Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2013, Az. II ZR 80/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8829

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 80/10
Verkündet am:
22. Januar 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 14 Abs. 1 [X.]a; BGB § 138 Abs. 1 Bb; [X.] § 237
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die Gesellschaft unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist jedenfalls dann nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.

[X.], Urteil vom 22. Januar 2013 -
II ZR 80/10 -
LG Düsseldorf

[X.]

-
2
-
Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2012 durch [X.]
Dr.
Bergmann,
[X.]
Strohn, die Richterinnen [X.] und
Dr.
[X.] sowie
den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Re-vision der Klägerin wird das Urteil der [X.] für Handelssa-chen des [X.] vom 6. April 2010 in der [X.] des [X.] vom 11. Juni 2010 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil
des [X.] vom 9. Juli 2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

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-
Tatbestand:
Die klagende Aktiengesellschaft betreibt ein Verbundsystem für Versi-cherungsmakler. Nach § 2 der Satzung
besteht ihr Unternehmensgegenstand darin, Versicherungsmaklern die Hilfen und Unterstützungsmittel zur Verfügung zu stellen, die sich aus
dem Berufsbild des Maklers ergeben. Sämtliche Aktio-näre sind Versicherungsmakler. Sie sind außerdem über einen "Partnerschafts-vertrag" mit der Klägerin verbunden. In diesem Rahmen bietet die Klägerin den Partnern ihre Beratungs-
und Unterstützungsleistungen
an.
Die
Beklagte, die
als selbständige Versicherungsmaklerin
tätig ist, schloss
am 29. Mai 2001
einen Partnerschaftsvertrag mit der Klägerin. Darin ist
vorgesehen, dass jeder Partner 25 vinkulierte Namensaktien der Klägerin im Nominalwert von jeweils

zu erwerben und eine einmalige Bearbeitungsge-bühr in Höhe von

sowie weitere Beiträge zu zahlen hat. Der Vertrag kann
von beiden Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist zum Ablauf des [X.] gekündigt werden. In
§
12 Abs.
4 des Vertrages heißt es:
Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses gibt der [X.].

-Partner alle [X.].

-Aktien unentgeltlich zur Übertragung auf einen neuen [X.].

-Partner [X.].
Die
Beklagte erwarb 25 Aktien der Klägerin für insgesamt

. Mit Schreiben vom 12.
September 2007 kündigte die Klägerin
den Partnerschafts-vertrag zum 31.
Dezember 2007.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die unentgeltliche Rückübertragung der Aktien. Die Beklagte wehrt sich dagegen und erstrebt hilfsweise eine Verur-teilung zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung. Das Amtsgericht hat der Klage mit der Einschränkung stattgegeben, dass die Übertragung der Aktien Zug um Zug gegen Zahlung von 1.300

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geschehen habe. Die beiderseitigen Berufungen hat das [X.] [X.]. Mit den
vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre jeweiligen [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision der Beklagten führt dagegen zur teilweisen Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 563 Abs. 3 ZPO).
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung ausge-führt:
Der Anspruch auf Rückübertragung der Aktien ergebe sich entweder aus § 12 Abs. 4 des [X.]
oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2
Alt. 1 BGB. Die ordentliche Kündigung nach § 11 Abs. 2
des [X.]
sei nach der Rechtsprechung zu den sogenannten [X.] wirksam. Dagegen stelle zwar die Pflicht, die Aktien unentgeltlich zu übertra-gen, eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar und sei deshalb unwirksam.
Wirksam bleibe aber die Pflicht, die Aktien gegen Zahlung des Nennwerts zu übertragen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von [X.]. Die Regelung in § 12 Abs. 4
des [X.], wonach bei einer Beendigung
des Vertrages die
Beklagte verpflichtet sein soll, ihre Aktien auf die Klägerin unent-geltlich zurückzuübertragen, ist gemäß § 138 Abs. 1
BGB nichtig, weil sie ge-gen die guten Sitten verstößt.
Rechtsfolge dieses Verstoßes ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Nichtigkeit der gesamten Klausel in §
12 Abs.
4 des [X.].
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1. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus der Satzung der Klägerin eine Pflicht der Aktionäre ergibt, ihre Aktien bei einer Beendigung des [X.] auf
die Klägerin zurückzuübertragen. Ebenso we-nig hat es eine in der Satzung begründete
Pflicht der Aktionäre festgestellt, in diesem Fall die Aktien auf einen beitrittswilligen Dritten zu übertragen. Ob der-artige Satzungsklauseln
zulässig wären
oder gegen den Grundsatz der be-schränkten Satzungsautonomie nach § 23 Abs. 5 [X.] verstoßen würden
(ge-gen die Zulässigkeit [X.], 77, 79 ff.; [X.], [X.], 139, 140 ff.;
[X.], [X.] bei Handelsgesellschaften, 1965, S.
87; [X.]/[X.] in Festschrift [X.], 1991, [X.], 551 f.; s. auch [X.], 177, 179 ff.; dafür [X.], [X.] 1986, 383, 392 ff.; [X.], Der Ausschluss aus [X.], 1987, S.
198 f.), bedarf somit keiner Entscheidung.
2. Die Pflicht zur Rückgabe der Aktien an die Klägerin kann sich
vielmehr allein aus § 12 Abs. 4 des [X.]
ergeben. Diese Klausel ist indes nichtig.
a)
In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings anerkannt, dass die Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenab-reden treffen und darin Regelungen vorsehen
können, die in der Satzung der Aktiengesellschaft nicht zulässig wären ([X.], Urteil vom 25. September 1986 -
II
ZR
272/85, [X.], 103, 104; Urteil vom 13. Juni 1994 -
II ZR 38/93, [X.]Z 126, 226, 234 f.; Urteil vom 24. November 2008 -
II ZR 116/08, [X.], 216 Rn. 12 -
Schutzgemeinschaftsvertrag II; [X.], [X.], 725 ff.; [X.] in Großkomm.[X.], 4. Aufl., § 23 Rn. 238 ff.; [X.], [X.], 10. Aufl., §
23 Rn. 45 ff.; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 23 Rn. 64 ff.; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 23 Rn. 187 ff.; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 23 Rn. 41 ff.; [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 23 Rn. 172 ff.; [X.], [X.] 2006, 281, 285; [X.], [X.] bei 9
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Kapitalgesellschaften, 1994, [X.] ff.; ebenso für die GmbH [X.], Urteil vom 29. Mai 1967 -
II
ZR
105/66, [X.]Z 48, 163, 166; 20. Januar 1983 -
II
ZR
243/81, [X.], 297, 298; Urteil vom 7. Februar 1983 -
II
ZR
25/82, [X.], 432 f.; Urteil vom 27. Oktober 1986 -
II
ZR
240/85, [X.], 293, 295; Urteil vom 15. Oktober 2007 -
II ZR 216/06, [X.] 2007, 2416 Rn. 13 ff.; [X.] vom 15. März 2010 -
II ZR 4/09, [X.] 2010, 1541 Rn. 7). So können [X.] die Gesellschafter einer Familiengesellschaft vereinbaren, dass ein Aktio-när, der aus der Aktiengesellschaft ausscheiden will, seine Aktien den übrigen Gesellschaftern zum Kauf anbieten muss ([X.], Urteil vom 25. September 1986 -
II ZR 272/85, [X.], 103, 104; Urteil vom 13. Juni 1994 -
II ZR 38/93, [X.]Z 126, 226, 234 f.). Damit wird das -
zulässige
-
Ziel verfolgt, den
Kreis der Aktionäre auf Familienmitglieder zu beschränken.
Das Gleiche gilt für Regelun-gen, durch die der [X.] auf Personen
beschränkt werden soll, die ein anderes gemeinsames Merkmal aufweisen
([X.], Die personalistische Aktiengesellschaft, 1991, 776 f.). In der Regel wird durch eine derartige Ab-sprache eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet
(vgl. [X.], Beschluss vom 21. September 2009 -
II ZR 250/07, [X.], 2155 Rn. 4).
b) Hier ist eine entsprechende schuldrechtliche [X.] aber nicht zwischen den Aktionären getroffen worden. Vielmehr hat die klagende Aktien-gesellschaft selbst mit
jeweils einem -
künftigen
-
Aktionär vereinbart, dass er bei einer Beendigung des mit ihm geschlossenen [X.] -
auch infolge einer fristgemäßen Kündigung seitens der Klägerin
-
seine Aktien auf
die Klägerin
unentgeltlich zurückzuübertragen habe. Eine derartige Abrede verstößt gegen die guten Sitten nach
§ 138 Abs. 1 BGB.
aa) Durch eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der [X.] und ihrem jeweiligen Aktionär können grundsätzlich keine Rechte und Pflichten begründet werden, die alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre treffen sollen und damit mitgliedschaftlicher Natur sind ([X.] in Groß-12
13

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Komm[X.], 4. Aufl.,
§ 179 Rn. 34 f.; [X.] in GroßKomm[X.], 4. Aufl.,
§ 23 Rn. 13; [X.] in KK-[X.], 2. Aufl., § 179 Rn. 8, 11; ebenso für die GmbH
[X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG, §
53 Rn. 8; aA [X.], [X.] 1986, 383 [X.]. 86; zum Meinungsstand MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 237 Rn. 56 f.). Solche Abreden
sind vielmehr notwendige materielle Satzungsbe-standteile
([X.],
Urteil vom 11. Oktober 1993 -
II ZR 155/92, [X.]Z 123, 347, 350; ebenso für die GmbH [X.], Urteil vom 25. Oktober 1962 -
II ZR 188/61, [X.]Z 38, 155, 161), die nur dann wirksam sein können, wenn sie in die [X.] aufgenommen werden. So kann etwa ein Recht zur [X.] im Sinne des
§ 237 [X.] nicht durch eine schuldrechtliche Abrede zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Aktionären begründet werden
(vgl. [X.], [X.], 281, 283; [X.], [X.], 10. Aufl., § 23 Rn. 47 [X.]).
[X.]) Hier haben die Klägerin und die jeweiligen Aktionäre schuldrechtliche Verträge geschlossen, nämlich die [X.], mit denen sie im Ergebnis eine Bindung aller Aktionäre
erreichen wollten. Dazu wird im [X.] in Übereinstimmung mit einem
obiter dictum des [X.]ischen Obersten Landesgerichts ([X.], 139, 143) die
Meinung vertreten,
schuldrechtliche [X.]n der Aktionäre mit der Gesellschaft seien unter anderem dann zulässig, wenn sie das Ziel verfolgten, in Ergänzung einer satzungsmäßigen
Vinkulierung der Aktien nach § 68 Abs. 2 [X.] einen bestimmten [X.] zu erhalten
([X.]/[X.], AG 2000, 172 ff.; [X.], [X.], 337, 341; Merkt in Großkomm.[X.], 4. Aufl., § 68 Rn. 522; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 68 Rn. 41; [X.]/[X.] in Geßler/[X.]/[X.]/Kropff, [X.], § 68 Rn. 70; ebenso für schuldrechtliche Vereinbarungen von zusätzlichen Zahlungen an die [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 54 Rn. 31; [X.] in KK-[X.], 2. Aufl., § 54 Rn. 21; [X.], [X.], 10. Aufl., § 54 Rn. 7 f.).
Es geht dabei etwa um den Fall, dass nach der
Ausgabe von [X.] eine Rückübertragung der
Aktien für den Fall sichergestellt 14

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werden soll, dass
der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet ([X.], [X.], 139 ff.).
Die Gegenmeinung hält
derartige
Andienungs-pflichten
für unzulässig. Sie stellt darauf ab, dass die Gesellschaft im Rahmen der [X.] durch den Vorstand vertreten wird und
damit der Vorstand im Widerspruch zu der [X.] Kompetenzordnung über die Zu-sammensetzung der Hauptversammlung bestimmen
könne. Einer
solchen Mög-lichkeit außerhalb des [X.] bei der Vinkulierung von [X.] nach § 68 Abs. 2 [X.] seien aber enge Grenzen gesetzt, wie etwa das Verbot des § 136 Abs. 2 [X.] zeige, nach dem
der Aktionär sich nicht verpflich-ten dürfe, sein Stimmrecht nach den Weisungen des Vorstands auszuüben. Damit fehle dem Vorstand die [X.] zum Abschluss der-artiger Vereinbarungen ([X.], AG 1992, 79;
Otto, AG 1991, 369 ff.; ähnlich schon Rudolf Fischer
in
Ehrenberg,
Handbuch des gesamten Handelsrechts, III. Band, 1916, S.
376
f.).
cc) Welcher Meinung grundsätzlich zu folgen ist, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls ist ein schuldrechtlicher Vertrag
zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär unwirksam, wenn danach der Aktionär verpflichtet sein soll, bei Beendigung der Vertragsbeziehung
die von ihm entgeltlich erworbenen Aktien entschädigungs-los
auf die [X.].

Nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] fällt das in der Aktie verkörperte [X.] unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG
([X.], [X.] 2012, 1402 Rn. 52; [X.] 2012, 1656 Rn. 21 -
Daimler/[X.]; [X.] 1999, 1436, 1439 -
DAT/[X.]; [X.] 1999, 1804, 1805 f.; [X.], Urteil vom 25. November 2002 -
II ZR 133/01, [X.]Z 153, 47, 55; Beschluss vom 12. März 2001 -
II ZB 15/00, [X.]Z 147, 108, 112, 114). Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst die Substanz des Anteilseigen-tums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestal-15
16

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9
-
tung. Er ist beispielsweise betroffen bei
einem
Ausschluss des Aktionärs ([X.], [X.] 2007, 1261 Rn. 18). Grundsätzlich ist dem Aktionär,
dessen [X.] eingezogen werden oder der sonst aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, der volle Wert seiner Aktien zu ersetzen. Ein entschädigungsloser oder nur mit einer unangemessen geringen Abfindung verbundener Ausschluss greift unzulässig in die vermögensmäßige Rechtsposition des Aktionärs ein und ver-stößt deshalb grundsätzlich gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1
GG und gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB ([X.], [X.] aus [X.], S. 174
f.; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 237 Rn. 65;
[X.] in
Bürgers/[X.], [X.], 2. Aufl, § 237 Rn. 24; s. auch [X.], [X.] 2008, 220, 224; MünchHdbGesRIV/[X.], 3. Aufl., § 62 Rn. 12 f.).
Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei einer [X.] im Sinne des § 237 [X.]
-
oder einer Übertragung von Aktien nach §§ 327a ff. [X.]
-, [X.] gegebenenfalls auch bei einem zwangsweisen Ausschluss, der auf einer außerhalb der Satzung getroffenen schuldrechtlichen Abrede beruht. Denn es ist kein Grund ersichtlich, das Aktieneigentum gegen Eingriffe aufgrund schuld-rechtlicher Abreden geringer zu schützen als gegen
Eingriffe, die auf einer [X.]sbestimmung oder auf dem Gesetz beruhen. Dass sich der Aktionär bei Begründung seiner Aktionärsstellung mit dieser Eingriffsmöglichkeit [X.] erklärt hat, gilt für das satzungsmäßige Einziehungsrecht ebenso wie
für ein möglicherweise anzuerkennendes Ausschließungsrecht aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede. Jedenfalls dann, wenn der
Aktionär -
wie hier -
die Aktien entgeltlich erworben hat, verletzt die Pflicht zur unentgeltlichen Rück-übertragung der Aktien sein
Eigentumsgrundrecht
und kann daher keinen Be-stand haben.
dd) Rechtsfolge dieses Verstoßes ist die Nichtigkeit der gesamten [X.] in § 12 Abs.
4 des [X.]. Sie kann weder durch eine er-17
18

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10
-
gänzende Vertragsauslegung oder eine entsprechende Anwendung von §
139 BGB noch durch eine Umdeutung aufrechterhalten werden.
Eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB oder eine entspre-chende Anwendung von §
139 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung des [X.] ein wegen eines sitten-widrigen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung nichtiges Rechtsge-schäft grundsätzlich nicht durch Anpassung der Leistungen auf ein noch ver-tretbares Maß aufrechterhalten werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 1958 -
V [X.], NJW 1958, 1772; Urteil vom 12. Juli 1965 -
II ZR 118/63, [X.]Z 44, 158, 162; Urteil vom 21. März 1977 -
II ZR 96/75, [X.]Z 68, 204, 207). Es kommt hinzu, dass weder Umstände festgestellt noch
sonst ersichtlich sind, aufgrund derer ermittelt werden könnte, welche Regelung die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben getroffen hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel in § 12 Abs. 4 des [X.] bedacht hätten (vgl. etwa [X.], Urteil vom 14. März 2012 -
VIII
ZR
113/11, [X.], 1865 Rn. 24; Urteil vom 7. November 2012 -
XII
ZR
41/11, juris Rn. 26).
Nichts anderes gilt für die Umdeutung nach § 140 BGB. Zwar wird für
den Fall einer in der Satzung angeordneten entschädigungslosen Zwangsein-ziehung im
Schrifttum angenommen, dass diese Regelung in eine
gestattete -
entgeltliche
-
Einziehung
umzudeuten ist
(vgl. MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
237 Rn.
35 mwN). Dafür wird angeführt, dass
die gestattete Einzie-hung einen Beschluss der Hauptversammlung erfordert
und deshalb nicht dem-selben
strengen
Bestimmtheitsgrundsatz unterliegt wie die
angeordnete [X.], die nach § 237 Abs. 6 [X.] ohne Beteiligung der [X.] durch den Vorstand vollzogen wird. Deshalb bleibt es bei der gestat-teten [X.] der Hauptversammlung vorbehalten, die
-
angemes-sene
-
Abfindung oder jedenfalls deren [X.] festzulegen 19
20

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11
-
([X.] in KK-[X.], 2.
Aufl., § 237 Rn. 34).
Das kann aber nur für die in der [X.] vorzusehenden Formen der [X.] gelten, nicht dagegen für eine etwaige Ausschlussmöglichkeit durch Kündigung aufgrund einer schuld-rechtlichen Abrede. Denn insoweit fehlt es schon an der Möglichkeit, im Wege der Umdeutung eine Zuständigkeit der Hauptversammlung zu begründen.
Im Übrigen hat sich auch
eine Umdeutung an dem
(hypothetischen) [X.] zu orientieren ([X.], Beschluss vom 17.
September 2008 -
III
ZB
19/08, [X.], 2153 Rn. 18). Der (hypothetische) Parteiwille
kann aber angesichts der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Abreden nicht ohne [X.] im Sinne einer gestatteten [X.] angenommen werden. Ebenso gut hätten
die Parteien, wenn ihnen
die Unwirksamkeit einer Pflicht zur entschädigungslosen Rückübertragung der Aktien bewusst gewesen wäre, auf diese Rückübertragung gänzlich verzichten können oder aber die von allen Partnern zu zahlenden laufenden Gebühren höher ansetzen können, um das Kapital für etwaige Abfindungszahlungen
aufzubringen.
21

-
12
-
3. Da somit schon keine Pflicht zur Übertragung der Aktien auf die Kläge-rin begründet worden ist, kann die Frage
offen bleiben, wie eine angemessene Abfindung gegebenenfalls zu bemessen wäre.

Bergmann

Strohn

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.07.2009 -
54 [X.] 14868/08 -

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.04.2010 -
36 S 3/09 -

22

Meta

II ZR 80/10

22.01.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2013, Az. II ZR 80/10 (REWIS RS 2013, 8829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8829

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 80/10

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