Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2006, Az. 1 StR 454/06

1. Strafsenat | REWIS RS 2006, 937

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[X.] vom 8. November 2006 gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 8. November 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. April 2006 a) im Fall I[X.] 4 der Urteilsgründe mit den Feststellungen, b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Er-werb von Betäubungsmitteln (Fälle I[X.] 1 bis 3) sowie wegen bewaffneten [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit un-erlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall I[X.] 4) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. [X.] dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrü-ge und die Sachrüge gestützten Revision. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall I[X.] 4 und des Ausspruchs über die Ge-samtstrafe; im Übrigen ist sie unbegründet. 1 - 3 - [X.] Die Verfahrensbeschwerde, mit der die Revision rügt, das [X.] habe eine vom Angeklagten zum Fall I[X.] 4 ohne Belehrung über sein Schwei-gerecht gemachte Aussage zu einer sichergestellten Gaspistole verwertet ([X.] gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO), hat Erfolg. 2 1. Der Rüge liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde: 3 Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung wurde im [X.] des Ange-klagten in einem Schuhkarton eine größere Menge Marihuana gefunden. In Griffweite zum Schuhkarton wurde darüber hinaus in einer Schachtel, die sich in der unteren Schublade des [X.] befand, eine funktionstüchtige Gaspistole sichergestellt. Die Waffe war zwar ungeladen, es befanden sich [X.] in der Schachtel auch zu der Waffe passende Pfefferkartuschen, mit de-nen die Waffe jederzeit hätte geladen werden können. 4 Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung das Drogengeschäft im Fall I[X.] 4 ebenso eingeräumt wie in den Fällen I[X.] 1 bis 3. Zu der gefundenen [X.] hat er sich dahin eingelassen, er habe nicht gewusst, dass sie sich im Nachtkästchen befunden habe. Das Nachtkästchen sei von seiner Schwester ein paar Tage vor seiner Festnahme aus einer Kammer im Dachgeschoß auf seine Bitte hin in sein [X.] getragen worden, um dort den Wecker abzustel-len. Er habe nie hineingeschaut. Die [X.] hat diese Einlassung durch die glaubhaften Angaben der Polizeibeamten [X.], [X.]und [X.]als widerlegt angesehen. Der Zeuge [X.]
hat ausgesagt, der bei der Durchsu-chung anwesende Vater des Angeklagten habe nach Auffinden der Gaspistole geäußert, diese sei ein Erbstück und er sei verwundert, wie die Waffe in das 5 - 4 - [X.] seines [X.] gelangt sei. Der Angeklagte habe —sinngemäß geant-wortet, er habe sie eine Woche zuvor geholtfi. Diese Aussage des Angeklagten haben die Polizeibeamten [X.]und [X.]bestätigt. Der Verteidiger hat der Verwertung dieser Äußerung des Angeklagten widersprochen, weil der Angeklagte zu Beginn der [X.] nicht - wie nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschrieben [X.] belehrt worden sei. Die [X.] hat die drei Polizeibeamten dazu vernommen, ob eine Belehrung erfolgt sei. Dazu gab der Zeuge M.

an, er habe den Angeklagten —spätes-tens bei der [anschließenden] Durchsuchung seiner Person, als in seiner Ho-sentasche 4,76 g Marihuana aufgefunden wurden, belehrt. Ob er ihn zuvor [X.] habe, könne er nicht mehr sagenfi. [X.]sagte aus, er selbst habe den Angeklagten nicht belehrt, —er vermute, dass eine Belehrung durch POM [X.] erfolgte. Wo diese stattgefunden hat, könne er nicht mehr sagenfi. Der Polizeibeamte [X.]gab an, —keine Angaben darüber machen zu können, ob der Angeklagte belehrt worden seifi. 6 Die [X.] hat die Aussage des Angeklagten verwertet. Da sich nicht klären lasse, ob vor seiner Aussage zu der Gaspistole durch die Beamten eine Belehrung erfolgt sei, dürfe nach den Grundsätzen aus BGHSt 38, 214, 224 der Inhalt der Einlassung verwertet werden. Dem Angeklagten könne die Waffe aufgrund der Bekundungen der Polizeibeamten im Sinne eines [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zugerechnet werden. 7 2. Die freibeweisliche Würdigung der [X.] zu dem Vorliegen der Belehrung ist nicht tragfähig. Im Ausgangspunkt zutreffend hat die [X.] durch die Vernehmung der drei Polizeibeamten zu klären versucht, ob die in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO bezeichnete Belehrung erteilt worden ist oder ob es 8 - 5 - Hinweise dafür gibt, dass die Belehrung versäumt worden ist. Die vom [X.] mitgeteilten Bekundungen der Polizeibeamten legen nahe, dass keiner der Beamten eine konkrete Erinnerung daran hatte, ob die vorgeschriebene Beleh-rung vor der Einlassung des Angeklagten zu der Gaspistole erfolgt ist. Anders als in den Fällen in BGHSt 38, 214, 224 und [X.], 609, in denen es jedenfalls Hinweise für eine erfolgte Belehrung gab, die sich nicht näher aufklären ließen, gibt es hier aufgrund der Aussagen der [X.] keine Anhaltspunkte für eine Belehrung. Es ist auch nicht festgestellt, dass einer der Polizeibeamten, den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldver-fahren (Nr. 45 Abs. 1 [X.]) entsprechend, eine Belehrung aktenkundig [X.] hat. Liegen somit keine hinreichend verlässlichen Anhaltspunkte für eine erfolgte Belehrung vor, und kommt hinzu, dass ein Aktenvermerk im Sinne von Nr. 45 Abs. 1 [X.] nicht gefertigt wurde, so dürfen Äußerungen, die der Be-schuldigte in dieser Vernehmung gemacht hat, nicht verwertet werden. 9 3. Auf diesem Verfahrensfehler beruht die Verurteilung im Fall I[X.] 4 der Urteilsgründe; er erfasst auch die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaub-ten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der [X.] sieht davon ab, hinsichtlich des Schuldspruchs auf unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durchzuentscheiden. Mit der Aufhebung der Verurteilung im Fall I[X.] 4 entfällt auch die Gesamtstrafe. Zur Strafzumessung weist der [X.] auf Folgendes hin: Sollte die neu zur Ent-scheidung berufene [X.] wiederum zu dem Ergebnis kommen, dass im Fall I[X.] 4 bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG vorliegt und gelangt sie auch zu einem minder 10 - 6 - schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG, so wird sie die Sperrwirkung des Straf-rahmens des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu beachten haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], 1679). I[X.] Die Überprüfung des Urteils in den Fällen I[X.] 1 bis 3 aufgrund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. 11 [X.]Boetticher Hebenstreit Elf [X.]

Meta

1 StR 454/06

08.11.2006

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2006, Az. 1 StR 454/06 (REWIS RS 2006, 937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 937

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