Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.05.2013, Az. B 4 AS 262/12 B

4. Senat | REWIS RS 2013, 6124

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionszulassung - Verfahrensmangel - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - keine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung - Nichterhalt der Ladung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 5. September 2012 - L 12 AS 93/11 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger die Aufwendungen für eine Erstausstattung der Wohnung nach dem [X.] zu erstatten hat bzw, ob die Verweigerung des Anspruchs rechtswidrig war.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag des [X.] vom 10.12.2008 auf Leistungen zur Wohnungserstausstattung ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012). Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des [X.] vom 16.11.2010 in der mündlichen Verhandlung vom [X.], in dem es die beiden Verfahren L 12 AS 1205/10 und L 12 AS 93/11 in zeitlicher Abfolge terminiert hat, zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es unter Bezugnahme auf seine Entscheidungsgründe im gleichfalls den Kläger betreffenden Urteil vom [X.] (L 12 AS 1205/10) ausgeführt, dieser habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Erstausstattung nach dem [X.] bzw auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung, weil es unter Würdigung aller Gesamtumstände an einer Hilfebedürftigkeit fehle.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Revision sei wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen, weil das [X.] gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß §§ 62, 128 Abs 2 [X.]G iVm § 106 [X.]G, Art 103 GG verstoßen habe. Zu der Verhandlung vom [X.], auf der das Urteil des [X.] beruhe, sei er weder geladen worden noch habe er von der Verhandlung Kenntnis gehabt. Die Ladung sei an seine Postfachadresse adressiert gewesen und habe dort nicht zugestellt werden können. Die Entscheidung des [X.] sei eine Überraschungsentscheidung. Nachdem die Zeugin B im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme vom [X.] krankheitsbedingt nicht habe gehört werden können, sei zunächst mit einem erneuten Beweisaufnahmetermin zu rechnen gewesen. Im Verhandlungstermin hätte er seine Hilfebedürftigkeit für den streitigen Zeitraum weiter darlegen und beweisen und so zu einem günstigeren Ergebnis gelangen können.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.], auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision konnte deshalb ohne Hinzuziehung [X.] gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]G verworfen werden.

5

Unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Einzelumstände hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass das Berufungsurteil unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G) ergangen ist. Dieses Gebot des rechtlichen Gehörs erfordert, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen gegeben werden muss, dies vor allem in der mündlichen Verhandlung (B[X.] SozR 3-1500 § 62 [X.] 5; B[X.] SozR 3-1500 § 128 [X.] 14). Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen.

6

Der Kläger hat nicht ausreichend dargetan, dass er diese Möglichkeit nicht hatte. Nicht ausreichend ist sein Vortrag, dass ihm die Terminsmitteilung unter der von ihm angegebenen Postfachadresse nicht habe zugestellt werden können. Insofern ist zu berücksichtigen, dass [X.] und Ladungen nach § 63 Abs 1 S 2 [X.]G (idF des 6. [X.]G-Änderungsgesetzes vom [X.] - [X.]) nicht (mehr) zugestellt werden müssen; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfeinschreiben.

7

Es kann nicht in allen Fällen einer "schlichten" Bekanntgabe einer Terminbestimmung oder Ladung - wie hier durch Telefaxübermittlung der Terminsmitteilung in dem gleichzeitig anberaumten Verfahren L 12 AS 1205/10 (vgl Sendebericht vom [X.]) - von einer Verletzung des § 63 [X.]G ausgegangen werden, wenn ein Beteiligter behauptet, die Ladung nicht erhalten zu haben. Dies gilt etwa dann, wenn sich nach Aktenlage bereits Besonderheiten und Auffälligkeiten im Zugangs- und "Herrschaftsbereich" des Adressaten ergeben haben (vgl hierzu auch B[X.] SozR 4-1500 § 62 [X.] 2). Ein derartiger Fall liegt hier vor, weil der Kläger keine aktuelle Wohnanschrift angegeben und in seinen Schriftsätzen ausdrücklich darum gebeten hat, ihm alle Schriftsätze auch per Telefax zuzusenden. Nach den Gegebenheiten des Einzelfalls, der durch regelmäßig erforderlich gewordene Terminsaufhebungen und längere Abwesenheitszeiten des [X.] gekennzeichnet ist, hat das [X.] dem Kläger Ladungen und [X.] jeweils unter der zuletzt bekannten Adresse im [X.], P, aber auch per Telefax zur Kenntnis gegeben. Unter der von ihm nicht mehr bewohnten Anschrift konnten Schriftstücke des Gerichts dem Kläger aber regelmäßig nicht übergeben werden, während [X.] ihn erreichten. Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte hätte der Kläger darlegen müssen, dass er auch nicht im Wege der von ihm ausdrücklich gewünschten Telefaxübersendung von dem Termin Kenntnis hätte erlangen können.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 4 AS 262/12 B

02.05.2013

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Detmold, 26. November 2010, Az: S 11 AS 1877/10, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, § 63 Abs 1 S 2 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.05.2013, Az. B 4 AS 262/12 B (REWIS RS 2013, 6124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6124

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