Diese Frage könnte nur in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren entschieden werden.

bb) Es ist aber deswegen nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Prognose des [X.] einer Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht standhalten wird, weil der Versuch, die für die Durchführung der Abschiebungsanordnung erforderliche Garantieerklärung [X.]s zu beschaffen, bei Anordnung der Haftverlängerung durch das Beschwerdegericht nicht endgültig gescheitert war.

(1) Der beteiligten Behörde war es allerdings bis zur Entscheidung des [X.] nicht gelungen, von den algerischen Behörden eine Garantie für die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte des Betroffenen zu erhalten, die den von [X.] und [X.] formulierten Anforderungen genügen. Richtig ist auch, dass die algerischen Behörden nach der Einschätzung des [X.] zu weitergehenden Erklärungen nicht bereit sein werden. Das bedeutet aber nicht, dass die beteiligte Behörde mit dem Versuch, von den algerischen Behörden eine ausreichende Garantie zu erhalten, endgültig gescheitert wäre.

(2) Gescheitert ist nämlich nur der Versuch, diese Garantie auf diplomatischem Wege, also unter Einschaltung des [X.] auf [X.]r Seite und des [X.]s auf algerischer Seite, zu erhalten. Der diplomatische Weg ist aber nicht der einzige Weg, auf dem die für die Durchführung der Abschiebungsanordnung vom 16. März 2017 erforderliche Garantie beschafft werden kann. Die von dem [X.] verlangte „Zusicherung einer algerischen [X.] ..., wonach dem [Betroffenen] in [X.] keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 3 [X.])“, erfordert nach der Präzisierung durch das [X.], dass bei einer Inhaftierung des Betroffenen durch die Polizei oder durch den Geheimdienst eine Überprüfung der Haftbedingungen und der ungehinderte Zugang zu seinen Prozessbevollmächtigten möglich sind. Eine solche Zusicherung lässt sich auch - vielleicht sogar eher - durch unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Fachministerium (hier dem für die Leitung der Sicherheitsbehörden zuständigen [X.]) erreichen. Dieser Weg ist durch die Weigerung des algerischen [X.]s, konkretere Erklärungen abzugeben, nicht von vornherein verschlossen. Das [X.] kann als der fachlich zuständige Teil der Regierung [X.]s Zusicherungen des geforderten Inhalts abgeben. Es hat auf [X.] andere Möglichkeiten als das [X.], weil es z.B. auch zusagen könnte, mit seinen Weisungsbefugnissen gegenüber den Polizei- und Sicherheitsbehörden sicherzustellen, dass die Grund- und Menschenrechte von Betroffenen auch tatsächlich gewahrt werden. Die Einschätzung des [X.], dieser Wechsel in der Herangehensweise lasse erwarten, dass die von den [X.]n Gerichten geforderte Garantie doch noch erklärt werde, hat damit eine tragfähige Grundlage. Es ist jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren ein Prognosefehler des [X.] festzustellen sein wird.

Schmidt-Räntsch     

       

Weinland     

       

Kazele

       

Göbel     

       

Hamdorf     

       

Meta

V ZB 249/17

21.12.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bremen, 28. November 2017, Az: 10 T 614/17

§ 64 Abs 3 FamFG, § 417 Abs 2 S 2 FamFG, § 425 Abs 3 FamFG, § 50 Abs 1 AufenthG, § 51 Abs 1 Nr 5a AufenthG, § 58a AufenthG, § 62 Abs 3 S 1 Nr 1a AufenthG, Art 2 GG, Art 3 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.12.2017, Az. V ZB 249/17 (REWIS RS 2017, 168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 168


Verfahrensgang

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Az. V ZB 249/17

Bundesgerichtshof, V ZB 249/17, 21.12.2017.


Az. XIII ZB 10/19

Bundesgerichtshof, XIII ZB 10/19, 20.05.2020.


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