Bundessozialgericht, Urteil vom 08.07.2020, Az. B 12 R 2/19 R

12. Senat | REWIS RS 2020, 2411

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin einer GmbH & Co KG ist - Rechtsmacht - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung


Leitsatz

1. Der Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin einer GmbH & Co KG ist, kann nicht allein aufgrund seiner Stellung als Mehrheitskommanditist der KG einen seine abhängige Beschäftigung ausschließenden Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH nehmen.

2. Ein Weisungsverbot im Geschäftsführeranstellungsvertrag sowie die Möglichkeit des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH, die eigene Abberufung auszuschließen, die GmbH & Co KG aufzulösen oder die Komplementär-GmbH daraus auszuschließen, begründen keine die abhängige Beschäftigung ausschließende umfassende Rechtsmacht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 30. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. (im Folgenden: [X.]) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der klagenden GmbH aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Der Beigeladene war in der (noch) streitigen [X.] vom 16.3.2015 bis zum 30.5.2018 Geschäftsführer der Klägerin und zunächst auch deren Alleingesellschafter. Am 6.2.2015 übertrug er sämtliche Geschäftsanteile auf seine Ehefrau und schloss mit der Klägerin einen "Geschäftsführeranstellungsvertrag" ([X.]). Danach konnte der Beigeladene nur aus wichtigem Grund oder mit seinem Einverständnis abberufen werden. Er war weder an Weisungen durch die Klägerin noch an Arbeitszeiten gebunden, erhielt ein in zwölf gleichen Raten [X.] Jahresgehalt von 48 000 Euro und hatte Anspruch auf Erstattung von Reisekosten und sonstigen Aufwendungen sowie Jahresurlaub von 24 Arbeitstagen.

3

Die klagende GmbH war persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) einer [X.]. Deren Kommanditisten waren der Beigeladene mit einer Hafteinlage von 100 000 Euro (99 vH) und dessen Ehefrau mit einer Hafteinlage von 1000 Euro (1 vH). Nach dem Gesellschaftsvertrag der [X.] bedurften Gesellschafterbeschlüsse der Mehrheit der Stimmen; Änderungen oder Ergänzungen des Gesellschaftsvertrags sowie die Auflösung der Gesellschaft konnten nur einstimmig beschlossen werden.

4

Auf den Statusfeststellungsantrag des Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass er seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin seit dem 1.1.2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 3.11.2015; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2016).

5

Das [X.] hat diese Bescheide geändert und festgestellt, dass der Beigeladene nicht der Versicherungspflicht in der [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege (Gerichtsbescheid vom 5.1.2017). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ihre Verwaltungsentscheidung dahin geändert, dass Versicherungspflicht erst ab dem 7.2.2015 bestehe. Das L[X.] hat den Gerichtsbescheid des [X.] geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.5.2018). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der [X.] überwiegend arbeitsvertragliche Züge trage und der Beigeladene den Weisungen der Gesellschafterversammlung der Klägerin unterliege. Gegenstand der Statusfeststellung sei allein die Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen. Dessen gesellschaftsrechtliche Stellung als Kommanditist der [X.] sei ohne Belang.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV. Es sei nicht ausschließlich auf das Verhältnis des Beigeladenen zu ihr abzustellen, sondern das Gesamtgebilde der [X.] zu betrachten. Der Beigeladene habe mit seiner Ehefrau vereinbart, dass sie sich nicht in die Geschicke der Komplementär-GmbH oder der [X.] einmische. Zudem habe er aufgrund seiner Kommanditistenstellung jederzeit die Möglichkeit gehabt, die [X.] aufzulösen oder die Klägerin durch eine andere Komplementär-GmbH zu ersetzen. Im Gesellschaftsvertrag der [X.] sei dem Beigeladenen ein Widerspruchsrecht nach § 164 Handelsgesetzbuch (HGB) eingeräumt worden. Auch habe seine Abberufung als Geschäftsführer einen Beschluss der Gesellschafter der [X.] erfordert.

7

Die Beklagte hat im Revisionsverfahren anerkannt, dass der Beigeladene erst seit dem 16.3.2015 der Versicherungspflicht unterlag, weil die dessen Ehefrau als Alleingesellschafterin ausweisende Gesellschafterliste vom 6.2.2015 am 16.3.2015 in das Handelsregister (HR) aufgenommen wurde.

8

Nach Annahme des [X.] beantragt die Klägerin,
das Urteil des [X.] vom 30. Mai 2018 hinsichtlich der [X.] vom 16. März 2015 bis zum 30. Mai 2018 aufzuheben und insoweit die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 5. Januar 2017 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, nach dem von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten nur noch die [X.] vom 16.3.2015 bis zum 30.5.2018 (Tag der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]) betreffende Revision ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat insoweit zu Recht den Gerichtsbescheid des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 3.11.2015 in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom [X.] ist bezüglich des noch streitgegenständlichen [X.]raums rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hat die Beklagte zutreffend festgestellt, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin wegen Beschäftigung in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war. Nach den für die Statusbeurteilung von Geschäftsführern einer GmbH geltenden Maßstäben (dazu 1.) unterlag der Beigeladene der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (dazu 2.). Dem steht seine Beteiligung an der [X.] als Kommanditist mit einer Hafteinlage von [X.] nicht entgegen (dazu 3.).

1. Im streitigen [X.]raum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr 1 [X.]B VI in der Fassung des [X.] vom [X.] ; § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009 ) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeits[X.] und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Die hierzu für die Statusbeurteilung vom Senat entwickelten [X.] (vgl B[X.] Urteil vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f ) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei dem Geschäftsführer einer GmbH aber in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem [X.]svertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f mwN; B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 18).

Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit nach bisheriger ständiger Rechtsprechung nur dann selbstständig ausüben, wenn er am [X.]skapital beteiligt ist (sog [X.]er-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet. Denn Geschäftsführer einer GmbH unterliegen nach § 6 Abs 3 (hier idF des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die [X.]en mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4.7.1980 ), § 37 Abs 1, § 38 Abs 1 sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG grundsätzlich zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit der nur durch entsprechende Satzungsregelungen einschränkbaren Weisungsbefugnis der [X.]erversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsrecht [X.] vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 18 f; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3, 14; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl 2020, § 37 RdNr 1; [X.]/Tieves, [X.], 3. Aufl 2019, § 37 RdNr 107). Selbst ein [X.]er-Geschäftsführer ist aber nicht per se [X.] seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine [X.]erstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die [X.]erversammlung die Geschicke der [X.] bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem [X.]er gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem [X.]svertrag über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f, jeweils mwN). Dies gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin einer [X.] ist.

2. Nach diesen Grundsätzen war der Beigeladene während der hier streitigen [X.] abhängig beschäftigt. Als Fremdgeschäftsführer der Klägerin hatte er nicht die notwendige gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu gestalten oder ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Vielmehr unterlag er seit 16.3.2015 dem Weisungsrecht seiner Ehefrau als Alleingesellschafterin, die nunmehr gesellschaftsrechtlich in der Lage war, die Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen und damit die Entwicklung des Unternehmens zu bestimmen. Seine frühere, eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht als vormaliger Alleingesellschafter hatte der Beigeladene am 16.3.2015, dem [X.] der geänderten [X.]erliste vom 6.2.2015 in das [X.], verloren. Mit dieser Aufnahme galt seine Ehefrau als Alleingesellschafterin und damit stimmberechtigt. Gemäß § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG gilt - unabhängig von der materiellen Rechtslage - im Verhältnis zur [X.] in den Personen der [X.]er oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im [X.] aufgenommenen [X.]erliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist. Nur der in einer in das [X.] aufgenommenen [X.]erliste Eingetragene kann [X.]errechte wahrnehmen und haftet für fällige [X.]erpflichten. Umgekehrt ist der nicht in der [X.]erliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte rechtlich gehindert, [X.]errechte auszuüben. Er haftet nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil, muss aber sämtliche Rechtshandlungen zwischen [X.] und Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die [X.]erliste gegen sich gelten lassen (B[X.] Urteil vom [X.] R 5/18 R - juris Rd[X.]4, auch zur Veröffentlichung in [X.] 4 vorgesehen).

Das Weisungsrecht der Alleingesellschafterin der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen war weder durch [X.]svertrag noch durch den [X.] ausgeschlossen. Ein [X.] ist gegenüber dem gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis grundsätzlich nachrangig. § 2 Abs 3 [X.], wonach der Beigeladene an Weisungen der Klägerin und deren Alleingesellschafterin nicht gebunden war, wirkt lediglich schuldrechtlich. Eine solche Vereinbarung begrenzt nicht das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht der [X.]er und damit einhergehend die organrechtliche Pflicht, Weisungen zu befolgen, es sei denn, die Weisungskompetenz wird durch den [X.]svertrag (Satzung) eingeschränkt. Weisungen hat der Geschäftsführer auch dann zu beachten, wenn dies dem Anstellungsvertrag wi[X.]pricht (vgl [X.] vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 19; [X.] vom 10.5.2010 - II ZR 70/09 - Gmb[X.] 2010, 808, 809).

Auch der Einwand, die Alleingesellschafterin habe sich vereinbarungsgemäß nicht in die Geschicke der klagenden GmbH eingemischt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach der Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft selbstständig tätig ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der [X.] nach eigenem Gutdünken führt, ohne dass ihn die [X.]er daran hindern, besteht nicht. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen [X.]en, während im Fall eines [X.] die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 15, 23 mwN).

Ungeachtet dessen weist der [X.] auch typische Regelungen einer abhängigen Beschäftigung auf. Der Beigeladene erhielt für seine Geschäftsführertätigkeit ein Jahresgehalt von 48 000 Euro, zahlbar in zwölf gleichen Raten. Ihm waren Reisekosten und sonstige Aufwendungen zu erstatten. Zudem hatte er Anspruch auf 24 Tage Jahresurlaub sowie auf die private Nutzung firmeneigener Fahrzeuge. Zwar war die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen, doch rechtfertigt die Belastung eines Erwerbstätigen mit zusätzlichen Risiken noch nicht die Annahme von Selbstständigkeit (B[X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] KR 16/13 R - B[X.]E 120, 99 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]7).

3. Ein die abhängige Beschäftigung ausschließender beherrschender Einfluss auf die klagende Komplementär-GmbH wurde dem Beigeladenen nicht durch seine Kommanditbeteiligung an der [X.] in Höhe von [X.] der Hafteinlage vermittelt. Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass sich die Rechtsstellung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH (auch sog "mittelbarer" Geschäftsführer der [X.]) grundsätzlich allein nach dem Rechtsverhältnis zur GmbH bestimmt (vgl [X.] in [X.], HGB, 5. Aufl 2015, § 164 RdNr 49 f; [X.]/[X.], Die [X.], 12. Aufl 2018, § 4 RdNr 3). Dieser Grundsatz bedeutet nicht, dass die weitere Beteiligung des GmbH-Geschäftsführers an einer anderen [X.] bei seiner sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung nicht zu berücksichtigen wäre. Die Kommanditbeteiligung an der [X.] hat den Beigeladenen aber nicht in die Lage versetzt, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu bestimmen.

Der erkennende Senat hat mit mehreren Urteilen vom 8.7.2020 ([X.] R 26/18 R, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen, sowie [X.] R 1/19 R, [X.] R 4/19 R und [X.] R 6/19 R) seine Rechtsprechung zur Statusbeurteilung von Geschäftsführern einer GmbH fortentwickelt. Über eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht verfügen danach nicht nur [X.]er mit einer Kapitalbeteiligung von [X.] oder - bei geringerer Kapitalbeteiligung - einer umfassenden Sperrminorität. Sie kann auch daraus resultieren, dass der ([X.] (auch einer [X.]) [X.] seiner Stellung als [X.]er einer anderen [X.] in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von [X.]erbeschlüssen der von ihm geführten [X.] zu nehmen. Damit ist nicht allein auf das Rechtsverhältnis zwischen ([X.] und der von ihm geführten GmbH ([X.]) abzustellen, sondern auch dessen Rechtsstellung innerhalb einer anderen [X.] zu berücksichtigen, die wiederum in Rechtsbeziehungen zu der [X.] steht, deren ([X.] ist. Denn ein Geschäftsführer ist nach bisheriger Rechtsprechung selbstständig tätig, weil er die Rechtsmacht hat, auf Beschlüsse der von ihm geführten [X.] Einfluss zu nehmen. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob er diese Rechtsmacht allein aus seiner [X.]erstellung in der von ihm geführten [X.] oder aus seiner Beteiligung an einer anderen [X.] ableitet. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist aber auch eine solche von dieser Beteiligung abgeleitete Rechtsmacht nur beachtlich, wenn sie ihrerseits im [X.]srecht wurzelt, also durch [X.]svertrag geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt. Entscheidend bleibt, dass der Geschäftsführer selbst und unmittelbar eine ausschlaggebende Einflussnahmemöglichkeit auf [X.]erbeschlüsse der von ihm geführten [X.] hat oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der [X.]erversammlung verhindern kann. Denn ein Geschäftsführer übt seine Tätigkeit nur dann selbstständig aus, wenn er zugleich [X.] seiner [X.]santeile (und sei es über eine ihm eingeräumte umfassende Sperrminorität) über die Rechtsmacht verfügt, hinreichenden Einfluss auf die Beschlüsse der [X.] auszuüben, für die er die Geschäftsführung übernommen hat.

Die Kommanditistenstellung des Beigeladenen räumte ihm jedoch eine solche Rechtsmacht in Bezug auf die Komplementär-GmbH nicht ein. Der auf seiner Kommanditeinlage beruhende gesellschaftsrechtliche Einfluss des Beigeladenen ist auf die [X.] beschränkt. Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH ist - wie jeder Geschäftsführer einer GmbH - grundsätzlich an die Weisungen der GmbH-[X.]er gebunden (§ 37 Abs 1 GmbHG iVm §§ 38 Abs 1, 46 [X.], 6 GmbHG). An der klagenden Komplementär-GmbH ist jedoch weder die [X.] noch der Beigeladene über seine Stellung als Kommanditist (mittelbar) als [X.]er beteiligt. Ohne eine solche Beteiligung können die [X.]er der [X.] nur auf deren Geschäftsführung, nicht aber auf davon unabhängige Geschäfte ihrer Komplementär-GmbH Einfluss nehmen.

Den Weisungen seiner Ehefrau als Alleingesellschafterin der klagenden Komplementär-GmbH konnte der Beigeladene kein eigenes gesetzliches oder durch [X.]svertrag vereinbartes Weisungsrecht [X.] seiner Kommanditbeteiligung entgegensetzen. Als Kommanditist stand ihm allenfalls die Befugnis zu, die Geschäftsführung für die [X.] in Bezug auf Grundlagen- und außergewöhnliche Geschäfte selbst zu bestimmen. Hingegen blieb er im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung für die [X.] sowie für die Geschäftsführung der GmbH überhaupt an die Weisungen seiner Ehefrau gebunden. Das gilt auch dann, wenn sich die Geschäftstätigkeit der Klägerin - wie sie selbst vorträgt - auf ihre Komplementärfunktion für die [X.] beschränkte und sie darüber hinaus keine operativen Geschäfte führte. Kommanditisten einer [X.] steht - an[X.] als den [X.]ern einer GmbH - im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung kein Weisungsrecht zu (vgl [X.] vom [X.] - [X.]Z 76, 160, 164 f = juris RdNr 18; [X.]/[X.], Die [X.], 12. Aufl 2018, § 4 Rd[X.]; [X.] in [X.], HGB, 3. Aufl 2020, § 164 Rd[X.]; [X.] in [X.], [X.], 7. Aufl 2015, § 16 RdNr 15; einschränkend [X.] in [X.], GmbHG, 11. Aufl 2014, Anhang § 45 RdNr 17; [X.], [X.], 425, 432). Sie sind vielmehr nach § 164 Satz 1 HGB von der Führung der Geschäfte der [X.] ausgeschlossen und können einer Handlung der persönlich haftenden [X.]er nicht wi[X.]prechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der [X.] hinausgeht. Lediglich solche außergewöhnlichen Handlungen bedürfen der Zustimmung der Kommanditisten.

Die Vorschrift des § 164 Satz 1 HGB ist zwar dispositiv (vgl § 163 HGB). Damit kann im [X.]svertrag einer [X.] abweichend von § 164 HGB ein Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der Komplementär-GmbH vereinbart werden ([X.]/[X.], Die [X.], 12. Aufl 2018, § 4 RdNr 13; [X.] in [X.], [X.], 7. Aufl 2015, § 16 RdNr 15 f; [X.] in [X.], HGB, 5. Aufl 2015, § 164 Rd[X.]4; Grunewald in [X.], 4. Aufl 2019, § 161 RdNr 74; vgl auch [X.], NJW 1989, 2977, 2982). Von dieser Möglichkeit hat die [X.] hier keinen Gebrauch gemacht. Daher kann offenbleiben, ob der [X.]svertrag einer [X.] überhaupt Regelungen zur Geschäftsführung der Komplementär-GmbH treffen kann oder lediglich die Geschäftsführung der [X.] ausgestalten darf. § 5 [X.] des [X.]svertrags der [X.] ordnet für den Fall, dass ein Kommanditist sein Wi[X.]pruchsrecht nach § 164 HGB wahrnimmt, lediglich an, dass über die Vornahme der Handlung die [X.]er auf Antrag der Komplementärin durch Beschluss entscheiden. Dadurch wird allein die den Kommanditisten bei außergewöhnlichen Geschäften zustehende Befugnis zur Mitwirkung an der Geschäftsführung konkretisiert, nicht aber eine Weisungsbefugnis in Fragen der gewöhnlichen Geschäftsführung der Komplementär-GmbH eingeräumt. Da Änderungen des [X.]svertrags der [X.] der Schriftform bedurften (§ 18 des [X.]svertrags der [X.]), konnte ein solches Weisungsrecht auch nicht durch eine mündliche Abrede begründet werden.

Ob der Beigeladene aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position in der [X.] in der Lage war, seine eigene Abberufung als Geschäftsführer der klagenden Komplementär-GmbH zu verhindern, kann dahinstehen. Die Möglichkeit, ein einzelnes Grundlagengeschäft auszuschließen, begründet nicht die für eine Selbstständigkeit erforderliche Rechtsmacht. An[X.] als bei einer umfassenden Sperrminorität blieb der Beigeladene jedenfalls außerhalb von Grundlagengeschäften an alle Weisungen der Alleingesellschafterin der Klägerin gebunden und konnte sich diesen auch im Streitfall nicht entziehen.

Die Möglichkeit, die klagende Komplementär-GmbH mit Mehrheitsbeschluss aus der [X.] auszuschließen (§ 12 Abs 1 des [X.]svertrags der [X.]), vermittelt dem Beigeladenen ebenfalls nicht die Rechtsmacht, sich den Weisungen der Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH zu entziehen. Zum einen erfordert der Ausschluss der Klägerin aus der [X.] das Vorliegen eines wichtigen Grundes, zum anderen würde dies nichts an der Verteilung der hier allein maßgeblichen [X.] innerhalb der Klägerin ändern. Der Beigeladene bliebe auch dann Geschäftsführer der Klägerin und den Weisungen der Alleingesellschafterin unterworfen, wenn die Klägerin nicht mehr Komplementärin der [X.] wäre, selbst wenn dies - wie die Klägerin vorträgt - ihre einzige Geschäftstätigkeit gewesen sein sollte. Es steht ihr jederzeit - gegebenenfalls unter Änderung des [X.]svertrags - frei, ihre Geschäftstätigkeit zu ändern oder um die Beteiligung an weiteren [X.] zu erweitern, ohne dass dies Einfluss auf die Rechtsstellung ihrer Beschäftigten hätte. Entsprechend bliebe die weisungsabhängige Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin auch von einer Auflösung der [X.] unberührt, die darüber hinaus von einem einstimmigen Beschluss der [X.]er abhängig war und daher nicht allein vom Beigeladenen herbeigeführt werden konnte (§ 7 [X.] des [X.]svertrags der [X.]).

4. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 und § 162 Abs 3 VwGO.

5. Der Streitwert war nach § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 G[X.] in Höhe des Auffangstreitwerts festzusetzen.

Meta

B 12 R 2/19 R

08.07.2020

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Detmold, 5. Januar 2017, Az: S 16 R 537/16, Gerichtsbescheid

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 6 Abs 3 GmbHG, § 16 Abs 1 S 1 GmbHG, § 37 GmbHG, § 38 Abs 1 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG, § 46 Nr 6 GmbHG, § 164 S 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.07.2020, Az. B 12 R 2/19 R (REWIS RS 2020, 2411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2411

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