Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 24. März 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Körperverletzung u.a.- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. März 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], [X.]innen am [X.] [X.], [X.], [X.] am [X.] Dr. [X.], [X.]
als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], die Angeklagten [X.]und [X.]in Person, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.], Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] 6. März 2010, soweit es ihn betrifft, a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die [X.] Verurteilung wegen [X.] entfällt, b) im Strafausspruch mit den [X.]. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten [X.] sowie die Revision des Angeklagten [X.] werden [X.]. 3. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vor-bezeichnete Urteil a) in den [X.] dahin abgeändert, dass die Angeklagten [X.] und [X.] jeweils der gefähr-lichen Körperverletzung schuldig sind, der Ange-klagte [X.]in Tateinheit mit Landfriedensbruch, b) in den [X.] mit den Feststellungen aufgehoben. 4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie des [X.] - geklagten [X.], an eine allgemeine [X.] des [X.] zurückverwiesen. 5. Der Angeklagte [X.] trägt die Kosten seines Rechts-mittels und die den [X.] im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen [X.] in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten [X.] zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, den Angeklag-ten [X.] zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Ferner hat es die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Gegen ihre Ver-urteilung wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge; auch die Staatsan-waltschaft beanstandet mit ihren Rechtsmitteln, die vom [X.] vertreten werden, die Verletzung materiellen Rechts. Während der Revision des Angeklagten [X.] der Erfolg versagt bleibt, haben die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten [X.] jeweils den aus der Urteilsfor-mel ersichtlichen Teilerfolg. 1 A. Das [X.] hat Folgendes festgestellt: 2 - 5 - Am Vormittag des 30. Juni 2007 waren etwa 150 Sympathisanten der [X.] rechten Szene von [X.] aus in einem [X.] unterwegs nach [X.], um dort an einer Demonstration der [X.] teilzunehmen. In dem ersten Doppelstock-Wagen der [X.] befanden sich lediglich sieben Personen die-ser Gruppe im Obergeschoß; der größte Teil der Demonstranten fuhr im zwei-ten und dritten Wagen mit. Während eines Zwischenhaltes im [X.]stiegen etwa 50 bis 60 dem linken politischen Spektrum zuzuordnen-de Personen in den ersten Wagen des Zuges. Sie beabsichtigten, in [X.] an einer für denselben Zeitpunkt organisierten Gegendemonstration teilzunehmen. In dieser Gruppe der Gegendemonstranten befanden sich auch die späteren Geschädigten, die Zeugen [X.], [X.], [X.]und [X.]. Während der Weiterfahrt entdeckten einige unbekannt gebliebene Gegendemonstranten die an ihrem Äußeren erkennbaren sieben Personen der rechten Szene. Nachdem sie die Zwischentür zum zweiten Wagen versperrt hatten, begannen die [X.] ohne ersichtlichen Grund eine verbale und dann auch eine körperliche Auseinandersetzung. Um den zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegendemonstranten auszuweichen, stiegen die Angegriffenen am [X.] [X.] sämtlich in den zweiten [X.]-Wagen um. Noch im [X.] verhinderte ein Unbekannter die Weiterfahrt des Zuges durch Betäti-gung der Notbremse. Zahlreiche Sympathisanten der rechten Szene, darunter die Angeklagten, verschafften sich daraufhin in Gruppen von bis zu 20 Perso-nen Zugang zum ersten Wagen des [X.]es. Dort versetzten sie Gegen-demonstranten und unbeteiligten Fahrgästen eine Vielzahl von Schlägen und Tritten, stießen Drohungen aus und forderten die in dem Wagen befindlichen Personen auf, den Zug zu verlassen. Der Angeklagte [X.] , Fraktionsmitarbei-ter der [X.] im [X.] und nach eigenen An-gaben Leiter des Ordnungsdienstes der [X.] am Tattag, schlug zunächst einer unbeteiligten Frau, deren Identität nicht näher festgestellt werden konnte, in den 3 - 6 - Bauch. Ferner trat er der Zeugin [X.]
gegen das Bein, versetzte dem Zeugen [X.]einen Faustschlag gegen das linke Ohr und schlug den Zeugen [X.] nieder; sodann trat er auf diesen ein. Währenddessen erteilte er im Befehlston lautstark Anweisungen. Der Angeklagte [X.]schlug während des insgesamt mehrere Minuten dauernden Geschehens auf den Zeugen [X.] sowie auf weitere, namentlich nicht bekannte Personen ein. Die Personen, die auf Grund der Gewalttätigkeiten den Zug verließen, mussten ein Spalier von etwa 100 [X.]-Sympathisanten passieren und erlitten dabei weitere [X.]. Auch auf dem Bahnsteig kam es zwischen Anhängern der beiden politi-schen Gruppierungen zu Schlägereien; der Geschädigte [X.] wurde nach dem Faustschlag des Angeklagten [X.]
von Unbekannten weiter misshandelt und vom [X.] eine Böschung hinunter geworfen. Durch die Gewalttätigkeiten der Angeklagten erlitten die Geschädigten multiple Kontusionen, Schürfwunden und Schwellungen. 4 [X.] Zu den Revisionen der Angeklagten: 5 6 1. a) Soweit der Angeklagte [X.] vom [X.] wegen Körperver-letzung verurteilt worden ist, hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge keinen Rechtsfehler zu dessen Nachteil ergeben. Der Schuldspruch wird insoweit von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Die [X.] hat insbesondere zu Recht eine Notwehrsituation verneint, da die - 7 - Aggressionen der Gegendemonstranten im ersten Wagen des Zuges zum [X.] bereits beendet waren. b) Jedoch muss die tateinheitliche Verurteilung wegen Landfriedens-bruchs im Hinblick auf die [X.] des § 125 Abs. 1 letzter Halb-satz StGB entfallen. 7 Danach kann eine Verurteilung wegen [X.] nur erfolgen, wenn die Tat nicht in einer anderen Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist. So verhält es sich hier jedoch, da die Körperverletzung gemäß § 223 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, Landfriedensbruch gemäß § 125 StGB aber nur mit einer solchen bis zu drei Jahren bedroht ist. Dies hat das [X.] im Ansatz zwar nicht verkannt, die tateinheitliche Verurteilung jedoch ausnahms-weise "zur Klarstellung des spezifischen Tatunrechts für unbedingt erforderlichfi gehalten. Ungeachtet der Frage der Zweckmäßigkeit einer solchen Subsidiari-tätsklausel überschreitet deren vom [X.] vorgenommene Auslegung den Wortsinn, der keine einschränkende Auslegung gestattet ([X.], Beschluss vom 9. September 1997 [X.] 1 StR 730/96, [X.]St 43, 237, 238). 8 c) Zwar wird der auf [X.] Erwägungen beruhende Strafaus-spruch von dieser Änderung des Schuldspruchs für sich genommen nicht be-rührt. Er kann gleichwohl keinen Bestand haben, da die [X.], wie der [X.] im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, mit den grundsätz-lich gesamtstrafenfähigen Verurteilungen durch das [X.]. vom 8. Oktober 2007 und durch das [X.]vom 29. November 2007 keine Gesamtstrafe gebildet und entgegen § 55 StGB mit nicht tragfähiger Begründung von der Einbeziehung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts W. vom 29. Januar 2008 abgesehen hat (zum zwingenden 9 - 8 - Charakter von § 55 StGB vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 34 m. Nachw. z. Rspr. des [X.]). 10 2. Die Revision des Angeklagten [X.] ist unbegründet; die Nachprü-fung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen den [X.] Rechtsfehler ergeben. a) Die Annahme eines [X.] unbenannten [X.] besonders schweren Falles des [X.] im Sinne des § 125a StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand. Außerhalb der in § 125a StGB genannten Regelbeispiele kommt eine Verurteilung wegen eines besonders schweren Falles des [X.] namentlich dann in Betracht, wenn der Täter [X.] wie nach den von der [X.] getroffenen Feststellungen der Angeklagte [X.] der Menschen-menge ist (Senatsbeschluss vom 7. Mai 1998 [X.] 4 StR 88/98). Die für die An-wendung der Strafverschärfung gebotene Prüfung, ob der Ausnahmestrafrah-men unter Berücksichtigung des gesamten [X.], der Täterpersönlichkeit und der besonderen Umstände des Falles geboten erscheint (Senat aaO), hat das [X.] in den Urteilsgründen vorgenommen. Sie ist aus [X.] nicht zu beanstanden. 11 b) Die [X.] des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB steht der tateinheitlichen Verurteilung auch wegen Körperverletzung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB nicht entgegen. 12 Zwar greift diese Klausel nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] auch dann ein, wenn ein besonders schwerer Fall des [X.] nach § 125a StGB vorliegt. Maßstab für den nach § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB vorzunehmenden Vergleich ist dann aber der [X.] - 9 - men der als Strafzumessungsregel ausgestalteten Bestimmung des § 125 a Satz 1 StGB, die Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren androht ([X.], Beschluss vom 9. September 1997 [X.] 1 StR 730/96, [X.]St 43, 237, 240; Urteil vom 31. Mai 1994 [X.] 5 StR 154/94; Beschluss vom 11. März 1998 [X.] 3 StR 591/97; Beschluss vom 14. Oktober 1999 [X.] 4 StR 312/99, [X.], 194, 195; Urteil vom 29. April 2004 [X.] 4 StR 43/04, [X.]R StGB § 125 Abs. 1 Menschenmenge 2; Beschluss vom 6. April 2009 [X.] 5 StR 94/09; vgl. aber auch [X.], Beschluss vom 7. April 2005 [X.] 2 StR 537/04 unter unklarer Bezugnahme auf [X.], Beschluss vom 2. September 1998 [X.] 2 StR 369/98, [X.]R StGB § 125a Konkurrenzen 1; zum Schrifttum [X.]/[X.], § 125a Rn. 7). II. Zu den Revisionen der Staatsanwaltschaft: 14 1. Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass das [X.] die Angeklagten lediglich wegen Körperverletzung (§ 223 StGB), nicht aber we-gen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) verurteilt hat. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten die Tat mit anderen Beteiligten ge-meinschaftlich begangen. 15 Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der neben ei-nem weiteren (Mit-)Täter auch den Teilnehmer ausdrücklich einschließt ([X.], Urteil vom 3. September 2002 [X.] 5 [X.], [X.]St 47, 384, 386), setzt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken, wobei die eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen durch jeden der Anwesenden nicht erforderlich ist (vgl. nur Senatsurteil vom 25. März 2010 [X.] 4 StR 522/09, [X.], 236 m.w.N.). Gemessen daran wird die rechtliche Bewertung des Verhaltens der Angeklagten als gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB von den dazu getroffenen Urteilsfeststellungen in jeder Hinsicht getragen, da diese die [X.] gemeinsam mit ihren gruppenweise in den [X.]-Wagen eingedrungenen Gesinnungsgenos-sen verübten. Der Senat hat die Schuldsprüche entsprechend geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegenüber dem geänder-ten Schuldvorwurf ersichtlich nicht anders hätten verteidigen können. Soweit der Angeklagte [X.] betroffen ist, steht die [X.] des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB einer tateinheitlichen Verurteilung wegen der übereinstimmenden Strafrahmen der § 125a Satz 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht entgegen. 2. Im Hinblick auf die höhere Strafdrohung des § 224 Abs. 1 StGB ist [X.] nicht auszuschließen, dass die verhängten Strafen bei zutreffender [X.] Bewertung höher ausgefallen wären. Die Sache bedarf daher zu den [X.] neuer Verhandlung und Entscheidung. 17 - 11 - C. Da sich das Verfahren nunmehr ausschließlich gegen Erwachsene rich-tet, verweist der Senat die Sache daher an eine allgemeine [X.] des [X.] zurück (Senatsurteil vom 28. April 1988 [X.] 4 StR 33/88, [X.]St 35, 267). 18 [X.][X.] [X.] [X.] [X.]
Meta
24.03.2011
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2011, Az. 4 StR 670/10 (REWIS RS 2011, 8231)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 8231
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 670/10 (Bundesgerichtshof)
Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs: Verurteilung eines Rädelsführers; tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung
2 StR 119/13 (Bundesgerichtshof)
Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs: Tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung; Gewalttätigkeiten aus einer Menschenmenge heraus bei …
2 StR 310/15 (Bundesgerichtshof)
Landfriedensbruch: Zurechnung eines durch einen Mittäter verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall; Subsidiaritätsklausel
2 StR 119/13 (Bundesgerichtshof)
2 StR 310/15 (Bundesgerichtshof)