Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.05.2017, Az. 1 StR 626/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11350

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Gegenstand

Bankrott: Verwirklichung der Tatbestandsalternative "Verheimlichen" durch Verletzung einer insolvenzrechtlichen Auskunfts- oder Anzeigepflicht


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2016 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bankrotts in Tateinheit mit vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er ein Verfahrenshindernis geltend macht, in mehrfacher Hinsicht das Verfahren beanstandet und die Sachrüge erhebt. Das Rechtsmittel erzielt keinen Erfolg.

2

1. Ein auf die behauptete Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes im Zusammenhang mit durch das [X.] geleisteter Rechtshilfe gestütztes Verfahrenshindernis besteht aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen nicht.

3

2. Die von dem Angeklagten in seiner zu Protokoll der Geschäftsstelle begründeten Revision erhobenen Verfahrensbeanstandungen entsprechen sämtlich nicht den in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO enthaltenen gesetzlichen Zulässigkeitsanforderungen.

4

3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann in der Variante des Verheimlichens auch dadurch verwirklicht werden, dass der Täter eine Auskunfts- oder Anzeigepflicht verletzt ([X.]/[X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 18; siehe auch [X.], Urteil vom 20. Dezember 1957 - 1 [X.], [X.]St 11, 145, 146 f. bzgl. § 239 Abs. 1 Nr. 1 KO). Die vom Angeklagten verletzte Pflicht hat vorliegend ihre Grundlage in § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Gegen die Annahme von Tateinheit zwischen dem Bankrott und der falschen Versicherung nach Eides Statt (§ 156 StGB) ist rechtlich nichts zu erinnern (vgl. auch [X.] aaO [X.]St 11, 145, 147 bzgl. § 239 Abs. 1 Nr. 1 KO und - nach damaliger Rechtslage einschlägig - Meineid).

5

4. Der nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei begründete Strafausspruch kann bestehen bleiben, weil der [X.] die Strafe gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO für angemessen hält.

6

a) Der Strafausspruch ist insoweit rechtsfehlerhaft als das [X.] zu Lasten des Angeklagten eine „erhebliche Unbelehrbarkeit“ berücksichtigt hat, die sich darin manifestiere, „dass er allein seine eigenen - abwegigen - [X.] akzeptiert und dabei nicht davor zurückschreckt, vorsätzliche Straftaten zu begehen, um die seiner Meinung nach richtige Ansicht durchzusetzen, obgleich ihm Behörden und Gerichte wiederholt bescheinigt haben, dass er im Unrecht ist“. Das lässt eine zu Unrecht erfolgte strafschärfende Berücksichtigung von (noch) zulässigem Verteidigungsverhalten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Mai 2007 - 1 [X.]; vom 4. August 2010 - 3 [X.]; vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11, [X.], 373, 374 und vom 29. Januar 2014 - 1 StR 589/13, [X.], 396, 397) besorgen. Grundsätzlich darf als Nachtatverhalten nicht zu Lasten eines Angeklagten gewertet werden, dass er - selbst nach Rechtskraft des Schuldspruchs - die Tatbegehung weiterhin leugnet ([X.], Beschluss vom 29. Januar 2014 - 1 StR 589/13, [X.], 396, 397 mwN). Dabei macht es im rechtlichen Ausgangspunkt regelmäßig keinen entscheidenden Unterschied, ob dies durch Leugnung der [X.]chaft aus tatsächlichen Gründen oder wie hier durch rechtliche Erwägungen, wie die Überzeugung sich gegen vermeintlich rechtswidriges Verhalten des Staats wehren zu dürfen, erfolgt. Zwar sind, wie vom [X.] insoweit beanstandungsfrei angenommen, die Ausführungen des Angeklagten rechtlich völlig fernliegend. Zulässiges Verteidigungsverhalten darf aber lediglich dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es im Hinblick auf die Art der Tat und die Persönlichkeit des [X.] auf besondere Rechtsfeindlichkeit und Gefährlichkeit schließen lässt (st. Rspr.; siehe nur [X.] aaO [X.], 396, 397). Diese Voraussetzungen ergeben sich aus dem angefochtenen Urteil nicht.

7

b) Auf der Grundlage des zutreffend ermittelten, im Übrigen vollständigen und aktuellen [X.] kann aber der [X.] selbst entscheiden, dass die vom [X.] verhängte Strafe angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO ist. Maßgeblich dafür ist insbesondere, dass der Angeklagte die hier fragliche Tat gerade auch zum Nachteil derjenigen begangen hat, die bereits durch seine früheren Betrugstaten betroffen waren. Zudem ist der Angeklagte mit erheblicher krimineller Energie vorgegangen, die sich u.a. in dem von ihm betriebenen großen Aufwand niederschlägt, um eine Entdeckung der von ihm nach [X.] transferierten Gelder auf Dauer zu verhindern.

8

Der [X.] hat auf die geplante Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, von der lediglich der Angeklagte selbst Gebrauch gemacht hat. Gegen die Angemessenheit der Strafe sprechende Gesichtspunkte ergeben sich daraus nicht.

Raum     

       

Graf     

       

Cirener

       

[X.]     

       

Bär     

       

Meta

1 StR 626/16

09.05.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Augsburg, 28. Juli 2016, Az: 10 KLs 502 Js 134777/14

§ 305 Abs 1 Nr 3 InsO, § 283 Abs 1 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.05.2017, Az. 1 StR 626/16 (REWIS RS 2017, 11350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11350

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