Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2017, Az. VI ZR 261/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10506

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:230517UVIZR261.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]/16
Verkündet am:

23. Mai 2017

Olovcic

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 823 Abs. 1 ([X.]), GG Art. 1, 2
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich. Dies gilt auch, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Geschädigten anhängig oder rechtshängig geworden ist (Fortfüh-rung von [X.], Urteil vom 29. April 2014 -
VI
[X.], [X.]Z 201, 45 ff.).

[X.], Urteil vom 23. Mai 2017 -
VI [X.]/16 -
O[X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai
2017 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.], [X.] und [X.] und [X.] Klein
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Düsseldorf
vom 10. Juni 2016
wird auf Kosten der
Klägerin
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin ihres
im Laufe des Verfahrens verstorbenen Ehemannes, des staatenlosen ursprünglichen [X.] (nach-folgend: Erblasser),
einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch
mehrere
von der Beklagten im [X.] veröffentlichte Artikel
geltend.
Im Revisionsverfahren ist nur noch der Artikel vom 14. Mai 2010
von Interesse.
Der 1920 in der [X.] geborene Erblasser
kämpfte im zweiten [X.] in der [X.], ehe er in [X.] Kriegsgefangenschaft geriet. [X.] ihn war erstmals in den 1970er-Jahren in den Vereinigten
Staaten von [X.] der Verdacht aufgekommen, er sei als Kollaborateur
der Nationalsozia-listen an der Massenermordung von [X.] in Konzentrationslagern beteiligt gewesen. In [X.] wurde ihm wegen des Vorwurfs, in den Jahren 1942 und 1
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1943 im [X.] tätig gewesen zu sein,
der Prozess ge-macht.
Dieser endete mit einem Freispruch. Im Mai 2011 verurteilte ihn das [X.] wegen von März bis September 1943 im [X.] erfolgter 16facher Beihilfe zum Mord an 28.060 vornehmlich aus den [X.] stammenden [X.] zu einer Freiheitsstrafe. Sowohl der Erb-lasser
als auch die Staatsanwaltschaft legten Revision ein, über die nicht mehr entschieden wurde, weil der Erblasser
am 17. März 2012 starb.

Die Beklagte berichtete in dem von ihr betriebenen [X.]portal regel-mäßig unter voller Namensnennung über das Strafverfahren, unter anderem am 14. Mai 2010 unter der Überschrift "Vor Gericht spielt er [X.]. D.
singt und lacht im Knast". Mit der im November
2011, also noch zu seinen Lebzeiten zugestellten Klage nahm der Erblasser die Beklagte im [X.] auf diesen und eine Reihe weiterer dort veröffentlichter Artikel
wegen Ver-letzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf Zahlung einer Geldent-n-spruch. Die Klägerin führt den Prozess als Alleinerbin fort. Das [X.] hat die
Klage abgewiesen. Die Berufung der
Klägerin
blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht bezogen auf den Streit über den am 14. Mai 2010 veröffent-lichten Artikel
zugelassenen Revision verfolgt die
Klägerin ihr Klagebegehren
weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts
wäre
ein Anspruch des Erblassers auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach dem 3
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maßgeblichen [X.]n Recht mangels Vererblichkeit nicht im Wege der [X.] auf die Klägerin übergegangen. Der Anspruch auf Geldentschädigung sei auch dann nicht vererblich, wenn er
vor dem Eintritt des [X.] bereits rechtshängig gemacht worden
sei. Denn die Rechtshängigkeit stelle kein be-sonderes Kriterium dar, das eine Ausnahme vom Grundsatz der Unvererblich-keit des Anspruchs erfordere. Eine Analogie zu §
847 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF, wonach der Anspruch auf eine billige Entschädigung in Geld bei einer
Verlet-zung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung nicht übertragbar sei und nicht auf die Erben übergehe, es sei denn, dass er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden sei (§ 847 [X.] in der Fassung vom 1.
Januar 1964),
komme nicht in Betracht, weil eine nicht mehr geltende
Norm nicht analog angewendet werden könne
und
sie keinen allge-meinen Rechtsgrundsatz enthalten habe. Soweit die Rechtsprechung diese Norm zur [X.] ihrer Geltung entsprechend herangezogen habe, sei dies nur zur Begründung der Unübertragbarkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung er-folgt, nicht aber zur Begründung
der [X.] bzw. der Ausnahme da-von nach Rechtshängigkeit. Diesbezüglich sei eine Analogie schon vor der Ab-schaffung dieser Norm nicht anerkannt gewesen.
Der Vererblichkeit eines rechtshängig gemachten Anspruchs auf Geldentschädigung stünden damit dessen Natur, Zweck und Funktion entgegen.
Besondere Umstände, die eine Ausnahme vom
Grundsatz der Unvererb-lichkeit des Geldentschädigungsanspruchs geboten erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Der Präventionsgedanke stehe im Streitfall nicht im [X.], weil es sich entgegen der Auffassung der Klägerin um keinen Fall der Zwangskommerzialisierung des Persönlichkeitsrechts handele. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im [X.]punkt der Berichterstattung ein baldiges Versterben des Klägers ins Kalkül gezogen und deswegen leichtfertig dessen Persönlichkeitsrecht der Berichterstattung geopfert habe. Die Dauer des 5
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Rechtsstreits sei nicht auf von der Beklagten verursachte Verzögerungen zu-rückzuführen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gelange ein materieller Anspruch, auf den es in Abgrenzung zum prozessualen Anspruch allein ankomme, durch Geltendmachung im Prozess nicht in eine "rechtliche Sicherheitsstufe". Die Grundrechte, das Unionsrecht und die [X.] erforderten ebenfalls keine andere Beurteilung.

II.
Diese Erwägungen halten der
revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits-rechts
grundsätzlich selbst
dann nicht vererblich ist, wenn der Erblasser erst nach Rechtshängigkeit des Anspruchs, aber vor dessen rechtskräftiger Zuer-kennung
stirbt.
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsge-richt davon ausgegangen, dass der von der Klägerin geltend gemachte An-spruch
gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] iVm Art. 1 Abs. 2 lit. g
der Verord-nung ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.]; ABl. [X.]) nach [X.]m Recht zu beurteilen ist.
2. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob dem Erblasser aufgrund des Artikels
vom 14. Mai 2010 gegen die Beklagte
wegen einer Verletzung sei-nes allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch aus §
823 Abs. 1
[X.], 6
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Art.
1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Geldentschädigung zustand. Dies ist daher im Revisionsverfahren zu Gunsten der Klägerin zu unterstellen.
3. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein sol-cher -
unterstellter -
Anspruch nicht im Erbwege auf die Klägerin übergangen wäre.
a) [X.], ob ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts vererblich ist, richtet sich
auf der Grundlage des für das Rechtsverhältnis maßgebenden Einzelstatuts
(vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2014 -
IV ZB 9/14, NJW 2015, 623 Rn. 28
mwN; [X.]/Dörner, [X.], 2007, Art. 25 [X.][X.] Rn. 135; [X.]-[X.]/[X.], Art. 25 [X.][X.] Rn.
31 [Stand: 1. November 2015]; MünchKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., Art. 25 [X.][X.] Rn. 196)
ebenfalls
nach [X.]m Recht. Auch dagegen [X.] sich die Revision nicht.
b) Der erkennende [X.] hat im Urteil vom 29. April 2014 ([X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 8 ff.
-
Berichterstattung über trauernden Entertainer)
klarge-stellt, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
grundsätzlich
nicht vererblich ist. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn der Erblasser vor Rechtshängigkeit des anhängig ge-machten Anspruchs stirbt
(ebenso [X.]surteil vom 29. November 2016 -
VI [X.], [X.], 301 Rn. 8). Soweit sich die Revision gegen dieses Urteil wendet (so auch [X.]/[X.], § 1922 Rn. 353.1 [Stand: 1. März 2017]; [X.], GRUR 2014, 957 ff.; [X.], [X.] 2014, 706 f.; MünchKomm-[X.]/[X.], 7. Aufl., §
1922 Rn. 121 f.; [X.], JZ 2014, 1056 ff.; [X.]/[X.], [X.], 2017, §
1922 Rn. 311 ff.; [X.]/[X.], Jura 2016, 783, 789 ff.), sieht der [X.] keine Veranlassung, davon abzurücken. Mit ihren 10
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Argumenten hat sich der [X.] bereits in dieser Entscheidung auseinanderge-setzt.
c) [X.], ob der Geldentschädigungsanspruch auch dann unvererb-lich ist, wenn der Erblasser erst nach dessen Rechtshängigkeit stirbt, konnte der erkennende [X.] dort offenlassen
(aaO, Rn. 25; ebenso schon zu § 847 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF [X.]surteil vom 4. Juni 1974 -
VI [X.], [X.], 797, 800 -
Fiete Schulze). [X.] ist jetzt in dem Sinne zu entschei-den, dass die Rechtshängigkeit keine Ausnahme von der grundsätzlichen Un-vererblichkeit dieses Anspruchs rechtfertigt
(ohne Differenzierung zwischen rechtshängigen und nicht rechtshängigen Ansprüchen gegen die Vererblichkeit auch [X.]/[X.], [X.], § 12 Rn. 118
[Stand: 1. Februar 2017]; [X.]/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3.
Aufl., Rn. 1011 ff.; [X.]/Klass, [X.], 14. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 320; [X.], Medienrecht, 17.
Aufl., [X.]. 4 Rn. 157; jurisPK-[X.]/[X.]/[X.], §
253 Rn. 47 [Stand: 1. Dezember 2016]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 51 Rn. 28; [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 6 LPG Rn. 344; NK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 823 Rn.
245; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 1922 Rn. 36; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 1922 Rn. 48; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch des [X.], 6. Aufl., 44. [X.].
Rn. 43b; offen gelassen von [X.] InfoMe-dienR/[X.], §
823 [X.] Rn. 306 [Stand: 1. Februar 2017]; gegen einen Ein-fluss des [X.] auch [X.]/[X.], Jura 2016, 783, 790; für eine Vererblichkeit
nach Rechtshängigkeit [X.] in [X.],
Das Recht der Wort-
und Bildberichterstattung, 5. Aufl., [X.]. 14 Rn. 140; [X.] in [X.]/[X.], Presserecht, 5. Aufl., § 32 Rn.
23; [X.] 1 [sub. D.]; Beater, Medienrecht, 2. Aufl., Rn. 2166).

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aa) Der erkennende [X.] hält daran fest, dass sich aus der Streichung des bis zum 30. Juni 1990 geltenden § 847 Abs. 1 Satz 2 [X.] -
ebenso wie aus der Streichung des § 34 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]
(Gesetz über den [X.] in der Fassung vom 26. Juni 1981, [X.]l. I
S. 553, [X.] gestrichen durch Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und anderer Gesetze vom 14. März 1990, [X.]l. I S. 478) und
des § 1300 Abs. 2 [X.] (§ 1300 aufgehoben durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung des Ehe-schließungsrechts
vom 4. Mai 1998, [X.]l. I S. 833)
-
kein
Wille des [X.] ableiten lässt, den Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vererblich auszugestalten
([X.]surteil vom 29. April 2014 -
[X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 14 ff.; BT-Drucks. 11/4415, [X.], 4; kritisch [X.], [X.] 2014, 706 f.; [X.], [X.], 10, 12). Erst recht lässt sich deshalb kein Wille des Gesetzgebers feststellen, dass ein grundsätzlich unvererblicher Anspruch im Falle seiner Rechtshängigkeit entsprechend § 847 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF
ausnahmsweise vererblich sein sol-le. Die Begründung des [X.] eines [X.] zur Ände-rung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, durch das der [X.] (§
847 [X.] aF) in das allgemeine Schadensrecht (§
253 Abs. 2 [X.]) überführt wurde, stellt ausdrücklich klar, dass der auf den Schutzauftrag aus Artikel 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgehende Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von den §§
847, 253 [X.] geltenden Rechts unabhängig ist, so dass [X.] dieser Vorschriften ihn auch nicht tangieren können (BT-Drucks. 14/7752, S. 24 f.).
bb) Die Rechtsordnung enthält
keinen allgemeinen Grundsatz, aus dem
die Vererblichkeit rechtshängig gemachter Ansprüche ableitbar wäre.
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(1) Materiellrechtlich entfaltet die Rechtshängigkeit zwar [X.] Wirkungen, wenn eine Rechtsnorm die Durchsetzbarkeit oder den Bestand eines Rechts, regelmäßig eines Anspruchs, ausschließt, sofern das Recht nicht innerhalb
einer bestimmten Frist rechtshängig gemacht wird (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 262 Rn. 6 ff.; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 262 Rn. 9; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., § 262 Rn.
1). Motiv dieses Zusammenspiels von [X.] und Rechtserhalt ist typischerweise, dass der Schuldner oder [X.] nach einer bestimmten [X.] Klarheit darüber erhalten soll, ob das Recht verfolgt wird oder nicht. [X.] deutlich wird dies am [X.] des § 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Da die Verjährungsvorschriften dem Rechtsfrieden, der Rechtsklarheit und dem Zweck dienen, den Schuldner vor Beweisnöten zu bewahren, die mit einem zu langen zeitlichen Abstand zum Entstehen des Anspruchsgrunds
ein-treten können (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Dezember 2014 -
XII [X.], NJW 2015, 1014 Rn. 46; Urteil vom 22. April 2010 -
Xa [X.], NJW 2011, 218 Rn. 25; jeweils mwN), verjährt ein Anspruch nicht, wenn er
innerhalb der laufenden Verjährungsfrist gerichtlich geltend gemacht wird. Entsprechendes gilt für andere Normen, die für die gerichtliche Geltendmachung eine bestimmte Frist setzen (vgl. etwa §
562b Abs. 2 Satz 2, § 801 Abs. 1 Satz 3, §
864 Abs. 1, §
977 Satz 2, § 1002 Abs. 1, § 1965 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 440 Abs. 3 HGB). Bei der Frage der Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts stellt sich dieser [X.] aber nicht. Hier geht es nicht darum, dass der Anspruch aus Gründen des Rechtsfriedens, der Rechtsklarheit oder zum Schutz des Verletzers zu Lebzei-ten des Verletzten geltend gemacht werden muss, um [X.] zu ver-hindern. Vielmehr folgt die [X.] unabhängig von der [X.] oder des Rechtsverkehrs aus der Funktion
dieses Geldent-16
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schädigungsanspruchs (vgl. [X.]surteil vom 29. April 2014
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[X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 17
ff.).

(2) Der Rechtshängigkeit kann zwar auch eine rechts(ver)stärkende Wir-kung zukommen (vgl. [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 262 Rn.
11; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 262 Rn. 16). Soweit man §
847 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF und § 1300 Abs. 2 [X.] eine solche Wirkung entnahm, ist diese aber bereits durch deren Streichung gegenstandslos
geworden. [X.] davon wurde mit
§ 847 Abs. 1 Satz 2 aF [X.] nicht das Ziel verfolgt, ei-nen grundsätzlich unvererblichen Anspruch ausnahmsweise vererblich [X.]. Vielmehr schuf der historische Gesetzgeber diese Norm, weil er es als etwas Anstößiges ansah, den Erben die Verfolgung eines Anspruchs zu ge-statten, an dessen Geltendmachung der Verletzte vielleicht nicht dachte, sei es, weil er den betreffenden Schaden gar nicht empfunden hatte, sei es, weil er aus persönlichen Rücksichten die Angelegenheit auf sich beruhen
zu lassen wünschte. Nur aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit zur Vermeidung der sonst zu [X.] Streitigkeiten hielt es der Gesetzgeber für ratsam, den Übergang des Anspruchs auf die Erben nicht schon dann zuzulassen, wenn der Verletzte die Geldentschädigung nur außergerichtlich verlangt hatte, sondern nur dann, wenn der Anspruch vertragsmäßig anerkannt oder rechtshängig ge-worden war
([X.]/[X.], Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 652-853,
1983,
25. Titel, Unerlaubte [X.], 1. Kommission, [X.] 2836; siehe auch Motive, [X.], S. 802 = Mug-dan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das [X.], [X.], [X.]; dazu ferner
[X.]surteil vom 6. Dezember 1994 -
VI
ZR 80/94, NJW 1995, 783). Dem Erben sollte mithin nur dann die [X.] gestattet werden, wenn erstens der Wille des Verletzten hierzu klar er-kennbar war und zweitens Streit über die Äußerung dieses Willens ausgeschal-tet werden konnte (so der Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines 17
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Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze, BT-Drucks. 11/5423, S. 4).
cc) Für die Frage, ob der Geldentschädigungsanspruch wegen Verlet-zung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich vererblich ist, ist deshalb sowohl vor als auch nach der Rechtshängigkeit allein dessen Funktion maßgebend. Der erkennende [X.] hat bereits mehrfach klargestellt, dass bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung im Falle einer schweren Persönlich-keitsrechtsverletzung -
anders als beim Schmerzensgeld -
regelmäßig der Ge-nugtuungsgedanke im Vordergrund steht (vgl. [X.]surteile vom 29. April 2014 -
VI
[X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 18; vom 6. Dezember 2005 -
VI [X.], [X.]Z 165, 203, 206; vom 5. Oktober 2004 -
VI [X.], [X.]Z 160, 298, 302; jeweils mwN), während der Präventionsgedanke die Gewährung einer Geldentschädigung nicht alleine zu tragen vermag (vgl. [X.]surteile vom 29.
April 2014 -
[X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 19; vom 6. Dezember 2005 -
VI [X.], [X.]Z 165, 203, 207; vom 5. März 1974 -
VI [X.], [X.], 756, 758). Der [X.] hat deshalb für die Frage der Vererblichkeit eines bereits anhängigen Entschädigungsanspruchs ausgeführt, dass die [X.] einer auf Geldentschädigung gerichteten Klage nichts daran ändert, dass die von der Geldentschädigung bezweckte Genugtuung mit dem Tod des
Ver-letzten an Bedeutung verliert ([X.]surteil vom 29. April 2014 -
[X.], [X.]Z 201, 45 Rn. 24). Aus dem Gedanken der Genugtuung folgt
weiter, dass auch
ein rechtshängiger Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vererblich ist. Denn ebenso wenig wie der Erblasser Genugtuung bereits mit der Einreichung der Klage erlangt, erlangt er sie mit deren
Zustellung (vgl. [X.], NJW 2014, 2831, 2833; MünchKomm-[X.]/[X.],
7. Aufl., § 1922 Rn. 122; [X.], [X.] 22/2014 [X.]. 1 [sub. C.];
Spickhoff, [X.], 359158 [sub. 2]).
Sie tritt erst mit der rechtskräftigen Zuerkennung eines Anspruchs auf Geldentschädigung
18
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ein. Denn mit der Rechtskraft und nicht -
wie die Revision meint -
mit der Zustel-lung der Klage, mit der allenfalls eine Aussicht auf Genugtuung entsteht, wird eine gesicherte Position erlangt. Der [X.] hat in dem Urteil vom 29. April 2014
([X.], aaO, Rn.
18) formuliert, sterbe der Erblasser, bevor sein [X.] erfüllt worden sei, verliere die mit der Geldentschädigung bezweckte Genugtuung regelmäßig ebenfalls an Bedeutung. Daraus kann nicht abgeleitet werden, Genugtuung werde erst mit der Erfüllung erlangt (aA
Spick-hoff, [X.], 359158 [sub. 2.]; [X.], GRUR 2014, 957, 958). Stirbt der Erblasser nach Rechtskraft der Entscheidung, geht der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auf seinen Erben über.
Galke
[X.]
Roloff

[X.]
Klein

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.04.2015 -
12 O 341/11 -

O[X.], Entscheidung vom 10.06.2016 -
I-16 [X.] -

Meta

VI ZR 261/16

23.05.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2017, Az. VI ZR 261/16 (REWIS RS 2017, 10506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10506

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I - 16 U 89/15 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
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Zitiert

VI ZR 261/16

IV ZB 9/14

VI ZR 246/12

VI ZR 530/15

XII ZB 181/13

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