Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2009, Az. II ZR 77/08

II. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 5186

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[X.] vom 9. Februar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 103 Abs. 1 Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, liegt darin ein Verstoß des Gerichts gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs. [X.], Beschluss vom 9. Februar 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 9. Februar 2009 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO beschlossen: Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 20. Februar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]s, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 177.100,00 •
Gründe: [X.] Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO un-ter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das [X.], wobei der [X.]at von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klä-gerin könne von den Beklagten aus der Verletzung gesellschafterlicher Treue-pflichten (Beklagte zu 2 und 3) bzw. aus § 826 BGB (Beklagter zu 1) keinen Schadensersatz verlangen, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtli-chen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. 1 - 3 - 1. a) Das Berufungsgericht hat es zwar nicht für ausgeschlossen gehal-ten, dass die [X.]

/K. (nachfolgend: [X.]) die Abnahme des im Rahmen der [X.] (= [X.] zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3) auf die Klägerin entfallenden Anteils des zu lie-fernden [X.] zu Unrecht abgelehnt hat. Dies ist daher zugunsten der Klägerin im [X.] als richtig zu unterstel-len. Das Berufungsgericht hat gleichwohl das klageabweisende Urteil bestätigt, weil es sich aufgrund des Sachvortrags der Parteien und der von diesen vorge-legten Unterlagen nicht davon zu überzeugen vermochte (§ 286 ZPO), dass die Abnahmeverweigerung der [X.] auf einem kollusiven Zusammenwirken zwi-schen ihr und den Beklagten beruht hat, das das Ziel hatte, die Klägerin zu-gunsten der übrigen Gesellschafter der [X.] von den [X.] und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten auszuschließen. 2 b) Bei seiner Bewertung des Sachvortrags hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nur unvollständig zur Kenntnis genommen und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hat vorge-tragen und durch die Benennung von Zeugen unter Beweis gestellt, dass den - zwischen den Parteien unstreitigen - nächtlichen Schottertransporten aus dem Werk der [X.] (= Gesellschafterin der [X.]) an das Werk der Beklagten zu 3 die mit dem Geschäftsführer und Oberbauleiter der [X.] und zugleich leitenden Mitarbeiter der K.

GmbH & Co. KG H. getrof-fene Vereinbarung zugrunde lag, dass diese Lieferungen im Gegenzug "zur Abwehr der Lieferungen der Klägerin" erfolgen sollten und dementsprechend erfolgt seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zwar im Tatbestand kurz erwähnt, er ist ausweislich der Begründung jedoch nicht in die Entscheidungs-findung eingeflossen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn die-ses Vortrags der Klägerin zugrunde gelegt hat. Anders ist nicht erklärlich, dass 3 - 4 - ein derart wichtiges, für ein kollusives Verhalten sprechendes Indiz unerwähnt geblieben ist. 4 c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen ([X.].Beschl. v. 20. Oktober 2008 - [X.], [X.], 2311 [X.]. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiie-rung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der [X.] zu Lasten der Klägerin ein Kompensations-geschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemein-schaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darle-gungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechts-satz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind ([X.].Urt. v. 27. Juli 2005 - [X.], [X.], 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - [X.], [X.], 1524 [X.]. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem [X.] beteiligt waren. 2. a) Das Übergehen des Vortrags der Klägerin ist [X.]. Eine Absprache, wie die von der Klägerin behauptete, ist, wenn es um den Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens geht, an dem der Benachteiligte 5 - 5 - naturgemäß selbst nicht beteiligt ist und hinsichtlich dessen er daher nur Um-stände und Anzeichen aufzeigen kann, die ein solches Vorgehen belegen, eine wichtige, besonders aussagekräftige Indiztatsache. Wäre die Absprache im Be-rufungsverfahren bewiesen worden, ist nicht ausgeschlossen, dass das [X.] die übrigen von der Klägerin vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Indiztatsachen, anders, d.h. zugunsten der Klägerin, bewertet hätte (§ 286 ZPO). b) Gegen die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung wenden sich die Beschwerdegegner vergeblich mit ihrer Ansicht, die Klägerin könne mangels Vortrags zur Auseinandersetzung der [X.] den Scha-densersatzanspruch ohnehin nicht mit Erfolg geltend machen (sog. [X.]). Zudem sei der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan und die Klage auch deshalb abzuweisen gewesen. Dabei verkennen die [X.], dass das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keinen Anlass hatte, Feststellungen zur Auflösung der [X.], zu einem evtl. trotz noch nicht beendeter Auseinandersetzung bestehenden, isoliert durchsetzbaren Anspruch der Klägerin (siehe insoweit [X.].Urt. v. 10. Mai 1993 - [X.], [X.], 919, 920; v. 24. Oktober 1994 - [X.], [X.], 1846; v. 15. Mai 2000 - [X.], [X.], 1208, 1209) und zur Schadenshöhe zu treffen. Es ist nicht ausge-schlossen, dass das Berufungsgericht, wenn es die Beweisaufnahme durchge-führt hätte, bei der anschließenden Bewertung der weiteren Indizien zu der Überzeugung eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin gelangt wäre, und es sich - evtl. auf nach Hinweis (§ 139 ZPO) erfolgtem er-gänzenden Vortrag der Parteien - von dem Bestehen eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe überzeugt hätte. 6 - 6 - II[X.] Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht nach Erhebung der angetretenen Beweise das Vorhandensein eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin erneut unter Einbeziehung des gesamten Sachvortrags und aller in den Akten befindlichen Unterlagen zu würdigen und, soweit danach erforderlich, die Durchsetzbarkeit und die Höhe der Schadensersatzforderung zu prüfen haben. Nur vorsorglich weist der [X.]at darauf hin, dass für den Fall, dass die [X.] noch nicht auseinan-dergesetzt sein sollte, eine Umdeutung des Leistungsantrags der Klägerin in einen Feststellungsantrag in Betracht kommt (st. [X.].Rspr., s. nur Urt. v. 18. März 2002 - [X.], [X.] 2002, 519; v. 15. Mai 2000 - [X.], [X.], 1208, 1210 jeweils m.w.Nachw.). 7 [X.][X.]

[X.] Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.05.2006 - 8 O 13/06 - [X.], Entscheidung vom 20.02.2008 - 7 U 486/07 -

Meta

II ZR 77/08

09.02.2009

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2009, Az. II ZR 77/08 (REWIS RS 2009, 5186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5186

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