Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.12.2017, Az. 35 W (pat) 11/14

35. Senat | REWIS RS 2017, 697

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Tenor

In Sachen

wegen Löschung des Gebrauchsmusters …

(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 13. Dezember 2017 durch [X.] sowie die Richterin [X.] und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] vom 5. August 2014 aufgehoben und

die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens werden auf

8.786,00 €

(in Worten: [X.])

festgesetzt.

Dieser Betrag ist ab dem 17. Oktober 2013 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Im Übrigen werden die Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin zu 1/3 und die Antragstellerin zu 2/3 zu tragen.

4. [X.] wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin war Inhaberin des am 13. Januar 005 eingetragenen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“, das zwischenzeitlich nach Erreichen der maximalen Schutzdauer erloschen ist.

2

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hatte am 13. November 2009 beim [X.] den Antrag gestellt, das Streitgebrauchsmuster in vollem Umfang zu löschen. Anlass für den Löschungsantrag war eine einstweilige Verfügung, die die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin vor dem [X.] ([X.]. 4b [X.]) wegen Verletzung des Streitgebrauchsmusters erwirkt hatte. Die Beteiligten hatten sodann eine schriftliche Vereinbarung getroffen, dass das vor dem [X.] anhängige [X.] solange von keiner der Beteiligten weiterbetreiben würde, bis das patentamtliche [X.] rechtskräftig abgeschlossen sei (im Folgenden: Stillhaltevereinbarung). Mit einem am 26. September 2013 in der Beschwerdeinstanz vor dem [X.] ([X.]. 35 W (pat) 405/12) geschlossenen Vergleich haben die Beteiligten schließlich sowohl das vorliegende Löschungsverfahren als auch das parallele [X.] einvernehmlich für erledigt erklärt. In dem Vergleich hat sich die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zur Erstattung der Kosten des erstinstanzlichen [X.] aus dem Gegenstandswert von 250.000 € verpflichtet.

3

Mit Eingabe vom 16. Oktober 2013, eingegangen am 17. Oktober 2013, hat die Antragsgegnerin beantragt, in Bezug auf das erstinstanzliche Verfahren vor der [X.] die folgenden, zu erstattende Kosten zu ihren Gunsten festzusetzen:

4

1,3-fache Verfahrensgebühr für den Patentanwalt
gemäß Nr. 3100 [X.]

 2.667,60 €

1,3-fache Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt
gemäß Nr. 3100 [X.]

 2.667,60 €

1,2-fache Terminsgebühr für den Patentanwalt
gemäß Nr. 3104 [X.]

 2.462,40 €

1,2-fache Terminsgebühr für den Rechtsanwalt
gemäß Nr. 3104 [X.]

 2.462,40 €

Fahrtkosten der [X.] zur Besprechung mit dem Patentanwalt
(08.07.2011)

 219,00 €

Fahrtkosten der [X.] zur mündlichen Verhandlung
(12.07.2011)

 219,00 €

Tage- und Abwesenheitsgeld der [X.]
(08. und 12.07.2011)

 120,00 €

Post- und Telekommunikationspauschale
gemäß Nr. 7002 [X.]

 20,00 €

                 

Summe 

10.838,00 €
=========

5

Ferner hat die Antragsgegnerin beantragt, gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Verzinsung des festgesetzten Betrages ab Antragstellung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auszusprechen.

6

Die Kostenbeamtin der [X.] des [X.] hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. August 2014 die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten nur in Höhe von 5.708,00 € - also um 5.130,00 € niedriger als beantragt - festgesetzt und die antragsgemäße Verzinsung dieses Betrages ausgesprochen. Der festgesetzte Betrag umfasst alle zur Erstattung geltend gemachten Kosten mit Ausnahme der 1,3-fachen Verfahrensgebühr und der 1,2-fachen Terminsgebühr, die von der Antragsgegnerin für den beigezogenen Rechtsanwalt geltend gemacht wurden. Die [X.] hat die Nichtberücksichtigung dieser Rechtsanwaltskosten damit begründet, dass es sich bei dem Verfahren vor dem [X.] um kein paralleles [X.], sondern lediglich um ein Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gehandelt habe. Bei einem solchen Verfahren sei es nicht zweckmäßig, im parallelen patentamtlichen Löschungsverfahren sich sowohl von einem Patentanwalt als auch von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

7

Gegen diesen Beschluss, der der Antragsgegnerin am 8. August 2014 zugestellt worden war, richtet sich ihre am 13. August 2014 eingegangene Beschwerde, mit der sie die Erstattung der Kosten für ihren beigezogenen Rechtsanwalt weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin beruft sich hierbei auf die Rechtsprechung des [X.] zur „Doppelvertretung in [X.]“ (vgl. Beschluss vom 18. Dezember 2012 - [X.], [X.], 427 ff.). Sie trägt vor, die [X.] habe nicht beachtet, dass es sich bei einem Parallelverfahren im Sinne der genannten [X.]-Rechtsprechung, auch um ein Verfahren handeln könne, das auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet sei. Mit dem in der genannten [X.]-Entscheidung gewählten Begriff eines [X.] seien nicht nur [X.], sondern auch Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemeint. Damit sei die Grundlage für eine typisierende Betrachtungsweise gegeben. Im vorliegenden Fall habe auch tatsächlich ein besonderer Abstimmungsbedarf bestanden, der eine Hinzuziehung des Rechtsanwalts zum patentamtlichen Löschungsverfahren notwendig gemacht habe. Die Beteiligten selbst hätten von Anfang an das landgerichtliche Verfügungsverfahren und das patentamtliche Löschungsverfahren in unmittelbare Abhängigkeit voneinander gestellt, was sich anhand der schriftlich getroffenen Stillhaltevereinbarung und des später geschlossenen, gerichtlichen Vergleichs zeige.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Beschluss der [X.] des [X.]s vom 5. August 2014 aufzuheben und die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten - wie stets beantragt - in Höhe von 10.838,00 € festzusetzen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 16. November 2016 hat die Antragstellerin bezogen auf den Patentanwalt die Zugrundelegung der (in Summe) 2,5-fachen Gebühr beanstandet. Diesem Schriftsatz ist damit der weitere Antrag zu entnehmen,

den Beschluss der [X.] des [X.]s vom 5. August 2014 insoweit aufzuheben, als dort hinsichtlich der Gebühr(en) eines Patentanwalts in der Summe eine höhere als eine 2,0-fache Gebühr als erstattungsfähig festgesetzt wurde, und die Kosten entsprechend neu festzusetzen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen hinzugezogenen Rechtsanwalt nicht geboten gewesen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei einem Verfahren, das auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet sei, um ein [X.] handle. Jedenfalls sei die [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass bei einem parallel zum Löschungsverfahren anhängigen Verletzungsstreit, der lediglich ein einstweiliges Verfügungsverfahren sei, typischerweise noch kein so hinreichender Abstimmungsbedarf entstehe, wie er von der genannten [X.]-Rechtsprechung zur Rechtfertigung einer Doppelvergütung vorausgesetzt werde. Für den Rechtsanwalt, der einen Verfügungsantragsteller vor dem [X.] vertritt, sei es nämlich - anders als beim Hauptsacheverfahren - ausschließlich von Interesse, wie das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ausgegangen ist. Zudem sei ein nennenswerter Abstimmungsbedarf hier auch deshalb nicht entstanden, weil das Verfahren vor dem [X.] wegen der zwischen den Beteiligten getroffenen Stillhaltevereinbarung gerade nicht betrieben worden sei.

Hinsichtlich der in Höhe eines 2,5-fachen Satzes zugrunde gelegten Gebühr sei zu beachten, dass mit dem vorliegenden Gebrauchsmusterlöschungsverfahren kein besonderer Aufwand und keine besonderen Schwierigkeiten verbunden gewesen seien, weshalb es bei der Vergütung für den Patentanwalt mit einer 2,0-fachen Gebühr sein Bewenden haben müsse.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des §§ 62 Abs. 2 Satz 4 [X.], 17 Abs. 4 Satz 2 [X.] eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache überwiegend Erfolg, auch die mit Schriftsatz vom 16. November 2016 später erhobene Anschlussbeschwerde der Antragstellerin hat teilweise Erfolg. Hiernach waren unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 8.786,00 € festzusetzen.

1. Im Rahmen der Kostenfestsetzung nach §§ 17 Abs. 4 [X.], 62 Abs. 2 Satz 3, 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 104 ZPO sind die den Beteiligten entstandenen Kosten erstattungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren.

a) Im vorliegenden Beschwerdeverfahren bildet den wesentlichen Streitpunkt zwischen den Beteiligten, ob die auf Seiten der Antragsgegnerin für die Tätigkeit eines zum patentamtlichen Löschungsverfahren hinzugezogenen Rechtsanwalts entstandenen Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen sind. Unstreitig war zwischen den Beteiligten parallel zum Löschungsverfahren ein Rechtsstreit anhängig, in welchem die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin wegen Verletzung des Streitgebrauchsmusters eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte.

Die Antragsgegnerin ist unabhängig davon der Auffassung, dass im vorliegenden Fall der Patentanwalt nur eine 2,0-fache Gebühr verdient habe. Ihr Antrag auf Reduzierung des festgesetzten Betrages ist als unselbständige Anschlussbeschwerde zu werten, wobei ihr Begehren mit Blick auf den Antrag, die Beschwerde der Antragsgegnerin hinsichtlich der Kosten eines Rechtsanwalts (vollständig) zurückzuweisen, so auszulegen ist, dass - hilfsweise - auch beim Rechtsanwalt nur von einer 2,0-fachen Gebühr ausgegangen werden soll.

Die Höhe des für die anwaltlichen Kosten maßgeblichen Gegenstandswertes und die weiteren Posten der patentamtlichen Kostenfestsetzung, einschließlich des Verzinsungsausspruchs, sind hingegen außer Streit.

b) Auch für das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren erachtet der erkennende Senat die Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des [X.], die dieser bei der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen [X.] anwendet und die die Antragsgegnerin zu Recht zitiert hat (vgl. [X.], 427 ff.), für geboten. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass zwischen den jeweils mandatierten Patent- bzw. Rechtsanwälten ein Abstimmungsbedarf vorliegt, wenn parallel zu einem Patentnichtigkeitsverfahren ein Verletzungsrechtsstreit geführt wird. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise gehören wegen dieses [X.] sowohl die Kosten eines Patentanwalts als auch die Kosten eines Rechtsanwalts zu den notwendigen Kosten des Verfahrens, wenn im Falle eines parallelen [X.] im [X.] sowohl ein Patentanwalt als auch ein Rechtsanwalt tätig geworden ist.

b1) Eine vergleichbare Sach- und Interessenlage ist auch in Fällen gegeben, in denen neben dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren parallel ein Verletzungsrechtsstreit zwischen den Beteiligten geführt wird und das gleiche Gebrauchsmuster betroffen ist. Auch wenn die jeweilige Gebührenstruktur beim Patentnichtigkeitsverfahren und beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unterschiedlich ist und das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zunächst nicht vor Gericht, sondern zuerst beim [X.] ausgetragen wird, so ist der Abstimmungsbedarf in Bezug auf parallel anhängige Löschungsverfahren und [X.] dennoch als gleichartig mit dem Abstimmungsbedarf zu erachten, wie er typischerweise bei der Führung parallel anhängiger Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsstreit gegeben ist. Insbesondere ist selbst bei „einfachen“ Verhandlungsstrategien eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsrechtsstreit hinsichtlich Sachvortrag, Auseinandersetzung mit Entgegenhaltungen und [X.] bezüglich des Gegenstandes des betreffenden Streitgebrauchsmusters berücksichtigende Verfahrensführung erforderlich. Auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren sind typischerweise komplexe Fragen zur Schutzfähigkeit oder auch zur Zulässigkeit von Anspruchsfassungen, die regelmäßig auch in Form mehrerer Hilfsanträge in das Verfahren eingeführt werden, zu klären, wobei sich gerade bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die [X.] hinsichtlich [X.] einerseits und erfinderischem Schritt andererseits im Wesentlichen angeglichen haben (vgl. [X.] GRUR 2006, 842 – Demonstrationsschrank).

b2) Soweit der [X.] in seinem Beschluss vom 1. April 1965 ([X.]ZB 20/64 - [X.], GRUR 1965, 621) Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren als regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig erachtet hat, geht der Senat davon aus, dass diese Entscheidung überholt ist. Neben der bereits genannten Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen [X.] ist zu berücksichtigen, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht nur bei der Kostenentscheidung, sondern auch bei der Kostenfestsetzung eine Billigkeitsprüfung stattfand (zweite Billigkeitsprüfung), die nach der jetzt geltenden Gesetzeslage nicht mehr möglich ist (vgl. Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 62, Rn. 2). Es kommt nach der jetzigen Rechtslage nur noch auf die Notwendigkeit der Kosten an. Wenn der Abstimmungsbedarf das entscheidende Kriterium ist, dann besteht aus den bereits genannten Gründen in dieser Hinsicht kein Unterschied mehr zwischen Patentnichtigkeitsverfahren und Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Falle eines parallelen [X.]. Ebenfalls macht es keinen Unterschied mehr, dass das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor dem [X.] beginnt, da nach der Gesetzeslage auch hier die notwendigen Kosten zu ersetzen sind (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.] i. V. m. § 62 Abs. 2 [X.]).

b3) Der Senat hält somit an seiner im Beschluss vom 13. Oktober 2016 (35 W (pat) 16/12) geäußerten Auffassung nicht mehr fest, wonach aufgrund der Unterschiede in den Funktionen von Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und patentrechtlichem [X.] – nämlich einerseits erste Prüfung eines bisher ungeprüften Rechts und anderseits Klageverfahren – eine regelmäßige Erstattung von Doppelvertretungskosten in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren mit parallelem Verletzungsprozess abzulehnen sei. Zwar sind insbesondere aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung in verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Unterschiede gegeben. Jedoch sind weder der materielle Gehalt der jeweils angegriffenen Schutzrechte, der in beiden Verfahrenssystemen zu beurteilen ist, gerade mit Blick auf die bereits genannten, wesentlich angeglichenen Beurteilungsmaßstäbe noch die [X.] bei parallel anhängigen [X.]n zwischen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und patentrechtlichem [X.] derart unterschiedlich, als dass sich hieraus ein zwingender Grund für eine sachliche Differenzierung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten ergeben könnte. Im Gegenteil: Aus Sicht des Senats wäre aus den genannten Gründen eine unterschiedliche Beurteilung der Erstattungsfähigkeit sogenannter Doppelvertretungskosten im Nichtigkeits- und im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht sachgerecht.

c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem vorliegenden Verletzungsstreit um ein einstweiliges Verfügungsverfahren oder ein Hauptsacheverfahren gehandelt hat. Hierdurch wird die Notwendigkeit einer Doppelvertretung, wie dies das [X.] für das Patentnichtigkeitsverfahren bereits entschieden hat, grundsätzlich nicht in Frage gestellt (vgl. B[X.]E 53, 173, 176 - „Doppelvertretungskosten im [X.] VIII“). Auch die Rechtslage nach Erlass einer einstweiligen Verfügung bietet den [X.]en eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten, die eine gegenseitige Abstimmung anhand von den in den parallelen Verfahren jeweils erhaltenen Informationen und gewonnenen Erkenntnissen typischerweise geboten erscheinen lassen. Damit war es für die Antragsgegnerin aus „ex ante“ Sicht, also ab Erhalt des Löschungsantrags, objektiv sinnvoll, ihren Rechtsanwalt, der für sie das einstweilige Verfügungsverfahren betrieb, auch zum Löschungsverfahren hinzuzuziehen. Vorliegend bestand die zeitliche Parallelität vom einstweiligen Verfügungsverfahren einerseits und von Löschungsverfahren andererseits über den gesamten Zeitraum der ersten Instanz hinweg und diese Parallelität wurde schließlich erst durch den später im Beschwerdeverfahren erreichten Vergleich beendet. Gerade anhand der zuvor geschlossenen Stillhaltevereinbarung, zeigte sich der enge Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren, wobei die [X.]en mit dieser Vereinbarung – worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen – die beiden Verfahren zusätzlich miteinander verknüpft hatten. Art und Zustandekommen dieser Vereinbarung zeigen an, dass die Hinzuziehung des Rechtsanwalts zur Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zweckmäßig war.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin hat teilweise Erfolg. Die Antragstellerin hat zu Recht beanstandet, dass die Festsetzung der Kosten unter Rückgriff auf die [X.] Nr. 3100 [X.] und Nr. 3104 [X.], also faktisch in Höhe einer 2,5-fachen Gebühr, erfolgt ist. Üblicherweise wird in vergleichbaren Fällen als der Billigkeit entsprechend nur eine Erstattung von anwaltlichen Gebühren in Höhe eines jeweils 2,0-fachen Satzes nach [X.] Nr. 2300 VV RVG angesehen.

Die [X.] des [X.] hat im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verkannt, dass es sich bei einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren um kein gerichtliches Verfahren handelt. Die Löschungsverfahren vor den Abteilungen des [X.] tragen zwar Züge eines justizförmigen Verfahrens (vgl. [X.] GRUR 2010, 231, 233 – „[X.]“ und [X.] BlfPMZ 2015, 112, 113 – „[X.] FRISEURE /[X.]“), gebührenrechtlich handelt es sich hierbei aber um Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde (vgl. [X.]/

Gemäß Nr. 2300 VV RVG besteht für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren bei der Geschäftsgebühr ein Rahmen von 0,5 bis 2,5. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Gebrauchsmusterlöschungsverfahren, bei denen die Schutzfähigkeit in Ansehung eines Stands der Technik zu beurteilen ist, sind in der Regel aufwendige Verfahren (vgl. [X.] GRUR 2014, 206 – Einkaufskühltasche, [X.]. 25 im Umkehrschluss). Dies trifft insoweit auch auf das vorliegende Verfahren zu.

Das vorliegende Streitgebrauchsmuster betraf eine …, für die Schutz mit einem Hauptanspruch und neun Unteransprüchen begehrt wurde. Im Löschungsantrag, der auf den Löschungsgrund des § 15 Abs. 1 Nr. 1 [X.] („mangelnde Schutzfähigkeit“) gestützt worden war, wurden zwar von der Antragstellerin als Stand der Technik insgesamt 17 Druckschriften genannt. Jedoch hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster in der mündlichen Verhandlung nur mit einem zusätzlichen Hilfsantrag verteidigt. Im Lichte des [X.]es Nr. 2300 VV RVG betrachtet, geht damit das hier in Rede stehende, konkret durchgeführte Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht über ein durchschnittlich schwieriges und umfangreiches Verfahren mit mündlicher Verhandlung hinaus. Für ein derartiges Verfahren steht der Mittelwert eines 1,9- bis 2,0-fachen Satzes zur Verfügung (vgl. Gerold/[X.]/

3. Die weiteren Posten, die die [X.] bei der Berechnung des zu erstattenden Kostenbetrags zugrunde gelegt hat, sind - wie bereits oben erwähnt - unstreitig, daher berechnet sich der festzusetzende Betrag gemäß der hier einschlägigen, bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 250.000 € wie folgt:

2,0-fache Geschäftsgebühr für den Patentanwalt
gemäß Nr. 2300 [X.]

 4.104,00 €

2,0-fache Geschäftsgebühr für den Rechtsanwalt
gemäß Nr. 3200 [X.]

 4.104,00 €

Fahrtkosten der [X.] zur Besprechung mit dem Patentanwalt
(08.07.2011)

 219,00 €

Fahrtkosten der [X.] zur mündlichen Verhandlung
(12.07.2011)

 219,00 €

Tage- und Abwesenheitsgeld der [X.]
(08. und 12.07.2011)

 120,00 €

Post- und Telekommunikationspauschale
gemäß Nr. 7002 [X.]

 20,00 €

                 

Summe 

8.786,00 €
=========

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 [X.] und § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Antragstellerin zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung. Die genannten Bruchteile entsprechen wertmäßig den Anteilen, mit denen die Beteiligten jeweils mit ihrem Rechtsmittel durchgedrungen sind. Die Antragsgegnerin hat den im angegriffenen Beschluss in Höhe von 5.708,00 € festgesetzten Betrag angegriffen und eine Erstattung in Höhe von 10.838,00 € verlangt, jedoch nur 8.786,00 € zugesprochen erhalten; somit ist sie mit einem Betrag in Höhe von 2.052,00 € unterlegen. Die Antragstellerin hat demgegenüber mit ihrer Anschlussbeschwerde den im angegriffenen Beschluss in Höhe von 5.708,00 € festgesetzten Betrag angegriffen und (sinngemäß) eine Herabsetzung dieses Betrages auf 4.682,00 € verlangt, stattdessen waren ihr aber Kosten in Höhe von 8.786,00 aufzuerlegen. Hiernach ist die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin nur halb so erfolgreich gewesen wie die der Antragsgegnerin, was die genannte Kostengrundentscheidung rechtfertigt.

5. Der Senat hat gemäß dem auch im Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren anwendbaren § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden.

6. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 18 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zugelassen.

Meta

35 W (pat) 11/14

13.12.2017

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.12.2017, Az. 35 W (pat) 11/14 (REWIS RS 2017, 697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 697

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