Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2005, Az. 2 StR 298/05

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 1376

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 298/05 vom 12. Oktober 2005 Nachschlagewerk nein [X.]St: nein Veröffentlichung: ja

BtMG § 30 a Abs. 2 Nr. 2

Die geladene Schreckschusswaffe, bei der der [X.] nach vorne austritt, ist eine Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG.

[X.], [X.]. vom 12. Oktober 2005 - 2 [X.] [X.] in der Strafsache gegen

- 2 -

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
- 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Oktober 2005, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] Dr. Bode

als Vorsitzender

und die [X.]in am [X.] Dr. [X.], der [X.] am [X.] [X.], die [X.]in am [X.] Roggenbuck, der [X.] am [X.] Dr. Appl

als beisitzende [X.],

[X.]

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

- 4 - für Recht erkannt: - 5 - [X.] Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.]eil des [X.] vom 21. Februar 2005 1. im Fall 21 der Anklage im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit Nötigung und mit Betrug schuldig ist; 2. im Einzelstrafausspruch im Fall 21 der Anklage sowie im
[X.] aufgehoben. I[X.] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gefährlicher Körper-verletzung, mit Nötigung und mit Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. - 6 - Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich mit der Sachrüge dage-gen, dass der Angeklagte im Fall 21 der Anklage nicht gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wegen bewaffneten Handeltreibens verurteilt wurde. Das wirksam hierauf und auf den [X.] beschränkte, vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Zum Fall 21 der Anklage hat das [X.] im Wesentlichen fol-gende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte und der Zeuge [X.] handelten mit Rauschgift. [X.] wurden vom Zeugen [X.] 3,5 kg Haschisch zum Kauf angeboten. Der Angeklagte und [X.] wollten sich mit [X.] im Mai/Juni 2003 treffen, um die 3,5 kg Rauschgift zum Ge-winn bringenden Weiterverkauf zu erhalten. Der Angeklagte und [X.] kamen überein, [X.] zu täuschen, damit dieser ihnen ohne Vorkasse das Rauschgift aushändige. Nach Erhalt des Rauschgifts wollten sie ohne Bezahlung fliehen und [X.], wenn dieser ihnen mit einem Messer nacheilen würde, mit einer Dose Reizgas ([X.]) und einer geladenen Schreckschusspistole (der Angeklagte) an der Verfolgung hindern. Der Angeklagte und [X.] gingen mit [X.], der das [X.] bei sich hatte, zu einem Wohnhaus, in dem sich angeblich der Abnehmer aufhielt. [X.] gab [X.] im Vertrauen auf dessen und des Angeklagten Zahlungsbe-reitschaft die Plastiktüte mit 3,5 kg Haschisch, welches einen Wirkstoffgehalt von mindestens 2 % aufwies. [X.] reichte die Tüte sofort an den Angeklagten weiter und sprühte [X.] Reizgas so ins Gesicht, dass dessen Augen tränten. [X.] wandte reflexartig den Kopf zur Seite, wo der Angeklagte stand. Dieser schoss mit der Schreckschusspistole aus etwa 30 cm Entfernung [X.] ins Gesicht, der daraufhin ein Mündungsfeuer sah und dem dann schwarz vor den Augen wur-de. Er ging in die Knie, fühlte einen brennenden Schmerz im Gesicht und brach - 7 - deshalb den Versuch einer Verfolgung ab. Zwar hatte er ein Messer bei sich, trug es aber während der ganzen [X.] in seiner Kleidung. Das [X.] konnte nicht klären, ob sich in der Pistole Gas- oder Schreckschusspatronen befanden. "Zugunsten" des Angeklagten ist es davon ausgegangen "dass er eine [X.] zündete" ([X.]. Das [X.] hat zutreffend (vgl. hierzu u.a. [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 60 und Versuch 1; [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Sichverschaffen 2) den Be-trug darin gesehen, dass [X.] - entsprechend getäuscht - die Plastiktüte mit dem Haschisch im Vertrauen auf Zahlungsbereitschaft ohne Vorkasse aushändigte. In dem (erfolgreichen) Angriff, um eine Verfolgung durch [X.] zu verhindern, wird die vollendete Nötigung gesehen und der einverständliche Einsatz "zumindest des [X.]", welches zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperli-chen Unversehrtheit des [X.] führte, wird als gefährliche Körperverletzung ge-wertet. Als tateinheitlich zu diesen Delikten begangen nimmt das [X.] unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge an. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hat das [X.] verneint, "da nicht gesichert feststellbar war" ([X.]), dass der Angeklagte hierbei eine Schusswaffe mit sich führte. 2. Entgegen der Auffassung des [X.]s wurde vom Angeklagten der Tatbestand des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt. Der Angeklagte hat mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge uner-laubt Handel getrieben und dabei eine Schusswaffe mit sich geführt, im vorlie-genden Fall sogar verwendet. Die mit [X.]n geladene Schreckschuss-pistole ist (auch) im strafrechtlichen Sinne als Schusswaffe anzusehen. Die geladene Schreckschusswaffe, bei der - wie hier - der [X.] nach vorne austritt, ist nicht nur eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB - 8 - ([X.]St 48, 197 f.), sondern auch eine Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Durch die Entscheidung des [X.] vom 4. Februar 2003 ([X.]St 48, 197 f.) wird die geladene Schreckschusswaffe der geladenen Gaswaffe gleich gestellt, die schon bisher allgemein (vgl. hierzu u.a. [X.] [X.], 433 m.w.[X.]) als Schusswaffe angesehen wurde ([X.]St 48, 197, 201). Durch das zur Tatzeit bereits geltende Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (Inkrafttreten: 1. April 2003) werden die Schreckschusswaffen auch als "Feuerwaffen" eingestuft und damit ausdrücklich den als Schusswaf-fen geltenden Gaspistolen gleichgestellt. Die geladenen Schreckschusswaffen weisen eine Gefährlichkeit auf, die mit derjenigen vergleichbar ist, die von [X.] Waffen ausgeht. Sie sind deshalb gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] Waffen im technischen Sinne ("Schusswaffen"), für deren Führen es nach § 10 Abs. 4 Satz 4 [X.] auch eines Waffenscheins ([X.]) bedarf (vgl. hierzu im Einzelnen [X.]St 48, 197, 204). Die Bewertung der geladenen Schreckschusswaffe als Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewirkt eine Harmonisierung mit den Vorschriften, bei denen das Beisichführen einer "Waffe" zu einer Qualifikation führt und eine geladene Gaspistole diesen Begriff ohne Weiteres erfüllt. Wenn man geladene Gaspistolen und geladene Schreckschusswaffen im Hinblick auf ihre vergleichbare Gefährlichkeit im Rahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gleich behandelt, so muss dies auch im Rahmen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gelten. Da bereits bisher eine geladene Gaspistole (ebenso wie eine funktionstüchtige [X.]; vgl. hierzu [X.], [X.]. vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99 - auszugsweise in [X.], 431) im Rahmen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als Schusswaffe im Sinne die-ser Vorschrift angesehen wurde (vgl. u.a. [X.]/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30 a Rdn. 13 m.w.[X.]), muss dies für die gleichzustellende Schreckschusswaf-fe ebenso gelten. - 9 - Auf die Frage, ob es sich bei der ebenfalls verwendeten Sprühdose mit Reizgas (vgl. hierzu auch [X.]St 22, 230, 231; [X.] [X.], 87, 88; [X.], [X.]. vom 9. August 2001 - 4 [X.]; [X.], [X.]. vom 6. September 2005 - 5 [X.]) um einen "sonstigen Gegenstand" im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG handelt und auch deshalb dieser Tatbestand erfüllt ist, kommt es danach nicht an. Der [X.] hat den Schuldspruch selbst entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da bereits die Anklage, bei der ein Verstoß gegen das Waffengesetz ausgeschieden worden war, bewaffnetes Handeltrei-ben im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG vorwarf. Der Einzelstrafausspruch in diesem Fall (Freiheitsstrafe von drei Jahren) hat jedoch keinen Bestand, da der [X.] nicht ausschließen kann, dass der Tatrichter bei Anwendung der Qualifikation des § 30 a BtMG mit einer Mindest-strafe von fünf Jahren zu einer höheren Strafe gelangt wäre. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die zugrunde liegenden - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen können [X.] bleiben. Neue - hierzu nicht in Widerspruch stehende - Feststellungen kann der neue Tatrichter treffen. [X.] [X.]

Roggenbuck

Appl

Meta

2 StR 298/05

12.10.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2005, Az. 2 StR 298/05 (REWIS RS 2005, 1376)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1376

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