Bundessozialgericht, Urteil vom 08.07.2020, Az. B 12 R 6/19 R

12. Senat | REWIS RS 2020, 2417

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer in einer GmbH & Co KG - Rechtsmacht - Kommanditbeteiligung - Einheits-KG - abhängige Beschäftigung - selbständige Tätigkeit


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der [X.] vom 1.5.2014 bis zum [X.] in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: Beigeladene) aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Der Kläger war im streitigen [X.]raum Geschäftsführer der [X.] ([X.]). Deren alleinige Gesellschafterin war die [X.] (Muttergesellschaft; [X.]). Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) - ohne Kapitalbeteiligung - der [X.] war die [X.] ([X.]). Kommanditisten waren der Kläger mit einer Kommanditeinlage von 196 000 Euro ([X.]) und sein Vater mit einer Kommanditeinlage von 204 000 Euro (51 vH). Der Gesellschaftsvertrag der [X.] in der ab 20.12.2013 gültigen Fassung ([X.]) sah ua vor, dass zur Geschäftsführung allein die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt sei (§ 8 Abs 1 Satz 1). Sie bedurfte zur Durchführung aller Maßnahmen und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit [X.] der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs 3 [X.]). Im Übrigen wurden [X.] mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1000 Euro eine Stimme gewährten; jeder persönlich haftende Gesellschafter ohne vermögensmäßige Beteiligung hatte eine Stimme (§ 16 Abs 1 und 5 [X.]).

3

Nach dem mit Wirkung ab 1.5.2014 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen abgeschlossenen "Geschäftsführervertrag" (GF-V) vom 28.4.2014 erhielt der Kläger ein Monatsgehalt von 6000 Euro. Zudem hatte er Anspruch auf Spesen und Aufwendungsersatz, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten sowie 24 Werktage bezahlten Urlaub. Auf seinen Statusfeststellungsantrag stellte die beklagte [X.] fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege (Bescheid vom 10.11.2014; Widerspruchsbescheid vom 23.6.2015).

4

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte aufgrund der Übertragung weiterer Kommanditanteile auf den Kläger festgestellt, dass ab 1.5.2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mehr vorliege. Das [X.] hat die Bescheide der Beklagten abgeändert und sie verurteilt, festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene in der [X.] vom 1.5.2014 bis zum [X.] nicht der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe (Urteil vom 5.10.2016). Das [X.] hat das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.6.2018). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger lediglich zu [X.] an der [X.] beteiligt gewesen sei und damit keine Möglichkeit gehabt habe, ihm nicht genehme [X.] zu verhindern. Er habe auch nicht über eine generelle Sperrminorität verfügt. Sie habe sich nur auf die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Tätigkeiten bezogen. Eine Einflussnahme auf die Geschicke der Beigeladenen sei dem Kläger nicht möglich gewesen.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 7 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]B IV. Er habe nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende Sperrminorität gehabt. Unbeachtet sei geblieben, dass wegen einer sog Einheitsgesellschaft für die Beigeladene ausschließlich die Kommanditisten geschäftsführungsbefugt gewesen seien.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2018 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5. Oktober 2016 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G). Der [X.] kann nicht abschließend entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das [X.] das Urteil des [X.] zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen hat. Die Feststellungen des [X.] (vgl § 163 [X.]G) reichen nicht aus, um ausgehend von den für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben (dazu 1.) die Ver[X.]herungspflicht des [X.] aufgrund seiner Tätigkeit für die Beigeladene abschließend zu beurteilen. Der Kläger war zwar nicht Gesellschafter der Beigeladenen und allein als deren Fremdgeschäftsführer nicht in der Lage, auf die Geschicke der Beigeladenen ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen; auch weist der GF-V maßgebliche Ge[X.]htspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf (dazu 2.). Auch seine Kommanditbeteiligung schließt die Beschäftigung nicht aus (dazu 3.). Allerdings kann nicht beurteilt werden, ob dem Kläger aufgrund eines ihm möglicherweise als Kommanditist eingeräumten Weisungsrechts oder gegebenenfalls als Gesellschafter der [X.] eine hinreichende Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zukam. Hierzu sind weitere Tatsachenfeststellungen des [X.] notwendig (dazu 4.).

1. Im streitigen [X.]raum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Ver[X.]herungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr 1 [X.]B VI idF des [X.] vom [X.], [X.] 926; § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). [X.]altspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Diese für die Statusbeurteilung vom [X.] entwickelten [X.] (vgl B[X.] Urteil vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f ) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet [X.]h bei dem Geschäftsführer einer GmbH aber in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, [X.]h aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f mwN; B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 18).

Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit nach ständiger Rechtsprechung nur dann selbstständig ausüben, wenn er am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog Gesellschafter-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet (zur Ausnahme vgl 3.). Geschäftsführer einer GmbH unterliegen nach § 6 Abs 3 (hier idF des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4.7.1980, [X.] 836), § 37 Abs 1, § 38 Abs 1 sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG grundsätzlich zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit der nur durch entsprechende Satzungsregelungen einschränkbaren Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsrecht [X.] vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 18 f; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3, 14; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl 2020, § 37 RdNr 1; [X.]/Tieves, [X.], 3. Aufl 2019, § 37 RdNr 107). Selbst ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist aber nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 21; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f, jeweils mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen war der Kläger während der hier streitigen [X.] abhängig beschäftigt. Als Fremdgeschäftsführer der Beigeladenen hatte er nicht die notwendige gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, deren Geschicke maßgeblich zu gestalten oder ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Er war am Stammkapital der Beigeladenen nicht beteiligt und daher nicht deren Gesellschafter. Eine umfassende Sperrminorität war ihm nicht eingeräumt. Alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen war die [X.], deren Weisungsrecht der Kläger als geschäftsführendes Organ der Beigeladenen nach § 37 Abs 1 GmbHG in Verbindung mit § 38 Abs 1 GmbHG sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG unterlag. Danach ist der Geschäftsführer verpflichtet, Weisungen der Gesellschafterversammlung oder soweit - wie hier - eine GmbH nur eine Alleingesellschafterin hat, der Gesellschafterin zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit zu befolgen ([X.] vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 18). Die Gebundenheit des [X.] an Weisungen der Gesellschafterin der Beigeladenen war weder aufgehoben noch eingeschränkt. Beschränkungen der Weisungsbefugnis bedürfen einer entsprechenden Satzungsregelung ([X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 14), an der es hier fehlt. Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen enthält keine Bestimmung, die Einzelweisungen an den Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss untersagt (vgl hierzu [X.] vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 18).

Auch wies der GF-V typische Elemente einer abhängigen Beschäftigung auf. Der Kläger bezog ein festes Monatsgehalt von 6000 Euro und hatte Ansprüche auf bezahlten Urlaub, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie Ersatz von Aufwendungen und Spesen.

3. Ein die abhängige Beschäftigung ausschließender beherrschender Einfluss auf die Beigeladene wurde dem Kläger auch nicht durch seine Kommanditbeteiligung an der [X.] vermittelt. Zwar kann ausnahmsweise die Beteiligung eines GmbH-Geschäftsführers an einer anderen Gesellschaft bei seiner sozialver[X.]herungsrechtlichen Statusbeurteilung zu berück[X.]htigen sein. Allein die Kommanditbeteiligung an einer [X.] versetzt aber noch nicht in die Lage, die Geschicke einer GmbH als Tochtergesellschaft maßgeblich zu bestimmen.

Der erkennende [X.] hat mit mehreren Urteilen vom 8.7.2020 ([X.] R 26/18 R, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen, sowie [X.] R 1/19 R, [X.] R 2/19 R und [X.] R 4/19 R, jeweils zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) seine Rechtsprechung zur Statusbeurteilung von Geschäftsführern einer GmbH fortentwickelt. Über eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht verfügen danach nicht nur Gesellschafter mit einer Kapitalbeteiligung von [X.] oder - bei geringerer Kapitalbeteiligung - einer umfassenden Sperrminorität. Sie kann auch daraus resultieren, dass der ([X.] (auch einer [X.]) kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen. Damit ist nicht allein auf das Rechtsverhältnis zwischen ([X.] und der von ihm geführten GmbH ([X.]) abzustellen, sondern auch dessen Rechtsstellung innerhalb einer anderen Gesellschaft zu berück[X.]htigen, die wiederum in Rechtsbeziehungen zu der Gesellschaft steht, deren ([X.] ist. Denn ein Geschäftsführer ist nach bisheriger Rechtsprechung selbstständig tätig, weil er die Rechtsmacht hat, auf Beschlüsse der von ihm geführten Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob er diese Rechtsmacht allein aus seiner Gesellschafterstellung in der von ihm geführten Gesellschaft oder aus seiner Beteiligung an einer anderen Gesellschaft ableitet. Für die sozialver[X.]herungsrechtliche Statusbeurteilung ist aber auch eine solche von dieser Beteiligung abgeleitete Rechtsmacht nur beachtlich, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt. Entscheidend bleibt, dass der Geschäftsführer selbst und unmittelbar eine ausschlaggebende Einflussnahmemöglichkeit auf Gesellschafterbeschlüsse der von ihm geführten Gesellschaft hat oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Denn ein Geschäftsführer übt seine Tätigkeit nur dann selbstständig aus, wenn er zugleich kraft seiner Gesellschaftsanteile (und sei es über eine ihm eingeräumte umfassende Sperrminorität) über die Rechtsmacht verfügt, hinreichenden Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschaft auszuüben, für die er die Geschäftsführung übernommen hat.

Die Kommanditistenstellung des [X.] räumte ihm jedoch eine solche Rechtsmacht in Bezug auf die Beigeladene nicht ein. Der allein auf der Kommanditeinlage beruhende gesellschaftsrechtliche Einfluss ist auf die [X.] beschränkt. Als Kommanditist stand ihm allenfalls die Befugnis zu, die Geschäftsführung für die [X.] in Bezug auf [X.] und außergewöhnliche Geschäfte, nicht aber in Bezug auf gewöhnliche Geschäfte zu bestimmen. Die Verwaltung bestehender Beteiligungen, zu der die Stimmabgabe in Gesellschafterversammlungen von Tochtergesellschaften - wie hier der Beigeladenen - gehört, stellt aber in der Regel eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit dar ([X.]/[X.] in [X.], HGB, 3. Aufl 2020, § 116 RdNr 7; [X.] in [X.], 4. Aufl 2016, § 116 RdNr 21). Kommanditisten einer [X.] steht - an[X.] als den Gesellschaftern einer GmbH - im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu (vgl [X.] vom [X.] - [X.]Z 76, 160, 164 f = juris RdNr 18; [X.]/[X.], Die [X.], 12. Aufl 2018, § 4 RdNr 2; [X.] in [X.], HGB, 3. Aufl 2020, § 164 Rd[X.]; [X.] in [X.], [X.], 7. Aufl 2015 § 16 RdNr 15; einschränkend [X.] in [X.], GmbHG, 11. Aufl 2014, [X.]ang § 45 RdNr 17; [X.], [X.], 425, 432). Sie sind vielmehr nach § 164 Satz 1 HGB von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen und können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht wi[X.]prechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Lediglich solche außergewöhnlichen Handlungen bedürfen der Zustimmung der Kommanditisten. Die Vorschrift des § 164 Satz 1 HGB ist zwar dispositiv (vgl § 163 HGB). Damit kann im Gesellschaftsvertrag einer [X.] abweichend von § 164 HGB ein Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der Komplementär-GmbH vereinbart werden. Von dieser Möglichkeit hat die [X.] hier aber keinen Gebrauch gemacht.

Dass die gewöhnliche Geschäftsführung der [X.] von der [X.] als deren Komplementär-GmbH wahrzunehmen war, steht nicht die Feststellung des [X.] entgegen, dass "Komplementär" ([X.]) der [X.] (!) die [X.] und "Kommanditisten" ([X.]) der Kläger und sein Vater gewesen seien. Das Revisionsgericht ist weder an unklare noch an wi[X.]prüchliche Tatsachenfeststellungen gebunden (B[X.] Urteil vom [X.] - 5b [X.] - [X.] 2200 § 1246 [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 21/99 R - [X.] 3-4100 § 103 [X.]; B[X.] Urteil vom 10.8.2000 - B 11 [X.] 83/99 R - juris RdNr 20). Ein offen[X.]htlicher Wi[X.]pruch zwischen einer tatsächlichen Feststellung im Urteil des Tatsachengerichts und der Aktenlage darf vom Revisionsgericht auch ohne Verfahrensrüge von Amts wegen berück[X.]htigt werden. Aus den vom [X.] in Bezug genommenen Gerichtsakten sowie Verwaltungsakten der Beklagten und dem gesamten Vorbringen der Beteiligten ergibt [X.]h, dass im streitigen [X.]raum die Beigeladene die Tochtergesellschaft der [X.] war, deren Kommanditisten der Kläger sowie sein Vater und deren Komplementärin die [X.] waren.

Eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht wurde dem Kläger auch nicht dadurch vermittelt, dass die geschäftsführende [X.] zur Durchführung aller Maßnahmen und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung der [X.] mit [X.] der abgegebenen Stimmen bedurfte (§ 8 Abs 3 GV-[X.]). Aufgrund seiner Kapitalbeteiligung von [X.] konnte der Kläger damit lediglich Maßnahmen der außergewöhnlichen Geschäftsführung verhindern. Er verfügte indes nicht über eine umfassende Sperrminorität, die es ihm erlaubt hätte, [X.]h gegen ihm nicht genehme Weisungen an [X.]h als Geschäftsführer jederzeit zu wehren. Dass es dem Kläger rein faktisch möglich gewesen wäre, als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH durch weisungswidriges Verhalten einen Beschluss zu verhindern, ist sozialver[X.]herungsrechtlich irrelevant. Für die Statusbestimmung kommt es nur auf die gesellschaftsvertraglich eingeräumte Rechtsmacht an (B[X.] Urteil vom 10.12.2019 - [X.] KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 31, auch zur Veröffentlichung in B[X.]E vorgesehen).

4. Allerdings vermag der [X.] nicht zu entscheiden, ob der Kläger Weisungen der [X.] aufgrund einer aus dem Gesellschaftsvertrag der [X.] (GV-[X.]) oder einer Stellung als deren Gesellschafter resultierenden Rechtsmacht verhindern konnte. Denn das [X.] hat weder Feststellungen zu den Gesellschaftern der [X.] noch zum Inhalt des GV-[X.] getroffen. Damit kann nicht beurteilt werden, ob den Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag der [X.] ein Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementärin eingeräumt worden war oder ob dem Kläger aufgrund einer Gesellschafterstellung innerhalb der Komplementär-GmbH der Muttergesellschaft eine ausschlaggebende Rechtsmacht zukam. Als gegenüber der [X.] weisungsbefugter Kommanditist oder als Mehrheits- oder mit einer umfassenden Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH hätte er gegebenenfalls die gewöhnliche Geschäftsführung der Muttergesellschaft und damit auch die Stimmabgabe der [X.] in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen maßgeblich beeinflussen können. Das [X.] wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren die Rechtsbeziehungen des [X.] innerhalb der [X.] festzustellen haben.

Eine abhängige Beschäftigung wäre aber nicht schon dann ausgeschlossen, wenn es [X.]h - wie der Kläger im Revisionsverfahren erstmals vorgetragen hat - bei der Muttergesellschaft um eine sog [X.] handeln würde. Eine [X.] zeichnet [X.]h dadurch aus, dass sie Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist. Damit ist die Komplementär-GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der [X.] und gleichzeitig deren Tochtergesellschaft (vgl § 172 Abs 6 Satz 1 HGB und § 264c Abs 4 HGB; zur rechtlichen Zulässigkeit der [X.] vgl ua [X.]/[X.], Die [X.], 12. Aufl 2018, § 8 RdNr 6 f; Jorde/[X.], [X.] 2005, 2718, 2719; [X.]/[X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 4. Aufl 2020, § 177a [X.]ang 1 [X.], RdNr 23; [X.] in [X.][X.]/Mueller-Thuns, Handbuch [X.], 22. Aufl 2020, § 2 RdNr 2.463; [X.] in [X.]/[X.], HGB, 39. Aufl 2020, [X.] § 177a GmbH & Co, RdNr 8; [X.], [X.], 2193). Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer [X.] kann darum niemals als Gesellschafter (unmittelbar) an der Komplementär-GmbH beteiligt sein. Als alleiniger Gesellschafterin der Komplementär-GmbH stehen ausschließlich der [X.] alle Gesellschafterrechte aus den Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH zu. Nur die [X.] übt folglich auch das Weisungsrecht, dem der Geschäftsführer unterliegt (§ 37 Abs 1 GmbHG iVm § 38 Abs 1, § 46 [X.], 6 GmbHG), in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH mit einheitlicher Stimme aus.

Da der Kläger aber lediglich über [X.] der [X.] verfügte, war er nicht in der Lage, Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Komplementärin über die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen herbeizuführen oder zu verhindern. Auch in der [X.] würde § 8 Abs 3 GV-[X.] nur eine auf die außergewöhnliche Geschäftsführung bezogene, nicht aber eine umfassende Sperrminorität begründen. Die Stimmabgabe der [X.] in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen gehört aber zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die der Komplementär-GmbH obliegt.

5. Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 12 R 6/19 R

08.07.2020

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hildesheim, 5. Oktober 2016, Az: S 28 R 345/15, Urteil

§ 25 Abs 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 37 Abs 1 GmbHG, § 38 Abs 1 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG, § 46 Nr 6 GmbHG, § 164 S 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.07.2020, Az. B 12 R 6/19 R (REWIS RS 2020, 2417)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2417

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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L 3 U 56/21 (LSG München)

Beschäftigungsverhältnis, Gesellschafter-Geschäftsführer, Minderheitsgesellschafter, Rechtsmacht


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