Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.05.2018, Az. 35 W (pat) 7/16

35. Senat | REWIS RS 2018, 9825

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Tenor

In Sachen

wegen Löschung des Gebrauchsmusters …

(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 2. Mai 2018 durch [X.] sowie [X.] und die Richterin Bayer

beschlossen:

11.147,23 € festgesetzt werden.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin zu 2/5 und die Antragstellerin zu 3/5.

4. Die Rechtsbeschwerde wird beschränkt auf die Rechtsfrage zugelassen, ob die Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwalts, der in einem parallelen Verletzungsrechtsstreit tätig geworden ist, im gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren erstattungsfähig sind.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 3. Februar 2005 angemeldeten und am 23. August 2007 eingetragenen Gebrauchsmusters …mit der Bezeichnung … (i. F.: Streitgebrauchsmuster). Das Streitgebrauchsmuster beansprucht die Priorität des [X.].

2

Die Antragstellerin, vertreten durch einen Patentanwalt, hat am 21. Dezember 2011 die Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt und die Mitwirkung einer Rechtsanwältin angezeigt.

3

Am 19. Juni 2012 hat die Antragsgegnerin diesem Löschungsantrag widersprochen und beantragt, diesen Löschungsantrag mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die [X.], 2 und 7 die Fassung gemäß eines Schriftsatzes vom 8. Juli 2010 erhalten und die [X.] und 27 die Fassung gemäß eines Schriftsatzes vom 19. Juni 2008.

4

Am 22. Mai 2013 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen diesen Löschungsantrag zurückgenommen. Daraufhin wurde das Streitgebrauchsmuster gelöscht.

5

Mit Beschluss vom 14. April 2015, der Antragstellerin am 20. April 2015 zugestellt, hat die [X.] des [X.] ([X.]) der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

6

Zwischen den Beteiligten war ein paralleles Verletzungsverfahren anhängig, in welchem die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin Ansprüche aus dem Streitgebrauchsmuster geltend gemacht hatte.

7

Am 19. Juni 2015 wiederholte die Antragstellerin ihre bereits mit Eingaben vom 16. August 2013 und 14. Oktober 2013 beantragte Kostenfestsetzung.

8

Ausgehend von einem Gegenstandswert von 625.000,00 € hat sie ursprünglich folge

9

Kosten des Patentanwalts

1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV

 4.479,80 €

Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 €

Recherchekosten

11.113,48 €

Summe 

        

15.613,28 €

Kosten der mitwirkenden Rechtsanwältin

1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV

 4.479,80 €

Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 €

Summe 

        

4.499,80 €

Gesamtsumme 20.113,08 €

5.081,90 € festgesetzt.

Ausgehend von einem Gegenstandswert von 625.000 € erachtet die [X.] die folgenden Kosten als erstattungsfähig:

Kosten Patentanwalt

1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 2300 [X.]

 4.761,90 €

Pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 [X.]

 20,00 €

        

[X.] Antragsgebühr

300,00 €

Summe 

        

5.081,90 €

Die Verfahrensgebühr wurde dabei nach der ab 1. August 2013 geltenden Tabelle errechnet.

Dagegen seien die Kosten für die Mitwirkung eines Dipl.-Ing., die als Recherchekosten in Höhe von 11.113 € geltend gemacht worden seien, nicht als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen. Die Kosten der mitwirkenden Rechtsanwältin hat die [X.] ohne weitere Begründung nicht berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 7. März 2016 Beschwerde erhoben.

Mit der Beschwerde macht sie geltend, dass die von ihr beantragten Rechtsanwaltskosten - wie auch die [X.] - in Höhe von 4.761,90 € plus 20 € Pauschale Post/Telekommunikation erstattet werden müssten, da ein paralleler Verletzungsrechtsstreit basierend auf dem Streitgebrauchsmuster zum Zeitpunkt des Einleitens des Löschungsantrags anhängig gewesen sei und der Rechtsanwalt den Löschungsantrag aufgrund der unmittelbaren Auswirkungen auf den Verletzungsprozess aktiv mitbegleitet und auch bei der Abfassung der Schriftsätze mitgewirkt habe.

Ebenso seien die Recherchekosten in Höhe von 11.113,48 € zu erstatten, da die Recherche notwendige Voraussetzung für ein Löschungsverfahren sei. Die Rechnung vom 1. Oktober 2011 (1.370,13 €) betreffe eine Besprechung in [X.], die notwendig gewesen sei, um die Recherchestrategie mit den einzelnen Schlagworten für die [X.] als auch die Suchstrategie für die [X.] zu besprechen. Die Rechnung vom 5. Oktober 2011 (5.948,25 €) betreffe sowohl eine [X.] als auch eine [X.]. Zudem seien ein Gespräch mit der Firma [X.] geführt worden, um deren Stand der Technik zu erfahren. Des Weiteren habe es ein Gespräch mit Herrn L… gege- ben, der Hinweise zu offenkundigen Vorbenutzungen gegeben habe. Die offenkundigen Vorbenutzungen seien dokumentiert worden, damit der Patentanwalt diese nachvollziehen konnte. Die beiden vorgenannten Rechnungen beträfen somit Recherchekosten, die direkt dem ursprünglichen Löschungsantrag zuzurechnen gewesen wären.

Weitere Recherchekosten hätten sich im weiteren Löschungsverfahren ergeben. Die Rechnung vom 4. Januar 2012 (1.482,60 €) betreffe eine Nachrecherche, da sich bei der Ausarbeitung des Löschungsantragsschriftsatzes weitere Suchstrategien ergeben hätten. Die Rechnung vom 10. November 2012 (762,50 €) betreffe das Nachgehen eines Hinweises auf eine weitere offenkundige Vorbenutzung. Die Rechnung vom 30. November 2012 (1.072,50 €) betreffe eine Besprechung mit Herrn W… von der ehemaligen Firma [X.] im Hinblick auf eine weitere offenkundige Vorbenutzung bei der Firma [X.] in [X.], die Diskussion des Ergebnisses mit der Antragstellerin und das Vorbereiten einer Dokumentation. Die Rechnung vom 21. Dezember 2012 (477,50 €) betreffe die Durchführung einer weiteren [X.] und das Abstimmen des Ergebnisses dieser [X.] mit dem beauftragten Patentanwalt, ob das Ergebnis in das Verfahren einzuführen sei. Die Recherchekosten seien angemessen und erforderlich gewesen. Wenn man hinzu nehme, dass sich übliche Recherchestundensätze in einem Bereich von 80,00 € bis 100,00 € bewegten, so sei das geltend gemachte Stundenhonorar von 55,00 € auf alle Fälle im üblichen Bereich.

Insgesamt hält sie daher zusätzlich zu den von der [X.] als erstattungsfähig angesehenen Kosten in Höhe von 5.081,90 € noch Kosten für die hinzugezogene Rechtsanwältin in Höhe von 4.761,90 € zuzüglich 20,00 € Pauschale für Post- und Kommunikationsdienstleistungen und Recherchekosten in Höhe von 11.113,48 € für erstattungsfähig.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 11. Februar 2016 insoweit abzuändern, als die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen [X.] auf 20.977,28 € festgesetzt werden.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Eine Doppelvertretung im Löschungsverfahren sei nicht schon wegen eines parallelen Verletzungsstreits notwendig. Wie in [X.] W (pat) 8/ 06 dargelegt werde, werde im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor dem [X.] in der Rechtsprechung regelmäßig eine Doppelvertretung durch Patenanwälte und Rechtsanwälte, anders als im Patentnichtigkeitsverfahren, nicht als notwendig angesehen. In seiner grundlegenden Entscheidung zum Gebrauchsmusterlöschungsverfahren in GRUR 1965, 621, 626 — [X.] — habe der [X.] die Auffassung des 5. Senats des [X.]s gebilligt, dass eine Partei im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren durch einen Patentanwalt regelmäßig vollwertig vertreten sei. Lediglich bei Rechtsfragen, die außerhalb des gewerblichen Rechtsschutzes lägen, könne die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts neben dem Patentanwalt notwendig sein. [X.] könnten nur dann anerkannt werden, wenn über den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes hinaus schwierige rechtliche Fragen zu beurteilen seien. Gegenstand des vorliegenden Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens sei die Beurteilung der Schutzfähigkeit der Erfindung, also ihre Neuheit und die Beurteilung des erfinderischen Schritts. Rechtsfragen außerhalb des gewerblichen Rechtsschutzes lägen im vorliegenden Fall nicht vor.

Auch die Recherchekosten seien im vorliegenden Fall nicht zu erstatten. Das [X.] Gebrauchsmuster [X.] beanspruche die Priorität des [X.]n Patents [X.]. Ebenso beanspruche das [X.] Patent EP … die Priorität der [X.]. Vor Beantragung der Löschung des Gebrauchsmusters durch diese sei die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2011 dem Einspruch gegen das [X.] Patent [X.] beigetreten. Ebenfalls am 25. Oktober 2011 habe die Antragstellerin Einspruch gegen das [X.] Patent EP … eingelegt. Ein Vergleich des Antrags auf Löschung des Gebrauchsmusters mit dem [X.] sowie dem Einspruch der Beschwerdeführerin zeige, dass alle von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 in das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren eingebrachten Druckschriften und Nachweise der behaupteten Vorbenutzung ebenso in den Schriftsätzen vom 25. Oktober 2011 zitiert worden seien. Die mit Rechnung vom 1. und 5. Oktober 2011 geltend gemachten Recherchekosten stünden somit in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren, da die Recherchen im Rahmen der Einspruchsverfahren der Beschwerdeführerin gegen die Patente der Antragsgegnerin vorgenommen worden seien. Darüber hinaus stünden auch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Kosten für eine weitere Recherche sowie dem Nachgehen eines Hinweises auf eine weitere offenkundige Vorbenutzung im Zeitraum vom 4. Januar 2012 bis zum 21. Dezember 2012 nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren, sondern seien im Rahmen der Einspruchsverfahren gegen die Patente der Antragsgegnerin durchgeführt worden.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 hatte der Senat die Beteiligten auf seine Entscheidung vom 13. Oktober 2016 (35 W (pat) 16/12) hingewiesen, in welcher der Senat die Erstattungsfähigkeit von [X.] im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren verneint hatte; die gegen den letztgenannten Beschluss zugelassene Rechtsbeschwerde ist von keinem der dortigen Beteiligten eingelegt worden. Mit weiterem Schreiben vom 7. März 2017 wies der Senat die Beteiligten darauf hin, dass er nach nochmaliger Prüfung und Beratung zu der Auffassung gelangt sei, dass der Beschluss des [X.] vom 18. Dezember 2012 zu [X.] im [X.] ([X.] GRUR 2013, 427) auch für das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren maßgeblich sei. Der Senat hat im Beschluss vom 17. Mai 2017 (35 W (pat) 1/14) die Erstattungsfähigkeit sogenannter [X.] bejaht; die insoweit zugelassene Rechtsbeschwerde ist nicht eingelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der [X.] (§§ 62 Abs. 2 Satz 4 [X.], 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Zum einen sind auch die Kosten von der Antragsgegnerin zu erstatten, die durch die Hinzuziehung einer Rechtsanwältin entstanden sind. Zum anderen ist ein Teil der geltend gemachten Recherchekosten zu erstatten. Im Übrigen hat die Beschwerde dagegen keinen Erfolg, da für die Berechnung der Gebühren die bis zum 31. Juli 2013 gültig gewesene Gebührentabelle maßgebend ist und ein weiterer Teil der geltend gemachten Recherchekosten sich als nicht notwendige und angemessene Kosten erweisen.

1. Die [X.] hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 14. April 2015 der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zu diesen Kosten gehören die der Antragstellerin erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 [X.] [X.] m. § 62 Abs. 2 [X.]).

a) Zu den notwendigen Kosten gehören auch die Kosten für die Tätigkeit eines hinzugezogenen Rechtsanwalts in Höhe von 4.479,80 € plus 20 € als pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen.

b) Unstreitig war zwischen den Beteiligten parallel zum Löschungsverfahren ein das Streitgebrauchsmuster betreffender Verletzungsrechtsstreit anhängig.

c) Der Senat erachtet in Übereinstimmung mit dem Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 (35 W (pat) 1/14, GRUR 2017, 1169) die Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des [X.] zur Erstattungsfähigkeit von [X.] im patentrechtlichen [X.] (GRUR 2013, 427) auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren für geboten. Nach dieser Rechtsprechung kommt es entscheidend darauf an, dass zwischen den jeweils mandatierten Patent- bzw. Rechtsanwälten ein Abstimmungsbedarf vorliegt, wenn parallel zu einem Patentnichtigkeitsverfahren ein Verletzungsverfahren geführt wird. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise gehören wegen dieses [X.] sowohl die Kosten eines Patentanwalts als auch die Kosten eines Rechtsanwalts zu den notwendigen Kosten des Verfahrens, wenn im Falle eines parallelen [X.] im [X.] sowohl ein Patentanwalt als auch ein Rechtsanwalt tätig geworden ist.

aa) Eine vergleichbare Sach- und Interessenlage ist auch in Fällen gegeben, in denen neben dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren parallel ein Verletzungsprozess zwischen den Beteiligten geführt wird und das gleiche Gebrauchsmuster betroffen ist. Auch wenn die jeweilige Gebührenstruktur beim Patentnichtigkeitsverfahren und beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unterschiedlich ist und das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zunächst nicht vor Gericht, sondern zuerst beim [X.] ausgetragen wird, so ist der Abstimmungsbedarf in Bezug auf parallel anhängige Löschungsverfahren und [X.] dennoch als gleichartig mit dem Abstimmungsbedarf zu erachten, wie er typischerweise bei der Führung parallel anhängiger Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsprozesse gegeben ist. Insbesondere ist selbst bei „einfachen“ Verhandlungsstrategien eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsprozess hinsichtlich Sachvortrag, Auseinandersetzung mit Entgegenhaltungen und [X.] bzgl. des Gegenstands des betreffenden Streitgebrauchsmusters berücksichtigende Verfahrensführung erforderlich, die für die Beteiligten einen stetigen Abstimmungsbedarf zum jeweiligen Vorgehen im jeweiligen Verfahren erzeugt. Ob beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Gegensatz zum Patent mehrheitlich bzw. typischerweise „einfache“ Verfahrensstrategien anzuwenden sind oder nicht, spielt für den Bedarf der Abstimmung mithin keine entscheidende Rolle. Anzumerken ist allerdings, dass auch in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren typischerweise komplexe Fragen zur Schutzfähigkeit oder auch zur Zulässigkeit von Anspruchsfassungen, die regelmäßig auch in Form mehrerer Hilfsanträge in das Verfahren eingeführt werden, zu klären sind, wobei sich gerade bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die [X.] hinsichtlich [X.] einerseits und erfinderischem Schritt andererseits im Wesentlichen angeglichen haben (vgl. [X.] GRUR 2006, 842 - Demonstrationsschrank).

bb) Soweit der [X.] in seinem Beschluss vom 1. April 1965 (Ia ZB 20/64 - [X.], GRUR 1965, 621) [X.] im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren als regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig erachtet hat, geht der Senat davon aus, dass diese Entscheidung überholt ist. Neben der bereits genannten Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von [X.] im patentrechtlichen [X.] ist zu berücksichtigen, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht nur bei der Kostenentscheidung, sondern auch bei der Kostenfestsetzung eine Billigkeitsprüfung stattfand (zweite Billigkeitsprüfung), die nach der jetzt geltenden Gesetzeslage nicht mehr möglich ist (vgl. Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 62, Rdnr. 2). Es kommt nach der jetzigen Gesetzeslage nur noch auf die Notwendigkeit der Kosten an. Wenn der Abstimmungsbedarf das entscheidende Kriterium ist, dann besteht aus den bereits genannten Gründen in dieser Hinsicht kein Unterschied mehr zwischen Patentnichtigkeitsverfahren und Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Falle eines parallelen Verletzungsverfahrens. Ebenfalls macht es keinen Unterschied mehr, dass das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor dem Amt beginnt, da nach der Gesetzeslage auch hier die notwendigen Kosten zu ersetzen sind (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.] i. V. m. § 62 Abs. 2 [X.]).

cc) Der Senat hält auch an der von ihm im Beschluss vom 13. Oktober 2016 (35 W (pat) 16/12) geäußerten Auffassung, wonach aufgrund der Unterschiede zwischen der erfinderischen und wirtschaftlichen Bedeutung zwischen Gebrauchsmuster und Patent und den Funktionen von Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und patentrechtlichem [X.] eine regelmäßige Erstattung von [X.] in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren mit parallelem Verletzungsprozess zu verneinen sei, nach nochmaliger Prüfung nicht fest, wie mit Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017, 35 W (pat) 1/14 dargelegt. Zwar sind insbesondere aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung beider Schutzrechte vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Unterschiede gegeben. Jedoch sind weder der materielle Gehalt der jeweils angegriffenen Schutzrechte, der in beiden Verfahrenssystemen zu beurteilen ist, gerade mit Blick auf die bereits genannten, wesentlich angeglichenen Beurteilungsmaßstäbe noch die [X.] bei parallel anhängigen [X.]n zwischen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und patentrechtlichem [X.] derart unterschiedlich, als dass sich hieraus ein zwingender Grund für eine sachliche Differenzierung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von [X.] ergeben könnte. Im Gegenteil: Aus Sicht des Senats wäre aus den genannten Gründen eine unterschiedliche Beurteilung der Erstattungsfähigkeit sog. [X.] im Nichtigkeits- und im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht sachgerecht. Die Entscheidung 5 W (pat) 8/06, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, ist daher ebenfalls überholt.

d) Die Antragstellerin war im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren sowohl von einer Rechtsanwältin als auch einem Patentanwalt vertreten. Im Löschungsantrag wurde die Mitwirkung der Rechtsanwältin angezeigt. Da der Grund für die Erstattungsfähigkeit der Kosten für den hinzugezogenen Rechtsanwalt in dem oben genannten Abstimmungsbedarf liegt, macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt auch in den eingereichten Schriftsätzen sich geäußert hat. Der Abstimmungsbedarf kann nicht deshalb verneint werden, weil ein Rechtsanwalt sich nicht auch gegenüber dem Gericht geäußert hat, da eine Abstimmung gerade auch intern zwischen den Beteiligten Patent- und Rechtsanwälten stattfinden kann und regelmäßig stattfindet.

e) Hinsichtlich der Höhe der auf Seiten der Antragstellerin zu berücksichtigenden Rechtsanwaltsgebühren ist bei einem Gegenstandswert von 650.000 € eine Geschäftsgebühr gemäß [X.] NR. 2300 mit einem Satz von 1,3 anzusetzen, wobei die bis zum 31. Juli 2013 gültig gewesene Gebührentabelle (§ 13 RVG) maßgebend ist, da diese zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme aktuell war. Es sind daher lediglich 4.479,80 € und nicht wie beantragt 4.761,90 € als Geschäftsgebühr anzusetzen.

Gleiches gilt auch für die Gebühren des Patentanwalts, die im Kostenfestsetzungsbeschluss zu Unrecht nach der aktuellen Anlage 2 RVG berechnet wurden. Da die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde im Ergebnis mehr erstattet bekommt als im angefochtenen Beschluss festgesetzt worden ist, steht auch das Verschlechterungsverbot nicht einer Berechnung der Patentanwaltsgebühren nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden Gebührentabelle entgegen.

Pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß [X.]NR. 7002 in Höhe von 20 Euro können für den hinzugezogenen Rechtsanwalt ebenfalls geltend gemacht werden.

f) Hinsichtlich der geltend gemachten Recherchekosten können lediglich 1.847,63 Euro angesetzt werden.

Recherchekosten sind erstattungsfähig, wenn sie von jedem vernünftigen Durchschnittsbeteiligten im Zeitpunkt ihrer Einleitung bei sorgfältiger Abwägung aller Umstände auch durchgeführt worden wären, insbesondere wenn Grund für die Annahme besteht, auf die Ermittlung weiteren Stands der Technik angewiesen zu sein ([X.], Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 17 Rdnr. 194). Die Recherche muss kostenschonend durchgeführt werden. Anwaltliche Leistungen im Zusammenhang mit einer Recherche können durch die Verfahrensgebühr abgegolten sein ([X.], Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 17 Rdnr. 194).

Hinsichtlich der einzelnen von der Antragstellerin vorgelegten Rechnungen gilt hiervon ausgehend folgendes:

aa) Die Rechnung vom 1. Oktober 2011 (1.370,13 €) des Dipl.-Ing. [X.] in S… betrifft eine Besprechung in [X.], in der die Recherchestrategie mit den einzelnen Schlagworten für die [X.] und auch die Suchstrategie für die [X.] besprochen wurde. Es wurden dabei für 16,5 Stunden mit einem Stundensatz von 55 € sowie Reisekosten insgesamt 1.370,13 € verlangt. Sie sind auch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Löschungsantrag entstanden. Soweit auf der Rechnung angegeben ist, es handle sich um die „[X.]…“ ändert sich daran nichts, da der Begriff [X.] offenbar untechnisch verwendet wurde. Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nicht verklagt, sondern wurde verklagt, dagegen hat die Antragstellerin den Löschungsantrag gestellt, so dass es sich bei der Recherche offensichtlich um das beabsichtigte Löschungsverfahren handelt und nicht um eine Recherche anlässlich des Klageverfahrens gegen die Antragstellerin. Diese Recherchekosten waren notwendig und angemessen.

bb) Die Rechnung vom 5. Oktober 2011 (5.948,25 €) des Dipl.-Ing. [X.] in S… betrifft eine [X.] und eine [X.]. Soweit Kosten veranschlagt wurden, da ein Gespräch mit der Firma [X.] geführt worden sei, um deren Stand der Technik zu erfahren und es ein Gespräch mit Herrn L… gegeben habe, der Hinweise zu offenkundigen Vorbenutzungen gegeben habe, ist die Notwendigkeit nicht dargetan worden. Da bereits der druckschriftliche Stand der Technik nach Ansicht der Antragstellerin zur Löschung des Gebrauchsmusters ausgereicht hätte, waren die umfangreichen Recherchen zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nicht erforderlich. Es wurden in der Rechnung 102 Stunden mit einem Stundensatz von 55 € verlangt, wobei keine Aufschlüsselung erfolgt ist, wie viele Stunden die [X.] betrafen und wie viele Stunden die Recherche der offenkundigen Vorbenutzung. Die Kosten der Rechnung vom 5. Oktober 2011 können daher nicht bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt werden.

cc) Die Rechnung vom 4. Januar 2012 (1.482,60 €) des Dipl.-Ing. [X.] betrifft eine Nachrecherche, für die 26,5 Stunden zu einem Satz von 55 € sowie weitere Kosten in Rechnung gestellt wurden, da sich bei der Ausarbeitung des Löschungsantragsschriftsatzes weitere Suchstrategien ergeben hätten. Da auch hier nicht näher dargelegt ist, um welche Recherche es sich handelt und warum die Nachrecherche notwendig war, kann auch dieser Betrag nicht berücksichtigt werden.

dd) Die Rechnung vom 10. November 2012 (762,50 €) des Dipl.-Ing. [X.] betrifft das Nachgehen eines Hinweises auf eine weitere offenkundige Vorbenutzung, deren Notwendigkeit jedoch nicht dargelegt wurde. Auch dieser Betrag kann daher nicht berücksichtigt werden.

ee) Die Rechnung vom 30. November 2012 (1.072,50 €) des Dipl.-Ing. [X.] betrifft eine Besprechung mit Herrn W… von der ehemaligen Firma [X.] im Hinblick auf eine offenkundige Vorbenutzung bei der Firma [X.] in [X.], die Diskussion des Ergebnisses mit der Antragstellerin und das Vorbereiten einer Dokumentation. Die Notwendigkeit dieser Nachrecherche zu einer offenkundigen Vorbenutzung ist ebenfalls nicht dargelegt worden. Auch dieser Betrag kann daher nicht berücksichtigt werden.

ff) Die Rechnung vom 21. Dezember 2012 (477,50 €) des Dipl.-Ing. [X.] betrifft die Durchführung einer weiteren [X.] und das Abstimmen des Ergebnisses mit dem beauftragten Patentanwalt, ob das Ergebnis in das Verfahren einzuführen sei. Da die Antragsgegnerin ihr Gebrauchsmuster beschränkt verteidigt hat, ist die Durchführung einer weiteren [X.] während des [X.] notwendig und angemessen gewesen.

Soweit die Antragsgegnerin argumentiert, die Recherche sei nicht für den Löschungsantrag erfolgt, sondern für die im gleichen Zeitraum geführten Einspruchsverfahren gegen Patente der Antragsgegnerin, kann dies keine weitere Reduzierung der Kosten bewirken. Da die Recherche für das Löschungsverfahren im dargelegten Umfang notwendig und angemessen war, kann es die Antragsgegnerin nicht entlasten, wenn die Antragstellerin die gefundenen Entgegenhaltungen auch bei ihren Einspruchsverfahren gegen ein Patent verwendet. Es wäre ein widersinniges Ergebnis, wenn notwendige Recherchekosten nicht erstattet würden, nur weil noch ein paralleles Einspruchsverfahren durchführt worden ist. Es ist auch nicht vorgetragen worden, dass eine anderweitige Erstattung dieser Kosten erfolgt wäre.

Nach alledem können daher nur die Beträge gemäß den unter aa) und ff) genannten Rechnungen als erstattungsfähige Recherchekosten anerkannt werden.

g) Die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen [X.] sind daher insgesamt auf 11.147,23 € festzusetzen, die sich wie folgt zusammensetzen:

Kosten des Patentanwalts

1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV

 4.479,80 €

Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 €

Löschungsantragsgebühr

300,00 €

Recherchekosten

1.847,63 €

Kosten der mitwirkenden Rechtsanwältin

1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV

 4.479,80 €

Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 €

Summe 

        

11.147,23 €

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 2/5 und die Antragstellerin zu 3/5, da auch die Billigkeit keine andere Entscheidung erfordert (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 84 Abs. 2 [X.], § 92 Abs. 1 ZPO). Da die Antragstellerin 20.977,28 € festgesetzt haben will, der angefochtene Beschluss jedoch lediglich Kosten in Höhe von 5.081,90 € festgesetzt hat, ist in der Beschwerde ein Betrag in Höhe von 15.895,38 € in Streit. Da die Antragstellerin 6.065,33 € mehr bekommt als im angefochtenen Beschluss, hat ihre Beschwerde hinsichtlich des in Streit befindlichen Betrags in Höhe von 6.065,33 € Erfolg und in Höhe von 9.830,05 € keinen Erfolg.

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 18 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts beschränkt auf die Rechtsfrage der Erstattungsfähigkeit von [X.] im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zugelassen, zumal Rechtsbeschwerden in anderen Fällen, in denen der Senat diese im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von sogenannten [X.] zugelassen hat, nicht eingelegt worden sind.

4. Der Senat konnte gemäß dem auch im Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren anwendbaren § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Meta

35 W (pat) 7/16

02.05.2018

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.05.2018, Az. 35 W (pat) 7/16 (REWIS RS 2018, 9825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9825

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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