Bundessozialgericht, Urteil vom 06.04.2011, Az. B 4 AS 3/10 R

4. Senat | REWIS RS 2011, 7923

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Gegenstand

(Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf gem § 21 Abs 4 SGB 2 nur bei Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB 9 - allgemeine Beratungs- und Betreuungsleistungen durch den Grundsicherungsträger - Inhalt und Schwerpunkt einer Psychotherapie als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation)


Leitsatz

Ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche zur Teilhabe am Arbeitsleben handelt, die eine Mehrbedarfsleistung nach dem SGB 2 auslösen kann, entscheidet sich, wenn es sich um eine regelförmige Maßnahme handelt, nach deren Inhalt und Schwerpunkt (Fortführung von BSG vom 23.3.2010 - B 4 AS 59/09 R = SozR 4-4200 § 21 Nr 9).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] einschließlich einer Leistung wegen Mehrbedarfs nach § 21 Abs 4 [X.] für den Zeitraum vom 27.12.2005 bis [X.].

2

Der Kläger war in dem zuvor benannten Zeitraum schwerbehindert iS des § 2 Abs 2 [X.] mit einem GdB von 60, ab November 2006 mit einem GdB von 70, wegen der Auswirkungen einer [X.]. Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die [X.] durch Bescheid vom [X.] ab. Nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums nahm der Kläger vom 21.6. bis [X.] an einer Berufsfindungs- und Arbeitserprobungsmaßnahme teil und durchlief vom 2.7. bis 14.12.2007 einen Lehrgang mit dem Ziel "[X.]". Am 27.9.2007 schloss der Kläger mit dem Integrationsfachdienst ([X.]) einen Vertrag zur Vermittlung schwerbehinderter Menschen. Vom 1.6. bis 2.11.2008 hatte er eine Arbeitsgelegenheit inne und nahm vom 3.11. bis 12.12.2008 an einer erweiterten Arbeitserprobung/Berufsfindung teil. In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] legte er ein Attest des [X.]. [X.] vom 7.10.2007 vor, in dem von einer seit dem 10.1.2006 durchgeführten psychotherapeutischen Einzelbehandlung wegen krankheitswerter psychischer Probleme berichtet wird. Ferner heißt es in dem Attest, für die Durchführung der aktuellen Umschulungsmaßnahme ([X.]: Lehrgang zum "[X.]") sei eine fortlaufende psychotherapeutische Begleitung erforderlich.

3

Seit dem 1.1.2005 bezieht der Kläger [X.], wobei ihm ab dem [X.] eine Mehrbedarfsleistung wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 [X.] gewährt wurde. Für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis [X.] bewilligte der Beklagte ihm [X.] in Höhe von 690,23 Euro monatlich, zusammengesetzt aus der Regelleistung von 345 Euro, Leistung für Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 [X.] von 25,56 Euro und Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 319,67 Euro. Am 27.12.2005 beantragte er Leistungen wegen eines Mehrbedarfs aufgrund der Erbringung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben nach § 21 Abs 4 [X.]. Durch Bescheid vom [X.] in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheides vom 11.4.2006 lehnte der Beklagte die Gewährung der Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 [X.] mit der Begründung ab, es fehle hier an einer Leistung zur Teilhabe - es seien nur Leistungen zur Beratung und Vermittlung iS des § 33 Abs 3 Nr 1 [X.] erbracht worden.

4

Das [X.] hat die Klage auf [X.] für den Zeitraum vom 27.12.2005 bis [X.] abgewiesen, weil es in diesem Zeitraum an der Erbringung einer Teilhabeleistung iS des § 21 Abs 4 [X.] gemangelt habe. Beratung und Vermittlung durch den Beklagten alleine sei insoweit nicht ausreichend (Urteil vom [X.]). Das [X.] hat durch Urteil vom 1.12.2009 die Berufung des [X.] hiergegen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe sein Begehren in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auf Leistungen für den Zeitraum vom 27.12.2005 bis [X.] begrenzt. Bescheide für weitere Leistungszeiträume seien ebenso wenig wie die Bescheidung des [X.] nach § 44 [X.]B X Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Im Streit stehe die Höhe des [X.] insgesamt, da die Mehrbedarfsleistung keinen selbstständigen Streitgegenstand darstelle. Der Bescheid vom [X.] ergänze insoweit den Bescheid vom 8.11.2005. Ein Anspruch auf die Mehrbedarfsleistung des § 21 Abs 4 [X.] sei jedoch nicht gegeben. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum nicht an einer Maßnahme iS des § 33 [X.] teilgenommen, das sei erst ab 21.6.2006 der Fall gewesen, also nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums. Mit der psychotherapeutischen Maßnahme sei ihm keine regelförmige Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht worden. Es handele sich vielmehr um eine Krankenbehandlung iS des § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 [X.]B V. Zudem mangele es an einer Bewilligung der Leistung nach § 33 [X.] durch Verwaltungsakt. Auch die allgemeine Beratungs- und Unterstützungsleistung des Beklagten sei keine regelförmige Maßnahme, sodass eine hierauf gegründete Mehrbedarfsleistung ebenfalls ausscheide.

5

Der Kläger hat die vom [X.] zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung des § 21 Abs 4 [X.]. Er macht geltend, dass er mit der psychotherapeutischen Behandlung eine sonstige Hilfe iS des § 21 Abs 4 [X.] erhalten habe. Zielrichtung der Psychotherapie und der medizinischen Versorgung sei es gewesen, den Kläger soweit zu stabilisieren, dass er ein Mindestmaß an Leistungsfähigkeit aufrechterhalten könne. Die Bewilligung durch Verwaltungsakt sei nicht erforderlich und stelle eine reine "[X.]" dar. Es sei vielmehr die Rechtslage nach dem [X.] fortzuschreiben, sodass es nicht auf die Bewilligung, sondern ausschließlich auf die Zugehörigkeit zum Kreis der behinderten Menschen ankomme.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 1. Dezember 2009 und des [X.] vom 30. Mai 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 16. März 2006 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheides vom 11. April 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 8. November 2005 im Zeitraum vom 27. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 höheres [X.] unter Berücksichtigung einer Leistung für Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 [X.] zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen in der Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf pauschale Leistungen wegen Mehrbedarfs aufgrund der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 21 Abs 4 [X.] hat. Dem Kläger sind weder mit der allgemeinen Beratungs- und Betreuungsleistung durch den [X.]n, noch der Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung Teilhabeleistungen iS des § 33 [X.] oder eine sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erbracht worden.

1. Das beklagte [X.] ist gemäß § 70 [X.] SGG beteiligtenfähig (vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua - B 4 [X.]/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 [X.] ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende [X.] wegen der [X.]eiterentwicklung der [X.] stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b [X.] bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt ([X.] vom 18.1.2011, ua - B 4 [X.]/10 R).

2. Streitig ist der [X.]raum vom 27.12.2005 bis zum [X.]. Der Kläger hat eine Begrenzung des streitigen [X.]raums in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auf den [X.]punkt ab der Beantragung der Mehrbedarfsleistung vorgenommen. Insofern obliegt ihm die [X.] selbst dann, wenn diese auf einer falschen Rechtsauffassung beruht. Denn eines solchen Antrags hätte es im Lichte des § 37 [X.] nicht bedurft. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ([X.] vom [X.] - B 4 [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]; [X.] - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = [X.] 4-4200 § 37 [X.] 2; 6.5.2010 - B 14 [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 28 [X.] 3) ist der Antrag im [X.] jeweils so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl [X.] vom [X.] - B 4 [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]; [X.] - B 14 AS 75/08 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3; 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - BSGE 97, 217, 230 = [X.] 4-4200 § 22 [X.]). Daher sind mit dem [X.]eiterbewilligungsantrag des [X.] vom 1.11.2005 alle Leistungen als beantragt iS des § 37 [X.] anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst mithin auch Leistungen für einen Mehrbedarf iS des § 21 Abs 4 [X.]. Insoweit bedarf es der gesonderten Antragstellung nicht, auch nicht für den erst nach Erlass des Bewilligungsbescheides behaupteten Bedarf durch die Psychotherapie (vgl [X.] vom [X.] - B 4 [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]).

3. Die Bescheide des [X.]n vom 8.11.2005 und 16.3.2006 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom [X.] sind - im Hinblick auf die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] und soweit der [X.] die Gewährung einer Leistung wegen Mehrbedarfs nach § 21 Abs 4 [X.] abgelehnt hat - rechtmäßig. Sie waren nicht gemäß §§ 44 ff [X.](iVm § 40 Abs 1 [X.] ) aufzuheben. Das [X.] hat zu Recht ausgeführt, dass eine Begrenzung des Streitgegenstandes auf die Leistung für Mehrbedarf nicht erfolgen kann und deshalb hier eine Entscheidung über alle Anspruchsvoraussetzungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iS des § 19 Satz 1 [X.] [X.] idF des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) dem Grunde und der Höhe nach vorzunehmen ist. Es ist dabei zunächst davon auszugehen, dass dem Kläger für den streitigen [X.]raum vom 27.12.2005 bis zum [X.] Leistungen nach den §§ 20, 21 Abs 5 und 22 [X.] in zutreffender Höhe bewilligt worden sind. Dieses ist nicht zu beanstanden, denn gegen die in dem Bescheid vom 8.11.2005 aufgeführten Berechnungen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Entgegen der Rechtsansicht des [X.] ist durch den Antritt der Psychotherapie am 10.1.2006 der Bewilligungsbescheid vom 8.11.2005 nicht durch eine nachträglich eintretende wesentliche Änderung der Verhältnisse rechtswidrig geworden ( § 48 Abs 1 Satz 1 [X.] ). Ebenso ist der Bescheid im Hinblick auf die Beratungs- und Betreuungsleistungen des [X.]n nicht ursprünglich rechtswidrig ( § 44 Abs 1 Satz 1 [X.] ). Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass die Ablehnung einer Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 [X.] durch den [X.]n nicht zu beanstanden war. Daher ist auch der Bewilligungsbescheid insoweit rechtmäßig.

4. Einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] wegen eines Mehrbedarfs auf Grund der Teilnahme an einer Teilhabeleistung hat der Kläger nicht. Nach § 21 Abs 4 [X.] idF des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 [X.] sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 [X.] maßgebenden Regelleistung. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Normen insofern, als er zum Kreis der erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen gehört.

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die fragliche Leistungsgewährung nicht zwingend auf [X.] beruhen muss. Ausreichend für die Erfüllung des Merkmals "erbracht werden" ist, dass eine in der Regelung bezeichnete [X.] tatsächlich durchgeführt wird ( [X.] vom [X.] 11b [X.] - [X.], 79 = [X.] 4-3500 § 54 [X.]). Darüber hinaus ist unerheblich, ob die Leistung durch den Grundsicherungsträger durch Verwaltungsakt bewilligt worden ist (vgl aber auch [X.] in LPK-[X.], 3. Aufl 2009, § 21). Ausreichend ist vielmehr, dass die Leistungsgewährung auf Veranlassung des Grundsicherungsträgers oder eines anderen Sozialleistungsträgers, etwa des Rentenversicherungsträgers (Fortführung von [X.] vom [X.] - B 4 AS 59/09 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] 9) erfolgt. Erbracht worden sind die Leistungen im vorliegenden Fall durch den [X.]n selbst und die gesetzliche Krankenkasse. Es hat sich dabei allerdings nicht um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder eine sonstige Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes gehandelt.

b) Die Bewertung der Beratungs- und Betreuungsleistungen des [X.]n als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 33 [X.] scheitert bereits daran, dass es sich insoweit nicht um Leistungen im Rahmen einer regelförmigen Maßnahme handelt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist nur die Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme grundsätzlich geeignet, einen Mehrbedarf beim Betroffenen auszulösen (so ausdrücklich bereits [X.], 79 = [X.] 4-3500 § 54 [X.]). Diese einschränkende Auslegung folgt aus dem [X.]ortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck des Mehrbedarfs.

Die Begrenzung des aufgeführten Leistungsspektrums folgt aus Satz 2 der Vorschrift, denn danach wird eine weitere Gewährung dieses Mehrbedarfs während einer angemessenen Übergangszeit nach Beendigung der in Satz 1 "genannten Maßnahmen" eröffnet. Die Formulierung des Satzes 2 weist dementsprechend aus, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines organisatorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als "Maßnahme" rechtfertigt.

Der Senat hat sich mit diesem Ergebnis durch den aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Regelung bestätigt gesehen. Vorgängervorschrift für § 21 Abs 4 [X.] war - worauf der Kläger zutreffend hinweist - die in § 23 Abs 3 [X.] getroffene Regelung (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57), nach dessen Satz 1 für Behinderte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 40 Abs 1 [X.] 3 bis 5 [X.] gewährt wird, ein Mehrbedarf von [X.] des maßgebenden Regelsatzes anerkannt wurde, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf bestand. Durch den Verweis auf § 40 Abs 1 Satz 1 [X.] 3 [X.] (idF durch Art 67 des [X.], [X.] 1046) waren bereits die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 [X.] sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erfasst. § 23 Abs 3 [X.] geht wiederum zurück auf das [X.] vom 22.12.1981 (2. Haushaltsstrukturgesetz, [X.] 1523) und schloss eine Lücke, die ansonsten durch die Aufhebung der Mehrbedarfsregelung im Rahmen der Eingliederungshilfe entstanden wäre (vgl [X.]/[X.], Kommentar zum [X.], 11. Aufl 1984, § 23 Rd[X.]5). Das zuvor geltende Recht der Eingliederungshilfe hatte in § 41 Abs 2 Satz 2 [X.](idF des Bundessozialhilfegesetzes vom [X.], [X.] 815) vorgesehen, dass für Behinderte, die nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter waren, für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von [X.] des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen war, wenn der Lebensunterhalt nach Regelsätzen zu bemessen war. Sie lehnte sich an die Regelungen über die [X.] an (vgl BT-Drucks 3/1799 [X.] zu § 39), die in der Parallelregelung des § 33 Abs 2 Satz 2 [X.] ebenfalls einen entsprechenden Mehrbedarf vorgesehen hatte. Diese enge Anlehnung der Sätze an die [X.] belegt, dass der Mehrbedarf an strukturierte Maßnahmen geknüpft war, die über bloße Kontaktaufnahmen mit Beratung hinausgehen mussten und jedenfalls vom Grundsatz her geeignet waren, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen.

Dieses war nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] bei den allgemeinen Beratungs- und Betreuungsleistungen des [X.]n nicht der Fall. Sie erfolgten aufgrund der allgemeinen Beratungs- und Unterstützungspflicht des Leistungsträgers nach §§ 13, 14 [X.] sowie der besonderen Beratungsverpflichtung im Rahmen des Förderauftrags des [X.] nach § 14 Satz 1 [X.].

Bei der Beratung und Betreuung des [X.] durch den [X.]n handelt es sich auch nicht um eine sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben. Bereits aus systematischen Gründen muss die "sonstige Hilfe" iS des § 21 Abs 4 [X.] über das hinausgehen, was dem [X.] etwa im Rahmen des § 14 Satz 1 [X.] als allgemeine Unterstützungsaufgabe zugewiesen ist. Da die "sonstigen Hilfen" innerhalb des § 21 Abs 4 [X.] gleichwertig neben den Leistungen nach § 33 [X.] aufgeführt werden, ist einerseits eine gewisse Gleichwertigkeit dieser Leistungen zu fordern. Eine sonstige Hilfe darf also qualitativ nicht hinter den Anforderungen zurückstehen, die an die konkret in § 21 Abs 4 [X.] benannten Maßnahmen, insbesondere die Hilfen nach § 33 [X.] (vgl auch [X.]/[X.] in Eicher/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 21 Rd[X.] 45) zu stellen sind. Andererseits muss es sich bei den sonstigen Hilfen um andere als die nach § 33 [X.] vorgesehenen handeln, denn ansonsten hätte es deren ausdrücklicher Benennung nebeneinander im [X.] nicht bedurft. Allgemeine Beratungs- und Betreuungsleistungen scheiden daher bereits deswegen als sonstige Hilfe iS des § 21 Abs 4 [X.] aus, weil auch § 33 Abs 3 [X.] [X.] Beratungs- und Betreuungsleistungen als Teilhabeleistungen, beispielsweise im Sinne einer vermittlungsunterstützenden Leistung vorsieht. Diese können nach der Rechtsprechung des Senats auch einen Leistungsanspruch nach § 21 Abs 4 [X.] auslösen, vorausgesetzt die Unterstützung erfolgt beispielsweise durch den Integrationsfachdienst im Rahmen einer regelförmigen Maßnahme ([X.] vom [X.] - B 4 AS 59/09 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] 9). Das war hier - ohne Präjudiz für die Bewertung der Sach- und Rechtslage außerhalb des streitigen [X.]raums - frühestens mit dem Abschluss des Vertrages zwischen dem Kläger und dem Integrationsfachdienst am 27.9.2007 der Fall.

c) Auch die Psychotherapie ist keine Maßnahme die iS des § 21 Abs 4 [X.], die eine Mehrbedarfsleistung auslösen könnte. An der [X.] der Maßnahme dürfte im vorliegenden Fall die pauschale Mehrbedarfsgewährung zwar nicht scheitern. Es handelt sich bei der Psychotherapie im hier streitigen [X.]raum jedoch nach Inhalt und Schwerpunkt der Maßnahme nicht um eine solche zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 [X.].

Unbeachtlich ist insoweit allerdings die von dem [X.]n problematisierte Frage der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft für die hier fragliche Maßnahme. Denn den in § 21 [X.] geregelten Mehrbedarfen liegt übereinstimmend der Gedanke zugrunde, dass bei bestimmten Gruppen von Hilfebedürftigen und besonderen [X.] von vornherein feststeht, dass der in der Regelleistung pauschalierte Bedarf den besonderen Verhältnissen nicht gerecht wird ([X.] in jurisPK-[X.], 2. Aufl 2007, § 21 Rd[X.] 15; [X.]/[X.] in Eicher/ Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 21 Rd[X.] 4). Trotz der pauschalierenden Betrachtungsweise der Norm setzen die Mehrbedarfe allein bei der Situation des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an, dem in Fällen bestimmter festgelegter Bedarfslagen zusätzliche Leistungen gewährt werden sollen. Dies schließt es aus, hinsichtlich des Anspruchs auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 [X.] auf die Frage der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft abzustellen. Denn bei der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft handelt es sich um Umstände, die außerhalb der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegen und seine Bedarfslage nicht beeinflussen. Auch soweit die hier fragliche Psychotherapie durch die Krankenkasse finanziert worden ist, steht allein dies der Gewährung einer Mehrbedarfsleistung nicht entgegen.

Zutreffend hat das [X.] für den hier streitigen [X.]raum jedoch die Psychotherapie als medizinische Maßnahme und nicht als eine solche zur Teilhabe am Arbeitsleben beurteilt. Zwar umfassen die Leistungen nach § 33 Abs 6 [X.] auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs 1 [X.] ist es jedoch, die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Daher ist nicht jede psychotherapeutische Maßnahme sogleich eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Psychotherapie kann als Leistung der Akutbehandlung im Rahmen des § 27 [X.] ebenso wie als medizinische [X.] iS des § 26 [X.] oder Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 [X.] erbracht werden. Die Abgrenzung von medizinischen Akutmaßnahmen im krankenversicherungsrechtlichen Sinne, medizinischer und beruflicher Rehabilitation hat danach zu erfolgen, wo nach dem Inhalt der Maßnahme deren Schwerpunkt liegt, also etwa in der Verbesserung bzw Erhaltung des gesundheitlichen Zustandes oder der Befähigung zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl zur Abgrenzung medizinische Rehabilitation und berufliche Rehabilitation: [X.] vom 12.8.1982 - 11 RA 62/81 - BSGE 54, 54 = [X.] 2200 § 1237 [X.]8; 23.4.1992 - 13 RJ 25/91 - [X.] 3-2200 § 1237 [X.] 2; 26.5.1976 - 12/7 [X.]/75 - [X.] 4100 § 56 [X.] 4; 23.4.1992 - 13 RJ 27/91). Damit eine Maßnahme als eine solche der "beruflichen Rehabilitation" eingeordnet werden kann, muss sie final auf die in § 33 Abs 1 [X.] umschriebenen Ziele der Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben ausgerichtet sein, also der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigen ([X.] vom 26.5.1976 - 12/7 [X.]/75 - [X.] 4100 § 56 [X.] 4). Das ist bei der im streitigen [X.]raum vom Kläger durchgeführten Psychotherapie nicht der Fall.

Das [X.] hat die psychotherapeutische Behandlung insoweit als medizinische Akutbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] bewertet. Das ist nicht zu beanstanden. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 [X.] haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. In dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] vorgelegten Attest des [X.]. [X.] vom 7.10.2007, das der [X.]ürdigung des Berufungsgerichts zugrunde liegt, wird von einer seit dem 10.1.2006 durchgeführten psychotherapeutischen Einzelbehandlung wegen krankheitswerter psychischer Probleme berichtet. Ausrichtung und Schwerpunkt der Therapie treten hier klar zu Tage. Es ging um die Behandlung einer Krankheit. Der Schwerpunkt der hier durchgeführten Maßnahme lag mithin - wie vom [X.] festgestellt und für den Senat nach § 163 SGG bindend, da der Kläger keine Verfahrensrügen insoweit vorgebracht hat - auf der Erhaltung und/oder Besserung seines Gesundheitszustandes. Sie war damit nicht in erster Linie darauf ausgerichtet, die Erwerbsfähigkeit des [X.] zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern, wie es § 33 Abs 1 [X.] voraussetzt. Letztlich scheint auch der Kläger dieser Einordnung zu folgen, wenn er in der Revisionsbegründung ausführt, dass es sich bei der Psychotherapie um eine medizinische Versorgung gehandelt habe, deren Ziel seine "Stabilisierung" gewesen sei. Ob sich diese Ausrichtung im Verlaufe der [X.] geändert hat, war hier nicht zu entscheiden. Zwar heißt es in dem Attest weiter, für die Durchführung der aktuellen Umschulungsmaßnahme sei eine fortlaufende psychotherapeutische Begleitung erforderlich. Ausweislich der bindenden Feststellungen des [X.] hat der Kläger die "Umschulungsmaßnahme" im Rahmen eines Lehrgangs zum "Medienoperator", auf die in dem Attest Bezug genommen wird, erst am [X.], also nach Ablauf des hier streitigen Bewilligungszeitraums begonnen. [X.]ährend des hier streitigen [X.]raums befand er sich in keiner Maßnahme der Berufsfindung, Arbeitserprobung oder Umschulung. [X.] konnte daher auch, ob die psychologischen Hilfen iS des § 33 Abs 6 [X.] - wie vom [X.]n vorgebracht - nur dann als solche zur Teilhabe am Arbeitsleben bewertet werden können, wenn sie als Annexleistungen bei der Durchführung einer Maßnahme iS des § 33 Abs 3 [X.] erbracht werden (vgl hierzu [X.], juris-PK [X.], § 33 Rd[X.]32; so wohl auch Voelzke in [X.], Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 2. Aufl 2009, § 11 Rd[X.] 49).

Soweit der Kläger geltend macht, die Psychotherapie sei auch darauf ausgerichtet gewesen, ein Mindestmaß an Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, ändert dieses nichts an der zuvor dargelegten Bewertung. Zum einen ist das Ziel, ein "Mindestmaß an Leistungsfähigkeit" zu erlangen, kein spezifisches Ziel im Hinblick auf die Befähigung zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern kann sich ebenso auf die körperliche und psychische Gesundheit beziehen. Des [X.]eiteren liegt es im [X.]esen vieler, auch spezifischer Rehabilitationsmaßnahmen, dass sie multifunktional wirken ([X.] vom 23.4.1992 - 13 RJ 25/91 - [X.] 3-2200 § 1237 [X.] 2). So können medizinische Maßnahmen der Rehabilitation auf die [X.]iederherstellung oder den Erhalt der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein. Dieses kommt bereits im [X.]ortlaut des § 26 Abs 1 [X.] zum Ausdruck, wenn es dort heißt, zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um (2.) Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit … zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern. [X.]elches Ziel eine Maßnahme hat, ist jedoch - wie oben dargelegt - nach dem Inhalt und insbesondere nach dem Schwerpunkt der Maßnahme zu ermitteln ([X.] vom 12.8.1982 - 11 RA 62/81 - BSGE 54, 54 = [X.] 2200 § 1237 [X.]8). Der lag hier auf der Erhaltung und Besserung des Gesundheitszustandes des [X.].

5. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung nunmehr vorbringt, im Zusammenhang mit der Psychotherapie und für rezeptfreie Präparate seien ihm weitere Aufwendungen entstanden, handelt es sich um neuen, im Revisionsverfahren unbeachtlichen Tatsachenvortrag. Ein Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen war daher vom erkennenden Senat nicht zu prüfen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 4 AS 3/10 R

06.04.2011

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 30. Mai 2007, Az: S 100 AS 3660/06, Urteil

§ 21 Abs 4 S 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 21 Abs 4 S 2 SGB 2 vom 24.12.2003, § 13 SGB 1, § 14 S 1 SGB 1, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 5, § 26 Abs 1 SGB 9, § 33 Abs 1 SGB 9, § 33 Abs 3 SGB 9, § 33 Abs 6 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 06.04.2011, Az. B 4 AS 3/10 R (REWIS RS 2011, 7923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7923

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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(Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte - Erbringung sonstiger Hilfen zur Erlangung eines …


B 14 AS 44/09 R (Bundessozialgericht)

(Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf für erwerbsfähigen Gehbehinderten - kein Anspruch gem § 21 Abs 4 …


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