Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 229/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8428

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT BANK- UND KAPITALMARKTRECHT AKTIEN

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Gegenstand

Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung: Klagebefugnis des Minderheitsaktionärs nach Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister; erforderliche Kapitalmehrheit für das Übertragungsverlangen


Leitsatz

1. Der Aktionär, der sich mit der Beschlussmängelklage gegen einen Übertragungsbeschluss wendet, ist auch dann klagebefugt, wenn die Aktien vor der Zustellung der Klage durch Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister auf den Hauptaktionär übergegangen sind .

2. Ein Übertragungsverlangen ist nur wirksam, wenn dem Hauptaktionär Aktien in Höhe von 95 vom Hundert des Grundkapitals in dem Zeitpunkt gehören, in dem das Verlangen dem Vorstand der Gesellschaft zugeht .

Tenor

Auf die Revision der Kläger zu 2 und 6 wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 27. August 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

In der Hauptversammlung der Beklagten, die damals noch eine Aktiengesellschaft war, vom 21. Dezember 2007 wurde beschlossen, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin, die [X.], zu übertragen. Dagegen haben die Kläger Klagen erhoben, die zwischen dem 17. und 21. Januar 2008 beim [X.] eingegangen sind und die dem Aufsichtsrat am 28. Februar 2008 sowie dem Vorstand am 3. März 2008 zugestellt wurden. Auf den Antrag der Beklagten vom 11. Februar 2008 wurde der [X.] am 27. Februar 2008 in das Handelsregister eingetragen.

2

Das [X.] hat den [X.] auf die Klagen der Kläger zu 1 bis 3, 5 und 6 für nichtig erklärt und die Klage der Klägerin zu 4 mangels Nachweis der Aktionärsstellung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht auch die Klagen der Kläger zu 1 bis 3, 5 und 6 abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger zu 2 und 6.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Kläger zu 2 und 6 hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

4

I. Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 584) hat ausgeführt, die Klagen seien bereits bei Zustellung unbegründet gewesen, weil die Kläger zu diesem [X.]punkt nicht mehr Aktionäre der [X.]n gewesen seien. Infolge der Eintragung des [X.] in das Handelsregister seien ihre Aktien vor der Zustellung der Klagen auf die Hauptaktionärin übergegangen.

5

II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Kläger zu 2 und 6 haben ihre Anfechtungsbefugnis durch die Eintragung des [X.] in das Handelsregister nicht verloren. Der Aktionär, der sich mit der [X.] gegen einen [X.] wendet, ist auch dann klagebefugt, wenn die Aktien vor der Zustellung der Klage durch Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister auf den Hauptaktionär übergegangen sind.

6

1. Mit der Eintragung des [X.] verliert ein Minderheitsaktionär zwar grundsätzlich seine Befugnis, Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen [X.] zu erheben. Er muss zum [X.]punkt der Klageerhebung (§ 261 ZPO) durch Zustellung einer [X.] (§ 253 Abs. 1 ZPO) noch Aktionär sein ([X.], [X.], 9. Aufl., § 245 Rn. 7; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 245 Rn. 26; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 245 Rn. 17). Die Anfechtungsklage nach § 245 Nr. 1 bis 3 [X.] kann ebenso wie die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 [X.]) nur von einem Aktionär erhoben werden. Mit der Eintragung des [X.] in das Handelsregister verliert ein Minderheitsaktionär seine Stellung als Aktionär, weil die Aktien auf den Hauptaktionär übergehen (§ 327e Abs. 3 Satz 1 [X.]).

7

2. Durch den Übergang der Aktien verliert der Aktionär aber nicht die Befugnis, gegen den [X.] selbst vorzugehen ([X.] in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 245 Rn. 28; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 10; [X.], [X.], 3. Aufl., § 245 Rn. 6; aA [X.], [X.], 9. Aufl., § 245 Rn. 7; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327f Rn. 3; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 327e Rn. 14; [X.], Festschrift [X.], 2009, [X.], 474). Um den Minderheitsaktionär nicht rechtlos gegen die zwangsweise Übertragung seiner Aktien zu stellen, ist seine Mitgliedschaft in der beklagten Aktiengesellschaft, deren Erhaltung letztlich das Ziel der Klage ist, für diese Klage als fortbestehend anzusehen.

8

a) Eine solche Auslegung von § 245 Nr. 1 bis 3, § 249 Abs. 1 [X.] ist erforderlich, um der vom Gesetzgeber vorgesehenen, verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit gegen den von der Hauptversammlung gefassten [X.] Geltung zu verschaffen ([X.], [X.], 571 Rn. 25). Es wäre widersprüchlich, dem Minderheitsaktionär einerseits das mitgliedschaftliche Recht einzuräumen, geltend zu machen, dass die Grundlage für die Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär fehlt, weil der [X.] nichtig oder auf Anfechtungsklage hin für nichtig zu erklären ist (vgl. § 327f Satz 1 [X.]), und ihm andererseits entgegenzuhalten, dass der - unterstellt - nichtige Beschluss vollzogen, er aus der [X.] ausgeschieden und zur Geltendmachung von [X.] nicht mehr befugt sei. Aus diesem Grund hat der Senat auch die Anfechtungsbefugnis des Minderheitsgesellschafters einer GmbH gegen seine Ausschließung und die Einziehung seines Geschäftsanteils durch einen [X.]erbeschluss bejaht, selbst wenn beides nach der Satzung sofort wirksam wird (vgl. [X.], Urteil vom 19. September 1977 - [X.], NJW 1977, 2316).

9

b) Mit dem Rechtsschutz gegen den [X.] kann die Mitgliedschaft erhalten werden. Durch die Übertragung der Aktien ist das mit der Anfechtungsklage verfolgte Ziel nicht unerreichbar und der Erhalt der Mitgliedschaft nicht auf Dauer unmöglich geworden. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit die Feststellung der Nichtigkeit (§ 241 Nr. 1 bis 4 [X.]) oder die Nichtigerklärung des [X.] (§ 241 Nr. 5 [X.]) zu einem automatischen Rückfall der Aktien auf die Minderheitsaktionäre und von selbst zum Wiederaufleben der mitgliedschaftlichen Rechte führen. Auch wenn mit Rücksicht auf den Schutz von [X.] im Hinblick auf die im Handelsregister verlautbarte Rechtslage ein automatischer Rückfall ausscheidet, haben die Minderheitsaktionäre bei einem Erfolg ihrer Klagen einen Anspruch auf [X.] ihrer Mitgliedschaftsrechte und Rückübertragung der Aktien durch den Hauptaktionär ([X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 372e Rn. 8; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 33; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 11; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 327f Rn. 23; aA [X.], Festschrift [X.], 2009, [X.], 483; [X.]/[X.], [X.] 2006, 327, 331; [X.], AG 2004, 299, 303). Wie sich im Umkehrschluss aus § 327e Abs. 2, § 319 Abs. 6 Satz 11 [X.] ergibt, lassen Mängel des [X.] außerhalb eines Freigabeverfahrens seine Durchführung nicht unberührt und steht die Eintragung der Beseitigung ihrer unter anderem in der Übertragung liegenden Wirkungen nicht entgegen ([X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327e Rn. 8; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 33; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 11).

c) Das Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage ist auch nicht entfallen, wenn infolge des Formwechsels der Aktiengesellschaft die Rückübertragung der Aktien mittlerweile unmöglich geworden sein sollte. Wie sich im Umkehrschluss aus § 319 Abs. 6 Satz 10 und 11 [X.] ergibt, genügt es für den Fortbestand des rechtlichen Interesses an der Anfechtung des [X.], dass der Erfolg der Klage Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein kann. Ein Erfolg der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bildet entsprechend § 327e Abs. 2 [X.], § 319 Abs. 6 Satz 8 [X.] (i.d.F. des [X.] zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2004, [X.] I S. 542, jetzt § 319 Abs. 6 Satz 10 [X.]) die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch jedenfalls gegen die [X.]. Die [X.] hat klagenden Minderheitsaktionären den Schaden zu ersetzen, der aus der Eintragung entstanden ist, wenn sich die [X.] nach einer Eintragung aufgrund eines Beschlusses im Freigabeverfahren als begründet erweist (§ 319 Abs. 6 Satz 8 [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2004, [X.] I S. 542). Ein solcher Anspruch besteht erst recht, wenn der [X.] ohne vorangegangenes Freigabeverfahren eingetragen wurde und die Rückabwicklung der Übertragung nicht mehr möglich ist. Es kann daher offenbleiben, ob und wann bei fehlendem „Bestandsschutz“ durch ein Freigabeverfahren (§ 319 Abs. 6 Satz 11 [X.]) darüber hinaus auch ein Anspruch gegen den Hauptaktionär auf Wiederherstellung der Rechtsform einer Aktiengesellschaft in Betracht kommt, um die Rückübertragung der Aktien zu ermöglichen.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Den Klägern zu 2 und 6 fehlt die Anfechtungsbefugnis nicht aus weiteren Gründen, wie das [X.], von der Berufung unbeanstandet, festgestellt hat. Sie haben nachgewiesen, dass sie bereits vor der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung der [X.]n am 9. November 2007 Aktionäre waren und ihre Aktien noch bis März 2008 in einem Bankdepot für sie verwahrt wurden. Ausweislich des Protokolls der Hauptversammlung hat der Kläger zu 2 für sich und den Kläger zu 6 Widerspruch gegen den [X.] eingelegt. Ihre Klagen wurden innerhalb der Anfechtungsfrist von einem Monat (§ 246 Abs. 1 [X.]) eingereicht und „demnächst“ im Sinn von § 167 ZPO - ohne durch sie verursachte Verzögerungen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 9 Rn. 51 - [X.]/[X.]) - dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zugestellt.

IV. Der Senat kann über die von den Klägern zu 2 und 6 geltend gemachten Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe nicht abschließend entscheiden. Dazu bedarf es noch tatrichterlicher Feststellungen, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - sich mit den Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen nicht befasst hat, dem Urteil des [X.]s nicht zu entnehmen ist, welche Anfechtungsgründe die Kläger zu 2 und 6 geltend gemacht haben und nicht sämtliche geltend gemachten Anfechtungsgründe von vorneherein unschlüssig sind.

1. Zu entscheiden ist nur noch über Nichtigkeitsgründe (§ 249 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 241 Nr. 1 bis 4 [X.]) oder über die Anfechtungsgründe, die die Kläger zu 2 und 6 innerhalb der Monatsfrist für die Erhebung der Anfechtungsklage (§ 246 Abs. 1 [X.]) geltend gemacht haben. Die Gründe, auf welche die Anfechtung gestützt wird, müssen in [X.] innerhalb der Anfechtungsfrist in den Rechtsstreit eingeführt werden. Geschieht das erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist, kommt dies einer verspäteten Klage gleich ([X.], Urteil vom 9. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 141, 157; Urteil vom 24. April 2006 - [X.], [X.]Z 167, 204, 211; Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 9 Rn. 34 - [X.]/[X.]; Beschluss vom 7. Dezember 2009 - [X.], [X.], 879 Rn. 3).

Auf die nur von den übrigen Klägern, deren Klagen wegen des Fehlens der Anfechtungsbefugnis abgewiesen sind, geltend gemachten Anfechtungsgründe können die Kläger zu 2 und 6 ihre Klage nicht stützen. Wenn ein Kläger aus dem Verfahren ausgeschieden ist, können die nur von ihm vorgetragenen Anfechtungsgründe den verbliebenen Klägern nicht mehr zugute kommen, weil dies auf ein Nachschieben von [X.] hinausliefe, das gerade verhindert werden soll ([X.], Urteil vom 27. März 2009 - [X.], [X.], 2132 Rn. 22 zu § 48 WEG). Einem anfechtungsbefugten Kläger kommt der rechtzeitig vorgetragene Anfechtungsgrund seines notwendigen Streitgenossen zwar zugute, soweit die Entscheidung aus prozessrechtlichen Gründen (§ 248 Abs. 1 [X.]) für alle Aktionäre nur einheitlich ausfallen kann ([X.], Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 9 Rn. 17 und 55 - [X.]/[X.]; Urteil vom 16. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 154 Rn. 20 - Wertpapierdarlehen; Urteil vom 5. April 1993 - [X.], [X.]Z 122, 211, 240). Ein gemeinsames Prozessrechtsverhältnis besteht aber nicht, wenn einzelnen Klägern die Anfechtungsbefugnis fehlt. Dann ist auch keine einheitliche Entscheidung erforderlich (vgl. [X.], Urteil vom 8. Februar 2011 - [X.]/08, z.[X.].; Urteil vom 16. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 154 Rn. 19 - Wertpapierdarlehen; Urteil vom 16. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 9 Rn. 55 - [X.]/[X.]). Die übrigen Kläger sind aus dem Verfahren ausgeschieden. Ihnen gegenüber ist das klageabweisende Berufungsurteil, in dem ihre Anfechtungsbefugnis verneint wurde, rechtskräftig geworden.

2. Die Klage ist nicht unabhängig davon abweisungsreif, welche Anfechtungsgründe die Kläger zu 2 und 6 innerhalb der Anfechtungsfrist geltend gemacht haben. Die nach dem Urteil des [X.]s vorgebrachten Beschlussmängelgründe sind nicht alle unschlüssig.

a) Allerdings bestehen die vom [X.] angenommenen Gesetzesverstöße nicht bzw. kann die Anfechtung auf sie nicht mehr gestützt werden.

aa) Entgegen der Auffassung des [X.]s waren die nach § 327c Abs. 3 Nr. 1 bis 4 [X.] auszulegenden Unterlagen nicht am [X.] (§ 5 [X.]) der [X.]n in [X.] auszulegen, sondern es genügte die Auslage entsprechend der Angabe in der Einberufung in den Geschäftsräumen der Verwaltung in [X.]. Die Unterlagen können auch nur in einem Geschäftsraum an dem Ort, an dem sich die Verwaltung der [X.] befindet, ausgelegt werden ([X.], [X.], 9. Aufl., § 175 Rn. 5; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327c Rn. 26; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 293f Rn. 5; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 327c Rn. 16; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 327c Rn. 54; [X.] in [X.], 2. Aufl., § 327c [X.] Rn. 68; aA [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327c Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 293f Rn. 4). § 327c Abs. 3 [X.] und ähnliche Vorschriften (§ 52 Abs. 2 Satz 2, § 175 Abs. 2 Satz 1, § 179a Abs. 2 Satz 1, § 293f Abs. 1, § 319 Abs. 3 Satz 1, § 320 Abs. 4 Satz 1 [X.]) machen keine Vorgaben zum Ort des [X.], an dem die Unterlagen auszulegen sind, insbesondere schreiben sie nicht vor, dass Unterlagen am rechtlichen Sitz (§ 5 [X.]) ausgelegt werden müssen. Dort muss die [X.] auch keine Geschäftsräume unterhalten. Entscheidend ist, dass die Unterlagen an einem Ort ausliegen, der für die an einer Einsicht interessierten Aktionäre leicht zugänglich ist. Dazu eignet sich in der Regel am besten der Sitz der Hauptverwaltung.

bb) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist es keine rechtlich unzulässige Beschränkung der Gewährleistungserklärung der [X.] nach § 327b Abs. 3 [X.], dass „jeder Minderheitsaktionär einen Zahlungsanspruch … für den Fall, dass die Hauptaktionärin die von ihr festgelegte Barabfindung nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt,“ erwirbt und dass die [X.] nur insoweit in Anspruch genommen werden kann, „wie der Anspruch auf Barabfindung besteht und nicht verjährt ist.“

Allerdings darf dem Kreditinstitut nach der Gewährleistungserklärung nicht die Einrede der [X.] (§ 771 BGB) oder ein vergleichbares Leistungsverweigerungsrecht zustehen, das zunächst auf die Inanspruchnahme des Hauptaktionärs verweist ([X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327b Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327b [X.] Rn. 12; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327b Rn. 31; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 327b Rn. 48; Krieger, BB 2002, 53, 58; aA MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 327b Rn. 17;Sieger/[X.], [X.] 2002, 120, 151; [X.]/[X.], [X.], 1211, 1216). Zwar ist nach dem Wortlaut von § 327b Abs. 3 [X.] nur die Zahlungsverpflichtung des Hauptaktionärs unverzüglich zu erfüllen. Ein Verweis darauf, erst den Hauptaktionär in Anspruch zu nehmen, widerspricht aber dem Zweck der Vorschrift, den Minderheitsaktionären durch einen unmittelbaren Anspruch gegen ein Kreditinstitut aus einer „Bankgarantie“ die Durchsetzung ihres Anspruchs gegen den Hauptaktionär zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 14/7032 S. 72). Darüber hinaus ist andererseits eine abstrakte Bankgarantie oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht erforderlich ([X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327b Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327b [X.] Rn. 12; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327b Rn. 31; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 327b Rn. 48; Krieger, BB 2002, 53, 58). Die mit der Gewährleistungserklärung begründete Zahlungsverpflichtung des Kreditinstituts setzt voraus, dass ein Abfindungsanspruch besteht, und ist akzessorisch zum Barabfindungsanspruch.

Dass nach der Gewährleistungserklärung jeder Minderheitsaktionär danach einen Zahlungsanspruch gegen die [X.] erwirbt, dass die Hauptaktionärin die von ihr festgelegte Barabfindung nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt, verweist die Minderheitsaktionäre nicht darauf, den Anspruch zuerst gegen den Hauptaktionär zu verfolgen. Einen solchen Verweis auf die Inanspruchnahme des Hauptaktionärs ergeben weder der Wortlaut noch die Umstände der Erklärung, insbesondere nicht ein allgemeiner Erfahrungssatz. Entgegen der Auffassung des [X.]s gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass einer Zahlung üblicherweise eine Zahlungsaufforderung vorauszugehen habe. Vielmehr sind Zahlungspflichten grundsätzlich ohne Aufforderung bei Eintritt der Fälligkeit zu erfüllen. Aber selbst wenn eine Zahlungsaufforderung gegenüber der Hauptaktionärin notwendig wäre, lässt sich daraus entgegen der Ansicht des [X.]s nicht folgern, dass gegenüber dem Kreditinstitut der Nachweis erbracht werden muss, dass die Hauptaktionärin nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt hat. Dass der Zahlungsanspruch für den Fall erworben wird, dass die Hauptaktionärin nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt, bedeutet schon nach dem Wortlaut nicht mehr, als dass der Zahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut erst entsteht, wenn der Barabfindungsanspruch seinerseits fällig geworden ist, und noch nicht durch eine Zahlung der Hauptaktionärin erloschen sein darf. Da der Barabfindungsanspruch mit der Eintragung des [X.] entsteht und fällig wird ([X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 9; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 327b Rn. 21), wird damit auch der Zahlungsanspruch gegen die Hauptaktionärin fällig. Umstände, wonach ein Angehöriger des mit der Erklärung angesprochenen [X.] der Aktionäre der [X.]n ein anderes Verständnis haben musste, sind nicht vorgetragen.

Entgegen der Ansicht des [X.]s wird die Gewährleistungserklärung auch nicht dadurch beschränkt, dass die [X.] aus der Garantie nur insoweit in Anspruch genommen werden kann, wie der Anspruch auf Barabfindung besteht und nicht verjährt ist. Da das Zahlungsversprechen des Kreditinstituts zum Abfindungsanspruch akzessorisch ist, besteht es nur, soweit der Anspruch auf Barabfindung besteht. Die Beschränkung auf nicht verjährte [X.] schränkt die Gewährleistung nicht ein, weil die Verjährung des Barabfindungsanspruchs auch das natürliche Ende der Laufzeit der Gewährleistung ist ([X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327b Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327b Rn. 12).

cc) Die vom [X.] angenommenen Informationsmängel - unzureichende Auskunft zur Auslage der Unterlagen in [X.] und zum [X.]punkt der Übermittlung der Einladung zur Hauptversammlung an den [X.] - können die Anfechtung des [X.] nicht mehr begründen, weil die [X.] am 17. September 2008 einen [X.] gefasst hat. Die Anfechtung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn ein anfechtbarer Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt und dieser Beschluss innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten ist (§ 244 Satz 1 [X.]).

Dass die Minderheitsaktionäre den [X.] nicht anfechten konnten, weil sie nach der Eintragung des [X.] keine Aktionäre mehr waren, steht der Wirksamkeit des [X.]es nicht entgegen. Der [X.] muss nicht von denselben Aktionären gefasst werden, die den Ausgangsbeschluss gefasst haben, sondern ist von der Hauptversammlung der [X.] in der jeweiligen Zusammensetzung zu fassen.

Die [X.] gegen den [X.] führt auch nicht dazu, dass die Minderheitsaktionäre in Bezug auf den [X.] noch als Aktionäre zu behandeln sind. Die Übertragung ist aufgrund der Eintragung des Beschlusses jedenfalls zunächst wirksam. Sie müssen hinsichtlich des [X.]es auch nicht als Aktionäre behandelt werden, um der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit gegen den von der Hauptversammlung gefassten [X.] Geltung zu verschaffen. Die Minderheitsaktionäre können aufgrund des [X.]es nur zur Anfechtung führende Verfahrensfehler des [X.] nicht mehr erfolgreich geltend machen. Inhaltliche Mängel des [X.] können durch einen [X.] nicht geheilt werden ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 - [X.]/01, [X.]Z 157, 206, 210; Urteil vom 12. Dezember 2005 - [X.], [X.], 227 Rn. 18; Beschluss vom 21. Juli 2008 - [X.], [X.], 913 Rn. 10). Die Möglichkeit der Heilung von Verfahrensfehlern beeinträchtigt die Rechtsschutzmöglichkeiten nicht unzumutbar. Die Hauptversammlungsmehrheit kann der auf die Rüge von Verfahrensmängeln gestützten Anfechtung immer, unabhängig von der Übertragung der Aktien, durch einen fehlerfreien [X.] die Grundlage entziehen (§ 244 Satz 1 [X.]), soweit es sich um behebbare Mängel handelt. Weiter, als dass diese Fehler beseitigt werden, kann das Interesse des Aktionärs nicht gehen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 - [X.], [X.]Z 157, 206, 211).

Der Wirksamkeit des [X.]es steht es auch nicht entgegen, wenn die Hauptaktionärin - wie von den Klägern behauptet - unzureichende Mitteilungen nach §§ 21 ff. WpHG gemacht hat, deshalb gemäß § 28 Satz 1 WpHG kein Stimmrecht hatte und dies auch zum [X.]punkt des [X.]es noch der Fall gewesen sein sollte. Ein Hauptversammlungsbeschluss, der unter Mitwirkung eines nicht stimmberechtigten Aktionärs gefasst worden ist, ist nicht nichtig, sondern lediglich wegen Gesetzesverletzung nach § 243 Abs. 1 [X.] anfechtbar ([X.], Urteil vom 24. April 2006 - [X.], [X.]Z 167, 204 Rn. 26).

b) Jedenfalls ist mit der Behauptung der Kläger, der [X.] hätten im [X.]punkt des [X.] am 9. November 2007 nicht wie erforderlich Aktien in Höhe von 95 vom Hundert des Grundkapitals gehört, schlüssig ein Beschlussmangel vorgetragen.

aa) Ein Übertragungsverlangen ist nur wirksam, wenn dem Hauptaktionär Aktien in Höhe von 95 vom Hundert des Grundkapitals in dem [X.]punkt gehören, in dem das Verlangen dem Vorstand der [X.] zugeht ([X.], [X.] 2004, 328, 331; [X.], Der Konzern 2004, 30, 32; [X.], [X.], 535, 536; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327a [X.] Rn. 18; [X.] in [X.], 2. Aufl., § 327a [X.] Rn. 58; [X.]/[X.] in Bürgers/Körber, [X.], § 327a Rn. 12; [X.] in [X.]/Süßmann, WpÜG, 2. Aufl., § 327a [X.] Rn. 50; [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 327a Rn. 11). Es genügt nicht, wenn der erforderliche Aktienbesitz erst alsbald danach bei der Einberufung (so [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327a [X.] Rn. 18) oder bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung (so MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 327a Rn. 10) erreicht ist. Nach dem Wortlaut von § 327a Abs. 1 Satz 1 [X.] müssen dem Hauptaktionär in dem [X.]punkt, in dem das Verlangen wirksam wird (§ 78 Abs. 2 Satz 2 [X.]), Aktien in Höhe von 95 vom Hundert gehören. Auch dem Zweck der Vorschrift genügt es nicht, wenn erst am Tag der Hauptversammlung der erforderliche Aktienbesitz vorliegt. Der Vorstand ist nur nach dem Übertragungsverlangen eines Aktionärs, dem die erforderliche Anzahl Aktien gehört, zur Einberufung der Hauptversammlung verpflichtet. Wenn er bereits bei einem Verlangen eines Aktionärs, der nur angibt, bis zur Hauptversammlung die erforderliche Mehrheit zu erreichen, die Hauptversammlung einberufen müsste, könnte sich das als überflüssig erweisen, wenn die erstrebte Kapitalmehrheit nicht erworben werden kann. Seiner Pflicht, vor Einberufung das Übertragungsverlangen darauf zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Übertragung auch hinsichtlich der notwendigen Kapitalmehrheit vorliegen ([X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 327a Rn. 19), könnte er ebenfalls nicht sachgerecht nachkommen. Zu einer Überprüfung der Kapitalmehrheit erst in der Hauptversammlung steht dort unter Umständen nicht genügend [X.] zur Verfügung. Schließlich könnte ein den gesetzlichen Anforderungen genügender Bericht des Hauptaktionärs zu den Voraussetzungen der Übertragung, zu denen die erforderliche Kapitalmehrheit gehört (§ 327c Abs. 2 Satz 1 [X.]), nicht mit der Einberufung ausgelegt werden (§ 327c Abs. 3 Nr. 3 [X.]), wenn noch ungewiss ist, ob die notwendige Zahl von Aktien erworben werden kann.

bb) Ein im Fehlen der erforderlichen Kapitalmehrheit begründeter Mangel des Beschlusses konnte durch den am 17. September 2008 gefassten [X.] nicht geheilt werden. Dabei kann offenbleiben, ob das Fehlen der erforderlichen Kapitalmehrheit zur Nichtigkeit des [X.] nach § 241 Nr. 3 [X.] (KG, AG 2010, 166, 168; [X.], [X.] 2004, 781, 782; [X.], [X.] 2007, 192, 193; [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 327a Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327f Rn. 3; Schnorbus in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 327f Rn. 4 m.w.N.) oder nur zur Anfechtbarkeit führt(MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 327a Rn. 13), weil jedenfalls ein Inhaltsmangel vorliegt. Ein Beschluss, der an einem Inhaltsmangel leidet, kann nicht wirksam bestätigt werden. Voraussetzung für die Bestätigungswirkung nach § 244 Satz 1 [X.] ist, dass der [X.] die behaupteten oder tatsächlich bestehenden Mängel des [X.] beseitigt und seinerseits nicht an Mängeln leidet ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 - [X.], [X.]Z 157, 206, 210; Urteil vom 12. Dezember 2005 - [X.], [X.], 227 Rn. 18; Beschluss vom 21. Juli 2008 - [X.], [X.], 913 Rn. 10). Erst recht können nichtige Beschlüsse nicht bestätigt werden. Wie schon der Wortlaut von § 244 Satz 1 [X.] zeigt, können nur anfechtbare Beschlüsse bestätigt werden ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 - [X.], [X.]Z 157, 206, 212; Urteil vom 20. September 2004 - [X.], [X.]Z 160, 253, 256).

Bergmann                                       [X.]                                  Reichart

                          Drescher                                      Born

Meta

II ZR 229/09

22.03.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 27. August 2009, Az: 18 U 177/08, Urteil

§ 245 Nr 1 AktG, § 327a Abs 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 229/09 (REWIS RS 2011, 8428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8428


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 229/09

Bundesgerichtshof, II ZR 229/09, 22.03.2011.


Az. 18 U 177/08

Oberlandesgericht Köln, 18 U 177/08, 27.08.2009.


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