Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2017, Az. XII ZB 578/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1942

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:221117BXII[X.]578.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 578/16
vom
22. November 2017
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 22, PStG § 49
Wird die von einem Beteiligten begehrte Amtshandlung des Standesamts im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nach § 49 Abs. 1 PStG vollzogen, ist das Anweisungsverfahren dadurch in der Hauptsache erledigt.

[X.], Beschluss vom 22. November 2017 -
XII [X.] 578/16 -
OLG [X.]

[X.]

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Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 22. November 2017
durch [X.], [X.], Dr. Nedden-Boeger
und Dr.
Botur
und die Richterin Dr. [X.]
beschlossen:
Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die dem männlichen Geschlecht angehörenden Antragsteller erklärten mit Schreiben vom 15. Februar 2016 gegenüber dem Standesamt (Beteiligte zu
2) ihre Anmeldung zur Eheschließung, wobei sie ausdrücklich die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem [X.] ablehnten. Das Standesamt verweigerte durch Schreiben vom 25. Februar 2016 seine

Mitwirkung bei der Anmeldung der Eheschließung.

Den Antrag der Antragsteller, das Standesamt dazu anzuweisen, ihrer Anmeldung zur Eheschließung zu entsprechen und die Eheschließung vorzu-nehmen, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 601 veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete 1
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Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen
und die Rechtsbeschwerde ge-gen seinen Beschluss zugelassen.
Hiergegen richtet sich die am 15. Dezember 2016 eingelegte Rechtsbe-schwerde der Antragsteller. Nach dem Inkrafttreten des [X.] auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 ([X.]) haben die Antragsteller am 5. Oktober 2017 vor dem Standesamt die Ehe miteinander geschlossen. Sie haben die
Hauptsache für erledigt erklärt.

II.
Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.

1. Ein Antragsverfahren nach den [X.] über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts-barkeit endet grundsätzlich dann, wenn der Antragsteller die Erledigung erklärt. Stimmen alle Beteiligten der Erledigung zu, liegt eine einvernehmliche Verfah-rensbeendigung im Sinne von § 22 Abs. 3 FamFG vor, die für das Gericht bin-dend ist, so dass es insbesondere nicht mehr nachprüfen darf, ob und wann tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist. So liegt der
Fall unter den hier ob-waltenden Umständen jedoch nicht, weil sich jedenfalls die am Verfahren betei-ligte Standesamtsaufsicht der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat. Eine einseitige Erledigungserklärung verpflichtet das Gericht demgegenüber zu der Prüfung, ob die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist (vgl. [X.]/
Sternal FamFG 19. Aufl. § 22 Rn. 29 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]
FamFG 5. Aufl. § 22 Rn. 8).

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2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist die Hauptsache in einem
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach-
und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 25.
November 1981 -
IVb [X.] 756/81 -
FamRZ
1982, 156, 157; [X.] Beschlüsse vom 27. Januar 2015 -
II [X.] 7/14 -
NJW 2015, 1449 Rn. 7 mwN und vom 14.
Oktober 2010 -
V [X.] 78/10 -
FGPrax
2011, 39
Rn. 11 mwN).
Für gerichtli-che Verfahren nach dem Personenstandsgesetz, auf die gemäß § 51 Abs. 1 PStG die [X.] über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden sind, [X.] insoweit keine Besonderheiten (vgl. [X.], 601, 602).
3. Gemessen daran ist die Hauptsache im vorliegenden Fall erledigt.
a) Verfahrensgegenstand ist die von den Antragstellern nach § 49 Abs. 1 PStG erstrebte
gerichtliche Anweisung
an das Standesamt,
die Vornahme einer bestimmten
Amtshandlung,
nämlich die
Mitwirkung an der von den [X.] begehrten Eheschließung
durch Entgegennahme der Anmeldung, Prüfung der Ehevoraussetzungen und Vornahme der Eheschließung, nicht deshalb zu verweigern, weil die Antragsteller dem gleichen Geschlecht angehören. Das Standesamt hat im Laufe des [X.] in der gewünsch-ten Weise an der Eheschließung der Antragsteller mitgewirkt. Wird die von ei-nem Beteiligten begehrte Amtshandlung des Standesamts im Laufe des gericht-lichen Verfahrens nach § 49 Abs. 1 PStG vollzogen, ist das Anweisungsverfah-ren dadurch in der Hauptsache erledigt (vgl. [X.], 893, 894).
b) Zwar hat das Standesamt die begehrten Amtshandlungen erst nach der Änderung der Rechtslage durch das am 1. Oktober 2017 in Kraft
getretene
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Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vorgenommen. Darauf und auf die mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.] FamRZ 2015, 118 Rn. 178 mwN und [X.], 1593 Rn. 45 mwN) sehr umstrittene [X.], ob der Gesetzgeber zur einfachgesetzlichen Öffnung des Instituts der
Ehe für gleichgeschlechtliche Verbindungen befugt
war (so etwa [X.] NVwZ 2017, 1658, 1660 ff.; [X.] [X.], 1281 ff.; [X.] FamRZ 2016, 351 ff.; [X.]/Tometten DÖV 2016, 581, 586 f.; [X.] NJW 2015, 3557, 3559 f.) oder ob die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten zu den nach Art.
6 Abs. 1 GG gewährleisteten
Strukturprinzipien der
Ehe
gehöre, die einer Änderung durch einfaches Gesetz nicht zugänglich sind
(so
etwa Badura in [X.]/Dürig
GG [Stand: April 2012] Art. 6 Rn. 58; [X.]OK GG/[X.] [Stand: August 2017] Art. 6 Rn. 4.1 ff.;
Ipsen NVwZ 2017, 1096 ff.; [X.] NJW 2017, 2225 ff.;
Erbarth
NZFam 2016, 536, 537 f.)
kommt es im vorliegenden Fall nicht (mehr) an. Maßgeblich ist allein, dass mit der Vornahme der begehrten [X.] die Grundlage für eine Sachentscheidung über den Verfahrensge-genstand im gerichtlichen Anweisungsverfahren nach § 49 Abs. 1 PStG entfal-len ist. Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts

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geschaffenen Rechtslage
ist nicht
entscheidungserheblich, so dass insbeson-dere eine Vorlage an das [X.] nach Art.
100 Abs. 1 GG nicht in Betracht
kommt.
Dose
Schilling
Nedden-Boeger

Botur
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.09.2016 -
283 [X.] 17/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.11.2016 -
3 W 115/16 -

Meta

XII ZB 578/16

22.11.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2017, Az. XII ZB 578/16 (REWIS RS 2017, 1942)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1942

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XII ZB 578/16

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