Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. 2 StR 322/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 14172

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 322/14
vom
12. März
2015
in der Strafsache
gegen

wegen Untreue

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12.
März 2015 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.
April 2014 im Ausspruch nach §
111i Abs.
2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Untreue in 185 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. [X.] hat es festgestellt, dass "der Verfall eines bestimmten Gegenstandes auf-grund der Beschaffenheit des durch die Taten [X.] nicht möglich ist und dass der Wert des durch die Taten [X.] einem Geldbetrag von 190.187,63

s-halb nicht auf Verfall von Wertersatz zu erkennen ist, "weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB entgegenstehen".

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Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die [X.] materiellen Rechts gestützten Revision; das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte seit 1974 im Justizdienst des [X.] N.

tätig und zuletzt als Justiz-amtsinspektor bei dem Amtsgericht B.

mit der Funktion eines Zahlstellen-verwalters betraut. Um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, bewirkte der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Angeklagte im Zeit-raum von September 2010 bis Oktober 2012 zu seinen Gunsten Überweisun-gen aus der [X.]kasse in Höhe von 190.187,63

in der Folgezeit. Am 10.
Januar 2013 hat der Angeklagte ein notarielles Schuld-anerkenntnis nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen zum Nachteil des [X.] N.

begangener unerlaubter Handlungen abgege-ben. Mit Beschluss vom 18.
Februar 2014 hat das Amtsgericht K.

das Insol-venzverfahren über das Vermögen des Angeklagten eröffnet.
II.
1. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält die von dem [X.] getroffene Feststellung nach §
111i Abs.
2 StPO revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Das [X.] ist im Ausgangspunkt zutreffend von der [X.] des §
111i Abs.
2 StPO ausgegangen, weil der Angeklagte einen [X.] in Höhe von 190.187,63

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4
-
des Verfalls von Wertersatz (§
73a StGB) Schadensersatzansprüche des Lan-des N.

gemäß §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
266 StGB in einer dem Wert des [X.] entsprechenden Höhe entgegenstehen (§
73 Abs.
1 Satz
2 StGB). Auch der Fiskus kann Verletzter im Sinne des §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB sein ([X.], Beschluss vom 28.
November 2000 -
5 StR 371/00, [X.], 155, 156). Die Anwendung der Vorschrift des §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass hier das geschädigte Land zugleich Gläubiger des aufgrund einer Anordnung nach §
73a StGB entstehenden staat-lichen Zahlungsanspruchs [X.], StGB, 62.
Aufl., §
73a Rn.
8) gegen den Angeklagten wäre. §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB verfolgt den Zweck, den Ange-klagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
November 2009 -
4 [X.], [X.], 693 f.). Die zumindest abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht auch dann, wenn der Täter etwas aufgrund einer Tat zum Nachteil des [X.] er-langt und diesem infolgedessen ein Anspruch gegen den Täter auf Rückgewähr des [X.] oder auf Ersatz des dem [X.] entsprechenden Geldwerts zusteht. Denn eine im Urteil getroffene Anordnung von [X.] ließe zunächst die Möglichkeit des Verletzten unberührt, seine aus der Tat erwach-senen Ansprüche außerhalb des Strafverfahrens -
hier zum Beispiel durch Voll-streckung des notariellen Schuldanerkenntnisses
-
durchzusetzen (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2006 -
3
StR 41/06, [X.], 621, 622). Daran ändert auch nichts, dass sich der Täter gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch das Land erfolgreich zur Wehr setzen könnte.
b) Das [X.] hat indes nicht geprüft, ob die Vorschrift des §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB der Feststellung gemäß §
111i Abs.
2 StPO entgegensteht, obwohl für eine solche Prüfung bei dem vermögenslosen Angeklagten Anlass bestand (zur Prüfungsreihenfolge im Rahmen des §
73c StGB vgl. [X.], [X.]
-
5
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schluss vom 13.
Februar 2014 -
1 [X.]). Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach §
111i Abs.
2 StPO.
2. Sollte das neue Tatgericht abermals eine Feststellung nach §
111i Abs.
2 StPO treffen (zur Fassung des [X.] vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2010 -
4 [X.], [X.]St 56, 39, 51 f.; [X.], Beschluss vom 5.
September 2013 -
1 [X.], [X.], 149, 154), wird es [X.] die Vorschrift des §
111i Abs.
2 Satz
4 StPO zu beachten haben. Danach soll das Gericht den Rahmen des späteren Auffangrechtserwerbs vorgeben, indem es den Umfang der erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingetretenen Restitution bestimmt (BT-Drucks. 16/700, S.
15). Der Umstand, dass über das Vermögen des Angeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht einer Feststellung gemäß §
111i Abs.
2 StPO nicht entgegen ([X.], Urteil vom 4.
Dezember 2014 -
4 StR 60/14, NJW 2015, 713, 715).
Fischer

Appl Krehl

Eschelbach Ott
7

Meta

2 StR 322/14

12.03.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. 2 StR 322/14 (REWIS RS 2015, 14172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14172

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2 StR 322/14

1 StR 336/13

4 StR 215/10

1 StR 162/13

4 StR 60/14

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