Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. IV ZR 286/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4805

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 286/10

Verkündet am:

11. Juli 2012

Bott

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2012

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9.
Zivil-senats des [X.] vom 30. No-vember 2010 aufgehoben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der [X.], einem [X.] Le-bensversicherer, Schadensersatz wegen der Verletzung von [X.] bei Abschluss einer Lebensversicherung.

Die Beklagte bietet eine Kapitallebensversicherung "Wealthmaster [X.]"
an, bei der mit einer Einmalzahlung Anteile an einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs"
erworben werden. Die Beklagte "garantiert"
den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann. Der [X.] des Anlegers ist das Produkt aus der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile und dem Anteilswert. Das den verschiedenen Pools der [X.] zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von der 1
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[X.] als Teil ihres [X.] am Aktienmarkt [X.]. Im Rahmen des sogenannten Glättungsverfahrens ("[X.]") überführt sie einen Teil der durch die Investitionen der Vermögenswerte erzielten Rendite in Rückstellungen und gibt nur den verbleibenden Teil während der Vertragslaufzeit in Form des garantierten Wertzuwachses und gegebenenfalls
durch
nicht garantierte

Fälligkeitsboni an die [X.] weiter. An den gebildeten Reserven können die Anleger auch am Ende der Vertragslaufzeit durch einen Fälligkeitsbonus beteiligt werden, der dem Wert der Anteile hinzugerechnet wird.

Diese
Lebensversicherung war im Streitfall Teil
eines
Anlagemo-dells, das als weitere Bestandteile die Darlehensfinanzierung der [X.] und die Investition in einen Investmentfonds
beinhaltete. In [X.] wurde dieses [X.]
unter anderem
über die V.

GmbH
als sogenannte "Masterdistributorin"
und von dieser beauftragte [X.] vertrieben.

Geworben durch einen dieser [X.] schloss auch die Klägerin bei der [X.] einen Lebensversicherungsvertrag "Wealth-master [X.]"
mit Versicherungsbeginn zum 21. Juni 2001 und einer Laufzeit von 36 Jahren
ab und zahlte einen Einmalbetrag in Höhe von 244.000 DM,
mit dem
sie Anteile am "Euro-Pool 2000EINS", einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs"
erwarb. Der Versicherungsschein sieht auf Seite 2 eine "sonstige Auszahlung"
in Höhe von 164.359 DM am 1.
Juni 2011 vor. Zur Finanzierung des Einmalbetrags
und der für das [X.] anfallenden Bearbeitungsgebühr von 6.000 DM nahm die Klägerin einen Kredit in Höhe von 200.000 DM auf, dessen Laufzeit auf maximal 10 Jahre begrenzt war. Den Restbetrag in Höhe von 50.000 DM brachte sie aus Eigenmitteln auf. Ihre Ansprüche aus 3
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dem
Lebensversicherungsvertrag trat sie zur Sicherheit
an die [X.] insolvente Kreditgeberin ab. Daneben investierte die
Klägerin
in einen Fondssparplan
mit einer monatlichen Sparrate von 200 DM, der neben der "sonstigen Auszahlung"
bei Endfälligkeit zur Tilgung des
Dar-lehens
verwendet werden sollte.
Die jeweils zum Jahresende fälligen Zinszahlungen für das Darlehen erbrachte die Klägerin anfangs aus [X.], in den Jahren 2006 und 2007 durch Entnahmen aus der Le-bensversicherung.

Der Versicherungsschein
enthält auf Seite 1 den folgenden Hin-weis:

"Dieser Versicherungsschein
besteht aus 3 Seiten, die in Verbindung mit C.

M.

Wealthmaster [X.] Poli-"

Die Klägerin erhielt von der [X.] jährliche Mitteilungen über die aktuellen [X.]e und den deklarierten Wertzuwachs. Dieser betrug für das [X.] 3,5% und für das Jahr 2003 3%.

Ihr [X.] hat die Klägerin auf die Behauptung gestützt, dass sie
vom Vermittler fehlerhaft aufgeklärt
worden sei. Er ha-be nicht nur den Prospekt über die Lebensversicherung der [X.], sondern auch Aufstellungen über in der Vergangenheit erzielte Renditen sowie die Wertübersichten mit unterschiedlichen Renditeprognosen vor-gelegt, in denen unter anderem die vorgesehene Darlehenstilgung mit Hilfe der Versicherungsleistung enthalten gewesen sei. Er habe die [X.] als risikolos dargestellt und behauptet, sie könnte mit einer Min-destverzinsung von 9,5% jährlich sicher rechnen. Außerdem sei sie
unter anderem über das Glättungsverfahren und die poolübergreifende Reser-5
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-

venbildung nicht aufgeklärt worden. Das Verhalten des [X.]s sei der [X.] zuzurechnen, da sie den Vertrieb ihrer Lebensversi-cherungen in [X.] vollständig auf [X.] und [X.] ausgelagert habe. Die Klägerin verlangt,
so gestellt zu werden als hätte sie den Lebensversicherungsvertrag nicht geschlossen, und fordert als
Schadensersatz
die Erstattung der von ihr
für den Vertrags-schluss
erbrachten Aufwendungen (insbesondere Eigenkapital für [X.], Bearbeitungsgebühr
und Darlehenszinsen sowie Zahlungen in den Fondssparplan) und Freistellung von ihren
Darlehensverbindlichkei-ten.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin wegen der Si-cherungsabtretung an die Bank in Abrede gestellt. Ein etwaiges Ver-schulden
des Vermittlers sei ihr nicht zuzurechnen, da das [X.] durch unabhängige Makler vertrieben worden sei. Von
der Fremdfinan-zierung habe sie keine Kenntnis gehabt. Schadensersatzansprüche der Klägerin
seien jedenfalls verjährt, da der Klägerin
spätestens im Jahr 2003
aufgrund der jährlichen Zusendung der Kontoauszüge bekannt ge-wesen sei, dass die für ihr
Anlagekonzept erforderliche Rendite nicht er-zielt werde.

Das [X.] hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie nach persönlicher Anhörung der Klägerin und Vernehmung des Vermittlers als Zeugen abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision der Klägerin, die eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

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Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Klägerin zwar ak-tivlegitimiert sei, weil die Sicherungsabtretung an die Bank die hier gel-tend gemachten vorvertraglichen Ansprüche aus Verschulden bei [X.] nicht umfasse. Eine Pflichtverletzung des Vermittlers sei aber nicht bewiesen. Weder die Angaben des Zeugen noch die der Klä-gerin hätten das Gericht davon überzeugen können, dass der Vermittler der Klägerin unzutreffende Renditen versprochen oder sie sonst unzu-reichend aufgeklärt habe.

Ansprüche der Klägerin aus culpa in contrahendo wären im Übri-gen auch verjährt. Die subjektiven
Voraussetzungen des § 199 Abs.
1 Nr. 2 BGB für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB) hätten bei der Klägerin jedenfalls im Jahr 2003 vorgelegen, da ihr die Anspruchsvoraussetzungen zumindest grob fahrlässig unbekannt geblie-ben seien. Aufgrund der in den Jahren 2002 und 2003 erhaltenen Konto-auszüge und den darin deklarierten Wertzuwächsen hätte sie misstrau-isch werden und weitere Erkundigungen einholen sowie die Prospekt-
und Vertragsunterlagen gründlich studieren müssen. Ansprüche seien damit Ende 2006 verjährt, da die Klage erst im [X.] erhoben [X.] sei.

I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in [X.] Hinsicht stand. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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-

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die internationale [X.] Gerichte
die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist ([X.], Urteile vom 1.
März 2011
[X.], [X.]Z 188, 373
Rn.
9; vom 9.
März 2010
XI ZR 93/09, [X.]Z 184, 365 Rn.
17; vom 28.
November 2002
[X.], [X.]Z 153, 82, 85)

gegeben. Sie folgt sowohl aus Art.
9 Abs.
1 Buchst.
b als auch aus Art.
16 Abs.
1 i.V.m. Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c EuGVVO.

2. Ob der Klägerin die geltend gemachten Schadensersatzansprü-che wegen Verschuldens bei Vertragsschluss
zustehen, kann der Senat nicht abschließend prüfen, da das Berufungsgericht weitere Feststellun-gen treffen
muss.

a)
Zu Recht
hat das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin
bejaht. Es ist zu dem Ergebnis gekommen,
der geltend gemach-te
Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen werde von der Sicherungsabtretung
der Ansprü-che aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Kreditgeberin
nicht [X.]. Diese Auslegung
der Abtretungsvereinbarung
ist nicht zu bean-standen.

Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Abtretungs-vereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen
im Sinne
des hier anwendbaren (Art. 229 § 5 EGBGB) § 1 [X.] handelt, die über den Be-zirk eines [X.] hinaus Verwendung gefunden haben, so dass ihre Auslegung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nach-prüfung unterliegt (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juni 2011

[X.], 13
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NJW 2011, 2643 unter [X.] m.w.N.). Zwar hat das Berufungsgericht zur rechtlichen Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingung keine Feststellungen getroffen. Die Abtretungsvereinbarung wurde jedoch er-kennbar unter
Verwendung eines standardisierten Formulars der Kredit-geberin erstellt, in das lediglich die Vertragsparteien sowie die konkrete Bezeichnung der Versicherungsgesellschaft und des Kreditvertrages eingefügt wurden.

Die Klausel ist daher nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise be-teiligten
Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglich-keit des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen ist (st. Rspr., [X.], Urteil vom 30. März 2010

[X.], NJW 2010, 2041 Rn.
20). Zur Bestimmung des
Umfangs
einer
Siche-rungsabtretung sind
dabei neben dem Wortlaut
der abgegebenen Erklä-rungen die Parteiinteressen und der Zweck
des Rechtsgeschäfts zu be-rücksichtigen
(Senatsurteil vom 13. Juni 2007

IV ZR 330/05, NJW 2007, 2320 Rn. 22). Nach dem
Wortlaut der Abtretungsvereinbarung sind
"sämtliche Ansprüche und Rechte, die (der Klägerin) aufgrund des [X.] die genannte Versicherungsgesellschaft zu-stehen oder noch zustehen werden"
erfasst; mit
übertragen ist ausdrück-lich das Recht auf Kündigung des Versicherungsvertrages und auf [X.]. Schadensersatzansprüche sind hin-gegen nicht erwähnt. Die Formulierung lässt darauf schließen, dass die Parteien eine Abtretung sämtlicher Rechte im Blick hatten, die sich aus dem Lebensversicherungsvertrag ergeben. Die Klägerin verlangt hinge-gen, so gestellt zu werden als hätte sie den Lebensversicherungsvertrag nicht geschlossen. Dieser auf Rückabwicklung des Vertrages gerichtete 17
-
9
-

Anspruch hat eine andere Ursache und ein
anderes Ziel als Ansprüche, deren Rechtsgrund in der
Durchführung oder Kündigung des [X.] liegt, und ist daher vom Wortlaut der Abtretungsver-einbarung nicht erfasst
(so auch zu vergleichbar formulierten
Siche-rungsabtretungen in anderen Verfahren
gegen die Beklagte: [X.]

20 U 249/11
n.v. =
[X.]; OLG Celle

8 U 151/11, juris, Rn. 55; OLG Stuttgart

7 U 133/10, juris Rn.
127; OLG Karlsruhe

12 U 173/10, juris Rn. 52; OLG München

25 U 2195/09 n.v. =
[X.]). Auch unter Berücksichtigung der Parteiinteressen ergibt sich aus der [X.] nicht, dass die Klägerin und die Kreditgeberin Schadensersatz-ansprüche
aus vorvertraglicher Pflichtverletzung
auf Ersatz des negati-ven Interesses
mitübertragen wollten.
Diese
Ansprüche gehen
über den Anspruch auf Freistellung von den
Verbindlichkeiten
gegenüber der Zes-sionarin
und damit auch über den Sicherungszweck
hinaus, erfassen
insbesondere die Eigenaufwendungen der Klägerin
für den Einmalbetrag, die Bearbeitungsgebühr und den Fondssparplan. An der Erstattung die-ser Aufwendungen hat allein die Klägerin ein rechtliches Interesse.

b)
Auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Sach-verhalts
hat die Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen ihre Aufklärungspflichten verletzt.

aa) Der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Le-bensversicherung stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlage-geschäft dar. Gegenüber der Renditeerwartung war die Versicherung des Todesfallrisikos von untergeordneter Bedeutung. Dies zeigt sich schon daran, dass die garantierte Todesfallleistung nur "101,00% des Rück-nahmewertes von Einheiten/Anteilen"
beträgt. Die Beklagte war daher nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklä-18
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10
-

rung bei [X.] verpflichtet, die
Klägerin
bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und [X.] zu informieren, die für ihren
Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren. Das gilt insbesondere für die mit der angebotenen Be-teiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken (vgl. [X.], Urteile vom 9.
Juli 1998
III ZR 158/97, aaO unter I 1; vom 21.
März 2005
[X.], [X.], 833 unter [X.] b;
vom 17.
Februar 2011

III ZR 144/10,
NJW-RR 2011, 910 Rn.
9).

[X.]) Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht ei-ne Verletzung dieser Aufklärungspflichten
im Rahmen der [X.] nicht abschließend verneinen dürfen.

(1) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts, dass das Versprechen einer konkre-ten Mindestrendite durch den Vermittler und die Werbung mit zweistelli-gen [X.] durch Übergabe der Aufstellung der [X.] in den Jahren 1957-1999 (Anlage K 2)
nicht bewiesen sei.
Das Berufungsgericht hat seine fehlende Überzeugung aus der Parteian-hörung und der Vernehmung des Vermittlers
zum Inhalt des Beratungs-gesprächs und den von beiden hierzu gemachten Äußerungen hergelei-tet. Die Beweiswürdigung lässt
insoweit
Rechtsfehler nicht erkennen.

(2) Eine
Pflichtverletzung der [X.] liegt jedoch
auf Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalts
in einer unzureichen-den Aufklärung über die Verwaltung der Beiträge. Mit diesen von der Klägerin
dargelegten
[X.]n
hat sich das Berufungsgericht nicht befasst.

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22
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11
-

(a) Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat die Klägerin be-anstandet, die Beklagte habe sie
über die Funktionsweise und die Be-deutung des
Glättungsverfahrens
("[X.]") und die Verwendung der gebildeten Reserven nicht aufgeklärt. Die [X.] im Rahmen des Glättungsverfahrens
führe
dazu, dass hohe Renditen nicht zu erzie-len seien. Sie sei auch nicht darüber informiert worden, dass die [X.] langfristige Reserven bilde und ihre Aktionäre hieran beteilige.

Unstreitig gibt die Beklagte im Rahmen des Glättungsverfahrens nur einen Teil der mit den Einmalzahlungen erzielten Rendite über den deklarierten Wertzuwachs an die Anleger weiter und überführt den ande-ren Teil in Rücklagen, die einer Stützung von
Auszahlungen und dekla-rierten Wertzuwächsen bei negativer Entwicklung an den Aktienmärkten dienen sollen. Der Umfang der [X.] unterliegt der Ermes-sensentscheidung der [X.]. An den gebildeten Reserven können die Anleger durch die
nicht garantierten

Fälligkeitsboni beteiligt wer-den, die auf die am Ende der Vertragslaufzeit verbliebenen Anteile, [X.] auch auf beantragte regelmäßige Auszahlungen geleistet werden.

Im Vorfeld des Vertragsschlusses hätte es einer Aufklärung über die Besonderheiten des so beschriebenen Glättungsverfahrens
und über die Verwendung der Reserven
bedurft. Dass die Beklagte unter Berück-sichtigung der [X.] und einer Prognose der zukünfti-gen Wertentwicklung entscheidet, in welcher Höhe die Gesamtrendite in langfristige Reserven fließt, dass also die Anleger gegebenenfalls
nur zu einem geringen Anteil hieran beteiligt werden, ist für die Anlageentschei-dung von wesentlicher Bedeutung. In den [X.] findet sich entgegen der Auffassung der [X.] keine Erläuterung des Glät-23
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12
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tungsverfahrens. Unter Nr.
2.9.2 b) wird im letzten Satz lediglich darauf hingewiesen, dass es "unter besonders schlechten Investmentbedingun-(kann), um die Interessen der Anleger zu schützen". Ähnlich nichtssa-gend ist Nr.
5.2.3 Abs. 3 der Verbraucherinformation. Hiernach kann "[X.] besonders niedrig sein, um den Pool zu schützen. C.

M.

hat jedoch seit 1824 noch nie eine Bonuszahlung ausgelassen

selbst durch Weltkriege und [X.] hindurch". Auch aus dieser Formulierung kann der Versicherungsnehmer die Funktionsweise und die Bedeutung des Glättungsverfahrens
für die Entwicklung des Vertrags-wertes nicht ersehen.

(b) Auch über die poolübergreifende [X.] wurde die Klägerin nicht aufgeklärt. Sie beanstandet, dass die Beklagte für alle Versicherungsnehmer gemeinsame Rücklagen bilde, so dass es
zu einer Quersubventionierung zwischen den Pools
komme. Diese Behauptung wird von der [X.] nicht bestritten; sie verweist lediglich darauf, dass zur Erfüllung der Garantieansprüche der Anleger primär auf die für die einzelnen Pools gebildeten Reserven, sekundär auf die Gesamtre-serven im [X.] zurückgegriffen werde.

Bei dieser poolübergreifenden [X.] handelt es sich
ebenfalls
um einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand, über den die Beklagte hätte aufklären müssen.
Die Behauptung der [X.], in den Jahren 2007 und 2008 sei nur in geringem Umfang (0,25% und ca. 0,6%) auf die Gesamtreserven zurückgegriffen worden, ist bereits deshalb unerheblich, da Obergrenzen für den Rückgriff nicht 26
27
-
13
-

festgelegt sind.
Die [X.] enthalten zu der Reservenbil-dung
keine Erläuterung. Unter Ziff.
2 heißt es lediglich:

"2.1
C.

M.

unterhält oder veranlasst die [X.] einer Reihe deutlich abgegrenzter interner Invest-mentfonds und Pools mit garantiertem Wertzuwachs, die jeweils durch ein getrenntes Konto oder eine ge-trennte Aufstellung innerhalb des [X.] von C.

M.

vertreten sind. Jeder interne Investmentfonds/Pool ist in Einheiten/Anteile unterteilt.

2.6
Die Unterteilung der Fonds/Pools in Einheiten/Anteile und die Zuteilung geschehen lediglich zum Zweck der Berechnung von Leistungen, die unter bestimmten von C.

M.

ausgestellten Verträgen zahlbar sind. Die Vermögenswerte der Fonds/Pools gehören immer C.

M.

, während der Versicherungsnehmer

unter dem Vorbehalt der [X.]

einen Anspruch auf den Wert der zugeteilten Einheiten/Anteile besitzt."

Dass für alle Pools der [X.] (auch) gemeinsame Reserven gebildet werden mit der Folge, dass die mit der Einmalzahlung der
Klä-gerin erwirtschaftete Rendite auch zur Gewährleistung von [X.] aller anderen Versicherungsnehmer verwendet werden kann, ergibt sich hieraus nicht mit der erforderlichen Klarheit. Vielmehr wird durch die Formulierung unter Nr.
2.1 der Eindruck erweckt, dass eine Quersubventionierung ausgeschlossen ist. Auch hierin liegt eine Aufklä-rungspflichtverletzung der [X.].

c)
Das Urteil erweist sich auch nicht wegen der vom Berufungsge-richt angenommenen Verjährung als richtig. Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt steht dem Schadensersatzanspruch der Klä-gerin die [X.] nicht entgegen.
28
29
-
14
-

aa) Eine Anwendung des §
12 Abs.
1 [X.] unter dem Ge-sichtspunkt, dass der Ersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden wirtschaftlich an die Stelle des vertraglichen [X.] ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16.
Dezember 2009
IV ZR 195/08, [X.], 373 Rn.
12; vom 21.
Januar 2004
IV ZR 44/03, [X.], 361 unter [X.]), kommt hier nicht in Betracht. Die Klägerin [X.], so gestellt zu werden, als hätte sie den [X.] nicht geschlossen. Der auf eine Rückabwicklung des [X.] verjährt nach den allgemeinen verjäh-rungsrechtlichen Regelungen der §§
195
ff. BGB (Senatsurteil vom 15.
Februar 2012
IV ZR 194/09,
VersR 2012, 601
Rn.
29), also [X.] einer Frist von drei Jahren (§
195 BGB n.F. i.V.m. Art.
229 §
6 Abs.
1 Satz
1 EGBGB).

[X.]) Die Verjährung beginnt nach §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.

(1) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist objektiv mit dem Abschluss des [X.] entstanden. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regel-mäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechte-rung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist, während der Eintritt einer risikobehafteten Situation dafür nicht ausreicht. Jedoch kann der auf einer [X.] beruhende Erwerb einer für den [X.] nachteiligen, weil seinen konkreten Anlage-zielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage be-30
31
32
-
15
-

reits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn daher
unab-hängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage

dazu berechti-gen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der
Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und voll-zogenen) Erwerb der Anlage (Senatsurteil vom 15.
Februar 2012 aaO Rn.
31; [X.], Urteile vom 22.
Juli 2010
[X.], NJW-RR 2010, 1623 Rn.
10; vom 8.
Juli 2010
[X.], [X.]Z 186, 152 Rn.
24; vom 10.
November 2009
XI ZR 252/08, [X.]Z 183, 112 Rn.
46 und vom 8.
März 2005 aaO S.
309
f.),
hier also im Jahr 2001.

(2) Entgegen der Auffassung der [X.] hatte die Klägerin [X.] weder bei Abschluss des Vertrages noch im Jahr 2003 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Um-ständen. Hierzu gehört bei unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt ([X.], Urteile vom 28.
Mai 2002
[X.], [X.], 511 unter [X.]; vom 3.
Juni 2008
XI ZR 319/06, [X.], 2576 Rn.
27; jeweils m.w.N.). Wird ein Schadensersatzanspruch auf verschiedene Aufklä-rungsfehler gestützt, ist die Verjährung getrennt für jede einzelne Pflicht-verletzung zu prüfen. Das gilt auch, wenn die [X.] in den-selben Schaden, z.B. den Erwerb einer Kapitalanlage, münden ([X.], Urteil vom 24. März 2011

[X.], NJW-RR 2011, 842 Rn. 14).

Aus den der Klägerin in den Jahren 2002 und 2003 übersandten [X.] ergibt sich jedenfalls keine Kenntnis oder grob fahrlässi-ge Unkenntnis der Klägerin von den Pflichtverletzungen, die aus einer unterlassenen Aufklärung über die Verwaltung der Beiträge resultieren. Auch bei nochmaliger Überprüfung der ihr übergebenen Unterlagen hätte die Klägerin weder die Funktion und die Bedeutung des Glättungsverfah-33
34
-
16
-

rens noch die einheitliche [X.] im [X.] für die verschiedenen "Pools mit garantiertem Wertzuwachs"
der [X.] ersehen können. Dass hierin einer der Gründe für den niedri-gen Wertzuwachs der Poolanteile liegen könnte, konnte sich ihr auch aufgrund der Komplexität der Lebensversicherung "Wealthmaster [X.]"
nicht erschließen.

II[X.]
Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen
zum Bestehen eines [X.] wegen einer [X.] und gegebenenfalls zur Schadenhöhe
treffen muss.

[X.] [X.]

[X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.06.2009 -
4 O 89/08 H -

OLG Karlsruhe in [X.], Entscheidung vom 30.11.2010 -
9 U 75/09 -

35

Meta

IV ZR 286/10

11.07.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. IV ZR 286/10 (REWIS RS 2012, 4805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4805

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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