Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2015, Az. AK 27/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5884

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 27/15

vom
3. September
2015
in dem Strafverfahren
gegen

wegen
Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der [X.] sowie des Angeschuldigten und seines Verteidi-gers am 3. September
2015
gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe:
I.
Der Angeschuldigte, der [X.] Staatsangehöriger ist, wurde am 12.
Februar 2015 vorläufig festgenommen und befindet sich seit diesem Tag aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 4. August 2014 ([X.]) ununterbrochen in Untersuchungs-haft. Die [X.] hat unter dem 28. April 2015 [X.] gegen den Angeschuldigten vor dem [X.].
Gegenstand des Haftbefehls vom 4. August 2014 ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe sich mindestens seit Mitte des Jahres 2010 unter dem Decknamen "D.

" in der Funktion eines Gebietsleiters als Mitglied an
der Arbeiterpartei [X.] ("[X.] Karkeren [X.]" -
[X.]) und damit an 1
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einer Vereinigung im Ausland beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu be-gehen (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Die Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz zur strafrechtlichen
Verfolgung unter anderem der jeweiligen Verantwortlichen für die in [X.] bestehenden Gebiete der [X.] und ihrer Teilorganisation in [X.] [X.] ([X.] Demokratik [X.]; "[X.]"), soweit ein [X.]bezug besteht, liegt seit dem 6. September 2011 vor.
II.
Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft und ihrer Fortdauer über sechs Monate hinaus sind gegeben.
1. Nach den bisherigen Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tat-verdachts im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
a) Die [X.] wurde 1978 u.a. von [X.] in der [X.] als [X.] mit dem Ziel gegründet, einen kurdischen Nationalstaat unter ihrer Führung zu schaffen. Sie gliedert sich in verschiedene Organisationen, die mehrfach die Bezeichnung wechselten. So bestehen u.a. seit 2007 die "[X.] [X.]" (Koma Civakên [X.] -
[X.]) als Kaderor-ganisation und der "Volkskongress [X.]" (Kongra Gelê [X.] -
[X.]) als quasi legislatives Organ sowie die ("neue") [X.] mit der Aufgabe einer Fortentwicklung der ideologischen Ausrichtung. Ziel der [X.] ist ein staatsähnlicher "konföderaler" Verbund der kurdischen Siedlungsgebiete in der [X.], in [X.], im [X.] und im [X.].
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Die [X.] ist, ebenso wie die [X.], auf die Person [X.]s [X.]. Daneben vollzieht sich die Willensbildung über die [X.] und den Exekutivrat der [X.]. Die Führungskader folgen grundsätzlich dieser Willensbildung und setzen die getroffenen Entscheidungen um. Zur [X.] haben sie den übergeordneten Kadern regelmäßig Bericht zu erstatten.
Die [X.] sieht im Rahmen der "Selbstverteidigung" einen Guerillakrieg
als legitimes Mittel an. Zu ihrem System gehören auch die "[X.]" ("Hezen Parastine Gel" -
HPG). Diese nehmen ein Recht auf "aktive Verteidigung" und auf "Vergeltungsangriffe" gegen [X.] Sicherheitsbehör-den in Anspruch. Sie verübten deshalb -
auch in Zeiträumen, für die, wie zuletzt am 23. März 2013, vom Präsidium des Exekutivrats der [X.] "[X.]" verkündet wurden, -
Anschläge mit Sprengstoff und Waffen insbesondere ge-gen [X.] Soldaten und Polizisten und verletzten oder töteten eine Vielzahl von ihnen. Vereinzelt waren auch Zivilisten betroffen.
Der Schwerpunkt der Strukturen und das eigentliche Aktionsfeld der [X.] liegen in den von [X.] bevölkerten Gebieten in der [X.], in [X.], im [X.] und im [X.]. Zahlreiche auf die Unterstützung der politischen und militärischen Auseinandersetzung mit dem [X.]n Staat ausgerichtete Aktivitäten betreibt die [X.] jedoch auch in [X.] und anderen Gebieten [X.]. [X.] bedient sie sich der [X.], deren Aufgabe insbesondere darin besteht, nach den Vorgaben der [X.] und der [X.] die in [X.] lebenden [X.] zu organisieren. Unterhalb dieser Führungsebene ist [X.] in Sektoren, Ge-biete, Räume und Stadtteile eingeteilt.
b) Der Angeschuldigte ist dringend verdächtig, jedenfalls seit Mitte 2010 als Gebietsleiter in die dargestellte Organisation der [X.] und [X.] eingebun-den gewesen zu sein und diese gefördert zu haben:
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Der Angeschuldigte war seit diesem Zeitpunkt als -
von der [X.] alimen-tierter -
Gebietsleiter zunächst
für das Gebiet "[X.]" und später -
bis zu seiner Verhaftung -
nacheinander für die Gebiete "[X.]", "[X.]" und "[X.]" tätig. In dieser Funktion organisierte er Spendensammlungen, verwaltete die eingenommenen Gelder und leitete sie weiter. Er nahm an Treffen mit an-deren [X.]-Kadern teil bzw. besuchte entsprechende Schulungen. Außerdem organisierte er die Teilnahme von [X.], die in "seinen" Gebieten ansässig waren, an zentralen Demonstrationen und Veranstaltungen.
Höherrangigen Kadern, mit denen er auch telefonisch in Kontakt stand, erstattete er regel-mäßig Bericht.
Der dringende Tatverdacht hinsichtlich dieses Sachverhalts ergibt sich aus den bei einer Durchsuchung des "[X.] Volkshauses" in H.

im Jahr 2010 und bei der Festnahme des Angeschuldigten im Februar 2015
sichergestellten Unterlagen, dem Ergebnis der Überwachung der Telekommu-nikation des Angeschuldigten und seiner Observierung sowie weiteren Ermitt-lungsergebnissen der [X.], [X.] und [X.]. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlegungen im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] und im [X.] Ergebnis der Ermittlungen der Anklage der Generalstaatsanwalt-schaft Bezug genommen.
Damit ist der Angeschuldigte dringend verdächtig, sich als Mitglied an
einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt zu haben.
2. Es besteht aus den im Haftbefehl dargestellten Gründen jedenfalls der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der Zweck der Untersu-chungshaft kann durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug nicht erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO). Die bisherige Dauer der Untersu-11
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chungshaft steht auch noch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden erheblichen Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil noch nicht [X.].
Nach der Festnahme des Angeschuldigten am 12. Februar 2015 wurde das Ermittlungsverfahren zügig abgeschlossen. Unter dem 28. April 2015 hat die [X.] Anklage zum dortigen Oberlandesge-richt erhoben. Bereits am 29. April 2015 verfügte der Vorsitzende des [X.] die Zustellung der Anklage und -
nach Anhörung des Verteidigers -
am 8. Mai 2015 deren Übersetzung. Am 23. Juni 2015 wurde dem Angeschuldigten die Übersetzung der Anklageschrift übersandt. Am 16. Juli 2015 lief die -
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Antrag des Verteidigers verlängerte -
Erklärungsfrist nach § 201 Abs. 1 Satz
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StPO ab. Der [X.] geht davon aus, dass das [X.] -
wie ange-kündigt -
nunmehr zügig über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden wird.
[X.]

[X.]

Meta

AK 27/15

03.09.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2015, Az. AK 27/15 (REWIS RS 2015, 5884)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5884

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Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung: Völkerrechtliche Rechtfertigung für terroristische Anschläge


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