Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2018, Az. 35 W (pat) 3/15

35. Senat | REWIS RS 2018, 8997

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzungsverfahren – "Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren" – zur Erstattungsfähigkeit


Leitsatz

Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren

Zur Erstattungsfähigkeit sog. Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren.

Tenor

In Sachen

betreffend das Gebrauchsmusters …

(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 17. Mai 2018 durch [X.] sowie die Richterin [X.] und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] vom 6. November 2014 aufgehoben und

die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens werden auf

7.208,08 €

(in Worten: siebentausendzweihundertacht 8/100 Euro)

festgesetzt.

Dieser Betrag ist ab dem 20. September 2012 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Die Erstattung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und zwar beschränkt auf die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwalts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren, der in einem parallelen Verletzungsstreit tätig geworden ist.

Gründe

[X.]

1

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) war Inhaberin des am 4. Mai 2000 eingetragenen Gebrauchsmusters 298 20 129.1 (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „… “, das am 1. Dezember 2008 nach Erreichen der maximalen Schutzdauer erloschen war.

2

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) hatte am 14. August 2009 beim [X.] ([X.]) den Antrag gestellt, festzustellen, dass das Streitgebrauchsmuster im Umfang des [X.] 1 unwirksam gewesen war. Anlass für den Feststellungsantrag war eine Klage, die die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin vor dem [X.] ([X.]. …) wegen Verletzung des Streitgebrauchsmusters eingereicht hatte. Bereits bei Einreichung des [X.] war von der Antragstellerin angezeigt worden, dass neben ihrem Patentanwalt auch ein im parallelen Verletzungsstreit tätig gewordener Rechtsanwalt im Verfahren mitwirken würde. Die [X.] des [X.] hatte sodann nach einer am 21. Mai 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung, an der der Patentanwalt und der Rechtsanwalt der Antragstellerin teilgenommen hatten, mit Beschluss festgestellt, dass der Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters unwirksam gewesen sei, und der Antragsgegnerin die Kosten des [X.] ([X.] auferlegt. Die gegen diese Entscheidung zunächst eingelegte Beschwerde ([X.]. 35 W (pat) 420/10) hatte die Antragsgegnerin am 20. September 2012 wieder zurückgenommen.

3

Auf der Grundlage der genannten Kostengrundentscheidung hat die Antragstellerin zuletzt mit Eingabe vom 23. Januar 2014 beantragt, die ihr für das erstinstanzliche Verfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung zu erstattenden Kosten in Höhe von 8.793,08 € festzusetzen. Dieser Betrag errechnete sich auf der Grundlage eines unstreitigen Gegenstandswertes von 150.000 € aus einer Verfahrensgebühr (Nr. 3100 [X.] [X.]) und einer Terminsgebühr (Nr. 3104 [X.] [X.]), die für den Patentanwalt und den Rechtsanwalt jeweils gesondert geltend gemacht wurden. In dem genannten Betrag waren ferner zwei Telekommunikationspauschalen (Nr. 7002 [X.] [X.]), die jeweiligen Reisekosten der beiden Anwälte nach [X.]. 7003, 7005 und 7006 [X.] [X.] und die von der Antragstellerin für den Feststellungsantrag gezahlte Amtsgebühr enthalten. Die Antragstellerin hat ferner beantragt, gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Verzinsung des festgesetzten Betrages ab Antragstellung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auszusprechen.

4

Die [X.] der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. November 2014 die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 2.051,15 € – also um 6.741,93 € niedriger als beantragt – festgesetzt. Der Unterschied zwischen dem beantragten und dem zugesprochenen Betrag ergibt sich u. a. daraus, dass die Gebrauchsmusterabteilung die vom Patentanwalt verdiente Vergütung nicht aus einer Kumulation der Gebührentatbestände Nr. 3100 und Nr. 3104 [X.] [X.], sondern nach dem Gebührentatbestand Nr. 2300 [X.] [X.] bemessen hat. Den hierbei von ihr selbst mit 2,0 angegebenen Satz hat die Gebrauchsmusterabteilung nur in Höhe von 1.585,00 € angesetzt, was lediglich einem 1,0-fachen Satz entspricht. Ferner war die Gebrauchsmusterabteilung der Meinung, dass von den Reisekosten des Patentanwalts zwar die Fahrtkosten, nicht aber die Übernachtungskosten und das Tage- und Abwesenheitsgeld notwendig gewesen seien. Die Kosten des zusätzlich hinzugezogenen Rechtsanwalts hat die Gebrauchsmusterabteilung insgesamt als nicht erstattungsfähig angesehen. Sie hat die Nichtberücksichtigung der Rechtsanwaltskosten damit begründet, dass in [X.] bzw. Feststellungsverfahren eine Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt regelmäßig nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sei.

5

Gegen diesen Beschluss, der der Antragstellerin am 17. November 2014 zugestellt worden war, richtet sich ihre am 29. November 2014 eingelegte Beschwerde. Die Antragstellerin rügt eine Falschberechnung bei der nach Nr. 2300 [X.] [X.] angesetzten Geschäftsgebühr. Aus den Gründen des Beschlusses selbst ergebe sich, dass das [X.] eine 2,0-fache Gebühr habe ansetzen wollen. Eine solche Gebühr sei auch angemessen, da eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei. Darüber hinaus seien auch die Kosten für ihren hinzugezogenen Rechtsanwalt in vollem Umfang erstattungsfähig. Die Antragstellerin weist hierbei auf die Rechtsprechung des [X.] zur „Doppelvertretung in [X.]“ hin (Beschluss vom 18. Dezember 2012 – [X.], [X.], 427 ff.), die auch im Falle eines [X.] bzw. Feststellungsverfahrens heranzuziehen sei. Wegen des parallel vor dem [X.] anhängig gewesenen Verletzungsstreits habe im vorliegenden Fall ein besonderer Abstimmungsbedarf bestanden, der eine Hinzuziehung des Rechtsanwalts zum [X.] Feststellungsverfahren notwendig gemacht habe. Ferner sei die Nichtberücksichtigung der Übernachtungskosten sowohl beim Patentanwalt als auch beim Rechtsanwalt rechtlich nicht nachvollziehbar. Da die mündliche Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung seinerzeit auf 9:00 Uhr anberaumt gewesen sei, hätte eine Anreise zur Nachtzeit begonnen werden müssen. Eine so frühe Anreise sei aber nicht geschuldet gewesen. Damit sei pro Anwalt auch ein Tage- und Abwesenheitsgeld in Ansatz zu bringen.

6

Insgesamt verfolgt die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde die Erstattung noch folgender Kosten weiter:

7

Tabelle 1

Gebührentatbestand
(Gegenstandswert gemäß
 §§ 2 Abs. 1, 33 [X.]: 150.000 €)

[X.]
[X.] Nr.

Satz   

Betrag
§ 13 [X.]

[X.]) Kosten des Patentanwalts

1)    

Geschäftsgebühr

2300   

2,0     

3.170,00 €

2)    

Entgeltpauschale für Post- und
Telekommunikationsdienstleistungen

7002   

        

20,00 €

3)    

Reisekosten des Patentanwalts

                          
        

a)    

Tage- und Abwesenheitsgeld

7005   

        

60,00 €

        

b)    

Fahrtkosten Kfz. (488 km x 0,30 €)

7003   

        

146,40 €

        

c)    

Übernachtungskosten

7006   

        

130,84 €

4)    

[X.] Amtsgebühr

                 

300,00 €

        

Summe [X.]):

3.827,24 €            

8

I[X.]) Kosten des Rechtsanwalts

1)    

Geschäftsgebühr

2300   

2,0     

3.170,00 €

2)    

Entgeltpauschale für Post- und
Telekommunikationsdienstleistungen

7002   

        

20,00 €

3)    

Reisekosten des Rechtsanwalts

                          
        

a)    

Tage- und Abwesenheitsgeld

7005   

        

60,00 €

        

b)    

Übernachtungskosten

7006   

        

130,84 €

        

Summe I[X.]):

3.380,84 €            

9

Summe von [X.]) und I[X.]):

7.208,08 €
========

Die Antragstellerin beantragt entsprechend,

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des [X.]s vom 6. November 2014 aufzuheben und die ihr von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 7.208,08 € neu festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass hier eine Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt nicht zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geboten gewesen sei. Die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung des [X.] betreffe nur Patentnichtigkeitsverfahren und könne nicht auf den vorliegenden Fall eines [X.], das lediglich ein Verwaltungsverfahren sei, übertragen werden. Eine Anerkennung von [X.] sei im [X.] davon abhängig, dass solche Kosten durch „besondere rechtliche Schwierigkeiten“ des Falles gerechtfertigt würden; dies treffe auf den vorliegenden Fall aber nicht zu. Des Weiteren sei nicht zu beanstanden, dass die Gebrauchsmusterabteilung auch die Übernachtungskosten des Patentanwalts nicht als erstattungsfähig anerkannt habe. Die Fahrzeit zwischen [X.] und [X.] sei sowohl bei einer Fahrt mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln kürzer als drei Stunden, so dass selbst bei Zugrundelegung eines Starts nicht vor 6:00 Uhr eine morgendliche Anreise am Verhandlungstag zumutbar gewesen wäre. Zu Recht unterblieben sei auch der zusätzliche Ansatz eines [X.], da etwaige durch die Wahrnehmung eines Termins angefallene Kosten mit der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 [X.] [X.] abgegolten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

I[X.]

Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des §§ 62 Abs. 2 Satz 4 [X.], 17 Abs. 4 Satz 2 [X.] eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat in vollem Umfang Erfolg. Hiernach waren unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die der Antragstellerin von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 7.208,08 € festzusetzen.

1. Im Rahmen der Kostenfestsetzung nach §§ 17 Abs. 4 [X.], 62 Abs. 2 Satz 3, 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. §§ 91 Abs. 2, 104 ZPO sind die den Beteiligten entstandenen Kosten erstattungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren.

a1) Außer Streit steht vorliegend die 2,0-fache Geschäftsgebühr nach dem Gebührentatbestand Nr. 2300 [X.] [X.], die die Antragstellerin auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 150.000 € für das Tätigwerden ihres Patentanwalts erstattet haben möchte. Der Gebührentatbestand nach Nr. 2300 [X.] [X.] ist vorliegend, wovon die Gebrauchsmusterabteilung immerhin zu Recht ausgegangen ist, auch einschlägig. Die Löschungs- bzw. Feststellungsverfahren vor den Abteilungen des [X.] tragen zwar Züge eines justizförmigen Verfahrens (vgl. [X.] GRUR2010, 231, 233 – „[X.]“ und [X.] [X.] 2015, 112, 113 – „[X.]/[X.]“), gebührenrechtlich sind sie aber als Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde anzusehen (vgl. [X.]/

a2) Die Antragstellerin hat allerdings zu Recht beanstandet, dass der angefochtene Beschluss insoweit einen erheblichen und nicht nachvollziehbaren Fehler aufweist, als ihr die Gebrauchsmusterabteilung bei der Geschäftsgebühr nach dem Gebührentatbestand Nr. 2300 [X.] [X.] nur einen Betrag in Höhe von 1.585,00 € angerechnet hat, was lediglich einem 1,0-fachen Satz entspricht. Zutreffend wäre nach der hier einschlägigen, bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung der Gebührentabelle (Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 [X.]) die Angabe des doppelten Betrages, nämlich in Höhe von 3.170,00 € gewesen, was die Antragstellerin auch so beantragt hat. Da die [X.] selbst von einem 2,0-fachen Satz ausgegangen war, handelt es sich bei dem falschen Ansatz um eine ersichtlich auf Nachlässigkeit beruhende, offenkundige Unrichtigkeit, die entsprechend zu korrigieren war.

b) Die Antragstellerin dringt mit ihrer Beschwerde auch insoweit durch, als sie die Erstattung jener Kosten begehrt, die ihr durch das Tätigwerden ihres zum [X.] Feststellungsverfahren hinzugezogenen Rechtsanwalts entstanden sind. Unstreitig war zwischen den vorliegenden Beteiligten parallel zum [X.] Verfahren ein Rechtsstreit vor dem [X.] anhängig, in welchem die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin wegen Verletzung des Streitgebrauchsmusters vorgegangen war. Darauf, ob das vorliegende Feststellungsverfahren zusätzlich von „besonderen rechtlichen Schwierigkeiten“ des Falles geprägt war, kommt es somit vorliegend nicht an.

b1) Auch für das [X.] bzw. für ein entsprechendes Feststellungsverfahren erachtet der erkennende Senat die Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des [X.], die dieser bei der Erstattungsfähigkeit von [X.] im patentrechtlichen [X.] anwendet und die die Antragstellerin zu Recht zitiert hat ([X.], 427 ff.), für geboten. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass zwischen den jeweils mandatierten Patent- bzw. Rechtsanwälten ein Abstimmungsbedarf vorliegt, wenn parallel zu einem Patentnichtigkeitsverfahren ein Verletzungsrechtsstreit geführt wird. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise gehören wegen dieses [X.] sowohl die Kosten eines Patentanwalts als auch die Kosten eines Rechtsanwalts zu den notwendigen Kosten des Verfahrens, wenn im Falle eines parallelen [X.] im [X.] sowohl ein Patentanwalt als auch ein Rechtsanwalt tätig geworden ist.

b2) Eine vergleichbare Sach- und Interessenlage ist auch in Fällen gegeben, in denen neben einem [X.] bzw. Feststellungsverfahren parallel ein Verletzungsrechtsstreit zwischen den Beteiligten geführt wird und dasselbe Gebrauchsmuster betroffen ist. Auch wenn die jeweilige Gebührenstruktur beim Patentnichtigkeitsverfahren und beim [X.] unterschiedlich ist und das [X.] zunächst nicht vor Gericht, sondern zuerst beim [X.] ausgetragen wird, so ist der Abstimmungsbedarf in Bezug auf parallel anhängige Löschungsverfahren und [X.] dennoch als gleichartig mit dem Abstimmungsbedarf zu erachten, wie er typischerweise bei der Führung parallel anhängiger Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsstreit gegeben ist. Insbesondere ist selbst bei „einfachen“ Verhandlungsstrategien eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsrechtsstreit hinsichtlich Sachvortrag, Auseinandersetzung mit Entgegenhaltungen und [X.] bezüglich des Gegenstandes des betreffenden Streitgebrauchsmusters berücksichtigende Verfahrensführung erforderlich. Auch im [X.] sind typischerweise komplexe Fragen zur Schutzfähigkeit oder auch zur Zulässigkeit von Anspruchsfassungen, die regelmäßig auch in Form mehrerer Hilfsanträge in das Verfahren eingeführt werden, zu klären, wobei sich gerade bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die [X.] hinsichtlich [X.] einerseits und erfinderischem Schritt andererseits im Wesentlichen angeglichen haben (vgl. [X.] GRUR 2006, 842 – „Demonstrationsschrank“).

b3) Soweit der [X.] in seinem Beschluss vom 1. April 1965 (Ia ZB 20/64 – „[X.]“, GRUR 1965, 621) [X.] im [X.] als regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig erachtet hat, geht der Senat davon aus, dass diese Entscheidung überholt ist. Neben der bereits genannten Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von [X.] im patentrechtlichen [X.] ist zu berücksichtigen, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht nur bei der Kostenentscheidung, sondern auch bei der Kostenfestsetzung eine Billigkeitsprüfung stattfand (sog. „zweite Billigkeitsprüfung“), die nach der jetzt geltenden Gesetzeslage nicht mehr zulässig ist (vgl. Busse/

b4) Der Senat hält somit an seiner im Beschluss vom 13. Oktober 2016 (35 W (pat) 16/12, [X.] 2017, 96 ff.) geäußerten, gegenteiligen Rechtsauffassung nicht mehr fest. Dort wurde ursprünglich die Meinung vertreten, dass aufgrund der Unterschiede in den Funktionen von [X.] und patentrechtlichem [X.] – nämlich einerseits erste Prüfung eines bisher ungeprüften Rechts und anderseits Klageverfahren – eine regelmäßige Erstattung von [X.] in [X.] mit parallelem Verletzungsprozess abzulehnen sei. Zwar sind insbesondere aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung in verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Unterschiede gegeben. Jedoch sind weder der materielle Gehalt der jeweils angegriffenen Schutzrechte, der in beiden Verfahrenssystemen zu beurteilen ist, gerade mit Blick auf die bereits genannten, wesentlich angeglichenen Beurteilungsmaßstäbe noch die [X.] bei parallel anhängigen [X.]n zwischen [X.] und patentrechtlichem [X.] derart unterschiedlich, als dass sich hieraus ein zwingender Grund für eine sachliche Differenzierung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von [X.] ergeben könnte. Im Gegenteil: Aus Sicht des Senats wäre aus den genannten Gründen eine unterschiedliche Beurteilung der Erstattungsfähigkeit sogenannter [X.] im Nichtigkeits- und im [X.] nicht sachgerecht.

c) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind auch die Übernachtungskosten (Hotelkosten) ihres Patentanwalts und ihres Rechtsanwalts sowie ein jeweiliges Tage- und Abwesenheitsgeld erstattungsfähig.

c1) Die Antragstellerin durfte die Anwälte ihres Vertrauens ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz auswählen und kann daher nunmehr die Erstattung der notwendigen Reisekosten, zu denen hier auch die jeweiligen Übernachtungskosten zählen, verlangen. Im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten ist zwar zu beachten, dass jede [X.] insoweit die Pflicht hat, ihre Kosten möglichst niedrig zu halten; dies gilt allerdings nur insoweit, wie sich dies mit der vollen Wahrung der eigenen berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt (vgl. [X.]/

c2) Hieraus folgt zu Gunsten der Antragstellerin, dass auch für jeden der beiden Anwälte ein Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 [X.] [X.] in Höhe von 60,00 € gewährbar ist. Davon, dass solche Kosten – wie die Antragsgegnerin meint – mit der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 [X.] [X.] abgegolten seien, kann keine Rede sein. Beim Tage- und Abwesenheitsgeld handelt es sich um Reisekosten, die nach den Regelungen des [X.] als Auslagen gesondert erhoben werden dürfen (vgl. auch: [X.], NJW 2017, 307, 309). Dies schließt eine Anrechenbarkeit auf Gebühren aus.

d) Die Verzinsung des festgesetzten Betrages, die zwischen den Beteiligten ebenfalls außer Streit steht, war wieder in gleicher Weise auszusprechen wie im angefochtenen Beschluss. Der hierbei auf den 20. September 2012 festgelegte Zeitpunkt des Verzinsungsbeginns wird von beiden Beteiligten zu Recht nicht in Zweifel gezogen. Der vor diesem Zeitpunkt gestellte Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin ist für den Verzinsungsbeginn unbeachtlich, da die im Beschluss vom 21. Mai 2010 enthaltende Kostengrundentscheidung erst durch Zurücknahme der entsprechenden Beschwerde am 20. September 2012 bestandskräftig geworden ist (vgl. [X.]/

2. Der Senat hat gemäß dem auch im Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren anwendbaren § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 [X.] und § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Antragsgegnerin, die vorliegend in vollem Umfang unterlegen ist. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

4. Ferner hat der [X.] wegen angeordnet, dass der Antragstellerin die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen ist. Dies folgt aus § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] i. V. m. § 80 Abs. 3 [X.], weil der angefochtene Beschluss durch einen erheblichen und nicht nachvollziehbaren Fehler bei der Berechnung der Geschäftsgebühr nach dem Gebührentatbestand Nr. 2300 [X.] [X.] gekennzeichnet ist (vgl. oben unter a2) in Abschnitt 1.). Die Erstattung entspricht hierbei auch der Billigkeit, da der genannte Mangel so schwerwiegend ist, dass nach einer Abwägung zwischen dem fiskalischen Interesse der Staatskasse und den Belangen der Antragstellerin, den zuletzt genannten der Vorrang gebührt (vgl. [X.]/

5. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 18 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts bezüglich der Erstattungsfähigkeit von sogenannten [X.] im [X.] zugelassen, zumal Rechtsbeschwerden in anderen Fällen, in denen der Senat diese im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von [X.] zugelassen hat, bislang noch nicht eingelegt worden sind und es sich insoweit auch um einen abtrennbaren Teil des [X.] handelt.

Meta

35 W (pat) 3/15

17.05.2018

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2018, Az. 35 W (pat) 3/15 (REWIS RS 2018, 8997)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8997

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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